Omega-6-Fettsäuren sind eine Untergruppe der mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die in der menschlichen Ernährung eine wesentliche Rolle spielen. Sie zählen zu den essenziellen Nährstoffen, da bestimmte Vertreter dieser Fettgruppe vom Körper nicht selbst hergestellt werden können und deshalb über die Nahrung zugeführt werden müssen [1]. Das Wort „essenzielle Fettsäure“ bedeutet, dass sie für eine Vielzahl von Körperfunktionen notwendig ist. Dazu gehören unter anderem der Aufbau von Zellmembranen sowie die Produktion bestimmter Gewebshormone.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Essverhalten in vielen Industrieländern stark verändert. Parallel dazu ist auch die Diskussion über Omega-6-Fettsäuren und ihre möglichen Vor- und Nachteile intensiver geworden. Befürworter sehen in ihnen wichtige Bausteine der Ernährung, während Kritiker bemängeln, dass die durch die moderne Lebensmittelauswahl aufgenommene Menge an Omega-6-Fettsäuren häufig zu hoch sei. Tatsächlich wird in der Ernährungswissenschaft oft ein unzureichendes Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren als mögliches Problem genannt, da diese beiden Fettsäuregruppen in einem engen funktionellen Zusammenhang stehen [2].
Chemische und biologische Grundlagen
Omega-6-Fettsäuren gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die sich dadurch auszeichnen, dass sie mehrere Doppelbindungen in ihrer chemischen Struktur besitzen. Das „Omega-6“ bezieht sich auf die Position der ersten Doppelbindung in der Kohlenstoffkette, die an der sechsten Stelle vom Methylende (Omega-Ende) aus gezählt wird [4].
Die Gruppe der mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist in zwei Hauptkategorien unterteilt: Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren. Beide Kategorien sind essenziell und müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Innerhalb der Omega-6-Fettsäuren existieren wiederum verschiedene Vertreter mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften und Auswirkungen auf den Organismus.
Wesentliche Vertreter
Ein besonders wichtiger Vertreter der Omega-6-Gruppe ist die Linolsäure (LA). Sie wird in der Fachliteratur oft als die primäre essenzielle Omega-6-Fettsäure bezeichnet, da der Körper sie benötigt, um andere Fettsäuren der Omega-6-Reihe herzustellen [5]. Über Enzymschritte kann Linolsäure in Gamma-Linolensäure (GLA) und schließlich in Arachidonsäure (AA) umgewandelt werden. Jede dieser Fettsäuren übernimmt unterschiedliche Aufgaben in verschiedenen Stoffwechselwegen.
- Linolsäure (LA): Kommt vor allem in pflanzlichen Ölen (z. B. Sonnenblumen-, Maiskeim- und Distelöl) vor und gilt als Ausgangssubstanz für die Bildung weiterer Omega-6-Fettsäuren.
- Gamma-Linolensäure (GLA): Kommt in vergleichsweise geringen Mengen in bestimmten Pflanzenölen (z. B. Borretsch-, Nachtkerzen- und Johannisbeersamenöl) vor.
- Arachidonsäure (AA): Ist vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch und Eiern zu finden. Im menschlichen Körper spielt sie eine Rolle bei der Produktion sogenannter Eikosanoide, die als Botenstoffe bei Entzündungs- und Immunreaktionen dienen [6].
Funktion und Bedeutung im menschlichen Organismus
Omega-6-Fettsäuren erfüllen im Körper verschiedene wichtige Aufgaben. Sie tragen unter anderem zum Aufbau von Zellmembranen bei und sind essenziell für die normale Zellfunktion. Darüber hinaus wirken sie in Kombination mit Omega-3-Fettsäuren als Vorläufer für eine Vielzahl von Gewebshormonen (Eikosanoiden), zu denen Prostaglandine, Thromboxane und Leukotriene zählen [7]. Diese hormonartigen Substanzen können sowohl entzündungsfördernde als auch entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen – abhängig davon, ob sie aus Omega-3- oder Omega-6-Fettsäuren gebildet werden.
Ein weiteres zentrales Wirkungsfeld der Omega-6-Fettsäuren liegt in der Immunregulation: Eine ausreichende Versorgung ist notwendig, damit der Körper auf potenzielle Angriffe von Krankheitserregern reagieren kann. Gleichzeitig können aber auch überschießende Entzündungsreaktionen entstehen, wenn das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 zu hoch ist. Die Balance dieser Fettsäuren entscheidet daher häufig, ob sich insgesamt eher entzündungsfördernde oder eher entzündungshemmende Prozesse durchsetzen [2].
