Goldgelb schimmert es in der Flasche, duftet nach Kräutern und Gras, hinterlässt ein leichtes Kratzen im Hals – Olivenöl ist weit mehr als ein Küchenprodukt. Es ist Kulturgut, Wirtschaftsfaktor und Gegenstand zahlloser Gesundheitsversprechen. Doch wie viel davon ist wissenschaftlich belegbar? Welche Unterschiede gibt es zwischen den verschiedenen Qualitätsstufen? Und stimmt es, dass Olivenöl zum Braten ungeeignet ist? Dieser Artikel liefert Fakten statt Vermutungen.
Geschichte und Bedeutung des Olivenöls
Der Olivenbaum (Olea europaea) gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Seit etwa 6.000 Jahren wird er im Mittelmeerraum kultiviert. Was zunächst als Brennstoff für Lampen diente, entwickelte sich über Jahrtausende zu einem der wichtigsten Lebensmittel der mediterranen Küche. Heute ist Olivenöl ein globales Handelsgut mit einer jährlichen Weltproduktion von rund 3 Millionen Tonnen [1].
Die wirtschaftliche Bedeutung ist enorm. Allein in Spanien, dem mit Abstand größten Produzenten, hängen hunderttausende Arbeitsplätze direkt oder indirekt von der Olivenölproduktion ab. Die Branche trägt in manchen mediterranen Ländern bis zu 40 Prozent zum gesamten landwirtschaftlichen Produktionswert bei [1]. Auch kulturell nimmt das Öl eine besondere Stellung ein – in Griechenland etwa liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei beachtlichen 24 Litern pro Jahr [2].
Weltweite Produktion und wichtigste Erzeugerländer
Die Olivenölproduktion konzentriert sich stark auf den Mittelmeerraum. Etwa 95 Prozent der weltweiten Ernte stammen aus dieser Region [1]. Die Produktionsmengen schwanken jedoch von Jahr zu Jahr erheblich. Das liegt an der sogenannten Alternanz – einem natürlichen Rhythmus der Olivenbäume, bei dem auf ein ertragreiches Jahr häufig ein schwächeres folgt. Hinzu kommen klimatische Faktoren wie Dürreperioden oder Hitzewellen, die in den vergangenen Jahren verstärkt auftraten.
Für die Saison 2024/25 prognostiziert der Internationale Olivenrat (IOC) eine Weltproduktion von 3,37 Millionen Tonnen – ein Plus von 32 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahr [1]. Diese Erholung folgt auf zwei aufeinanderfolgende Jahre mit deutlichen Produktionsrückgängen durch ungünstige Wetterbedingungen.
| Land | Produktion 2024/25 (geschätzt) | Anteil an Weltproduktion |
|---|---|---|
| Spanien | 1.010.000 Tonnen | ca. 30% |
| Türkei | 340.000 Tonnen | ca. 10% |
| Tunesien | 315.000 Tonnen | ca. 9% |
| Griechenland | 224.000 Tonnen | ca. 7% |
| Italien | 200.000 Tonnen | ca. 6% |
| Portugal | 160.900 Tonnen | ca. 5% |
Bemerkenswert ist, dass Italien trotz seiner Bekanntheit als Olivenöl-Nation mittlerweile hinter Türkei und Tunesien zurückgefallen ist [1]. Die italienische Produktion litt in den vergangenen Jahren besonders unter Hitze und dem Bakterium Xylella fastidiosa, das vor allem in Apulien große Schäden anrichtete. Spanien hingegen produziert allein in der Region Andalusien mehr Olivenöl als jedes andere Land der Welt.
Zusammensetzung und Inhaltsstoffe
Olivenöl besteht zu etwa 98 bis 99 Prozent aus Fettsäuren in Form von Triglyceriden. Die restlichen ein bis zwei Prozent machen sogenannte Nebenbestandteile aus – darunter Polyphenole, Tocopherole (Vitamin E), Chlorophyll und Squalen [3]. Diese Nebenbestandteile sind mengenmäßig gering, werden jedoch für einen erheblichen Teil der gesundheitlichen Wirkungen verantwortlich gemacht.
