Chitosan: Wundermittel oder überbewerteter Trend?

Chitosan ist ein Stoff, der in den letzten Jahren vermehrt als Nahrungsergänzungsmittel beworben wurde. Dabei werden ihm verschiedene Eigenschaften zugeschrieben, wie zum Beispiel die Bindung von Fetten im Magen-Darm-Trakt, eine mögliche Unterstützung beim Gewichtsmanagement und ein positiver Einfluss auf den Cholesterinspiegel. Aufgrund dieser angepriesenen Effekte findet man Chitosan in zahlreichen Produkten, die oftmals als „Fatburner“, „Fettblocker“ oder „Abnehmhilfe“ vermarktet werden. Dieser Markt ist in den letzten Jahren stark gewachsen und wird von gesundheitsbewussten Konsumentinnen und Konsumenten ebenso kritisch begutachtet wie von der Wissenschaft.

Auch wenn es bereits viele Erfahrungsberichte und Werbeversprechen zu Chitosan gibt, lohnt es sich einen genauen Blick darauf werfen, was empirisch belegt ist und wie seriöse Quellen zu diesem Nahrungsergänzungsmittel stehen. Im folgenden Text findest du deshalb einen umfassenden Überblick!

Was ist Chitosan?

Chitosan ist ein natürlich vorkommendes Polysaccharid, das aus Chitin gewonnen wird. Chitin selbst ist ein Strukturpolysaccharid, das in den äußeren Hüllen verschiedener Lebewesen vorkommt, insbesondere in den Schalen von Krebstieren wie Krabben, Garnelen oder Hummern. Auch Insekten und Pilze enthalten Chitin in ihren Zellwänden oder in ihrem Exoskelett, was jedoch in der industriellen Produktion von Chitosan seltener eine Rolle spielt [1].

Damit Chitin in Chitosan umgewandelt werden kann, muss es einem chemischen Prozess unterzogen werden, bei dem die Acetylgruppen teilweise entfernt werden. Dieses Verfahren wird als Deacetylierung bezeichnet. Durch die teilweise Abspaltung der Acetylgruppen entsteht eine Substanz, die im Gegensatz zum weitgehend unverdaulichen Chitin in wasser- und säurehaltigen Medien besser löslich ist und als Chitosan bekannt ist [2].

Natürliche Quellen und Gewinnung

Die industrielle Gewinnung von Chitosan erfolgt in der Regel aus den Schalen von Schalentieren. Diese fallen in großen Mengen als Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie an. Um Chitin in größeren Mengen zu extrahieren, wird das Rohmaterial zuerst von Proteinen und Mineralien befreit, meist durch eine Behandlung mit Base und Säure. Anschließend wird im nächsten Schritt durch die Deacetylierung – in der Regel mithilfe starker Basen bei höherer Temperatur – Chitin in Chitosan umgewandelt [3].

Es existieren auch alternative Verfahren, etwa die Nutzung von Enzymen, um Chitin schonender in Chitosan umzuwandeln. Zudem forscht man an der Herstellung von Chitosan aus Pilzkulturen, da diese im Gegensatz zu Schalentieren unabhängig von der Meerestier-Industrie sind und potenziell eine bessere Kontrolle über Verunreinigungen ermöglichen könnten. Bislang sind diese Ansätze aber weniger verbreitet und teurer in der Umsetzung [4].

Chemische Eigenschaften

Chemisch gesehen ist Chitosan ein lineares Polysaccharid, bestehend aus Glucosamin- und N-Acetylglucosamin-Einheiten, jedoch in einem Verhältnis, das eine relativ hohe Löslichkeit in sauren Medien ermöglicht. Der Grad der Deacetylierung bestimmt wesentlich die Eigenschaften des Endprodukts. Je höher dieser Wert, desto höher ist tendenziell die Fähigkeit von Chitosan, sich in wässrigen Lösungen zu lösen oder zu quellen.