Die Bedeutung der Omega-6-Fettsäuren ist somit unbestritten: Sie sind lebensnotwendig und spielen bei zahlreichen Stoffwechsel- und Wachstumsprozessen eine Rolle. Trotzdem betonen Experten, dass in modernen Ernährungsgewohnheiten häufig eine einseitige Zufuhr zu Lasten der Omega-3-Fettsäuren stattfindet. Diese Erkenntnis bildet ein Grundmotiv vieler Empfehlungen, die auf ein besseres Gleichgewicht dieser Fettsäurefamilien abzielen.
Quellen von Omega-6-Fettsäuren
Der Hauptlieferant von Omega-6-Fettsäuren – insbesondere Linolsäure – sind pflanzliche Öle. Dabei gelten vor allem Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Sojaöl, Distelöl und Traubenkernöl als besonders reich an Linolsäure [1,4]. Diese Öle werden in der Lebensmittelindustrie oft in großen Mengen verwendet, weil sie vergleichsweise günstig sind und sich vielseitig einsetzen lassen. Sie dienen als Basis für Margarine, Dressings und zahlreiche Fertigprodukte.
Sonnenblumenöl weist beispielsweise durchschnittlich einen Linolsäureanteil von über 60 % an den gesamten Fettsäuren auf und gehört damit zu den öligen Spitzenreitern, wenn es um Omega-6-Gehalt geht [5]. Auch Sojaöl, das in vielen verarbeiteten Lebensmitteln zu finden ist, weist einen hohen Anteil dieser Fettsäuren auf. Die weit verbreitete Verwendung solcher Öle in industriell gefertigten Produkten führt oft zu einer insgesamt hohen Omega-6-Zufuhr in westlichen Ernährungsweisen.
Tierische Produkte und Fertigprodukte
Neben pflanzlichen Quellen können auch tierische Produkte nennenswerte Mengen an Omega-6-Fettsäuren enthalten. Arachidonsäure findet sich vorwiegend in Fleisch (insbesondere Schwein, Rind und Geflügel), Eigelb und Innereien [6]. Darüber hinaus ist sie in geringeren Mengen auch in Milchprodukten vorhanden.
In vielen Fertigprodukten wie Fast Food, Backwaren, Keksen oder Chips kommen oft pflanzliche Fette zum Einsatz, die einen hohen Linolsäuregehalt aufweisen. Dadurch kann es schnell zu einer Überversorgung mit Omega-6-Fettsäuren kommen, wenn diese Produkte häufig konsumiert werden. Da Fertigprodukte außerdem oft mit weiteren ungünstigen Inhaltsstoffen (z. B. viel Salz, Zucker und gesättigten Fetten) kombiniert werden, ist eine hohe Aufnahme problematisch in Hinblick auf eine insgesamt ausgewogene Ernährungsweise [2].
Omega-6-Gehalt in der modernen Küche
In vielen Haushalten wird traditionell mit Sonnenblumenöl gekocht. Bei der Zubereitung von Salaten greifen viele Menschen zu Dressings, die häufig auf Basis von Sojaöl oder anderen hoch linolsäurehaltigen Ölen hergestellt werden. Dazu kommen Nüsse und Samen, die ebenfalls Omega-6-Fettsäuren enthalten – beispielsweise Erdnüsse, Cashewnüsse, Sonnenblumenkerne oder Sesam. Zwar sind Nüsse und Samen grundsätzlich als wertvolle Nahrungsmittel zu betrachten (u. a. wegen ihres Gehalts an Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen), doch können sie bei sehr häufigem Verzehr das Omega-6/Omega-3-Verhältnis zusätzlich in Richtung Omega-6 verschieben, wenn nicht zugleich ausreichende Mengen an Omega-3-Fettsäuren konsumiert werden.
Aufgrund ihrer breiten Verwendung sind Omega-6-Fettsäuren in vielen Produkten präsent: von Cornflakes über verschiedene Wurstsorten bis hin zu Saucen und Snacks. Diese Allgegenwärtigkeit verdeutlicht, wie leicht sich ein erhöhter Konsum ergeben kann, ohne dass Verbraucher es bewusst anstreben.