Fettsäurezusammensetzung
Das Fettsäureprofil unterscheidet Olivenöl deutlich von anderen Pflanzenölen. Die wichtigste Fettsäure ist Ölsäure, eine einfach ungesättigte Omega-9-Fettsäure. Sie macht je nach Sorte und Herkunft zwischen 55 und 83 Prozent des Öls aus [4]. Der hohe Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren erklärt die gute Oxidationsstabilität des Öls – Ölsäure ist etwa zehnmal beständiger gegenüber Oxidation als die mehrfach ungesättigte Linolsäure [3].
| Fettsäure | Anteil im Olivenöl | Typ |
|---|---|---|
| Ölsäure (C18:1) | 55–83% | Einfach ungesättigt |
| Palmitinsäure (C16:0) | 7,5–20% | Gesättigt |
| Linolsäure (C18:2) | 3,5–21% | Mehrfach ungesättigt |
| Stearinsäure (C18:0) | 0,5–5% | Gesättigt |
| Alpha-Linolensäure (C18:3) | unter 1% | Mehrfach ungesättigt |
Das Verhältnis von einfach ungesättigten zu mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist für die Stabilität beim Erhitzen entscheidend. Je höher dieses Verhältnis, desto stabiler ist das Öl unter Hitzeeinwirkung [3].
Polyphenole und ihre Bedeutung
Die phenolischen Verbindungen im Olivenöl haben in den vergangenen Jahren besonderes wissenschaftliches Interesse geweckt. Zu den wichtigsten gehören Hydroxytyrosol, Tyrosol, Oleocanthal und Oleuropein-Derivate [5]. Diese Stoffe wirken als Antioxidantien – sie können also reaktive Sauerstoffverbindungen neutralisieren, die Zellschäden verursachen können.
Besonderes Interesse gilt dem Oleocanthal. Diese Verbindung wurde erstmals 1993 charakterisiert und ist für das leichte Kratzen im Hals verantwortlich, das hochwertiges natives Olivenöl extra beim Schlucken verursacht [5]. In Laborstudien zeigte Oleocanthal eine ähnliche entzündungshemmende Wirkung wie das Schmerzmittel Ibuprofen – allerdings in deutlich höheren Konzentrationen als durch normale Ernährung erreichbar [5]. Ob diese im Labor beobachteten Effekte auch bei üblichen Verzehrmengen relevant sind, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt.
Wichtig: Der Polyphenolgehalt schwankt erheblich. Während ein hochwertiges natives Olivenöl extra zwischen 200 und 800 Milligramm pro Kilogramm enthalten kann, liegen die Werte bei raffinierten Olivenölen nahe null [6]. Durch den Raffinationsprozess gehen diese Verbindungen weitgehend verloren.
Qualitätsstufen und EU-Klassifizierung
Die Europäische Union hat klare Qualitätskriterien für Olivenöl festgelegt. Diese sind in der Verordnung (EU) 2022/2104 definiert und unterscheiden mehrere Kategorien [7]. Die Einstufung erfolgt sowohl durch chemische Analysen als auch durch sensorische Prüfungen durch geschulte Verkoster.
Natives Olivenöl extra (Extra Virgin)
Dies ist die höchste Qualitätsstufe. Das Öl wird ausschließlich durch mechanische Verfahren gewonnen – ohne Einsatz von Chemikalien oder übermäßiger Hitze. Der freie Säuregehalt (gemessen als Ölsäure) darf 0,8 Gramm pro 100 Gramm nicht überschreiten [7]. Der Peroxidwert, ein Maß für die Oxidation, muss unter 20 Milliäquivalent Sauerstoff pro Kilogramm liegen. Bei der sensorischen Prüfung dürfen keine Fehlaromen erkennbar sein, gleichzeitig muss das Öl fruchtige Noten aufweisen.