Die Kationische Ladung bei niedrigem pH-Wert ist ein weiteres Merkmal, das Chitosan von vielen anderen Polysacchariden unterscheidet. Denn in sauren Medien (z. B. im Magen) kann Chitosan protoniert werden, wodurch es positive Ladungen trägt und somit an negativ geladene Moleküle, wie etwa Fette oder Gallensäuren, binden kann [1]. Diese Eigenschaft liegt vielen angenommenen Wirkmechanismen zugrunde, die in Zusammenhang mit einer Einnahme von Chitosan als Nahrungsergänzungsmittel diskutiert werden.

Grundlegende Funktionsweise im Körper

Die Befürworter der Einnahme von Chitosan gehen davon aus, dass Chitosan im Magen-Darm-Trakt an Nahrungsfette bindet und damit verhindert, dass diese in den Stoffwechsel gelangen. Konkret wird davon ausgegangen, dass durch die positive Ladung des Chitosans vor allem Triglyceride und freie Fettsäuren sowie Gallensäuren angezogen werden. Dadurch soll eine Art Komplex entstehen, der nur schwer vom Körper aufgenommen werden kann und letztlich unverdaut ausgeschieden wird [5].

Ein weiterer diskutierter Mechanismus betrifft die Bindung von Gallensäuren, die wiederum für die Fettverdauung im Dünndarm essenziell sind. Da Gallensäuren teilweise an Chitosan gebunden werden könnten, stünde theoretisch weniger Gallensäure für die Fettverdauung zur Verfügung. In der Folge könnte der Körper gezwungen sein, neue Gallensäuren zu bilden, wozu Cholesterin abgebaut werden müsste. Auf diese Weise wird häufig argumentiert, Chitosan könne den Cholesterinspiegel im Blut positiv beeinflussen.

Mögliche Vorteile im Zusammenhang mit Gewichtsmanagement

Die Fähigkeit zur Fettbindung ist einer der häufigsten Gründe, warum Chitosan in diversen Produkten vermarktet wird, die beim Gewichtsmanagement helfen sollen. Die Idee ist, dass weniger Fett aus der Nahrung aufgenommen wird, was potenziell zu einer verringerten Kalorienzufuhr führen kann. Einige Hersteller betonen zudem, dass Chitosan den Körper zusätzlich dabei unterstützen könne, leichter Gewicht zu verlieren, wenn eine kalorienreduzierte Ernährung und regelmäßige Bewegung hinzukommen.

Allerdings ist es wichtig zu erwähnen, dass Chitosan alleine keine Wundermittelwirkung entfaltet und auch andere Faktoren für eine langfristige, gesunde Gewichtsabnahme entscheidend sind. Oft wird Chitosan in Kombination mit einer Ernährungsumstellung und einem ganzheitlichen Lebensstil empfohlen. Die Werbung für reine „Fatburner“-Effekte durch Chitosan ohne weitere Veränderungen im Alltag oder in der Ernährung kann als unvollständig oder zu optimistisch betrachtet werden, da sie meist nicht den komplexen Charakter des menschlichen Stoffwechsels berücksichtigt [6].

Weitere mögliche gesundheitliche Effekte

Neben dem Gewichtsmanagement wird Chitosan auch häufig mit einem verbesserten Cholesterinspiegel in Verbindung gebracht. Durch die Bindung von Gallensäuren könnte theoretisch die LDL-Cholesterinkonzentration im Blut sinken. Einige Studien deuten darauf hin, dass es unter bestimmten Bedingungen zu einer moderaten Senkung des LDL-Cholesterins und eventuell auch zu einer leichten Steigerung des HDL-Cholesterins kommen kann [7].

Hinsichtlich des Blutdrucks liegen derzeit keine ausreichend belastbaren Daten vor, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. In vereinzelten Untersuchungen wurde ein leichter Effekt auf bestimmte Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beobachtet, aber es handelt sich dabei meist um Studien mit kleinen Probandengruppen oder Studien, die neben Chitosan noch andere Faktoren untersuchten, was eine eindeutige Zuordnung schwierig macht [8].

Für Chitosan existieren bislang keine von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) offiziell bestätigten gesundheitsbezogenen Angaben, die allgemeine oder umfassende Heilungsversprechen rechtfertigen würden.

So sieht die aktuelle Studienlage aus

Die aktuelle Studienlage zu Chitosan ist heterogen. Einerseits gibt es Untersuchungen, die eine gewisse Wirksamkeit bei der Reduktion der Fettaufnahme nahelegen. Andererseits bestehen methodische Einschränkungen, wie die geringe Probandenzahl, kurze Studiendauern und das Fehlen von Doppelblind-Designs in einigen Untersuchungen.