Empfohlene Zufuhr und Bedarf
Die allgemeine Empfehlung verschiedener Gesundheitsorganisationen (z. B. EFSA, WHO, DGE) lautet, dass Omega-6-Fettsäuren einen Anteil von etwa 2,5–10 % der täglichen Energiezufuhr ausmachen sollten [3,8]. Genauer betrachtet ist dabei vor allem die ausreichende Versorgung mit der essenziellen Linolsäure entscheidend. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene beispielsweise rund 2,5 % der Gesamtkalorienzufuhr aus Linolsäure [2]. Bei einem durchschnittlichen täglichen Energiebedarf von 2.000 kcal entspricht dies rund 5 g Linolsäure pro Tag.
Diese Werte müssen jedoch immer im Kontext des Gesamtfettkonsums und der Omega-3-Fettsäuren gesehen werden. Denn die alleinige Konzentration auf einen bestimmten Mengenwert für Omega-6-Fettsäuren sagt wenig über das Verhältnis zu Omega-3-Fettsäuren aus – ein Aspekt, dem heute in der Ernährungswissenschaft große Bedeutung zukommt.
Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren
Immer wieder betonen Experten, dass nicht allein die absolute Menge entscheidend ist, sondern das Omega-6/Omega-3-Verhältnis. Häufig wird ein Verhältnis von etwa 5:1 oder sogar 4:1 als wünschenswert beschrieben [9]. In vielen westlichen Ländern liegt es allerdings nach Schätzungen eher zwischen 10:1 und 20:1.
Zur Veranschaulichung: Wenn eine Person sehr häufig Produkte verwendet, die reich an Omega-6-Fettsäuren sind (z. B. Sonnenblumenöl, Fertigprodukte, Fleisch), und zugleich wenig Omega-3-haltige Lebensmittel (z. B. fettreicher Seefisch, Leinöl, Rapsöl, Walnüsse) konsumiert, kann sich das Verhältnis stark in Richtung Omega-6 verschieben.
In der Praxis bedeutet dies, dass viele Menschen – vor allem in Industrieländern – mehr als ausreichend Omega-6-Fettsäuren aufnehmen, während Omega-3-Fettsäuren oft zu kurz kommen [1]. Diese Diskrepanz ist ein Grund, warum einige Ernährungsmediziner und Organisationen raten, den Fokus eher auf die Erhöhung der Omega-3-Zufuhr zu legen, anstatt die Omega-6-Menge drastisch zu reduzieren.
Nichtsdestotrotz kann es sinnvoll sein, den Konsum stark linolsäurereicher Fette zu überdenken. Gerade Personen, die sich häufig von Fast Food, Fertigprodukten und Fleisch ernähren, überschreiten den empfohlenen Anteil an Omega-6-Fettsäuren mitunter beträchtlich. Es lohnt sich daher, im Alltag bewusster auf die Fettquellen zu achten und im Zweifel zu Alternativen mit günstigerem Fettsäurespektrum zu greifen.
Gesundheitliche Aspekte
Rolle im Immunsystem und bei Entzündungsprozessen
Omega-6-Fettsäuren wie Linolsäure und Arachidonsäure sind unverzichtbar für die Ausbildung von Zellmembranen und die Bildung von Signalstoffen, welche im Immunsystem eine Rolle spielen [4]. Damit ist eine gewisse Menge an Omega-6-Fettsäuren notwendig, um die Körperabwehr funktionstüchtig zu halten. Ohne ausreichende Versorgung könnten beispielsweise Wundheilungsprozesse verzögert oder Immunreaktionen abgeschwächt werden.
Bedeutung für Wachstums- und Reparaturprozesse
Ein Mangel an essenziellen Fettsäuren kann zu Hautproblemen, Wachstumsstörungen und anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen [5]. Omega-6-Fettsäuren sind essenziell für verschiedene Stoffwechselprozesse, die an der Reparatur und Neubildung von Zellen und Geweben beteiligt sind. Dies betrifft unter anderem die Hautbarriere, Schleimhäute und das Haarwachstum.
Folgen eines übermäßigen Konsums
Potenziell entzündungsfördernde Wirkung
Ein Ungleichgewicht von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren kann laut Studien tendenziell entzündungsfördernde Prozesse im Körper begünstigen [2,9]. Dies hat mit den Eikosanoiden zu tun, die aus Arachidonsäure gebildet werden. Einige dieser Eikosanoide können die Entzündungsreaktion anheizen, indem sie bestimmte Immunzellen aktivieren oder Gefäßverengungen fördern. Kommt es zu einer chronischen Entzündungssituation, kann dies langfristig gesundheitliche Probleme nach sich ziehen.
