Resistente Stärke

Was bringt resistente Stärke? Studien und Praxistipps

Von Yannik 3. Dezember 2025 17 Min.

Kartoffelsalat vom Vortag, kalter Reis oder eine grüne Banane – was haben diese Lebensmittel gemeinsam? Sie enthalten einen besonderen Ballaststoff, der erst in den letzten Jahrzehnten ins Blickfeld der Ernährungsforschung gerückt ist: resistente Stärke. Anders als herkömmliche Stärke wird sie im Dünndarm nicht verdaut und gelangt nahezu unverändert in den Dickdarm. Dort geschieht etwas Bemerkenswertes: Darmbakterien fermentieren sie und produzieren dabei Stoffwechselprodukte, die für die Darmgesundheit nützlich sein könnten. Doch wie groß sind diese Effekte tatsächlich? Und wie viel resistente Stärke braucht man, um davon zu profitieren? Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftliche Studienlage kritisch und zeigt, was wirklich gesichert ist.

Was ist resistente Stärke?

Der Begriff „resistente Stärke" beschreibt Stärke und deren Abbauprodukte, die der Verdauung im Dünndarm gesunder Menschen entgehen [1]. Das Konzept stammt aus der Forschung der 1970er-Jahre und führte schließlich zu einer von der Europäischen Kommission unterstützten Definition [2]. Während normale Stärke im Dünndarm zu Glukose abgebaut wird und den Blutzucker erhöht, verhält sich resistente Stärke anders: Sie passiert den Dünndarm weitgehend unverdaut und erreicht den Dickdarm, wo sie von Darmbakterien fermentiert wird.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht verhält sich resistente Stärke ähnlich wie lösliche Ballaststoffe. Sie wirkt leicht abführend und kann bei manchen Menschen Blähungen verursachen [3]. Dabei liefert resistente Stärke nur etwa 2,5 Kilokalorien pro Gramm – im Vergleich zu 4 Kilokalorien bei herkömmlicher Stärke [4]. Ob resistente Stärke als Ballaststoff oder als funktioneller Ballaststoff eingestuft wird, hängt davon ab, ob sie natürlich in Lebensmitteln vorkommt oder nachträglich zugesetzt wurde.

Die fünf Typen resistenter Stärke

Nicht alle resistenten Stärken sind gleich. Die Wissenschaft unterscheidet heute fünf Haupttypen, die sich in ihrer Struktur und Entstehung unterscheiden. Diese Klassifikation ist wichtig, da die verschiedenen Typen unterschiedliche Eigenschaften haben und möglicherweise auch verschiedene Wirkungen im Körper entfalten [5].

Typ 1: Physikalisch geschützte Stärke

Dieser Typ ist in intakten Pflanzenzellen eingeschlossen – zum Beispiel in Vollkornprodukten, Samen und Hülsenfrüchten. Die Zellwände bilden eine Barriere, die verhindert, dass Verdauungsenzyme die Stärke erreichen [6]. Beim Mahlen oder intensiven Kauen kann diese Schutzbarriere jedoch zerstört werden. Ganze oder nur grob gemahlene Körner enthalten daher mehr RS1 als fein vermahlene Produkte.

Typ 2: Resistente Stärkegranulate

RS2 findet sich in roher, nicht erhitzter Stärke mit einer kompakten Kristallstruktur. Typische Quellen sind rohe Kartoffeln, grüne Bananen und Mais mit hohem Amylosegehalt [7]. Die dichte Struktur dieser Stärkekörner macht es für Verdauungsenzyme schwierig, sie anzugreifen. Wird RS2 jedoch erhitzt, quillt die Stärke auf und wird für Enzyme zugänglich – die Resistenz geht verloren.