In einer Metaanalyse, die verschiedene Studien zu Chitosan zusammenfasste, wurde festgestellt, dass sich bei einigen Teilnehmenden ein geringer Effekt auf das Körpergewicht zeigte. Die Gewichtsabnahme war jedoch meist moderat und schwankte je nach Dosis und Einnahmedauer [10]. Kritiker führen an, dass ein Teil dieser Effekte darauf zurückzuführen ist, dass die Studien oft von Herstellern des Produkts oder Interessensgruppen finanziert werden. Auch die genaue Zusammensetzung des jeweiligen Chitosans (Grad der Deacetylierung, Molekulargewicht etc.) spielt eine Rolle und erschwert die Vergleichbarkeit der Ergebnisse.

Darüber hinaus gibt es Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Chitosan nur dann in relevanter Weise an Fette binden kann, wenn die aufgenommenen Fettsäuren und Triglyceride selbst bestimmte Voraussetzungen erfüllen (etwa eine bestimmte Molekularstruktur) [5]. Eine unkritische Übertragung aus Laborversuchen (in vitro) auf den menschlichen Organismus, der bedeutend komplexer ist, wäre daher fragwürdig.

Einige Studien nahmen sich zudem die langfristigen Effekte vor. Hier zeigte sich, dass eine kurzzeitige Wirkung auf die Fettabsorption zwar vorhanden sein kann, sich jedoch nicht unbedingt in einer nachhaltigen Gewichtsabnahme niederschlägt. Personen, die über einen längeren Zeitraum Chitosan nutzten, profitierten meist nur in Kombination mit einer Kalorienrestriktion und vermehrter Bewegung. Die reine Einnahme von Chitosan alleine erzielte in diesen Untersuchungen keinen nennenswerten Vorteil gegenüber Placebogruppen [11].

Auch in Bezug auf den Cholesterinspiegel ist die Datenlage gemischt. Zwar gibt es Studien, die kleine Verbesserungen im LDL-HDL-Verhältnis fanden, doch die Ergebnisse sind teils uneinheitlich. Einige Arbeiten berichten von keinem signifikanten Effekt, insbesondere wenn andere Lebensstilfaktoren unberücksichtigt blieben [7].

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Chitosan potenziell eine unterstützende Rolle beim Management von Körpergewicht und Cholesterinspiegel spielen kann, allerdings vorwiegend in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung, einer Kalorienrestriktion und ausreichend körperlicher Aktivität. Wer ausschließlich auf Chitosan setzt, könnte leicht überzogene Erwartungen haben, die nicht durch die Studienlage gedeckt sind.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Chitosan gilt im Allgemeinen als relativ gut verträglich, sofern es in üblichen Mengen konsumiert wird. Bei empfindlichen Personen kann es jedoch zu Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Verstopfung oder Durchfall kommen. Eine zu hohe Einnahmemenge kann diese Effekte verstärken und mitunter auch zu Übelkeit oder Bauchschmerzen führen [12].

Eine Überdosierung ist grundsätzlich möglich, insbesondere wenn Konsumentinnen und Konsumenten mehrere Produkte parallel einnehmen, die Chitosan enthalten. Eine pauschale Höchstmenge, ab der Chitosan eindeutig schädlich wäre, lässt sich allerdings nicht festlegen, da individuelle Faktoren wie Körpergewicht, Lebensstil und allgemeine Gesundheit eine Rolle spielen.

Verträglichkeit für verschiedene Personengruppen

Ein besonders relevanter Aspekt ist die Verträglichkeit für Menschen mit Allergien gegen Schalentieren. Da Chitosan üblicherweise aus Krebstieren gewonnen wird, besteht potenziell ein allergenes Risiko, wenn auch nur geringe Restproteine in den Endprodukten enthalten sein sollten. Personen mit einer ausgeprägten Krustentierallergie wird häufig geraten, ihren Arzt oder ihre Ärztin zu konsultieren, bevor sie Produkte mit Chitosan einnehmen [13].

