Methionin

Methionin – Die schwefelhaltige Aminosäure unter der Lupe

Von Yannik 27. Dezember 2025 14 Min. Lesezeit

Eine Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann, aber für Hunderte von Stoffwechselvorgängen benötigt – und die gleichzeitig im Verdacht steht, bei zu hoher Zufuhr Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern. Methionin ist ein Stoff voller Widersprüche. Während manche Experten vor übermäßigem Verzehr warnen, zeigen Tierversuche, dass eine gezielte Einschränkung möglicherweise das Leben verlängern könnte. Was steckt hinter dieser Aminosäure, die in fast jedem Protein vorkommt? Dieser Artikel liefert die wichtigsten Fakten – sachlich, kritisch und ohne Werbeversprechen.

Was ist Methionin?

Methionin gehört zu den neun essentiellen Aminosäuren, die der menschliche Körper nicht selbst bilden kann [1]. Das bedeutet: Wir müssen diese Aminosäure über die Nahrung aufnehmen. Chemisch gesehen handelt es sich um eine schwefelhaltige α-Aminosäure. Neben Cystein ist sie die einzige der 20 proteinogenen Aminosäuren – also jener Bausteine, aus denen Proteine aufgebaut werden –, die Schwefel enthält [2].

Die Entdeckung von Methionin geht auf den amerikanischen Bakteriologen John Howard Mueller zurück, der die Substanz 1922 erstmals aus Casein (Milcheiweiß) isolierte [3]. Der Name leitet sich von der chemischen Bezeichnung γ-Methylthiol-α-amino-buttersäure ab. In Lebensmitteln liegt Methionin fast ausschließlich in gebundener Form als Proteinbestandteil vor. Erst im Zuge der Verdauung wird es durch Enzyme freigesetzt und kann vom Körper aufgenommen werden [2].

Chemische Eigenschaften

Methionin ist ein sogenanntes chirales Molekül, das heißt, es existiert in zwei spiegelbildlichen Formen: L-Methionin und D-Methionin. In der Natur kommt praktisch nur die L-Form vor, die auch die biologisch aktive Variante darstellt [2]. Die D-Form hat nach aktuellem Wissensstand kaum Bedeutung für den Menschen, auch wenn es Hinweise gibt, dass D-Methionin möglicherweise vor lärmbedingten Gehörschäden schützen könnte [3]. Für Nahrungsergänzungsmittel und in der Tierfütterung wird häufig DL-Methionin verwendet, eine Mischung beider Formen.

Funktionen im Körper

Die Aufgaben von Methionin im Stoffwechsel sind vielfältig. Diese Aminosäure ist weit mehr als nur ein Proteinbaustein. Sie dient als Ausgangsstoff für zahlreiche andere wichtige Verbindungen und ist an grundlegenden Stoffwechselprozessen beteiligt. Die stoffwechselaktive Form ist S-Adenosylmethionin, kurz SAM genannt [1].

Proteinbiosynthese

Eine besondere Rolle nimmt Methionin bei der Herstellung von Proteinen ein. Bei der Translation – dem Vorgang, bei dem die genetische Information in Proteine umgewandelt wird – steht Methionin ganz am Anfang. Die erste Aminosäure jeder neu gebildeten Eiweißkette ist bei allen Lebewesen Methionin [4]. Das Startcodon AUG auf der Boten-RNA codiert für diese Aminosäure. In vielen fertigen Proteinen wird das anfängliche Methionin später wieder abgetrennt oder chemisch verändert [2].

Methylgruppenspender

Methionin ist der wichtigste Lieferant von Methylgruppen (–CH₃) im Körper [5]. Nach der Umwandlung zu S-Adenosylmethionin (SAM) können diese Methylgruppen auf andere Moleküle übertragen werden. Dieser Vorgang heißt Transmethylierung. Auf diese Weise entstehen unter anderem:

  • Adrenalin (Stresshormon)
  • Kreatin (wichtig für die Energieversorgung der Muskeln)
  • Carnitin (transportiert Fettsäuren in die Mitochondrien)
  • Cholin und Phosphatidylcholin (wichtig für Zellmembranen und Nervenfunktion)
  • Melatonin (Schlafhormon)

Zudem werden Methylgruppen für die Modifikation von DNA und Histonen (Verpackungsproteine der DNA) benötigt [6]. Diese sogenannten epigenetischen Veränderungen beeinflussen, welche Gene abgelesen werden und welche nicht. Damit ist Methionin indirekt an der Regulation der Genexpression beteiligt.

