Kakaobutter

Kakaobutter – was steckt wirklich in dem Kakao-Fett?

Von Yannik 2. Dezember 2025 17 Min.

Sie schmilzt im Mund, verleiht Schokolade ihren samtig-cremigen Charakter und findet sich in Lippenbalsam, Körperlotion und sogar in Zäpfchen: Kakaobutter ist ein erstaunlich vielseitiges Naturprodukt. Doch was steckt tatsächlich hinter diesem besonderen Fett? Während Werbung und Volksmund Kakaobutter gerne als Wundermittel für schöne Haut oder gegen Schwangerschaftsstreifen anpreisen, lohnt sich ein nüchterner Blick auf die Fakten. Dieser Artikel beleuchtet die biochemische Zusammensetzung, erklärt die Herstellung, ordnet die verschiedenen Anwendungsbereiche ein – und zeigt, wo die Forschung deutliche Grenzen setzt.

Was ist Kakaobutter eigentlich?

Kakaobutter, wissenschaftlich als Theobroma-Öl bezeichnet, ist das natürliche Pflanzenfett der Kakaobohne. Diese Bohnen stammen vom Kakaobaum (Theobroma cacao), der in tropischen Regionen Afrikas, Südamerikas und Südostasiens wächst [1]. Der Name „Theobroma" bedeutet übersetzt „Speise der Götter" – ein Hinweis auf die jahrhundertealte kulturelle Bedeutung des Kakaos. Anders als der Name vermuten lässt, enthält Kakaobutter keinerlei Milchbestandteile. Es handelt sich um ein rein pflanzliches Produkt, das folglich auch für eine vegane Ernährung geeignet ist [2].

Die Kakaobohne besteht zu etwa 50-58% aus Kakaobutter [2,3]. Dieses Fett ist bei Raumtemperatur fest, hat eine blassgelbe Farbe und verströmt einen charakteristischen, leicht schokoladigen Duft. Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften: Der Schmelzpunkt liegt knapp unter der menschlichen Körpertemperatur, weshalb Schokolade bei Zimmertemperatur fest bleibt, aber im Mund sofort zu schmelzen beginnt [4]. Übrigens enthält Kakaobutter – anders als Kakaopulver – nur Spuren von Koffein und Theobromin [2].

Die Herstellung von Kakaobutter

Die Gewinnung von Kakaobutter ist ein mehrstufiger Prozess, der mit der Ernte der Kakaofrüchte beginnt und in hochspezialisierten Fabriken endet. Das Verfahren hat sich seit dem 19. Jahrhundert verfeinert, die grundlegenden Prinzipien blieben jedoch erhalten.

Von der Bohne zum Rohstoff

Nach der Ernte werden die Kakaobohnen zusammen mit dem sie umgebenden Fruchtfleisch fermentiert – ein entscheidender Schritt für die spätere Aromaentwicklung [5]. Diese Fermentation dauert etwa fünf Tage. Anschließend trocknen die Bohnen in der Sonne oder in speziellen Trocknungsanlagen. In der Verarbeitungsfabrik durchlaufen die Bohnen zunächst eine Qualitätskontrolle und Reinigung. Fremdkörper wie Steine, Holzstücke oder beschädigte Bohnen werden entfernt [6].

Die gereinigten Bohnen werden geröstet, wobei Temperaturen zwischen 120 und 140°C üblich sind. Das Rösten entwickelt das typische Kakaoaroma und macht das Ablösen der Schale einfacher [5]. Nach dem Rösten werden die Bohnen aufgebrochen und die Schalen durch Windsichtung entfernt. Was übrigbleibt, sind die sogenannten Kakaonibs – die Kernstücke der Bohne, die den gesamten Fettanteil enthalten [6].

Das Pressen der Kakaomasse

Die Kakaonibs werden in speziellen Mühlen zu einer flüssigen Masse vermahlen. Durch die beim Mahlen entstehende Reibungswärme schmilzt das enthaltene Fett, und es entsteht die sogenannte Kakaomasse oder Kakaoliquor [6,7]. Diese Masse besteht etwa zur Hälfte aus Fett und zur Hälfte aus Feststoffen. Um die Kakaobutter zu gewinnen, wird die erhitzte Kakaomasse in hydraulische Pressen gegeben. Dort wirkt ein Druck von bis zu 550 kg pro Quadratzentimeter [3]. Unter diesem enormen Druck verflüssigt sich das Kakaofett und fließt durch feine Filterplatten ab. Zurück bleiben die gepressten Kakaofeststoffe in Form von Kuchen, aus denen später Kakaopulver hergestellt wird [6].

Die gewonnene Kakaobutter kann anschließend gefiltert werden, um letzte Feststoffreste zu entfernen. Für pharmazeutische Anwendungen oder geschmacksneutrale Produkte lässt sich die Kakaobutter durch Dampf- und Vakuumextraktion desodorieren – also von ihrem charakteristischen Geruch befreien [3]. Je nach Verwendungszweck wird die Butter dann in flüssiger Form in Tankwagen transportiert oder in fester Form in Kartons verpackt.

Fettsäurezusammensetzung im Detail

Die besonderen physikalischen Eigenschaften von Kakaobutter – das präzise Schmelzverhalten, die Stabilität und das „Mundgefühl" in Schokolade – hängen direkt mit ihrer chemischen Zusammensetzung zusammen. Das Fettsäureprofil unterscheidet sich je nach Herkunftsland der Kakaobohnen, folgt aber einem charakteristischen Muster [8].

FettsäureAnteil (%)Typ
Stearinsäure (C18:0)30-39%gesättigt
Ölsäure (C18:1)29-38%einfach ungesättigt
Palmitinsäure (C16:0)22-27%gesättigt
Linolsäure (C18:2)2-4%mehrfach ungesättigt
Arachidinsäure (C20:0)bis 2%gesättigt

Wie die Tabelle zeigt, dominieren drei Fettsäuren das Profil: Stearinsäure, Ölsäure und Palmitinsäure. Zusammen machen sie über 90% der Fettsäuren aus [8,9]. Bemerkenswert ist der hohe Anteil an Stearinsäure – eine langkettige, gesättigte Fettsäure, die sich im Körper anders verhält als andere gesättigte Fette. Dazu später mehr.

Die besondere Rolle der Triglyceride

Fettsäuren liegen in Kakaobutter nicht frei vor, sondern sind an Glycerin gebunden – als sogenannte Triglyceride. Die drei wichtigsten Triglyceride in Kakaobutter sind POS, SOS und POP, wobei P für Palmitinsäure, O für Ölsäure und S für Stearinsäure steht [10]. Charakteristisch ist dabei die Struktur: An Position 1 und 3 des Glycerins sitzen jeweils gesättigte Fettsäuren (Palmitin- oder Stearinsäure), während in der Mitte (Position 2) die ungesättigte Ölsäure sitzt [4,10]. Diese symmetrische Anordnung erklärt das präzise Schmelzverhalten der Kakaobutter.

Die Triglyceride bestimmen auch, wie „hart" oder „weich" eine Kakaobutter ist. Kakaobutter aus westafrikanischen Ländern wie Ghana oder der Elfenbeinküste enthält tendenziell weniger Ölsäure und ist daher härter als Butter aus südamerikanischen Anbaugebieten wie Ecuador oder Brasilien [8].

Polymorphismus – warum die Kristallform entscheidend ist

Eine Eigenschaft macht Kakaobutter für die Verarbeitung besonders anspruchsvoll: der Polymorphismus. Das bedeutet, dass die Kakaobutter in verschiedenen Kristallformen erstarren kann, die jeweils unterschiedliche Schmelzpunkte haben [4,11]. Für Schokoladenhersteller und Pharmazeuten ist das Wissen um diese Kristallformen entscheidend.

KristallformSchmelzpunktStabilität
γ (gamma)etwa 18°Cinstabil
α (alpha)etwa 22-23°Cinstabil
β' (beta-Strich)etwa 28°Cinstabil
β (beta)etwa 34-35°Cstabil

Die stabile Beta-Form ist die einzig wünschenswerte. Nur sie hat den Schmelzpunkt von rund 34-35°C, der dafür sorgt, dass Schokolade bei Raumtemperatur fest bleibt, aber im Mund schmilzt [4,11]. Wird Kakaobutter bei der Verarbeitung zu stark erhitzt (über etwa 35-38°C), zerstört die Wärme die Kristallkeime der stabilen Beta-Form. Beim Abkühlen bilden sich dann die instabilen Formen, und das Produkt – sei es Schokolade oder ein Zäpfchen – schmilzt bereits bei Zimmertemperatur oder zeigt einen unansehnlichen weißlichen Belag, den sogenannten „Fettreif" [11,12]. Bei korrekter Verarbeitung, dem sogenannten Temperieren, wird die Kakaobutter nur auf etwa 34°C erwärmt. So bleibt genug Kristallkeime der Beta-Form erhalten, und das Endprodukt hat den gewünschten Schmelzpunkt [12].

Haltbarkeit und Stabilität

Ein oft unterschätzter Vorteil von Kakaobutter ist ihre außergewöhnliche Lagerstabilität. Richtig gelagert kann sie zwei bis fünf Jahre haltbar bleiben, ohne ranzig zu werden [2,13]. Der Grund dafür sind natürlich vorkommende Antioxidantien wie Tocopherole (Vitamin E) und Polyphenole, die das Fett vor Oxidation schützen [14]. Diese Stabilität macht Kakaobutter attraktiv für Anwendungen, bei denen lange Haltbarkeit gefragt ist – etwa in Kosmetikprodukten oder als Lebensmittelzutat.

Die optimale Lagertemperatur liegt unter 25°C. Bei höheren Temperaturen, besonders in wärmeren Klimazonen, sollte Kakaobutter gekühlt aufbewahrt werden, um ein unerwünschtes Erweichen oder Kristallformänderungen zu vermeiden [12].

Verwendung in der Lebensmittelindustrie

Der mit Abstand größte Abnehmer von Kakaobutter ist die Schokoladenindustrie. In dunkler Schokolade kann der Kakaobutter-Anteil bis zu 40% betragen [10]. Ohne sie wäre das typische Mundgefühl von Schokolade – das langsame Schmelzen auf der Zunge, die cremige Textur – nicht möglich. In der EU ist vorgeschrieben, dass ein Produkt nur dann als „Schokolade" verkauft werden darf, wenn Kakaobutter die Hauptfettquelle darstellt. Maximal 5% andere pflanzliche Fette dürfen beigemischt werden [3,15].

Neben der Schokoladenherstellung findet Kakaobutter Verwendung in weißer Schokolade (die nur aus Kakaobutter, Zucker und Milch besteht), in Pralinen, als Glasur für Süßwaren und gelegentlich als Ersatz für Butter in veganen Rezepten. In der Lebensmittelkennzeichnung kann sie auch als „Theobroma-Öl" aufgeführt sein.

Pharmazeutische Anwendung als Zäpfchengrundlage

Kakaobutter wird seit über einem Jahrhundert in der Pharmazie verwendet – vor allem als Grundlage für Zäpfchen (Suppositorien) und Vaginalzäpfchen (Pessare) [12,16]. Die Eignung für diesen Zweck ergibt sich aus mehreren Eigenschaften: Kakaobutter ist bei Raumtemperatur fest und lässt sich gut formen, schmilzt aber bei Körpertemperatur und gibt dadurch den enthaltenen Wirkstoff frei. Zudem ist sie ungiftig, reizarm und gut verträglich an empfindlichen Schleimhäuten [16].

Vorteile und Grenzen in der Pharmazie

Zu den Vorteilen zählen die gute Verträglichkeit, die einfache Handhabung und die Tatsache, dass Kakaobutter in vielen Apotheken verfügbar ist. Für die Herstellung von Zäpfchen in der Apotheke kann sie sogar ohne spezielle Gussformen per Hand gerollt werden [16]. Allerdings gibt es auch Nachteile: Die bereits beschriebenen Polymorphie-Probleme erfordern sorgfältiges Arbeiten beim Schmelzen. Wird die Kakaobutter über 35-38°C erhitzt, können die fertigen Zäpfchen bei Zimmertemperatur weich werden [11,12].

Hinzu kommt, dass bestimmte Wirkstoffe wie Chloralhydrat oder Phenol den Schmelzpunkt von Kakaobutter senken [12,16]. In solchen Fällen muss durch Zugabe von Bienenwachs oder Cetylesterwachs gegengesteuert werden, um einen geeigneten Schmelzpunkt zu erreichen. Moderne synthetische Zäpfchengrundlagen aus gehärteten Pflanzenfetten (wie Witepsol oder Fattibase) zeigen diese Polymorphie-Probleme nicht und werden daher in der industriellen Fertigung oft bevorzugt [16].

Kakaobutter in der Hautpflege

In Drogerien und Kosmetikabteilungen begegnet man Kakaobutter vor allem in Körperlotionen, Cremes, Lippenpflegestiften und Seifen. Die Kosmetikindustrie schätzt das Fett für seine weichmachenden (emollierenden) Eigenschaften und seinen angenehmen Duft [2,17]. Doch wie gut ist die Wirkung wissenschaftlich belegt?

Feuchtigkeitsspendende Wirkung

Kakaobutter enthält einen hohen Anteil an Fettsäuren, die eine schützende Schicht auf der Haut bilden können. Dadurch wird der transepidermale Wasserverlust (also das Verdunsten von Feuchtigkeit durch die Haut) reduziert [17,18]. Man spricht von einem „okklusiven" Effekt. Eine Studie aus dem Jahr 2025 untersuchte Cremes mit Kakaobutter als Hauptbestandteil und bestätigte diesen feuchtigkeitsbindenden Effekt [18]. Die Creme bildete eine Barriere auf der Haut, die das Austrocknen erschwerte.

Allerdings bedeutet diese okklusive Wirkung auch eine Kehrseite: Kakaobutter kann die Poren verstopfen. Sie gilt als komedogen, also porenblockierend [17,19]. Für Menschen mit fettiger Haut oder Neigung zu Akne ist die Anwendung im Gesicht daher nicht empfehlenswert. An Körperstellen wie Armen, Beinen oder Händen ist das Risiko von Mitessern und Pickeln geringer, sodass Kakaobutter dort bedenkenlos verwendet werden kann [19].

Antioxidative Eigenschaften – mit Einschränkungen

Kakaobutter enthält geringe Mengen an Polyphenolen und Vitamin E, die als Antioxidantien wirken können [14,17]. Diese Stoffe schützen theoretisch die Haut vor oxidativem Stress und könnten so der Hautalterung entgegenwirken. Allerdings ist die Konzentration dieser Verbindungen in reiner Kakaobutter deutlich geringer als im fettarmen Kakaopulver [17,20]. Eine Studie zur Hautpenetration von Kakao-Polyphenolen zeigte, dass tatsächlich das Kakaopulver – nicht die Kakaobutter selbst – die antioxidativen Wirkstoffe wie Catechin und Epicatechin liefert [20]. Die Kakaobutter diente in Kombination eher als Trägersubstanz, die den Polyphenolen half, in die oberen Hautschichten einzudringen.

Ein Review aus dem Jahr 2022 fasste zusammen, dass die Belege für Anti-Aging-Effekte von Kakaobutter auf der Haut begrenzt sind [21]. Die meisten Studien wurden an Zellkulturen oder Tieren durchgeführt, nicht am Menschen. Die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse ist daher fraglich.

Schwangerschaftsstreifen – der Mythos der Kakaobutter

Wohl kein Anwendungsgebiet ist so stark mit Kakaobutter verbunden wie die Vorbeugung von Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum). Generationen von Schwangeren haben sich Kakaobutter auf Bauch, Brust und Oberschenkel massiert, in der Hoffnung, die gefürchteten Dehnungsstreifen zu vermeiden. Die wissenschaftliche Studienlage ist hier jedoch eindeutig – und ernüchternd.

Was Studien tatsächlich zeigen

Eine doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2008 untersuchte 175 Erstgebärende [22]. Die eine Gruppe trug täglich eine Lotion mit Kakaobutter und Vitamin E auf die gefährdeten Körperstellen auf, die andere Gruppe eine Placebo-Lotion ohne diese Wirkstoffe. Das Ergebnis: Es gab keinen statistisch bedeutsamen Unterschied bei der Entstehung von Schwangerschaftsstreifen zwischen den beiden Gruppen [22].

Eine weitere randomisierte Studie aus dem Jahr 2010 mit 300 schwangeren Frauen kam zu einem ähnlichen Ergebnis [23]. Bei 44% der Frauen, die Kakaobutter-Creme verwendeten, entwickelten sich Schwangerschaftsstreifen – verglichen mit 55% in der Placebo-Gruppe. Dieser Unterschied war statistisch nicht bedeutsam [23]. Die Forscher fanden jedoch heraus, dass jüngere Frauen und solche mit besonders großen Neugeborenen häufiger Streifen entwickelten – unabhängig davon, welche Creme sie verwendet hatten.

Ein systematischer Cochrane-Review aus dem Jahr 2012, der mehrere Studien zusammenfasste, bestätigte diese Befunde [24]. Weder Kakaobutter noch andere topische Präparate wie Olivenöl oder spezielle Anti-Streifen-Cremes konnten das Auftreten von Schwangerschaftsstreifen nachweislich verhindern. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Verwendung solcher Produkte während der Schwangerschaft keine zuverlässige Prävention bietet [24].

Warum entstehen Schwangerschaftsstreifen überhaupt?

Schwangerschaftsstreifen bilden sich, wenn die Haut schnell gedehnt wird und dabei Kollagen- und Elastinfasern in der mittleren Hautschicht reißen [25]. Ob eine Frau dafür anfällig ist, hängt stark von genetischen Faktoren ab – also der individuellen Beschaffenheit des Bindegewebes. Auch das Alter (jüngere Frauen sind anfälliger), eine starke Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und die Größe des Babys spielen eine Rolle [22,25]. Diese Faktoren lassen sich durch das Eincremen der Hautoberfläche nicht beeinflussen.

  • Genetische Veranlagung ist der wichtigste Faktor für Schwangerschaftsstreifen
  • Kakaobutter kann die Haut zwar geschmeidig halten, aber nicht die tieferliegenden Bindegewebsstrukturen stärken
  • Die feuchtigkeitsspendende Wirkung mag angenehm sein, eine Prävention von Streifen ist dadurch jedoch nicht belegt

Das bedeutet nicht, dass Kakaobutter während der Schwangerschaft schädlich oder nutzlos wäre. Sie pflegt die Haut, kann Spannungsgefühle lindern und riecht für viele angenehm. Wer sie verwendet, sollte aber keine unrealistischen Erwartungen an die Vorbeugung von Dehnungsstreifen knüpfen.

Auswirkungen auf Blutfette und Herzgesundheit

Da Kakaobutter etwa 60% gesättigte Fettsäuren enthält, könnte man annehmen, dass ihr Verzehr den Cholesterinspiegel erhöht und das Herz-Kreislauf-Risiko steigert. Die Realität ist komplizierter – und für Kakaobutter vergleichsweise günstig.

Die Sonderrolle der Stearinsäure

Der Schlüssel liegt in der Stearinsäure, die etwa ein Drittel der Fettsäuren in Kakaobutter ausmacht. Obwohl Stearinsäure eine gesättigte Fettsäure ist, verhält sie sich im Stoffwechsel anders als etwa Palmitinsäure oder die kurzkettigen gesättigten Fettsäuren in Milchfett [26,27]. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Stearinsäure den LDL-Cholesterinspiegel („schlechtes" Cholesterin) nicht oder nur minimal erhöht [26,28]. Eine Metaanalyse von 60 kontrollierten Fütterungsstudien kam zu dem Schluss, dass Stearinsäure im Vergleich zu Kohlenhydraten sogar die Triglyceride senkt, ohne das HDL-Cholesterin („gutes" Cholesterin) negativ zu beeinflussen [28].

Der Grund für dieses Verhalten ist teilweise die geringere Absorptionsrate: Stearinsäure wird im Darm schlechter aufgenommen als andere Fettsäuren. Studien zeigen eine Absorptionsrate von nur etwa 90-94% für Stearinsäure, verglichen mit 96-97% für Palmitinsäure und 99% für Ölsäure [29]. Zudem wird ein Teil der absorbierten Stearinsäure im Körper in die einfach ungesättigte Ölsäure umgewandelt [27].

Vergleichsstudien mit anderen Fetten

Eine Studie aus den 1990er Jahren verglich die Auswirkungen verschiedener Fette auf den Cholesterinspiegel bei jungen Männern [30]. Die Probanden erhielten Diäten mit jeweils 37% der Kalorien aus Kakaobutter, Olivenöl, Sojaöl oder Milchbutter. Das Ergebnis: Milchbutter erhöhte das LDL-Cholesterin am stärksten. Kakaobutter lag im mittleren Bereich – deutlich besser als Milchbutter, aber schlechter als die pflanzlichen Öle [30].

Eine weitere Studie mit zehn Männern mittleren Alters verglich Rindertalg, Kakaobutter, Milchbutter und Olivenöl [29]. Kakaobutter führte zu niedrigeren LDL-Werten als Milchbutter und Rindertalg, aber zu höheren Werten als Olivenöl. Die Forscher führten dies auf den hohen Stearinsäuregehalt zurück, der die Cholesterinwirkung der ebenfalls enthaltenen Palmitinsäure teilweise ausgleicht [29].

FettLDL-Cholesterin-Wirkung
Milchbuttererhöht am stärksten
Rindertalgerhöht deutlich
Kakaobuttererhöht moderat
Olivenölerhöht kaum/neutral

Die Schlussfolgerung ist daher differenziert: Kakaobutter erhöht das LDL-Cholesterin weniger als aufgrund ihres hohen Gehalts an gesättigten Fettsäuren zu erwarten wäre [26]. Allerdings erhöht sie es immer noch mehr als die meisten pflanzlichen Öle. Für die Herzgesundheit ist der maßvolle Genuss von Schokolade (die ja neben Kakaobutter auch Polyphenole enthält) wahrscheinlich unbedenklich – exzessiver Konsum aber nicht zu empfehlen.

Interessante Befunde aus der Tierforschung

Ein bemerkenswerter Befund stammt aus einer Tierstudie mit Ratten: Die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm war bei gleichzeitiger Gabe von Kakaobutter deutlich reduziert – verglichen mit Palmkernöl oder Maisöl [31]. Die Absorption des Nahrungscholesterins sank um etwa 37% gegenüber Maisöl. Die Forscher vermuteten, dass dies mit der besonderen Triglyceridstruktur der Kakaobutter zusammenhängt [31]. Ob dieser Effekt auch beim Menschen auftritt, ist jedoch nicht ausreichend untersucht, und Tierversuche lassen sich nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen.

Unterschiede zu Sheabutter und anderen pflanzlichen Fetten

In der Kosmetik wird Kakaobutter oft mit Sheabutter verglichen oder kombiniert. Beide sind bei Raumtemperatur fest, reich an Fettsäuren und werden als Feuchtigkeitsspender vermarktet. Es gibt jedoch wichtige Unterschiede.

  • Sheabutter ist geruchsneutral, während Kakaobutter einen deutlichen Schokoladenduft hat
  • Sheabutter ist bei Raumtemperatur weicher und cremiger als die festere Kakaobutter
  • Sheabutter enthält mehr unverseifbare Bestandteile (etwa 6-17%), die möglicherweise entzündungshemmend wirken
  • Kakaobutter hat durch ihren höheren Anteil an Stearinsäure ein präziseres Schmelzverhalten

Für die Anwendung auf der Haut haben beide Fette ähnliche feuchtigkeitsspendende Eigenschaften. Die Wahl hängt oft von persönlichen Vorlieben ab – etwa ob der Schokoladenduft der Kakaobutter erwünscht ist oder nicht [2].

Qualitätsunterschiede und Kennzeichnung

Wer Kakaobutter kaufen möchte, sollte auf einige Qualitätsmerkmale achten. „Pure Prime Pressed" bezeichnet Kakaobutter, die ohne Lösungsmittel wie Hexan aus hochwertigen Kakaobohnen gewonnen wurde [7]. Diese Qualitätsstufe ist für Lebensmittel- und Kosmetikanwendungen am besten geeignet. Desodorierte Kakaobutter hat einen neutralen Geruch und Geschmack und wird vor allem in der Pharmazie oder für bestimmte Backwaren verwendet, bei denen kein Kakaoaroma erwünscht ist [3].

Beim Kauf für kosmetische Zwecke sollte das Produkt als „lebensmittelecht" oder „kosmetische Qualität" gekennzeichnet sein. Industrielle Kakaobutter, die etwa für technische Anwendungen gedacht ist, kann Verunreinigungen enthalten und sollte nicht auf der Haut oder für Lebensmittel verwendet werden.

Zusammenfassung und kritische Einordnung

Kakaobutter ist ein vielseitiges Naturprodukt mit nachgewiesenen Eigenschaften: einem präzisen Schmelzverhalten knapp unter Körpertemperatur, guter Lagerstabilität und feuchtigkeitsspendenden Effekten auf der Haut. In der Schokoladenherstellung ist sie unverzichtbar, in der Pharmazie eine bewährte Zäpfchengrundlage, in der Kosmetik ein beliebter Inhaltsstoff.

Was die gesundheitlichen Wirkungen angeht, ist Zurückhaltung angebracht. Die populäre Vorstellung, Kakaobutter könne Schwangerschaftsstreifen verhindern, wird durch wissenschaftliche Studien nicht gestützt [22,23,24]. Als Anti-Aging-Mittel für die Haut fehlen überzeugende Humanstudien [21]. Und obwohl die Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel günstiger sind als bei anderen gesättigten Fetten, ist Kakaobutter kein „gesundes" Fett im Sinne von Olivenöl oder Leinöl [26,29].

Wer Kakaobutter verwendet – sei es in Schokolade, als Körperpflege oder zum Backen – tut gut daran, die realistischen Vorteile zu schätzen: ein angenehmes Hautgefühl, einen verführerischen Duft und das unvergleichliche Schmelzerlebnis im Mund. Überzogene Gesundheitsversprechen hingegen entbehren meist einer soliden wissenschaftlichen Grundlage.

📚 Quellen (31 Quellen)

Quellen

  1. Jahurul MHA et al. Cocoa butter fats and possibilities of substitution in food products concerning cocoa varieties, alternative sources, extraction methods, composition, and characteristics. Journal of Food Engineering. 2013;117(4):467-476.
  2. Wikipedia: Cocoa butter. Encyclopedia entry with compiled references. 2025.
  3. European Cocoa Association. Processing – The production process from cocoa beans to semi-finished products. eurococoa.com. 2024.
  4. Talbot G. Vegetable fats. In: Beckett ST, editor. Industrial Chocolate Manufacture and Use. 4th ed. Oxford: Blackwell Science; 2009.
  5. International Cocoa Organization. Processing Cocoa. icco.org. 2021.
  6. deZaan. Production of cocoa – From bean to cocoa products. dezaan.com. 2024.
  7. CocoaSupply. Cacao Processing: From the Farm to Each of Your Favorite Cacao Products. cocoasupply.com. 2024.
  8. Lipp M, Anklam E. Review of cocoa butter and alternative fats for use in chocolate. Food Chemistry. 1998;62(1):73-97.
  9. Shukla VKS. Cocoa butter properties and quality. Lipid Technology. 1995;7:54-57.
  10. Afoakwa EO. Chocolate Science and Technology. Oxford: Wiley-Blackwell; 2010.
  11. Wille RL, Lutton ES. Polymorphism of cocoa butter. Journal of the American Oil Chemists' Society. 1966;43(8):491-496.
  12. Allen LV. Suppository Bases. In: Ansel's Pharmaceutical Dosage Forms and Drug Delivery Systems. 11th ed. Philadelphia: Wolters Kluwer; 2017.
  13. Gunstone FD. Vegetable Oils in Food Technology: Composition, Properties and Uses. 2nd ed. Oxford: Wiley-Blackwell; 2011.
  14. Scapagnini G et al. Cocoa Bioactive Compounds: Significance and Potential for the Maintenance of Skin Health. Nutrients. 2014;6(8):3202-3213.
  15. European Union Directive 2000/36/EC. Cocoa and chocolate products intended for human consumption.
  16. De Villiers MM. Suppository Bases. In: Allen LV, editor. Remington: The Science and Practice of Pharmacy. 22nd ed. London: Pharmaceutical Press; 2012.
  17. Vij S. The Health Benefits of Cocoa Butter. Cleveland Clinic Health Essentials. December 2023.
  18. Purushothaman VK et al. Cocoa Butter as an Effective Moisturizer for Topical Cream. Journal of Natural Remedies. 2025.
  19. Baumann L. The Science of Cocoa Butter in Skin Care. Skin Type Solutions. November 2023.
  20. Draelos ZD et al. Topical Antioxidant Cocoa Polyphenol Skin Penetration. Journal of Cosmetic Dermatology. 2024.
  21. Bjørklund G et al. Natural compounds and products from an anti-aging perspective. Molecules. 2022;27(21):7084.
  22. Osman H et al. Cocoa butter lotion for prevention of striae gravidarum: a double-blind, randomised and placebo-controlled trial. BJOG. 2008;115(9):1138-1142.
  23. Buchanan K et al. Prevention of striae gravidarum with cocoa butter cream. International Journal of Gynecology & Obstetrics. 2010;108(1):65-68.
  24. Brennan M et al. Topical preparations for preventing stretch marks in pregnancy. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2012.
  25. Korgavkar K, Wang F. Stretch marks during pregnancy: a review of topical prevention. British Journal of Dermatology. 2015;172(3):606-615.
  26. Denke MA. Effects of cocoa butter on serum lipids in humans: historical highlights. American Journal of Clinical Nutrition. 1994;60(6 Suppl):1014S-1016S.
  27. Hunter JE et al. Cardiovascular disease risk of dietary stearic acid compared with trans, other saturated, and unsaturated fatty acids: a systematic review. American Journal of Clinical Nutrition. 2010;91(1):46-63.
  28. Mensink RP. Effects of stearic acid on plasma lipid and lipoproteins in humans. Lipids. 2005;40(12):1201-1205.
  29. Bonanome A, Grundy SM. Effects of fats high in stearic acid on lipid and lipoprotein concentrations in men. American Journal of Clinical Nutrition. 1988;48(4):935-942.
  30. Kris-Etherton PM et al. The role of fatty acid saturation on plasma lipids, lipoproteins, and apolipoproteins: I. Effects of whole food diets high in cocoa butter, olive oil, soybean oil, dairy butter, and milk chocolate on the plasma lipids of young men. Metabolism. 1993;42(1):121-129.
  31. Imaizumi K et al. A comparison of the digestion and absorption of cocoa butter and palm kernel oil and their effects on cholesterol absorption in rats. Journal of Nutrition. 1983;113(7):1372-1380.