Die Datenlage zur Einnahme während der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht eindeutig. Zwar gibt es keinen breiten Hinweis auf akute Gefahren, doch seriöse Quellen raten in diesen sensiblen Lebensphasen generell zu besonderer Vorsicht bei allen Nahrungsergänzungsmitteln. Da spezifische Langzeitstudien mit Schwangeren und Stillenden rar sind, empfiehlt es sich, auf Chitosan während dieser Zeit zu verzichten oder zumindest Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal zu halten [2].

Wechselwirkungen mit anderen Supplementen oder Medikamenten

Chitosan kann theoretisch die Absorption nicht nur von Fetten, sondern auch von fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K) beeinträchtigen. Personen, die einen Mangel an diesen Vitaminen haben oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, sollten daher besonders vorsichtig sein, dass es nicht zu einer ungewollten Verringerung der Vitaminaufnahme kommt [5].

Auch bei der gleichzeitigen Einnahme von Medikamenten kann es zu Wechselwirkungen kommen. Da einige Medikamente in Kombination mit Nahrungsfetten oder Gallensäuren resorbiert werden, ist es möglich, dass Chitosan deren Verfügbarkeit reduziert. Ebenso können cholesterinsenkende Medikamente (z. B. Statine) theoretisch in Wechselwirkung stehen. Im Zweifelsfall ist eine ärztliche Beratung sinnvoll, bevor Chitosan zusätzlich eingenommen wird.

Kritischer Blick

Die Vermarktung von Chitosan

Die Vermarktung von Chitosan erfolgt in vielen Fällen mit klangvollen Versprechen wie „schnelle Fettblockade“, „natürliche und sichere Gewichtsreduktion“ oder „effektive Verbesserung des Cholesterinspiegels“. Oft werden in Werbematerialien isolierte Studienergebnisse herangezogen, die nicht immer den wissenschaftlichen Konsens widerspiegeln. Kritiker bemängeln, dass bei einigen Produkten und Herstellern die Erwartung geweckt wird, man könne ohne nennenswerte Änderung des Lebensstils dauerhaft an Gewicht verlieren.

Darüber hinaus wird in manchen Fällen suggeriert, dass Chitosan als „reines Naturprodukt“ völlig risikolos sei. Tatsächlich ist Chitosan zwar natürlicher Herkunft, aber wie jedes Nahrungsergänzungsmittel sollte man auch hier auf Qualität, Reinheit und mögliche Wechselwirkungen achten.

Mögliche Interessenkonflikte

In der wissenschaftlichen Literatur zu Chitosan finden sich einige Studien, die von Herstellern des Stoffes oder dessen Endprodukten finanziert wurden. Dieser Umstand lässt eine gewisse Vorsicht angebracht erscheinen, da Interessenkonflikte die Interpretation von Studienergebnissen beeinflussen können. Die Tatsache, dass manche Studien positive Effekte fanden, könnte durch ein selektives Reporting oder durch Studiendesigns begünstigt sein, die eher gewünschte Ergebnisse liefern.

Unabhängige und groß angelegte Langzeitstudien stehen noch immer aus, um die tatsächlichen Vorteile, Risiken und Grenzen von Chitosan zweifelsfrei zu bestimmen.

Nachhaltigkeit und ökologische Aspekte der Gewinnung

Ein oft genannter Vorteil bei der Herstellung von Chitosan aus den Schalen von Krustentieren ist, dass diese Schalen als Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie anfallen. Das Recycling dieses Materials zu Chitosan kann ressourcenschonend und kostengünstig sein. Auf der anderen Seite sind die chemischen Prozesse, insbesondere die Deacetylierung, energieaufwendig und mit dem Einsatz starker Chemikalien verbunden.

Die Gewinnung aus Pilzquellen könnte zwar nachhaltiger sein, ist aber in industriell relevanten Mengen aktuell noch nicht weit verbreitet und kann ökologisch wie ökonomisch ebenfalls herausfordernd sein. Umweltorganisationen sehen das Potenzial, dass durch die Verwertung von Reststoffen der Krustentier-Industrie eine Kreislaufwirtschaft gefördert werden kann. Allerdings sollte auch bedacht werden, dass eine große Nachfrage nach Chitosan zu einem erhöhten Bedarf an Krustentierschalen führen könnte, was wiederum Fragen der Überfischung oder Massentierhaltung von Meerestieren aufwerfen würde [4].