Natives Olivenöl (Virgin)
Auch dieses Öl wird rein mechanisch gewonnen, erfüllt jedoch etwas weniger strenge Anforderungen. Der freie Säuregehalt darf bis zu 2 Prozent betragen, und bei der sensorischen Prüfung sind geringe Fehlaromen zulässig [7].
Olivenöl
Diese Kategorie ist eine Mischung aus raffiniertem Olivenöl und nativem Olivenöl. Das raffinierte Öl wird durch chemische Verfahren aus minderwertigen Oliven oder Ölen gewonnen, die nicht für den direkten Verzehr geeignet sind. Durch Beimischung von nativem Öl erhält es wieder Geschmack. Der Polyphenolgehalt ist deutlich geringer als bei nativen Ölen [6].
Lampantöl
Lampantöl ist nicht zum direkten Verzehr geeignet. Es stammt aus beschädigten oder überreifen Oliven und weist einen freien Säuregehalt von über 2 Prozent sowie deutliche Fehlaromen auf. Es dient als Ausgangsmaterial für die Raffination [7].
| Qualitätsstufe | Freier Säuregehalt | Peroxidwert | Sensorik |
|---|---|---|---|
| Nativ extra | max. 0,8% | max. 20 meq O₂/kg | Keine Fehler, fruchtig |
| Nativ | max. 2,0% | max. 20 meq O₂/kg | Geringe Fehler zulässig |
| Olivenöl | max. 1,0% | max. 15 meq O₂/kg | Nicht vorgeschrieben |
| Lampantöl | über 2,0% | — | Nicht für Verzehr |
Verfälschungen und Qualitätsprobleme
Olivenöl gehört zu den am häufigsten verfälschten Lebensmitteln weltweit [8]. Die hohen Preisunterschiede zwischen den Qualitätsstufen schaffen einen wirtschaftlichen Anreiz für Betrug. Typische Verfälschungsmethoden umfassen das Beimischen günstigerer Pflanzenöle wie Sonnenblumen- oder Sojaöl, die Verwendung von raffiniertem statt nativem Öl sowie falsche Herkunftsangaben [8].
Eine Studie des Internationalen Olivenrats zeigte 2013, dass etwa ein Viertel der in Spanien getesteten Olivenöle und fast ein Drittel der in Kanada geprüften Proben die Qualitätskriterien nicht erfüllten [8]. Im Jahr 2017 ergaben unabhängige Tests, dass mehrere als nativ extra deklarierte Markenprodukte tatsächlich nur die Kriterien für natives Olivenöl erfüllten [8].
Für Verbraucher ist die Unterscheidung schwierig. Chemische Tests können zwar Verfälschungen nachweisen, sind jedoch nicht im Supermarkt verfügbar. Folgende Punkte können bei der Auswahl helfen:
- Achten Sie auf Angaben zum Erntedatum – frisches Öl ist in der Regel hochwertiger als älteres.
- Geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.) oder geschützte geografische Angaben (g.g.A.) unterliegen strengeren Kontrollen.
- Ein niedriger Preis für natives Olivenöl extra ist verdächtig – hochwertige Produktion hat ihren Preis.
- Ein leicht bitterer Geschmack und ein Kratzen im Hals sind Zeichen für hochwertiges, polyphenolreiches Öl.
Olivenöl zum Kochen und Braten
Eine weit verbreitete Annahme besagt, dass Olivenöl aufgrund seines niedrigen Rauchpunkts nicht zum Braten geeignet sei. Diese Einschätzung ist jedoch veraltet und wissenschaftlich nicht haltbar. Der Rauchpunkt – die Temperatur, bei der ein Öl sichtbar zu rauchen beginnt – wurde lange als wichtigster Indikator für die Eignung zum Erhitzen betrachtet. Neuere Forschung zeigt jedoch, dass die Oxidationsstabilität ein besserer Maßstab ist [9].
Eine Studie aus dem Jahr 2018, veröffentlicht in Acta Scientific Nutritional Health, untersuchte zehn verschiedene Speiseöle unter Hitzeeinwirkung [9]. Die Öle wurden auf 240 Grad Celsius erhitzt und sechs Stunden lang bei 180 Grad gehalten. Das überraschende Ergebnis: Natives Olivenöl extra bildete die geringsten Mengen an schädlichen Oxidationsprodukten – weniger als Öle mit höherem Rauchpunkt wie Raps- oder Sonnenblumenöl [9].
Die gute Hitzestabilität erklärt sich durch mehrere Faktoren. Erstens ist der Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren im Olivenöl vergleichsweise niedrig – diese sind besonders anfällig für Oxidation. Zweitens wirken die Polyphenole als natürliche Antioxidantien, die den Abbau des Öls verzögern [9]. Drittens durchläuft natives Olivenöl extra keine aggressive Raffination, die bei anderen Ölen die natürlichen Schutzstoffe entfernt.
Der Rauchpunkt von nativem Olivenöl extra liegt je nach Qualität zwischen 175 und 210 Grad Celsius [9]. Für die meisten Küchenvorgänge – Braten, Sautieren, Backen – ist das mehr als ausreichend. Bei normalem Braten auf dem Herd werden typischerweise Temperaturen um 180 Grad erreicht. Lediglich für extremes Scharfanbraten bei sehr hohen Temperaturen könnten andere Öle besser geeignet sein.
Wichtig: Beim Erhitzen gehen einige der flüchtigen Aromastoffe verloren, weshalb der charakteristische Geschmack milder wird. Die ernährungsphysiologischen Eigenschaften bleiben jedoch weitgehend erhalten [9]. Wer das volle Aroma schätzt, sollte hochwertiges natives Olivenöl extra vor allem kalt für Salate und zum Verfeinern fertig zubereiteter Speisen verwenden.
Gesundheitliche Aspekte
Olivenöl gilt als zentraler Bestandteil der mediterranen Ernährungsweise, die in zahlreichen Studien mit einer Verringerung des Risikos für chronische Erkrankungen in Verbindung gebracht wurde [10]. Doch welche gesundheitlichen Wirkungen sind tatsächlich wissenschaftlich belegt? Ein kritischer Blick auf die Studienlage ist angebracht.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Datenlage zu Olivenöl und Herz-Kreislauf-Gesundheit ist vergleichsweise robust. Eine Meta-Analyse von 2022, die 36 Studien mit insgesamt über 800.000 Teilnehmern auswertete, ergab: Pro zusätzlichen 25 Gramm Olivenöl täglich sank das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 16 Prozent [10]. Eine weitere Meta-Analyse mit 13 prospektiven Kohortenstudien zeigte ein um 15 Prozent verringertes Risiko bei höherem Olivenölkonsum im Vergleich zu niedrigerem [11].
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat einen zugelassenen Health Claim für Olivenölpolyphenole verabschiedet. Dieser besagt, dass Olivenölpolyphenole zum Schutz der Blutfette vor oxidativem Stress beitragen [5]. Wichtig: Diese Aussage gilt nur für Olivenöle, die mindestens 5 Milligramm Hydroxytyrosol und dessen Derivate pro 20 Gramm Öl enthalten. Bei einer täglichen Aufnahme von 20 Gramm solch polyphenolreichen Öls kann dieser Effekt eintreten.
Typ-2-Diabetes
Die bereits erwähnte Meta-Analyse von 2022 fand auch einen Zusammenhang mit dem Diabetesrisiko. Pro 25 Gramm täglichem Olivenölkonsum verringerte sich das Risiko für Typ-2-Diabetes um 22 Prozent [10]. Diese Ergebnisse waren besonders konsistent, das heißt, die verschiedenen Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen.
Eine systematische Übersicht von acht Meta-Analysen und fünf randomisierten kontrollierten Studien zeigte ebenfalls, dass mediterrane Ernährung mit Olivenöl als zentralem Bestandteil das Diabetesrisiko um 19 bis 23 Prozent senken kann [12]. Zudem scheint der regelmäßige Konsum mit besseren Blutzuckerwerten (niedrigerem HbA1c) verbunden zu sein.