Zusammenhang mit modernen Zivilisationskrankheiten
Während ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Konsum von Omega-6-Fettsäuren und bestimmten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden, Übergewicht oder Typ-2-Diabetes in der Wissenschaft nicht eindeutig belegt ist, zeigen viele Beobachtungsstudien, dass eine Ernährung mit einem sehr hohen Omega-6-Anteil zusammen mit anderen Risikofaktoren (z. B. Bewegungsmangel, Rauchen, übermäßige Kalorienzufuhr) häufig bei Personen zu finden ist, die an diesen Krankheiten leiden [10]. Ob dabei jedoch vor allem das Gesamtverhältnis von Omega-6 zu Omega-3 entscheidend ist oder die absoluten Mengen an Omega-6, wird in der Forschung weiterhin diskutiert.
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass ein hohes Omega-6/Omega-3-Verhältnis unter Umständen mit einem erhöhten Risiko für chronische Entzündung einhergeht, was Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthritis und andere Leiden begünstigen könnte [2,11]. Allerdings sind hier auch weitere Lebensstilfaktoren bedeutsam, weshalb es schwierig ist, eine eindeutige Schlussfolgerung zu ziehen.
Einfluss eines unausgewogenen Omega-6/Omega-3-Verhältnisses
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wird häufig betont, dass Omega-6-Fettsäuren für sich genommen nicht grundsätzlich „ungesund“ sind, solange sie in einem angemessenen Verhältnis zu Omega-3-Fettsäuren stehen [5]. Ist jedoch eine extreme Schieflage vorhanden, kann dies laut gängiger Hypothesen chronische Entzündungsprozesse fördern. Diese Hypothesen basieren auf der Erkenntnis, dass sich aus Omega-3-Fettsäuren tendenziell stärker entzündungshemmende Botenstoffe bilden lassen, während aus Arachidonsäure eher entzündungsfördernde Substanzen entstehen.
Zwar ist ein gewisser Grad an Entzündungsreaktion für den Organismus notwendig, um Verletzungen und Infektionen zu bekämpfen. Wird das Entzündungsgeschehen allerdings dauerhaft angekurbelt, steigt das Risiko für gesundheitliche Störungen. Eine erhöhte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren in Kombination mit einer moderaten Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren kann hier möglicherweise eine vorteilhafte Balance schaffen [2].
Kontroversen und offene Fragen
Wie verlässlich sind die aktuellen Studien?
Die Diskussion um die „richtige“ Menge an Omega-6-Fettsäuren ist mitunter kontrovers. Verschiedene Meta-Analysen und Interventionsstudien kommen zu unterschiedlichen Interpretationen, was den Zusammenhang zwischen Omega-6-Fettsäuren und chronischen Erkrankungen angeht [12]. Ein Grund dafür könnte in den unterschiedlichen Studienansätzen liegen. Manche Untersuchungen basieren auf Befragungen und Ernährungsprotokollen, was durchaus zu Ungenauigkeiten führen kann. Andere wiederum sind kontrollierte Interventionsstudien, deren Ergebnisse jedoch oft nur für spezifische Bevölkerungsgruppen gelten.
Zudem spielt in der Beurteilung der Datenlage auch die individuelle Genetik eine Rolle. Manche Personen reagieren stärker auf den Verzehr bestimmter Fettsäuren, während andere unempfindlicher zu sein scheinen. Auch Begleitfaktoren wie Rauchen, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum und Allgemeinernährungsqualität können die Studienaussagen verfälschen oder zumindest relativieren [2].
Offene Forschungsfragen
Ein großes Thema in der Forschung ist die Langzeitwirkung eines sehr hohen Omega-6-Anteils in der Ernährung. Zwar existieren zahlreiche prospektive Studien, doch lassen sich die direkten Effekte im menschlichen Körper oft nur schwer isolieren. Auch die Frage, ob und inwieweit ein hohes Omega-6/Omega-3-Verhältnis eine eigenständige Ursache für beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt oder lediglich ein Marker für ungesunde Ernährungsweisen im Allgemeinen ist, bleibt bis heute offen [10,11,13].