Alternativen

Um Körpergewicht zu reduzieren oder zu halten, empfehlen Ernährungswissenschaftler in erster Linie eine ausgewogene, kalorienbewusste Ernährung, kombiniert mit regelmäßiger Bewegung. Dies kann durch verschiedene Konzepte geschehen: Die mediterrane Ernährung, Low-Carb-Modelle, intermittierendes Fasten oder die Reduktion von Zucker und hochverarbeiteten Lebensmitteln sind nur einige Beispiele.

Zusätzlich zu diesen Ansätzen existieren weitere Nahrungsergänzungsmittel, die eine ähnliche Wirkungsweise wie Chitosan versprechen, etwa bestimmte Ballaststoffe (z. B. Glucomannan), die ein Völlegefühl erzeugen und dadurch die Energieaufnahme verringern sollen. Ein anderer Ansatz sind sogenannte Fettblocker auf Basis von Orlistat (ein Wirkstoff, der enzymatisch die Fettverdauung hemmt), die jedoch verschreibungspflichtig oder apothekenpflichtig sind und potenzielle Nebenwirkungen aufweisen können [14].

Wie schneidet Chitosan im Vergleich ab?

Vergleicht man Chitosan mit anderen Fettbindern oder Fettblockern, wird deutlich, dass die wissenschaftliche Datenlage oft ähnliche Einschränkungen aufweist: kurze Studiendauern, kleine Probandengruppen und Studienfinanzierungen durch die Industrie. Viele Ballaststoffe oder Spezialsupplemente versprechen darüber hinaus eine bessere Fettbindung, allerdings sind echte, langfristige Erfolge meist nur in Verbindung mit einer insgesamt gesunden Lebensweise zu beobachten.

Orlistat, das oft als Medikament gegen Adipositas verschrieben wird, hemmt die Pankreaslipase und kann dadurch nachweislich die Fettaufnahme reduzieren. Allerdings sind häufige Nebenwirkungen wie Fettstühle und andere Magen-Darm-Beschwerden bekannt [15]. Im Vergleich dazu wird Chitosan von vielen Personen besser vertragen, allerdings ist die nachgewiesene Wirksamkeit auch geringer.

Glucomannan, ein löslicher Ballaststoff aus der Konjakwurzel, der laut EFSA-Gutachten unter bestimmten Bedingungen zu einer Gewichtsreduktion beitragen kann, wirkt, indem er im Magen aufquillt und ein Sättigungsgefühl hervorruft. Dieser Mechanismus unterscheidet sich von der Fettbindung durch Chitosan. Trotzdem werden Glucomannan und Chitosan gelegentlich verglichen, da beide im Abnehmbereich positioniert werden [16].

Wer sich überlegt, ein Nahrungsergänzungsmittel zum Fettabbau einzusetzen, sollte neben Chitosan auch andere Optionen in Betracht ziehen und die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Es zeigt sich in vielen Fällen, dass ein rein produktbezogener Ansatz ohne Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten nur einen limitierten Effekt bringt.

Unser Fazit

Chitosan wird häufig als Nahrungsergänzungsmittel beworben, das Fette im Verdauungstrakt bindet und dadurch beim Abnehmen oder beim Senken des Cholesterinspiegels helfen kann. Aus wissenschaftlicher Sicht bestehen Hinweise darauf, dass Chitosan eine gewisse Fettbindungsfähigkeit besitzt und damit zu einer minimalen Reduktion der Fettaufnahme beitragen kann. Auch mögliche positive Effekte auf den Cholesterinspiegel werden diskutiert und teilweise durch Studien gestützt.

Gleichzeitig ist die Studienlage nicht einheitlich und wird durch methodische Schwächen wie kurze Studiendauern, kleine Probandengruppen oder finanzielle Interessenkonflikte eingeschränkt. Eine eigenständige, starke und vor allem nachhaltige Wirkung von Chitosan ohne gleichzeitige Umstellung von Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Bewegung konnte bislang nicht überzeugend nachgewiesen werden.