Krebserkrankungen
Bei Krebserkrankungen ist die Studienlage weniger eindeutig. Die Meta-Analyse von 2022 fand keinen statistisch bedeutsamen Zusammenhang zwischen Olivenölkonsum und dem allgemeinen Krebsrisiko [10]. Ein Umbrella-Review von 2024, der 31 Meta-Analysen zusammenfasste, kam zu einem differenzierten Bild: In Fall-Kontroll-Studien zeigte sich ein schützender Effekt, in reinen Kohortenstudien jedoch nicht [13].
Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass Olivenöl keinen Einfluss hat. Es könnte sein, dass die Effekte zu gering sind, um mit den vorhandenen Studiendesigns nachgewiesen zu werden, oder dass andere Faktoren die Ergebnisse verzerren. Bei einzelnen Tumorarten – etwa Brustkrebs oder Darmkrebs – deuten einige Studien auf mögliche schützende Effekte hin, doch die Ergebnisse sind nicht konsistent [12].
Gesamtsterblichkeit
Die Analyse der Gesamtsterblichkeit zeigt ebenfalls positive Zusammenhänge. Höherer Olivenölkonsum war mit einem um 11 bis 17 Prozent verringerten Risiko für frühzeitigen Tod verbunden [10, 11]. Besonders hervorzuheben ist eine Studie an der spanischen Bevölkerung, die einen entscheidenden Unterschied fand: Nur der Konsum von nativem (virgin) Olivenöl, nicht jedoch von raffiniertem Olivenöl, war mit einer verringerten Sterblichkeit verbunden [14]. Dies unterstreicht die Bedeutung der Ölqualität und der darin enthaltenen Polyphenole.
Einschränkungen der Studienlage
Bei der Interpretation dieser Ergebnisse sind einige Einschränkungen zu beachten. Die meisten Studien sind Beobachtungsstudien, die Zusammenhänge zeigen, aber keine Kausalität beweisen können. Menschen, die viel Olivenöl konsumieren, unterscheiden sich möglicherweise auch in anderen Lebensstilfaktoren von denen, die wenig konsumieren – etwa durch insgesamt gesündere Ernährung oder mehr körperliche Aktivität [10].
Eine Meta-Analyse von 2019, die speziell die metabolischen Effekte untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass viele der positiven Wirkungen auf Blutzucker, Triglyceride und LDL-Cholesterin eher der Einhaltung einer mediterranen Gesamternährung zuzuschreiben sind als dem Olivenöl allein [6]. Lediglich beim HDL-Cholesterin (dem sogenannten guten Cholesterin) und bei antioxidativen sowie entzündungshemmenden Markern zeigte sich ein eigenständiger Effekt der Olivenölpolyphenole.
Richtige Lagerung für optimale Qualität
Olivenöl ist ein empfindliches Produkt. Licht, Wärme und Sauerstoff beschleunigen Oxidationsprozesse, die das Öl verderben lassen [15]. Bei sachgerechter Lagerung hält sich ungeöffnetes natives Olivenöl extra etwa 18 bis 24 Monate. Nach dem Öffnen sollte es innerhalb weniger Monate verbraucht werden, da durch den erhöhten Luftkontakt die Oxidation beschleunigt wird [15].
Für die optimale Haltbarkeit gelten folgende Empfehlungen: Das Öl sollte kühl und dunkel gelagert werden, idealerweise bei Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad Celsius [15]. Dunkle Glasflaschen oder Metallbehälter schützen besser vor Licht als durchsichtige Flaschen. Die Lagerung neben dem Herd oder auf dem Kühlschrank – wo sich Wärme staut – ist ungünstig.
Forschungsergebnisse bestätigen diese Empfehlungen. Eine Studie zu Verpackung und Lagertemperatur zeigte, dass Olivenöl in grünem Glas bei 6 Grad Celsius am längsten seine sensorische Qualität behielt [16]. Bei 26 Grad und in Metallbehältern hingegen entwickelten sich schneller ranzige Noten.