Cysteinsynthese

Der Körper kann aus Methionin die Aminosäure Cystein herstellen [1]. Dieser Stoffwechselweg heißt Transsulfurierung. Cystein selbst ist Vorläufer für Glutathion, eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidantien [7]. Glutathion schützt Zellen vor oxidativem Stress und unterstützt die Entgiftung in der Leber. Die Fähigkeit, Cystein aus Methionin zu bilden, erklärt auch, warum Cystein als nicht-essentielle Aminosäure gilt – vorausgesetzt, genügend Methionin ist vorhanden.

Schwefelversorgung

Als schwefelhaltige Aminosäure ist Methionin eine wichtige Quelle für dieses Element im Körper [8]. Schwefel wird für den Aufbau von Bindegewebe, Haaren, Haut und Nägeln benötigt. Zudem ist er Bestandteil einiger Enzyme und Coenzyme. Die Vitamine Thiamin und Biotin enthalten ebenfalls Schwefel, können aber nicht aus Methionin gebildet werden.

Tagesbedarf und Empfehlungen

Die Angaben zum täglichen Methionin-Bedarf variieren je nach Quelle und Berechnungsmethode. Das macht die Bewertung nicht ganz einfach. Verschiedene Organisationen haben unterschiedliche Empfehlungen veröffentlicht.

EmpfehlungMenge (mg/kg Körpergewicht/Tag)Für 70 kg Person (mg/Tag)
RDA für Methionin + Cystein (WHO)191330
Mittlerer Bedarf ohne Cystein in der Nahrung13–16910–1120
RDA für Methionin allein211470
Minimalbedarf bei Cystein-Überschuss5–13350–910

Die Zahlen in der Tabelle verdeutlichen: Der Bedarf hängt stark davon ab, wie viel Cystein über die Nahrung aufgenommen wird [2]. Cystein kann einen Teil des Methionin-Bedarfs decken, indem es bestimmte Funktionen übernimmt. Allerdings ist das umgekehrte nicht möglich – Methionin kann aus Cystein nicht hergestellt werden. Studien mit älteren Erwachsenen (ab 60 Jahren) ermittelten einen Minimalbedarf von etwa 5 mg pro kg Körpergewicht bei ausreichender Cystein-Zufuhr [9]. Für einen 70 kg schweren Menschen wären das rund 350 mg täglich.

Wichtig: Bei den meisten Menschen in Industrieländern liegt die tatsächliche Aufnahme deutlich über dem Minimalbedarf. Durchschnittliche westliche Ernährungsweisen liefern zwischen 2,3 und 6,8 Gramm schwefelhaltiger Aminosäuren (Methionin plus Cystein) pro Tag [10]. Die höchsten Werte finden sich bei proteinreichen Diäten, die niedrigsten bei veganer Ernährung.

Methioningehalt in Lebensmitteln

Tierische Produkte sind die ergiebigsten Quellen für Methionin. Das liegt an ihrem hohen Proteingehalt und dem günstigen Aminosäureprofil. Pflanzliche Lebensmittel enthalten in der Regel weniger Methionin, können aber bei abwechslungsreicher Ernährung ebenfalls ausreichende Mengen liefern [10].

LebensmittelMethioningehalt (mg/100 g)
Eiklar, getrocknet1475
Spirulina, getrocknet1150
Parmesan1015
Paranüsse1008
Hähnchenbrust, gegart925
Lamm, geschmort912
Rindfleisch, geschmort907
Thunfisch, gegart835
Hühnerei, roh (ganzes Ei)330
Tofu, fest120–160
Weiße Bohnen, gekocht110
Quinoa, gekocht60

Die Werte können je nach Zubereitungsart und Herkunft schwanken. Eiweiß enthält anteilig etwa 8% schwefelhaltige Aminosäuren, während dieser Anteil bei Fleisch und Fisch bei etwa 5% und bei Milchprodukten bei rund 4% liegt [10]. Hülsenfrüchte sind zwar gute Proteinquellen, haben aber einen relativ niedrigen Methioningehalt.

Methionin und Homocystein

Ein wichtiger Aspekt beim Thema Methionin ist der Zusammenhang mit Homocystein. Diese Substanz entsteht als Zwischenprodukt beim Stoffwechsel von Methionin [11]. Homocystein ist selbst keine Aminosäure, die in Proteinen vorkommt, sondern wird entweder zu Cystein abgebaut oder zu Methionin zurückverwandelt. Für beide Wege werden B-Vitamine benötigt: Folsäure und Vitamin B12 für die Rückumwandlung, Vitamin B6 für den Abbau zu Cystein [12].

Erhöhte Homocysteinspiegel im Blut gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen [13]. Die Framingham Heart Study zeigte, dass Personen mit Homocysteinwerten im oberen Fünftel ein nahezu doppelt so hohes Risiko für koronare Herzkrankheit hatten wie jene mit niedrigeren Werten [14]. Auch Schlaganfall und Arteriosklerose wurden mit erhöhtem Homocystein in Verbindung gebracht [15].

Jedoch ist die Studienlage nicht eindeutig. Große Interventionsstudien wie HOPE 2, VISP und VITATOPS haben gezeigt, dass eine Senkung des Homocysteinspiegels durch Vitaminsupplemente (Folsäure, B6, B12) nicht zu einer Reduktion von Herzinfarkten führt [16]. Das wirft Fragen auf: Ist Homocystein tatsächlich eine Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eher ein Begleitphänomen? Die Antwort ist noch nicht abschließend geklärt.

Einfluss der Methioninzufuhr auf Homocystein

Eine Studie mit gesunden Erwachsenen und Patientinnen mit chronischen Harnwegsinfekten untersuchte die Auswirkung einer Methioninsupplementierung [17]. Die Einnahme von 1500 mg L-Methionin täglich über vier Wochen erhöhte die Homocysteinwerte im Blut um durchschnittlich 2 μmol/l – trotz ausreichender Vitaminversorgung. Bei sehr hohen Dosen von 7 Gramm täglich wurden noch stärkere Anstiege beobachtet [18].

Für die meisten Menschen ist dieser Zusammenhang allerdings weniger relevant. Normale Schwankungen in der Proteinzufuhr scheinen bei ausreichender Vitaminversorgung keine dramatischen Auswirkungen auf den Homocysteinspiegel zu haben. Eine Studie über sechs Monate fand keinen Unterschied zwischen einer proteinreichen und einer proteinarmen Diät [19].

Methioninrestriktion und Langlebigkeit

Ein faszinierender Aspekt der Forschung betrifft die Auswirkungen einer reduzierten Methionin-Zufuhr. Tierversuche haben gezeigt, dass eine Einschränkung dieser Aminosäure in der Nahrung – ohne generelle Kalorienreduktion – die Lebensspanne verlängern kann [20].

Bei Ratten führte eine Methioninrestriktion zu einer Lebensverlängerung von bis zu 42% [21]. Ähnliche Ergebnisse wurden bei Mäusen beobachtet. Eine Studie mit dem Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom-Mausmodell (einer Erkrankung mit beschleunigter Alterung) zeigte, dass Methioninrestriktion sowohl die Gesundheitsspanne als auch die Lebensspanne verlängerte [22]. Die behandelten Tiere wiesen weniger Entzündungsmarker auf und hatten ein günstigeres Lipidprofil.

Eine aktuelle Untersuchung aus dem Jahr 2025 bestätigte, dass selbst eine spät im Leben begonnene Methioninrestriktion bei 18 Monate alten Mäusen positive Effekte hatte [23]. Nach sechs Monaten zeigten die Tiere verbesserte Stoffwechselparameter, bessere neuromuskuläre Funktion und einen niedrigeren Gebrechlichkeitsindex. Allerdings: Die epigenetischen Uhren – Marker für das biologische Alter – veränderten sich nicht.