Typ 3: Retrogradierte Stärke

Wenn stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln gekocht und anschließend abgekühlt werden, bildet sich RS3. Beim Abkühlen ordnen sich die Stärkemoleküle (hauptsächlich Amylose) neu an und bilden kristalline Strukturen, die für Verdauungsenzyme weniger zugänglich sind [8]. Dieser Prozess heißt Retrogradation. Kartoffeln, die über Nacht bei 4 Grad Celsius gekühlt wurden, können fast das Dreifache an resistenter Stärke enthalten im Vergleich zu frisch gekochten Kartoffeln [9]. Wichtig: Erneutes Erhitzen reduziert den RS3-Gehalt nur teilweise, sodass aufgewärmter Reis oder aufgewärmte Kartoffeln immer noch mehr resistente Stärke enthalten als frisch zubereitete.

Typ 4: Chemisch modifizierte Stärke

RS4 entsteht durch chemische oder physikalische Modifikation von Stärke in der Lebensmittelindustrie. Durch die Einführung chemischer Bindungen wird die Stärke für menschliche Verdauungsenzyme unzugänglich [10]. RS4 findet sich in verschiedenen verarbeiteten Lebensmitteln und ist besonders hitzestabil – ein Vorteil für die Lebensmittelproduktion.

Typ 5: Amylose-Lipid-Komplexe

RS5 bildet sich, wenn Amylose mit Fetten Komplexe eingeht. Diese Komplexe können bei der Lebensmittelverarbeitung entstehen oder künstlich hergestellt werden [11]. Ob RS5 tatsächlich als echte resistente Stärke zählt oder eher als langsam verdauliche Stärke, wird in der Wissenschaft noch diskutiert.

TypBeschreibungTypische QuellenHitzebeständigkeit
RS1Physikalisch geschützt in ZellwändenVollkornprodukte, Hülsenfrüchte, SamenGeht beim Mahlen verloren
RS2Native StärkegranulateRohe Kartoffeln, grüne Bananen, Hi-MaizeGeht beim Kochen verloren
RS3Retrogradierte StärkeGekochte und gekühlte Kartoffeln, Reis, NudelnTeilweise hitzestabil
RS4Chemisch modifiziertVerarbeitete LebensmittelHitzestabil
RS5Amylose-Lipid-KomplexeBestimmte verarbeitete StärkenVariabel

Diese Klassifikation hat jedoch Grenzen: Viele Lebensmittel enthalten mehrere Typen gleichzeitig, und die Zuordnung ist nicht immer eindeutig [12]. Neuere Forschungsarbeiten schlagen differenziertere Klassifikationssysteme vor, die auch molekulare Strukturen berücksichtigen.

Vorkommen in Lebensmitteln

Der Gehalt an resistenter Stärke in Lebensmitteln variiert erheblich – abhängig von Sorte, Reifegrad, Zubereitungsart und Lagerung. Die tatsächlich aufgenommene Menge ist daher schwer vorherzusagen. Die durchschnittliche tägliche Aufnahme liegt in westlichen Ländern bei etwa 3 bis 9 Gramm [13]. In China sind es etwa 15 Gramm täglich, während ländliche Bevölkerungen in Afrika bis zu 38 Gramm pro Tag aufnehmen können – hauptsächlich durch abgekühlten Maisbrei und Bohnen [14].

Grüne Bananen und Kochbananen

Unreife, grüne Bananen gehören zu den reichhaltigsten natürlichen Quellen für RS2. Etwa 38 bis 50 Prozent der Stärke in grünen Bananen ist resistent [15]. Mit zunehmender Reife wird diese Stärke jedoch zu Zucker umgewandelt – reife, gelbe Bananen enthalten weniger als 5 Prozent resistente Stärke. Kochbananen weisen ähnliche Werte auf, wobei gekochte und gekühlte Kochbananen etwa 3,2 Gramm RS3 pro 100 Gramm enthalten können.