Das Kühlen im Kühlschrank ist möglich, führt jedoch zu einem Ausflocken des Öls. Dies ist kein Qualitätsmangel – bei Zimmertemperatur wird das Öl wieder flüssig. Wiederholtes Erwärmen und Abkühlen kann jedoch die Qualität beeinträchtigen [15].
Empfehlungen für den Kauf
Angesichts der Qualitätsunterschiede und Verfälschungsproblematik stellt sich die Frage, worauf beim Kauf zu achten ist. Folgende Orientierungspunkte können helfen, ohne dass sie eine Garantie für Qualität bieten:
Das Erntedatum ist aussagekräftiger als das Mindesthaltbarkeitsdatum. Frisches Öl aus der aktuellen Erntesaison ist in der Regel aromatischer und polyphenolreicher. Da Oliven auf der Nordhalbkugel zwischen Oktober und Januar geerntet werden, ist Öl aus der laufenden oder jüngst vergangenen Saison am frischesten.
Geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U./DOP) unterliegen zusätzlichen Kontrollen und geben Sicherheit über die Herkunft. Sie garantieren jedoch nicht automatisch höchste Qualität, da die Anforderungen je nach Schutzgebiet variieren.
Der Preis ist ein gewisser Indikator, wenngleich kein perfekter. Die Produktion von hochwertigem nativem Olivenöl extra ist aufwendig. Sehr günstige Angebote sollten skeptisch betrachtet werden – entweder stammt das Öl aus Massenproduktion mit entsprechend geringerer Sorgfalt, oder es entspricht nicht der deklarierten Qualität.
Sensorische Merkmale wie ein leichter bitterer Geschmack und ein Kratzen im Hals (die sogenannte Schärfe) deuten auf einen hohen Polyphenolgehalt hin. Diese Eigenschaften werden von manchen Verbrauchern als unangenehm empfunden, sind jedoch Zeichen für Frische und Qualität [5].
Tägliche Verzehrmengen
Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA empfiehlt den täglichen Konsum von etwa 20 bis 25 Gramm Olivenöl (etwa zwei Esslöffel) als Teil einer herzgesunden Ernährung [17]. Diese Menge entspricht auch der Grundlage für den EFSA-Health-Claim zu Polyphenolen [5].
Meta-Analysen deuten darauf hin, dass die gesundheitlichen Vorteile bei einem Konsum von bis zu 20 Gramm pro Tag besonders ausgeprägt sind, während höhere Mengen keine zusätzlichen Vorteile zu bringen scheinen [11]. Dies deutet auf einen Sättigungseffekt hin – mehr ist nicht automatisch besser.
Bei der Beurteilung der Verzehrmengen ist zu bedenken, dass Olivenöl mit etwa 880 Kilokalorien pro 100 Gramm ein sehr energiedichtes Lebensmittel ist. Im Rahmen einer kalorienbewussten Ernährung sollte es andere Fette ersetzen, nicht zusätzlich konsumiert werden.
Fazit
Olivenöl verdient seinen guten Ruf, wenn auch nicht in allen Punkten. Die Studienlage zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes ist überzeugend – regelmäßiger Konsum von nativem Olivenöl extra ist mit einem verringerten Krankheitsrisiko verbunden. Bei Krebserkrankungen sind die Befunde weniger eindeutig. Die gesundheitlichen Vorteile scheinen dabei eng mit dem Polyphenolgehalt zusammenzuhängen, weshalb die Qualitätsstufe entscheidend ist: Natives Olivenöl extra enthält diese Verbindungen, raffiniertes Olivenöl praktisch nicht.
Der weit verbreitete Mythos, Olivenöl sei zum Braten ungeeignet, ist wissenschaftlich widerlegt. Die hohe Oxidationsstabilität macht es sogar besser geeignet als viele Öle mit höherem Rauchpunkt. Wer die vollen Aromaeigenschaften genießen möchte, sollte hochwertiges Öl jedoch vor allem kalt verwenden.
Die Qualitätsprobleme und Verfälschungen in der Branche sind real und erfordern kritisches Einkaufsverhalten. Erntedatum, Herkunftsangaben und ein angemessener Preis sind hilfreiche Orientierungspunkte. Letztlich bleibt Olivenöl ein wertvolles Lebensmittel – vorausgesetzt, es handelt sich um ein authentisches Produkt in guter Qualität.
📚 Quellen (17 Quellen)
Quellen
- International Olive Council. World Market of Olive Oil and Table Olives – Data from December 2024. Madrid: IOC; 2024.
- World Population Review. Olive Oil Consumption by Country 2025. 2025.
- Jiménez-López C, Ferreiro-González M, Ferreiro-Reyes L, et al. Oleacein and Oleocanthal: Key Metabolites in the Stability of Extra Virgin Olive Oil. Antioxidants. 2023;12(9):1776.
- European Commission. Commission Delegated Regulation (EU) 2022/2104 supplementing Regulation (EU) No 1308/2013 as regards marketing standards for olive oil. Official Journal of the European Union. 2022.
- Ferrara F, Ferrara S, Ferrara LA. An Appraisal of the Oleocanthal-Rich Extra Virgin Olive Oil (EVOO) and Its Potential Anticancer and Neuroprotective Properties. Nutrients. 2023;15(24):5020.
- Schwingshackl L, Krause M, Schmucker C, Hoffmann G, Rucker G, Meerpohl JJ. Network Meta-Analysis of Metabolic Effects of Olive-Oil in Humans Shows the Importance of Olive Oil Consumption With Moderate Polyphenol Levels as Part of the Mediterranean Diet. Front Nutr. 2019;6:6.
- EUR-Lex. Marketing standards for olive oil. European Union; 2022.
- Lozano-Castellón J, López-Yerena A, Rinaldi de Alvarenga JF, et al. Extra virgin olive oil: A comprehensive review of efforts to ensure its authenticity, traceability, and safety. Compr Rev Food Sci Food Saf. 2022;21(3):2639-2664.
- De Alzaa F, Guillaume C, Ravetti L. Evaluation of Chemical and Physical Changes in Different Commercial Oils during Heating. Acta Scientific Nutritional Health. 2018;2(6):2-11.
- Martínez-González MA, Sayón-Orea C, Bullón-Vela V, et al. Effect of olive oil consumption on cardiovascular disease, cancer, type 2 diabetes, and all-cause mortality: A systematic review and meta-analysis. Clin Nutr. 2022;41(12):2659-2682.
- Xu M, Zhu Y, Pan Y, Qiu C. Olive oil consumption and risk of cardiovascular disease and all-cause mortality: A meta-analysis of prospective cohort studies. Front Nutr. 2022;9:1041203.
- Gaforio JJ, Visioli F, Alarcón-de-la-Lastra C, et al. Virgin Olive Oil and Health: Summary of the III International Conference on Virgin Olive Oil and Health Consensus Report, JAEN (Spain) 2018. Nutrients. 2019;11(9):2039.
- Di Rosa G, Ferrara A, Ferrara F, et al. Health Outcomes Associated with Olive Oil Intake: An Umbrella Review of Meta-Analyses. Foods. 2024;13(16):2619.
- García-Gavilán J, Paz-Graniel I, Babio N, Salas-Salvadó J, Toledo E, Bullo M. Only virgin type of olive oil consumption reduces the risk of mortality. Results from a Mediterranean population-based cohort. Eur J Clin Nutr. 2022;76(12):1799-1806.
- Olive Wellness Institute. Storage and shelf life of extra virgin olive oil. 2024.
- Ferrante A, Ferrante MG, Ferrante G, et al. The effects of packaging and storage temperature on the shelf-life of extra virgin olive oil. Heliyon. 2018;4(11):e00888.
- U.S. Food and Drug Administration. Qualified Health Claims: Letter of Enforcement Discretion – Monounsaturated Fat and Reduced Risk of Coronary Heart Disease (Olive Oil). FDA; 2018.