Wer sich für Chitosan als unterstützendes Mittel entscheidet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es kein Ersatz für eine gesunde, ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität ist. Zudem sollten mögliche Risiken, insbesondere bei Allergien gegen Krebstiere, beachtet werden. Die potenziell beeinträchtigte Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen und Wechselwirkungen mit Medikamenten sind weitere Punkte, die bei einer Einnahme berücksichtigt werden müssen.

Ein weiteres Feld, das oftmals zu kurz kommt, betrifft die Nachhaltigkeit. Chitosan wird in der Regel aus Krustentierschalen gewonnen, was einerseits eine sinnvolle Verwertung von Reststoffen darstellen kann, andererseits jedoch energieintensive Herstellungsprozesse erfordert. Für Menschen, die Wert auf Umweltverträglichkeit legen, könnte dies ein relevanter Faktor sein.

Insgesamt kann Chitosan einen gewissen Beitrag leisten, wenn es korrekt dosiert und im Rahmen eines ganzheitlichen Gesundheitskonzepts angewendet wird. Doch überzogene Erwartungen, die von manchen Herstellern geschürt werden, sind nicht mit den derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar. Dementsprechend ist eine kritische und informierte Auseinandersetzung ratsam, bevor man sich für die Einnahme von Chitosan entscheidet.

Quellen

[1] Ravi Kumar, M. N. V. (2000). A review of chitin and chitosan applications. Reactive and Functional Polymers, 46(1), 1–27.
[2] Hayes, M. (2012). Chitosan in the treatment of obesity. In: G. Crini & P. M. Badot (Hrsg.), Chitin and chitosan. London: Pan Stanford.
[3] Rinaudo, M. (2006). Chitin and chitosan: Properties and applications. Progress in Polymer Science, 31(7), 603–632.
[4] Hahn, T., et al. (2020). Current state of chitin purification and chitosan production from insects. Journal of Chemical Technology & Biotechnology, 95(11), 2775–2795.
[5] EFSA (European Food Safety Authority). (2011). Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to chitosan. EFSA Journal, 9(6), 2214.
[6] Gades, M. D., & Stern, J. S. (2003). Chitosan supplementation and fecal fat excretion in men. Obesity Research, 11(5), 683–688.
[7] Choi, H. G., Kim, M. K., & Kim, M. J. (2002). Effect of chitosan on lipid metabolism and its mechanism of action. Journal of the American College of Nutrition, 21(5), 428–433.
[8] Kim, K. W., et al. (2014). Effects of chitosan supplementation on blood pressure in hypertensive subjects: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Nutrition Research, 34(10), 873–879.
[9] Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel.
[10] Jull, A. B., et al. (2008). Chitosan for overweight or obesity. Cochrane Database of Systematic Reviews, (3), CD003892.
[11] Pittler, M. H., & Ernst, E. (2007). Dietary supplements for body-weight reduction: a systematic review. The American Journal of Clinical Nutrition, 85(5), 1252–1257.
[12] Mourya, V. K., Inamdar, N. N., & Tiwari, A. (2010). Carboxymethyl chitosan and its applications. Advanced Materials Letters, 1(1), 11–33.
[13] Sharp, R. G. (2013). A review of the applications of chitin and its derivatives in agriculture to modify plant-microbial interactions and improve crop yields. Agronomy, 3(4), 757–793.
[14] Hauptman, J., et al. (1992). Orlistat in the long-term treatment of obesity in primary care settings. Archives of Internal Medicine, 160(2), 218–228.
[15] Sjöström, L., et al. (1998). Randomised placebo-controlled trial of orlistat for weight loss and prevention of weight regain in obese patients. The Lancet, 352(9123), 167–172.
[16] EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). (2010). Scientific Opinion on the substantiation of a health claim related to konjac mannan (glucomannan) and reduction of body weight. EFSA Journal, 8(2), 1798.

Yannik
Yannik

Hey, mein Name ist Yannik. Ich bin der Co-Chefredakteur von nahrung.de und befasse mich bereits seit geraumer Zeit mit den Themen Ernährung sowie Nahrungsergänzung. Eine objektive und aufklärende Berichterstattung ist mir besonders wichtig!

Artikel: 62

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert