Ein Apfel enthält Fruktose. Eine Cola auch. Auf den ersten Blick scheinen beide Zuckerquellen vergleichbar zu sein – doch der Schein trügt. Obwohl Fruktose als Fruchtzucker einen harmlosen Ruf genießt, zeigt die Forschung ein differenziertes Bild. Was in moderaten Mengen aus Obst und Gemüse unbedenklich ist, kann bei übermäßigem Verzehr aus verarbeiteten Lebensmitteln durchaus kritische Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben. Die Leber steht dabei im Zentrum des Geschehens.
Was genau ist Fruktose?
Fruktose, auch Fruchtzucker genannt, ist ein Einfachzucker (Monosaccharid) und gehört zur Familie der Kohlenhydrate. Im Vergleich zu Haushaltszucker (Saccharose) oder Traubenzucker (Glukose) besitzt Fruktose die höchste Süßkraft aller natürlichen Zucker. Das macht sie für die Lebensmittelindustrie besonders attraktiv: Mit weniger Zucker lässt sich derselbe süße Geschmack erzielen. Fruktose kommt natürlich in Früchten, Honig und einigen Gemüsesorten vor. Allerdings hat sich die Aufnahme von Fruktose in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert.
Während unsere Vorfahren Fruktose hauptsächlich über frisches Obst zu sich nahmen, stammt der Großteil der heutigen Fruktoseaufnahme aus industriell verarbeiteten Produkten. Besonders Softdrinks, Fruchtsäfte, Süßwaren und Fertigprodukte enthalten oft hohe Mengen an zugesetzter Fruktose (zum Beispiel in Form von Haushaltszucker) [1]. In den USA und Europa hat sich der Konsum von zuckergesüßten Getränken seit den 1970er Jahren vervielfacht. Parallel dazu stiegen die Raten von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Fettlebererkrankungen – ein Zusammenhang, der Wissenschaftler aufhorchen ließ [2].
Fruktose in Lebensmitteln
Die Fruktosegehalte in verschiedenen Lebensmitteln unterscheiden sich erheblich. Während eine Portion Obst typischerweise zwischen 6 und 15 Gramm Fruktose enthält, kann ein einziges Glas Limonade bereits 20 bis 25 Gramm liefern. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über typische Fruktosegehalte:
| Lebensmittel | Fruktose (g/100 g bzw. ml) | Typische Portionsgröße |
|---|---|---|
| Apfel | 5,9 | 1 mittelgroßer Apfel (150 g) |
| Birne | 6,2 | 1 mittelgroße Birne (150 g) |
| Weintrauben | 8,1 | 1 Handvoll (100 g) |
| z | 40,9 | 1 Esslöffel (20 g) |
| Cola | 5,6 | 1 Dose (330 ml) |
| Apfelsaft | 5,5 | 1 Glas (250 ml) |
| Ketchup | 10,3 | 1 Esslöffel (15 g) |
Der Unterschied zwischen natürlicher und industrieller Fruktose liegt jedoch nicht allein in der Menge. Obst enthält neben Fruktose auch Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Diese Begleitstoffe verlangsamen die Aufnahme und mildern mögliche negative Effekte ab [3]. Zudem ist die natürliche Fruktose in Obst stets zusammen mit Glukose vorhanden, was die Aufnahme im Darm verbessert.
Der besondere Stoffwechselweg der Fruktose
Um zu verstehen, warum Fruktose bei übermäßigem Konsum problematisch werden kann, lohnt sich ein Blick auf den Stoffwechsel. Und hier zeigt sich ein grundlegender Unterschied zu Glukose: Während Glukose vom gesamten Körper als Energiequelle genutzt werden kann, wird Fruktose fast ausschließlich in der Leber verarbeitet. Etwa 70 bis 90 Prozent der aufgenommenen Fruktose landen direkt in der Leber und werden dort verstoffwechselt [4]. Das hat weitreichende Konsequenzen.
Der Abbau von Fruktose in der Leber erfolgt über ein Enzym namens Fruktokinase (auch Ketohexokinase genannt). Dieses Enzym arbeitet besonders schnell und – das ist entscheidend – ohne Rückkopplungshemmung [5]. Bei der Glukoseverarbeitung gibt es natürliche Bremsmechanismen: Wenn genug Energie vorhanden ist, drosselt der Körper den Abbau. Bei Fruktose fehlt dieser Schutzmechanismus. Die Leber verarbeitet Fruktose ungebremst, auch wenn bereits genügend Energie vorhanden ist.
ATP-Verbrauch und Harnsäurebildung
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft den Energiestoffwechsel der Leberzellen. Bei der Umwandlung von Fruktose zu Fruktose-1-phosphat verbraucht die Fruktokinase große Mengen ATP – die universelle Energiewährung der Zellen. Bei hoher Fruktosezufuhr kann der ATP-Spiegel in den Leberzellen vorübergehend deutlich absinken [6]. Dieser ATP-Mangel löst eine Kettenreaktion aus: Der Abbau von Purinbausteinen (den Grundbausteinen der DNA) wird aktiviert, was zur vermehrten Bildung von Harnsäure führt.
Die Verbindung zwischen Fruktose und erhöhten Harnsäurewerten im Blut ist in zahlreichen Studien dokumentiert. Eine Untersuchung zeigte, dass bereits moderate Fruktosemengen den Harnsäurespiegel merklich ansteigen lassen können [7]. Chronisch erhöhte Harnsäurewerte werden mit einem erhöhten Risiko für Gicht, Bluthochdruck und Nierenerkrankungen in Verbindung gebracht [8]. Wichtig: Diese Effekte treten vor allem bei übermäßiger Fruktoseaufnahme aus verarbeiteten Produkten auf, nicht bei normalem Obstverzehr.
Fruktose und die Leber: Der Weg zur Fettleber
Die wohl am besten dokumentierte Auswirkung von hohem Fruktosekonsum betrifft die Leber. Fruktose ist ein besonders „lipogener" Zucker – sie fördert die Fettbildung in der Leber stärker als andere Kohlenhydrate [9]. Dieser Prozess wird als „De novo Lipogenese" bezeichnet, was auf Deutsch etwa „Neubildung von Fetten" bedeutet. Dabei wandelt die Leber überschüssige Kohlenhydrate in Fettsäuren um.
Studien zeigen, dass Fruktose diesen Prozess auf mehreren Ebenen ankurbelt. Zum einen liefert Fruktose die Bausteine für die Fettherstellung. Zum anderen aktiviert sie Transkriptionsfaktoren wie SREBP-1c und ChREBP, die als „Schalter" für die Fettproduktion fungieren [10]. Diese Mechanismen arbeiten unabhängig von Insulin – das heißt, Fruktose fördert die Fettbildung selbst dann, wenn der Körper bereits eine Insulinresistenz entwickelt hat.
Studienergebnisse zur Fettleber
Die wissenschaftliche Datenlage zum Zusammenhang zwischen Fruktose und Fettleber ist umfangreich. Eine wichtige Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte übergewichtige Personen mit und ohne Fettleber. Das Ergebnis: Bei Personen mit Fettleber stammten etwa 26 Prozent des Leberfetts aus der De novo Lipogenese, bei der Vergleichsgruppe nur etwa 10 Prozent [11]. Die erhöhte Fettneubildung scheint also ein zentrales Merkmal der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) zu sein.
Eine weitere Untersuchung ergab, dass Fruktose die Enzyme der Fettbildung stärker aktiviert als eine fettreiche Ernährung [12]. Das ist bemerkenswert, denn lange Zeit galt Fett als Hauptverursacher der Fettleber. Die Forschung zeigt nun, dass überschüssige Kohlenhydrate – insbesondere Fruktose – mindestens ebenso problematisch sein können. Einschränkend muss jedoch angemerkt werden: Die meisten Interventionsstudien verwendeten sehr hohe Fruktosedosen, die deutlich über dem normalen Verzehr liegen.
| Quelle des Leberfetts | Personen ohne NAFLD | Personen mit NAFLD |
|---|---|---|
| Freie Fettsäuren aus dem Blut | 52% | 38% |
| De novo Lipogenese (Fettneubildung) | 10% | 26% |
| Nahrungsfett | 5% | 5% |
Die Daten verdeutlichen: Bei Menschen mit Fettleber ist die Fettneubildung in der Leber mehr als verdoppelt. Fruktose gilt als einer der stärksten Stimulatoren dieses Prozesses.
Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel im Blut
Die in der Leber gebildeten Fette werden natürlich nicht immer dort gespeichert, sondern teilweise als sogenannte Triglyzeride ins Blut abgegeben. Erhöhte Triglyzeridwerte im Blut gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zahlreiche Studien belegen, dass ein hoher Fruktosekonsum die Blutfettwerte ungünstig beeinflusst [13].
Bereits in den 1960er Jahren wurde beobachtet, dass Fruktose die Triglyzeridwerte stärker erhöht als Glukose. Neuere Untersuchungen bestätigen diesen Zusammenhang. Eine kontrollierte Studie zeigte, dass die Einnahme von fruktosegesüßten Getränken über zehn Wochen zu einem deutlichen Anstieg der Triglyzeride führte, während glukosegesüßte Getränke diesen Effekt nicht in gleichem Maße zeigten [14]. Der Unterschied war besonders in den Nachtstunden ausgeprägt, wenn die Leber am aktivsten Fett produziert.
Einfluss auf das LDL-Cholesterin
Neben den Triglyzeriden beeinflusst hoher Fruktoseverzehr auch andere Blutfettwerte. Studien weisen darauf hin, dass Fruktose das sogenannte sdLDL (small dense LDL) erhöhen kann [15]. Diese kleinen, dichten LDL-Partikel gelten als besonders atherogen – sie können leichter in die Gefäßwände eindringen und dort zu Ablagerungen führen. Auch ein Anstieg des Apolipoproteins B wurde beobachtet, eines Proteins, das für den Transport von LDL-Cholesterin verantwortlich ist.
Wichtig: Diese negativen Effekte auf die Blutfette wurden vor allem in Studien mit hohen Fruktosedosen beobachtet. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat festgestellt, dass Fruktosemengen von mehr als 25 Prozent der Gesamtenergie zu ungünstigen Stoffwechselveränderungen führen können [16]. Bei normalem Obstverzehr werden solche Mengen in der Regel nicht erreicht.
Fruktose und Insulinresistenz
Ein weiterer kritischer Aspekt betrifft den Glukosestoffwechsel. Obwohl Fruktose selbst den Blutzucker kaum ansteigen lässt – was lange als Vorteil galt –, kann chronisch hoher Fruktosekonsum langfristig die Insulinempfindlichkeit verschlechtern [17]. Insulinresistenz bedeutet, dass die Zellen schlechter auf das Hormon Insulin ansprechen und weniger Glukose aus dem Blut aufnehmen. Das ist ein zentraler Schritt in der Entstehung von Typ-2-Diabetes.
Der Mechanismus dahinter hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Zum einen führt die Fettansammlung in der Leber zu einer gestörten Insulinsignalübertragung. Zum anderen scheint die fruktosebedingte Harnsäureerhöhung eine Rolle zu spielen: Harnsäure hemmt die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) in den Blutgefäßen. NO ist jedoch wichtig, damit Insulin seine gefäßerweiternde Wirkung entfalten und die Glukoseaufnahme in Muskeln fördern kann [18].
Tierversuche und Humanstudien
In Tierversuchen entwickeln Ratten unter einer fruktosereichen Ernährung regelmäßig Merkmale des metabolischen Syndroms: erhöhte Insulinwerte, erhöhte Triglyzeride, Bluthochdruck und viszerales Bauchfett [19]. Beim Menschen ist die Datenlage differenzierter. Eine Metaanalyse von 2012 kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Fruktose bei kaloriengleichem Austausch gegen andere Kohlenhydrate keine negativen Auswirkungen auf die Insulinempfindlichkeit zeigt [20]. Werden jedoch zusätzliche Kalorien in Form von Fruktose aufgenommen, verschlechtert sich die Stoffwechsellage.
Diese Unterscheidung ist entscheidend: Problematisch scheint nicht Fruktose an sich zu sein, sondern die Gesamtenergiebilanz und die Menge der konsumierten Fruktose. Eine moderate Aufnahme aus natürlichen Quellen – etwa 50 bis 100 Gramm täglich – scheint für gesunde Menschen unbedenklich zu sein [21]. Probleme entstehen erst bei regelmäßig hohem Konsum, wie er bei Liebhabern von Softdrinks und stark verarbeiteten Lebensmitteln vorkommt.
Einfluss auf Sättigung und Appetitkontrolle
Ein weiterer Aspekt, der Fruktose von Glukose unterscheidet, betrifft die Appetitregulation. Glukose stimuliert die Freisetzung von Insulin, das wiederum Sättigungssignale an das Gehirn sendet. Fruktose hingegen führt kaum zu einer Insulinausschüttung und beeinflusst auch das Sättigungshormon Leptin weniger stark [22]. Theoretisch könnte dies dazu führen, dass fruktosereiche Speisen weniger sättigen und mehr gegessen wird.
Tierversuche unterstützen diese Hypothese: In einer Studie löste eine Fruktose-Injektion ins Gehirn von Ratten eine Steigerung der Nahrungsaufnahme aus, während Glukose den Appetit dämpfte [23]. Die Übertragbarkeit auf den Menschen ist jedoch begrenzt. In realen Mahlzeiten wird Fruktose selten isoliert konsumiert, sondern zusammen mit anderen Nährstoffen. Ob die Sättigungseffekte von Fruktose im Alltag tatsächlich relevant sind, ist daher noch nicht abschließend geklärt.
Fruktose und Bluthochdruck
Neben den metabolischen Effekten gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen hohem Fruktosekonsum und Bluthochdruck. In epidemiologischen Studien wurde beobachtet, dass Personen mit hohem Softdrink-Konsum häufiger an erhöhtem Blutdruck leiden [24]. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind vielfältig.
Eine mögliche Erklärung liefert die bereits erwähnte Harnsäure. Erhöhte Harnsäurewerte hemmen die Produktion von Stickstoffmonoxid in den Blutgefäßen, was zu einer Gefäßverengung führen kann [25]. Zudem aktiviert Fruktose das Renin-Angiotensin-System, das den Blutdruck reguliert. Auch eine erhöhte Natriumrückresorption in den Nieren wurde in Tierstudien beobachtet [26]. All diese Mechanismen könnten zu einem Blutdruckanstieg beitragen.
Studienlage beim Menschen
Die Humanstudien zeigen jedoch ein uneinheitliches Bild. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015 fand keinen klaren Zusammenhang zwischen Fruktoseaufnahme und Bluthochdruck, wenn die Gesamtkalorienaufnahme berücksichtigt wurde [27]. Andere Studien berichten von moderaten Blutdruckanstiegen bei sehr hoher Fruktosezufuhr. Die Diskrepanz könnte durch unterschiedliche Studiendesigns und Dosierungen erklärt werden. Eine pauschale Warnung vor Fruktose als Blutdruckrisiko wäre nach aktuellem Stand der Forschung daher nicht angemessen – wohl aber eine Empfehlung zur Mäßigung bei zuckergesüßten Getränken.
Fruktose und das Darmmikrobiom
Ein relativ neues Forschungsfeld beschäftigt sich mit dem Einfluss von Fruktose auf die Darmbakterien. Da die Aufnahmekapazität des Dünndarms für Fruktose begrenzt ist, gelangt bei hoher Zufuhr ein Teil der Fruktose in den Dickdarm. Dort wird sie von Bakterien fermentiert, was zur Bildung von kurzkettigen Fettsäuren, aber auch von Gasen führt [28].
Eine Studie aus dem Jahr 2020 in der Fachzeitschrift Nature zeigte, dass die Darmflora bei fruktosereicher Ernährung vermehrt Acetat produziert – eine Substanz, die in der Leber als Baustein für die Fettproduktion dienen kann [29]. Dieser Mechanismus könnte erklären, warum die De novo Lipogenese auch dann erhöht sein kann, wenn die Fruktose gar nicht direkt in der Leber ankommt. Die Forschung zu diesem Thema steht jedoch noch am Anfang.
- Bei normaler Fruktosemenge wird der Großteil bereits im Dünndarm aufgenommen und gelangt direkt zur Leber
- Bei Überschreitung der Aufnahmekapazität (geschätzt bei etwa 25-50 g pro Mahlzeit) erreicht Fruktose den Dickdarm
- Darmbakterien fermentieren die Fruktose zu kurzkettigen Fettsäuren, Gasen und möglicherweise Ethanol
- Diese Stoffwechselprodukte können die Leber über die Pfortader erreichen und dort die Fettproduktion ankurbeln
Die Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Fruktose und Darmflora werfen ein neues Licht auf die Stoffwechselwirkungen. Sie zeigen auch, warum eine ballaststoffreiche Ernährung schützend wirken könnte: Ballaststoffe wie Inulin fördern eine gesunde Darmflora, die überschüssige Fruktose möglicherweise anders verarbeitet [30].
Fruktosemalabsorption: Wenn der Darm nicht mitspielt
Nicht jeder Mensch verträgt Fruktose gleich gut. Bei einem Teil der Bevölkerung – Schätzungen gehen von 30 bis 40 Prozent aus – ist die Aufnahmefähigkeit des Dünndarms für Fruktose eingeschränkt [31]. Man spricht von einer Fruktosemalabsorption. Die Fruktose gelangt dann unverdaut in den Dickdarm, wo sie von Bakterien fermentiert wird. Die Folgen: Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall und andere Verdauungsbeschwerden.
Fruktosemalabsorption ist nicht zu verwechseln mit der erblichen Fruktoseintoleranz (hereditäre Fruktoseintoleranz), einer seltenen Stoffwechselkrankheit, bei der ein Enzym fehlt. Die Malabsorption ist deutlich häufiger und in der Regel weniger schwerwiegend. Betroffene können oft kleinere Fruktosemengen vertragen, besonders wenn sie zusammen mit Glukose aufgenommen werden. Die Kombination aus Fruktose und Glukose, wie sie in Obst natürlich vorkommt, verbessert die Aufnahme [32].
High Fructose Corn Syrup: Ein besonderes Problem?
In der öffentlichen Diskussion wird häufig High Fructose Corn Syrup (HFCS) – auf Deutsch Maissirup mit hohem Fruktosegehalt – als besonders problematisch dargestellt. HFCS wird aus Maisstärke hergestellt und enthält je nach Variante etwa 42 bis 55 Prozent Fruktose. In den USA ist er seit den 1970er Jahren das bevorzugte Süßungsmittel in Softdrinks und vielen Fertigprodukten.
Ob HFCS tatsächlich schädlicher ist als gewöhnlicher Haushaltszucker (Saccharose), ist wissenschaftlich umstritten. Haushaltszucker besteht zu 50 Prozent aus Fruktose und zu 50 Prozent aus Glukose – ein sehr ähnliches Verhältnis wie bei HFCS-55 (55 Prozent Fruktose). Mehrere Studien fanden keine klinisch bedeutsamen Unterschiede in den Stoffwechselwirkungen beider Zuckerarten [33]. Das Problem scheint also weniger die Art des Zuckers zu sein, sondern vielmehr die Gesamtmenge an zugesetztem Zucker in der Ernährung.
Wie viel Fruktose ist noch unbedenklich?
Die Frage nach einer sicheren Obergrenze für den Fruktosekonsum ist nicht leicht zu beantworten. Verschiedene Fachgesellschaften und Behörden haben unterschiedliche Empfehlungen ausgesprochen. Die EFSA hat festgestellt, dass der Austausch von Glukose oder Saccharose durch Fruktose in Lebensmitteln den Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit verringern kann – was für Diabetiker vorteilhaft sein könnte. Gleichzeitig warnt sie vor hohen Fruktosemengen von über 25 Prozent der Gesamtenergie [34].
| Tägliche Fruktoseaufnahme | Bewertung nach aktuellem Forschungsstand |
|---|---|
| Bis 50 g/Tag | In der Regel unbedenklich für gesunde Menschen |
| 50-100 g/Tag | Keine gesicherten negativen Effekte auf das Körpergewicht bei normalem Kalorienverbrauch |
| Über 100 g/Tag | Mögliche ungünstige Auswirkungen auf Blutfette und Leberstoffwechsel |
| Über 150 g/Tag | Erhöhtes Risiko für metabolische Störungen, besonders bei Übergewicht |
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, den Konsum von freiem Zucker – also zugesetztem Zucker sowie Zucker in Honig, Sirup und Fruchtsäften – auf weniger als 10 Prozent der Gesamtenergie zu begrenzen, idealerweise sogar unter 5 Prozent [35]. Bei einer Energieaufnahme von 2000 Kilokalorien entspräche das maximal 50 Gramm freiem Zucker pro Tag, wovon etwa die Hälfte Fruktose wäre.
Obst: Trotzdem empfehlenswert
Angesichts der beschriebenen Stoffwechselwirkungen könnte man versucht sein, auch Obst zu meiden. Das wäre jedoch ein Fehlschluss. Die Fruktose aus ganzen Früchten wird langsamer aufgenommen, da sie in einer Ballaststoffmatrix eingebettet ist. Zudem liefert Obst wichtige Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Epidemiologische Studien zeigen sogar, dass ein hoher Obstverzehr mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist [36].
Der Unterschied zwischen Fruktose aus Obst und Fruktose aus Softdrinks liegt also nicht in der Fruktose selbst, sondern im Gesamtpaket. Ein Apfel enthält etwa 13 Gramm Fruktose und Glukose zusammen, aber auch 4 Gramm Ballaststoffe und zahlreiche Mikronährstoffe. Ein Glas Apfelsaft liefert ähnlich viel Zucker, aber fast keine Ballaststoffe und muss viel schneller von der Leber verarbeitet werden. Eine Cola enthält noch mehr Zucker und keinerlei Nährstoffe. Die negativen Effekte der Fruktose zeigen sich vor allem dann, wenn große Mengen schnell und ohne Begleitstoffe aufgenommen werden [37].
Praktische Empfehlungen für den Alltag
Aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich einige praktische Schlussfolgerungen ziehen. Die kritische Betrachtung gilt vor allem dem übermäßigen Konsum von zugesetztem Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln – nicht dem moderaten Verzehr von frischem Obst.
- Zuckergesüßte Getränke wie Softdrinks, Energydrinks und Fruchtsäfte sollten nur selten konsumiert werden – sie sind die Hauptquelle versteckter Fruktose
- Obst und Gemüse können weiterhin bedenkenlos gegessen werden – die natürliche Kombination aus Fruktose, Ballaststoffen und Mikronährstoffen macht sie wertvoll
- Bei verarbeiteten Lebensmitteln lohnt ein Blick auf die Zutatenliste: Fruktose, Fruktosesirup, HFCS oder Maissirup deuten auf zugesetzten Zucker hin
- Die Gesamtmenge an zugesetztem Zucker sollte unter 10 Prozent der Kalorienzufuhr bleiben
- Menschen mit Übergewicht, Fettleber oder Stoffwechselstörungen profitieren besonders von einer Reduktion des Fruktosekonsums
Fazit: Kritisch bei hohen Mengen, unbedenklich in Maßen
Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte hat gezeigt, dass Fruktose in hohen Mengen durchaus kritisch zu betrachten ist. Der besondere Stoffwechselweg über die Leber, die fehlende Rückkopplungshemmung, die erhöhte Fettbildung und die Harnsäureproduktion unterscheiden Fruktose von anderen Zuckern. Diese Eigenschaften können bei regelmäßig hohem Konsum zur Entwicklung von Fettleber, ungünstigen Blutfettwerten und möglicherweise auch Insulinresistenz beitragen.
Allerdings ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Die negativen Effekte treten vor allem bei sehr hohem Konsum auf – deutlich über dem, was durch normalen Obstverzehr erreicht wird. Der Hauptverantwortliche für die gestiegene Fruktoseaufnahme sind zuckergesüßte Getränke und stark verarbeitete Lebensmittel. Wer seinen Zuckerkonsum im Rahmen hält und auf ganze Früchte statt Säfte setzt, muss sich um die Fruktose in der Regel keine Sorgen machen. Die Dosis macht das Gift – diese alte Weisheit gilt auch für den Fruchtzucker.
Verwendete Studien und Quellen
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