Kartoffeln

Rohe Kartoffeln sind zwar sehr reich an resistenter Stärke, werden aber selten so verzehrt. Der praktische Nutzen liegt daher bei gekochten und gekühlten Kartoffeln. Eine mittelgroße, gekochte und gekühlte Kartoffel liefert etwa 3,5 bis 4 Gramm resistente Stärke [16]. Gebackene Kartoffeln enthalten dabei mehr resistente Stärke als gedämpfte. Die Zubereitungsmethode hat also einen deutlichen Einfluss.

Hülsenfrüchte

Bohnen, Linsen und Kichererbsen sind gute Quellen für RS1 und RS3. Gekochte Bohnen liefern je nach Sorte etwa 1 bis 5 Gramm resistente Stärke pro Portion [17]. Pintobohnen zeigen nach einstündigem Kochen höhere RS-Gehalte als schwarze Bohnen. Bei Kichererbsen steigt der Gehalt mit zunehmender Kochzeit: Nach einer Stunde enthalten 100 Gramm Kichererbsen etwa 2,6 bis 5 Gramm resistente Stärke.

Reis und Getreideprodukte

Frisch gekochter Reis enthält weniger als 3 Prozent resistente Stärke. Durch Kochen und anschließendes Kühlen steigt dieser Wert jedoch deutlich an [18]. Gebratener Reis, der zuvor gekühlt wurde, enthält etwa 4,5 Gramm RS3 pro 100 Gramm. Sushi-Reis (Klebreis) weist mit etwa 20,8 Prozent einen bemerkenswert hohen Anteil an resistenter Stärke auf. Haferflocken enthalten ungekocht etwa 7,7 Gramm RS pro 100 Gramm Stärke.

LebensmittelResistente Stärke (g/100g)Anmerkung
Kartoffelstärke (roh)ca. 72–79Als Nahrungsergänzung, nicht erhitzen
Grüne Bananeca. 38–50Anteil nimmt bei Reifung ab
Haferflocken (ungekocht)ca. 7,7Für Overnight Oats geeignet
Kartoffelsalatca. 5,2Gekocht und gekühlt
Gekochte und gekühlte Kartoffelnca. 3,5–4Sortenabhängig
Gebratener Reis (gekühlt, dann erhitzt)ca. 4,5Langkornreis
Gekochte Hülsenfrüchteca. 1–5Sortenabhängig

Rohe Kartoffelstärke wird oft als Nahrungsergänzungsmittel verwendet, da sie pro Esslöffel etwa 8 Gramm resistente Stärke liefert [19]. Dabei ist zu beachten: Wird die Stärke erhitzt, geht die Resistenz verloren. Grüne Bananenmehl oder Maniokmehl verlieren ebenfalls ihre resistente Stärke beim Backen oder Kochen.

Wirkungen im Körper

Die Fermentation von resistenter Stärke im Dickdarm führt zur Bildung von kurzkettigen Fettsäuren – hauptsächlich Acetat, Propionat und Butyrat [20]. Besonders Butyrat hat in der Forschung Aufmerksamkeit erhalten, da es als Hauptenergiequelle für die Zellen der Dickdarmschleimhaut dient und dort verschiedene Funktionen erfüllen könnte.

Fermentation und kurzkettige Fettsäuren

Nicht alle Darmbakterien können resistente Stärke gleich gut fermentieren. Bestimmte Bakteriengruppen aus den Stämmen Firmicutes und Bacteroidetes sind besonders aktiv bei der RS-Fermentation [21]. Dazu gehören Ruminococcus bromii, Faecalibacterium prausnitzii, Eubacterium rectale und Roseburia-Arten. Diese Bakterien sind für ihre Butyrat-Produktion bekannt.

Eine Studie mit 174 gesunden jungen Erwachsenen zeigte, dass resistente Stärke aus Kartoffeln (RPS) die Gesamtmenge an kurzkettigen Fettsäuren – einschließlich Butyrat – am stärksten erhöhte, verglichen mit resistenter Stärke aus Mais oder Inulin [22]. Allerdings reagierten nicht alle Teilnehmer gleich: Personen, deren Darmmikrobiom reich an Ruminococcus bromii war, zeigten höhere Butyrat-Konzentrationen. Dies deutet darauf hin, dass die individuelle Zusammensetzung des Darmmikrobioms eine wichtige Rolle spielt.

Einfluss auf das Darmmikrobiom

Die regelmäßige Aufnahme von resistenter Stärke kann die Zusammensetzung der Darmflora beeinflussen. Eine randomisierte klinische Studie mit Erwachsenen, die unter chronischer Verstopfung litten, zeigte nach 6 bis 12 Wochen RS3-Supplementierung eine deutliche Zunahme von Bifidobakterien, Prevotella, Akkermansia und Megamonas [23]. Diese Bakteriengruppen werden allgemein als förderlich für die Darmgesundheit betrachtet.

Die Fermentation von resistenter Stärke senkt zudem den pH-Wert im Dickdarm. Ein leicht saures Milieu begünstigt das Wachstum nützlicher Bakterien und hemmt das Wachstum bestimmter krankheitserregender Keime [24]. Ob diese Veränderungen im Mikrobiom langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit haben, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.

Wirkung auf den Blutzucker

Die Auswirkungen von resistenter Stärke auf die Blutzuckerregulation gehören zu den am besten untersuchten Effekten. Da resistente Stärke im Dünndarm nicht zu Glukose abgebaut wird, erhöht sie den Blutzucker nicht direkt. Die Frage ist jedoch, ob darüber hinaus weitere Effekte auf den Glukosestoffwechsel bestehen.

Akute Effekte auf den Blutzuckerspiegel

Wenn resistente Stärke anstelle von normaler Stärke verzehrt wird, fällt der Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit geringer aus. Eine frühe Studie zeigte bei 10 gesunden Männern, dass nach dem Verzehr von roher Kartoffelstärke (54 Prozent RS) die Plasmakonzentrationen von Glukose, Insulin und GIP (gastrisches inhibitorisches Peptid) deutlich niedriger waren als nach dem Verzehr von normaler Stärke [25].

Eine Meta-Analyse von 2023 bestätigte, dass RS1 und RS2 den akuten postprandialen Blutzucker bei Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Prädiabetes senken können [26]. Die standardisierte mittlere Differenz lag bei RS1 bei -0,54 und bei RS2 bei -0,96. RS2 verbesserte zudem die akute postprandiale Insulinreaktion mit einer Effektstärke von -0,71.

Langfristige Effekte bei regelmäßiger Einnahme

Eine umfassende Meta-Analyse aus 2021 untersuchte die Wirkung von resistenter Stärke auf den Nüchtern-Blutzucker [27]. Das Ergebnis: Die Wirkung war statistisch messbar (Effektstärke -0,09 mmol/l), aber die klinische Bedeutung ist begrenzt. Deutlichere Effekte zeigten sich bei höheren Dosierungen (mehr als 28 Gramm pro Tag) und längerer Einnahmedauer (mehr als 8 Wochen). Die Wirkung auf HOMA-IR (ein Maß für Insulinresistenz) war mit einer Effektstärke von -0,33 ebenfalls messbar.

Bei übergewichtigen und adipösen Erwachsenen zeigte eine weitere Meta-Analyse, dass resistente Stärke das Nüchtern-Insulin sowohl bei Diabetikern als auch bei Nicht-Diabetikern senken konnte [28]. Allerdings waren die Effekte auf andere insulinbezogene Parameter – wie den Insulinsensitivitätsindex, die akute Insulinantwort oder HOMA-β – nicht statistisch messbar.

Die Forschungslage zeigt: Die Effekte auf den Blutzucker sind vorhanden, aber die Größenordnung ist bescheiden. Subgruppenanalysen deuten darauf hin, dass hauptsächlich RS1 und RS2 positive Effekte zeigen, während für RS3 weniger Daten vorliegen [29]. Die Wirkung hängt zudem von der Ausgangssituation ab: Menschen mit bereits bestehender Insulinresistenz scheinen stärker zu profitieren.

Sättigungswirkung und Gewichtsmanagement

Da resistente Stärke weniger Kalorien liefert als normale Stärke und möglicherweise das Sättigungsgefühl beeinflusst, wurde sie auch im Zusammenhang mit Gewichtsmanagement untersucht. Einige Studien deuten darauf hin, dass resistente Stärke die Sättigung erhöhen kann, wenn sie in Mengen von mindestens 25 Gramm verzehrt wird [30]. Ein „Second-Meal-Effekt" wurde ebenfalls beobachtet: Resistente Stärke beim Frühstück kann auch den Blutzuckeranstieg beim Mittagessen abschwächen.

Allerdings zeigte die bereits erwähnte Studie von Raben et al., dass das subjektive Sättigungsgefühl nach dem Verzehr von roher Kartoffelstärke sogar geringer war als nach normaler Stärke [25]. Dies könnte mit der veränderten Hormonreaktion zusammenhängen. Die Ergebnisse zur Sättigung sind daher nicht einheitlich und sollten mit Vorsicht interpretiert werden.

Dosierung und praktische Anwendung

Für die tägliche Aufnahme von resistenter Stärke gibt es keine offizielle Empfehlung. In Studien wurden typischerweise zwischen 15 und 40 Gramm pro Tag verwendet [31]. Effekte auf den Blutzucker zeigten sich vor allem bei Dosierungen ab 28 Gramm und bei Einnahmedauern von mindestens 8 Wochen.

Die Toleranzgrenze für resistente Stärke liegt bei etwa 45 Gramm pro Tag – deutlich höher als bei anderen fermentierbaren Ballaststoffen wie Inulin (maximal etwa 10 Gramm täglich) [32]. Dennoch können bei empfindlichen Personen schon geringere Mengen Beschwerden verursachen.

  • Langsam beginnen: Mit etwa 5 Gramm pro Tag starten und die Menge über mehrere Wochen steigern
  • Auf die Zubereitungsart achten: Gekochte und gekühlte Lebensmittel bevorzugen
  • Individuelle Verträglichkeit testen: Die Toleranz variiert stark zwischen Personen
  • Ausreichend trinken: Hilft bei der Anpassung an erhöhte Ballaststoffzufuhr

Rohe Kartoffelstärke ist das konzentrierteste RS2-Supplement und kann in Joghurt, Smoothies oder kalte Getränke eingerührt werden. Beim Erhitzen verliert sie jedoch ihre resistenten Eigenschaften. Hi-Maize-Stärke aus amylosereichem Mais behält dagegen auch beim Backen einen Teil ihrer resistenten Stärke.

Nebenwirkungen und Verträglichkeit

Die häufigsten Nebenwirkungen bei der Einnahme von resistenter Stärke sind Blähungen, Völlegefühl und vermehrte Gasbildung [33]. Diese Symptome sind eine direkte Folge der bakteriellen Fermentation im Dickdarm. Bei den meisten Menschen nehmen diese Beschwerden nach einer Eingewöhnungsphase von einigen Tagen bis zwei Wochen ab.

Menschen mit Reizdarmsyndrom (IBS) sollten besonders vorsichtig sein. Die Fermentation kann bei empfindlichem Darm zu verstärkten Beschwerden führen, da die entstehenden Gase Schmerzen, Blähungen und Krämpfe auslösen können [34]. Bei Menschen mit IBS ist die Darm-Hirn-Kommunikation oft gestört, sodass normale Gasmengen als schmerzhaft empfunden werden. In solchen Fällen ist eine langsame Steigerung der Zufuhr besonders wichtig.

Eine klinische Studie mit einer resistenten Stärke-Mischung aus Kartoffel, Banane und Apfelfasern zeigte, dass bei etwa 5,5 Gramm resistenter Stärke pro Tag die gastrointestinalen Symptome (Blähungen, Durchfall, Verstopfung) sogar abnahmen [35]. Dies deutet darauf hin, dass moderate Mengen gut verträglich sind und die Darmfunktion verbessern können.

Kritische Bewertung der Studienlage

Die Forschung zu resistenter Stärke zeigt vielversprechende Ansätze, aber auch deutliche Einschränkungen. Die Heterogenität der Studien – unterschiedliche RS-Typen, Dosierungen, Studiendauern und Teilnehmergruppen – erschwert eindeutige Schlussfolgerungen [36].

Individuelle Unterschiede im Darmmikrobiom

Ein zentrales Problem ist die starke interindividuelle Variabilität der Reaktionen. Eine systematische Übersicht zeigte, dass nicht alle Personen gleichermaßen von resistenter Stärke profitieren [37]. Manche Menschen zeigten keinen Anstieg der Butyrat-Produktion – vermutlich, weil ihnen die entsprechenden Bakterien fehlen. Eine Studie fand, dass der mediane Fäkal-Butyrat-Wert nach Kartoffelstärke-Supplementierung zwar um 50 Prozent stieg, die individuellen Reaktionen jedoch stark schwankten: Bei einigen Teilnehmern sank der Butyrat-Wert sogar, insbesondere wenn er zu Beginn bereits hoch war.

Diese Erkenntnisse sprechen für einen personalisierten Ansatz: Ein „One-size-fits-all"-Konzept scheint bei resistenter Stärke nicht zielführend [38]. Möglicherweise müssen Personen anhand ihrer Mikrobiom-Zusammensetzung oder ihrer Ernährungsgewohnheiten der passenden Art resistenter Stärke zugeordnet werden.

Studiendauer und Dosierung

Viele Studien waren zu kurz, um nachhaltige Effekte zu erfassen. Eine 7-tägige Intervention mit 20 Gramm RS2 pro Tag zeigte bei IBS-Patienten keine messbare Verbesserung der Symptome oder der SCFA-Werte [39]. Bei längeren Studien (12 Wochen) mit derselben Dosierung wurden dagegen positive Effekte beobachtet. Dies deutet darauf hin, dass die Anpassung des Darmmikrobioms Zeit braucht.

Was ist gesichert, was nicht?

Gut belegt ist, dass resistente Stärke als Substrat für bestimmte Darmbakterien dient und die Bildung kurzkettiger Fettsäuren fördert. Akute Effekte auf den postprandialen Blutzucker bei Ersatz von normaler Stärke durch resistente Stärke sind ebenfalls gut dokumentiert.

Weniger eindeutig sind die langfristigen Effekte auf den Glukosestoffwechsel, die Insulinsensitivität und das Körpergewicht. Meta-Analysen zeigen zwar statistisch messbare Effekte, aber deren klinische Bedeutung ist oft gering. Die Wirkung auf Entzündungsmarker und Blutfette ist nicht ausreichend belegt, um gesundheitsbezogene Aussagen zu rechtfertigen [40].

Fazit

Resistente Stärke ist ein interessanter Nährstoff an der Schnittstelle zwischen Stärke und Ballaststoff. Sie wird im Dünndarm nicht verdaut und kann von bestimmten Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren fermentiert werden. Die Studienlage zeigt moderate Effekte auf den Blutzucker, insbesondere bei höheren Dosierungen und längerer Einnahme.

Für die meisten Menschen ist eine moderate Aufnahme über natürliche Lebensmittelquellen – wie gekochte und gekühlte Kartoffeln, Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte – ein sinnvoller Ansatz. Die Verwendung von Supplementen wie roher Kartoffelstärke kann für Menschen interessant sein, die ihre Aufnahme gezielt steigern möchten, erfordert aber eine langsame Eingewöhnung.

Die individuelle Reaktion auf resistente Stärke hängt stark von der Zusammensetzung des Darmmikrobioms ab. Nicht jeder profitiert gleichermaßen, und manche Menschen reagieren mit verstärkten gastrointestinalen Beschwerden. Eine kritische, auf die eigene Verträglichkeit abgestimmte Herangehensweise ist daher ratsam.

📚 Quellen (40 Quellen)

Quellen

  1. Englyst HN, Kingman SM, Cummings JH. Classification and measurement of nutritionally important starch fractions. European Journal of Clinical Nutrition. 1992;46(Suppl 2):S33-50.
  2. European Commission, Directorate-General for Research. Definition and classification of resistant starch. EUR Report. 1992.
  3. Birt DF, Boylston T, Hendrich S, et al. Resistant starch: promise for improving human health. Advances in Nutrition. 2013;4(6):587-601.
  4. WebMD Editorial Team. What Are Resistant Starches? Types, Benefits, and More. WebMD. 2024.
  5. Raigond P, Ezekiel R, Raigond B. Resistant starch in food: a review. Journal of the Science of Food and Agriculture. 2015;95(10):1968-1978.
  6. Foschia M, Peressini D, Sensidoni A, Brennan CS. The effects of dietary fibre addition on the quality of common cereal products. Journal of Cereal Science. 2013;58(2):216-227.
  7. Menezes EW, Tadini CC, Tribess TB, et al. Chemical composition and nutritional value of unripe banana flour. Plant Foods for Human Nutrition. 2011;66(3):231-237.
  8. Bird AR, Brown IL, Topping DL. Starches, resistant starches, the gut microflora and human health. Current Issues in Intestinal Microbiology. 2000;1(1):25-37.
  9. Wikipedia contributors. Resistant starch. Wikipedia, The Free Encyclopedia. 2024.
  10. Brown IL, McNaught KJ, Moloney E. Hi-maize: new directions in starch technology and nutrition. Food Australia. 1995;47(6):272-275.
  11. DeMartino P, Cockburn DW. Resistant starch: impact on the gut microbiome and health. Current Opinion in Biotechnology. 2020;61:66-71.
  12. Liu Z, et al. The molecular mechanisms and new classification of resistant starch – A review. Food Science and Human Wellness. 2025.
  13. Murphy MM, Douglass JS, Birkett A. Resistant starch intakes in the United States. Journal of the American Dietetic Association. 2008;108(1):67-78.
  14. Sánchez-Castillo CP, Hudson GJ, James WP. A survey of the sources of resistant starch in the Mexican diet. European Journal of Clinical Nutrition. 1999;53(2):128-131.
  15. Faisant N, Buléon A, Colonna P, et al. Digestion of raw banana starch in the small intestine of healthy humans. British Journal of Nutrition. 1995;73(1):111-123.
  16. Patterson MA, Maiya M, Stewart ML. Resistant Starch Content in Foods Commonly Consumed in the United States: A Narrative Review. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics. 2020;120(2):230-244.
  17. Nugent AP. Health properties of resistant starch. Nutrition Bulletin. 2005;30(1):27-54.
  18. Yang CZ, Shu XL, Zhang LL, et al. Starch properties of mutant rice high in resistant starch. Journal of Agricultural and Food Chemistry. 2006;54(2):523-528.
  19. Healthline Editorial Team. Resistant Starch 101 — Everything You Need to Know. Healthline. 2018.
  20. Hamer HM, Jonkers D, Venema K, et al. Review article: the role of butyrate on colonic function. Alimentary Pharmacology and Therapeutics. 2008;27(2):104-119.
  21. Vital M, Howe AC, Tiedje JM. Revealing the bacterial butyrate synthesis pathways by analyzing (meta)genomic data. mBio. 2014;5(2):e00889-14.
  22. Baxter NT, Schmidt AW, Venkataraman A, et al. Dynamics of Human Gut Microbiota and Short-Chain Fatty Acids in Response to Dietary Interventions with Three Fermentable Fibers. mBio. 2019;10(1):e02566-18.
  23. Keenan MJ, Janes M, Robert J, et al. Impact of resistant starch type 3 on fecal microbiota and stool frequency in Thai adults with chronic constipation randomized clinical trial. Scientific Reports. 2024;14:26892.
  24. Canani RB, Costanzo MD, Leone L, et al. Potential beneficial effects of butyrate in intestinal and extraintestinal diseases. World Journal of Gastroenterology. 2011;17(12):1519-1528.
  25. Raben A, Tagliabue A, Christensen NJ, et al. Resistant starch: the effect on postprandial glycemia, hormonal response, and satiety. American Journal of Clinical Nutrition. 1994;60(4):544-551.
  26. Pugh JE, Cai M, Altieri N, Frost G. A comparison of the effects of resistant starch types on glycemic response in individuals with type 2 diabetes or prediabetes: A systematic review and meta-analysis. Frontiers in Nutrition. 2023;10:1118229.
  27. Xiong K, Wang J, Kang T, Xu F, Ma A. Effects of resistant starch on glycaemic control: a systematic review and meta-analysis. British Journal of Nutrition. 2021;125(11):1260-1269.
  28. Wang Y, Chen J, Song YH, et al. Effects of the resistant starch on glucose, insulin, insulin resistance, and lipid parameters in overweight or obese adults: a systematic review and meta-analysis. Nutrition and Diabetes. 2019;9:19.
  29. Halajzadeh J, Milajerdi A, Reiner Ž, et al. Effects of resistant starch on glycemic control, serum lipoproteins and systemic inflammation in patients with metabolic syndrome and related disorders: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled clinical trials. Critical Reviews in Food Science and Nutrition. 2020;60(18):3172-3184.
  30. Higgins JA. Resistant starch and energy balance: impact on weight loss and maintenance. Critical Reviews in Food Science and Nutrition. 2014;54(9):1158-1166.
  31. Examine.com. Resistant Starch benefits, dosage, and side effects. Examine Database. 2023.
  32. Supergut Editorial Team. How to Get More Fiber from Resistant Starch. Supergut Blog. 2023.
  33. Medical News Today Editorial Team. Resistant Starch: What to know. Medical News Today. 2019.
  34. Gutivate Editorial Team. The Pros and Cons of Resistant Starches for IBS. Gutivate. 2024.
  35. Hanes DA, Nowinski CJ, Rybicki J, et al. The gastrointestinal and microbiome impact of a resistant starch blend from potato, banana, and apple fibers: A randomized clinical trial using smart caps. Frontiers in Nutrition. 2022;9:987667.
  36. So D, Whelan K, Rossi M, et al. Dietary fiber intervention on gut microbiota composition in healthy adults: a systematic review and meta-analysis. American Journal of Clinical Nutrition. 2018;107(6):965-983.
  37. Venkataraman A, Sieber JR, Schmidt AW, et al. Variable responses of human microbiomes to dietary supplementation with resistant starch. Microbiome. 2016;4:33.
  38. Bourgois-Mochel A, Nowicki C, Goudet V, et al. Tolerability and SCFA production after resistant starch supplementation in humans: a systematic review of randomized controlled studies. American Journal of Clinical Nutrition. 2022;115(3):827-839.
  39. So D, Loughman A, Staudacher HM. Effects of a low FODMAP diet on the colonic microbiome in irritable bowel syndrome: a systematic review with meta-analysis. American Journal of Clinical Nutrition. 2022;116(4):943-952.
  40. Wei Y, Zhang X, Meng Y, et al. The Effects of Resistant Starch on Biomarkers of Inflammation and Oxidative Stress: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrition and Cancer. 2022;74(9):3292-3303.