Übertragbarkeit auf den Menschen?

Ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist unklar. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass pflanzenbasierte Ernährungsweisen mit ihrem niedrigeren Methioningehalt gewisse gesundheitliche Vorteile haben könnten [24]. Veganer nehmen im Durchschnitt etwa 2,3 Gramm schwefelhaltiger Aminosäuren pro Tag auf, Fleischesser mit proteinreicher Kost bis zu 6,8 Gramm [10].

Jedoch wäre es voreilig, daraus konkrete Ernährungsempfehlungen abzuleiten. Die Mechanismen bei Nagern unterscheiden sich teilweise erheblich von denen beim Menschen. Zudem kann ein zu starkes Absenken des Methioninspiegels negative Folgen haben – etwa eine verminderte Produktion von S-Adenosylmethionin (SAM), was möglicherweise das Risiko für Depressionen erhöht [25].

Anwendungen als Nahrungsergänzungsmittel

Methionin wird in verschiedenen Bereichen als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. Dabei gibt es sowohl mögliche Anwendungen als auch klare Einschränkungen.

Harnansäuerung

L-Methionin kann den pH-Wert des Urins senken, also den Harn saurer machen [26]. Dieser Effekt wird zur Vorbeugung und Behandlung bestimmter Harnwegserkrankungen genutzt. Bei Struvitkristallen und -steinen, die sich in alkalischem Urin bilden, kann eine Ansäuerung theoretisch deren Entstehung hemmen. In der Tiermedizin wird DL-Methionin häufig bei Hunden und Katzen zur Behandlung von Blasensteinen eingesetzt [27].

Bei Menschen ist die Datenlage zur Wirksamkeit bei Harnwegsinfekten allerdings dünn. Eine Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam zu dem Schluss, dass für Patienten mit neurogener Blasenfunktionsstörung weder Nutzen noch Schaden durch L-Methionin nachgewiesen werden konnte [28]. Die einzige verfügbare Studie wies methodische Mängel auf.

Leberunterstützung

Methionin wird traditionell als leberschützende Substanz beschrieben. Als Vorläufer von Glutathion und Cystein könnte es die antioxidativen Kapazitäten der Leber unterstützen [29]. In einigen Ländern wird Methionin bei Paracetamol-Vergiftungen als Teil der Behandlung eingesetzt, um die Glutathionspeicher aufzufüllen. Für die Selbstmedikation bei Lebererkrankungen gibt es jedoch keine ausreichende Evidenz. Bei bestehenden Lebererkrankungen könnte Methionin sogar schädlich sein [30].

Kritische Bewertung von Supplements

Die Einnahme von Methionin-Supplementen ohne medizinische Indikation ist nicht vollständig nachvollziehbar. Bei normaler Ernährung ist ein Mangel an dieser Aminosäure äußerst selten. Selbst vegane Ernährungsweisen liefern in der Regel ausreichende Mengen [10]. Ein Überschuss an Methionin könnte dagegen den Homocysteinspiegel erhöhen, was mit einem gewissen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sein könnte [17].

Für Menschen mit bestehender Arteriosklerose, Lebererkrankungen oder einem MTHFR-Enzymmangel wird von der Einnahme explizit abgeraten [30]. Bei Schizophrenie können hohe Dosen von Methionin Symptome wie Verwirrtheit und Unruhe verschlimmern [31].

Risiken und Nebenwirkungen

Obwohl Methionin eine essentielle Aminosäure ist, können hohe Dosen durchaus problematisch sein. Die folgenden Risiken sind dokumentiert:

Der bereits erwähnte Anstieg des Homocysteinspiegels ist ein wichtiger Aspekt [17]. Bei Personen mit unzureichender Versorgung mit Folsäure, Vitamin B6 oder B12 ist dieser Effekt stärker ausgeprägt. Tierversuche haben gezeigt, dass sehr hohe Methioningaben in Kombination mit B-Vitamin-Mangel das Risiko für Arteriosklerose erhöhen können [18].

Ein weiterer Punkt: Einige Krebszellen sind besonders abhängig von Methionin für ihr Wachstum [32]. Diese sogenannte Methioninabhängigkeit mancher Tumoren hat Forscher dazu veranlasst, Methioninrestriktion als mögliche Ergänzung zur Krebstherapie zu untersuchen. Ob ein hoher Methioninkonsum das Krebsrisiko erhöht, ist beim Menschen jedoch nicht belegt.

Kurzfristige Nebenwirkungen bei sehr hohen Einzeldosen (etwa 100 mg/kg Körpergewicht) umfassen Schwindel, Benommenheit und Blutdruckveränderungen [10]. Diese Dosen werden allerdings nur in wissenschaftlichen Tests verwendet und entsprechen nicht normaler Supplementierung.

Methionin in der Tierfütterung

Ein Bereich, in dem Methionin eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat, ist die Tierfütterung. Synthetisches Methionin – hergestellt aus petrochemischen Ausgangsstoffen – wird weltweit in Millionen Tonnen produziert und dem Futter von Geflügel, Schweinen und Fischen zugesetzt [33].

Der Grund: Pflanzliche Futtermittel wie Soja sind zwar proteinreich, aber relativ arm an Methionin. Ohne Zusatz dieser Aminosäure würden die Tiere langsamer wachsen und weniger effizient Futter in Fleisch oder Eier umsetzen [34]. Die industrielle Methioninproduktion begann bereits in den 1950er Jahren und hat seitdem stark zugenommen.

Diese Praxis hat Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette. Forscher schätzen, dass ein erheblicher Teil des Methionins in tierischen Produkten aus synthetischen Quellen stammt [33]. Ob dies gesundheitliche Konsequenzen hat, ist bisher nicht ausreichend untersucht.

Besondere Stoffwechselstörungen

Einige seltene genetische Erkrankungen betreffen den Methionin-Stoffwechsel direkt. Die bekannteste ist die Homocystinurie, bei der das Enzym Cystathionin-β-Synthase defekt ist [35]. Dadurch kann Homocystein nicht zu Cystein abgebaut werden und reichert sich an. Betroffene haben stark erhöhte Homocysteinwerte und ein hohes Risiko für Thrombosen, Augenlinsenverschiebungen und Skelettanomalien.

Für Patienten mit Homocystinurie ist eine methioninarme Diät Teil der Behandlung [25]. Die erlaubte Methioninmenge liegt typischerweise bei 800 bis 1200 mg pro Tag – deutlich unter dem, was eine normale Mischkost liefert. Diese Patienten müssen tierische Produkte stark einschränken.

Auch andere Enzymdefekte können den Methioninstoffwechsel beeinträchtigen, etwa Störungen der Methionin-Adenosyltransferase oder der Methionin-Synthase. Diese Erkrankungen sind jedoch sehr selten.

Zusammenfassung und Einordnung

Methionin ist eine unverzichtbare Aminosäure mit vielfältigen Funktionen im Körper. Als Proteinbaustein, Methylgruppenspender und Vorläufer für wichtige Stoffwechselprodukte wie Cystein, Kreatin und Glutathion ist sie an zahlreichen Prozessen beteiligt. Ein Mangel ist bei normaler Ernährung praktisch ausgeschlossen – selbst bei veganer Kost.

Die Forschung zu Methioninrestriktion und Langlebigkeit liefert Hinweise auf mögliche Vorteile einer reduzierten Zufuhr. Diese Erkenntnisse stammen jedoch hauptsächlich aus Tierversuchen. Konkrete Empfehlungen für den Menschen lassen sich daraus nicht ableiten. Eine moderate Proteinzufuhr mit ausreichend pflanzlichen Anteilen könnte theoretisch günstig sein, aber definitive Aussagen wären voreilig.

Von einer Supplementierung mit Methionin ist für die meisten Menschen abzuraten. Der Nutzen ist nicht belegt, während mögliche Risiken wie erhöhte Homocysteinwerte bestehen. Personen mit bestimmten Vorerkrankungen sollten hohe Methioningaben meiden. Bei Verdacht auf Stoffwechselstörungen oder spezifischen medizinischen Fragestellungen ist ärztliche Beratung unerlässlich.

📚 Quellen (35 Quellen)

Quellen

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