Darüber hinaus wird diskutiert, ob bestimmte Formen von Omega-6-Fettsäuren womöglich gesundheitliche Vorteile haben könnten, wenn sie bewusst in einer balancierten Diät eingesetzt werden. So gibt es erste Untersuchungen zur Gamma-Linolensäure, die in Fachkreisen hin und wieder mit positiven Eigenschaften für die Hautgesundheit oder bestimmte Entzündungsprozesse in Verbindung gebracht wird [14]. Allerdings ist die Datenlage hier noch nicht abschließend und bedarf weiterer Forschung.
Unterschiedliche Empfehlungen
Während einige Ernährungsfachleute für eine moderate Einschränkung von hoch linolsäurereichen Fetten plädieren, setzen andere auf die Verbesserung des Omega-6/Omega-3-Verhältnisses durch die vermehrte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren. Die meisten Gesundheitsorganisationen sind sich jedoch einig, dass Omega-6-Fettsäuren essenziell sind und keinesfalls auf ein Minimum reduziert werden sollten [8].
Rolle der Lebensmittelindustrie
Die moderne Lebensmittelindustrie nutzt häufig pflanzliche Öle mit hohem Linolsäuregehalt, da diese kostengünstig, stabil und leicht einsetzbar sind. Dies spiegelt sich in einer breiten Verfügbarkeit und einem niedrigen Preis wider, was wiederum den Konsum solcher Produkte begünstigt. Gleichzeitig sind Omega-3-reiche Lebensmittel wie Seefisch oder hochwertige pflanzliche Öle oft teurer oder weniger erhältlich.
Hinzu kommt, dass Fertigprodukte, Fast Food und hochverarbeitete Snacks in vielen westlichen Gesellschaften Teil des alltäglichen Speiseplans geworden sind. Das Zusammenspiel aus Industrieangebot und Konsumentengewohnheiten trägt wesentlich dazu bei, dass der durchschnittliche Omega-6-Konsum hoch ausfällt und das Verhältnis zu Omega-3-Fettsäuren meist suboptimal bleibt.
Tipps für Verbraucher
Überprüfung der verwendeten Öle
Ein praktischer Schritt, um die Omega-6-Zufuhr im Alltag anzupassen, besteht in der Auswahl der Speiseöle. Anstatt bei jedem Anlass Sonnenblumen- oder Maiskeimöl zu verwenden, kann man vermehrt zu Rapsöl, Olivenöl oder Leinöl greifen [2]. Zwar enthält auch Rapsöl Omega-6-Fettsäuren, jedoch in einem günstigeren Verhältnis zu Omega-3-Fettsäuren. Olivenöl bietet insgesamt einen vergleichsweise geringen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wobei der Schwerpunkt auf einfach ungesättigten Fettsäuren liegt. Leinöl weist hingegen einen hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure (Omega-3) auf und kann daher helfen, das Omega-6/Omega-3-Verhältnis zu verbessern.
Lebensmittelalternativen
Neben der Wahl des Öls kann man auch in anderen Bereichen den Omega-6-Konsum reduzieren. Statt Fertigsaucen und Dressings lassen sich beispielsweise selbstgemachte Alternativen nutzen, die auf weniger stark linolsäurereichen Fetten basieren. Auch der vermehrte Einsatz von Kräutern, Gewürzen und Tomatenmark anstelle von fettreichen Saucen und Rahmsoßen hilft, den Fettkonsum insgesamt zu reduzieren und die Qualität der Fette zu verbessern.
Für den Brotaufstrich kann statt Margarine oder Butter auch mal Avocado oder ein pflanzlicher Aufstrich gewählt werden, der nicht ausschließlich aus Sonnenblumenöl hergestellt ist. Auf verarbeitete Snacks wie Chips und Cracker, die oft reich an Omega-6-Fettsäuren sind, lässt sich leichter verzichten, wenn man gesunde Snack-Alternativen wie Gemüsesticks, Hummus (sofern nicht ausschließlich mit Sonnenblumenöl produziert) oder Nüsse in Maßen wählt.
Balance mit Omega-3-Fettsäuren
Die meisten Ernährungsexperten raten heute dazu, nicht nur die Omega-6-Zufuhr im Blick zu behalten, sondern insbesondere auch mehr Omega-3-Fettsäuren in den Speiseplan einzubauen. Fettreiche Fische wie Lachs, Hering oder Makrele enthalten beispielsweise die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, die vom Körper besonders effizient verwertet werden [2]. Wer keinen Fisch isst, kann auf Algenprodukte oder höher dosierte Omega-3-Präparate zurückgreifen (in Rücksprache mit dem Arzt).
Auch pflanzliche Quellen wie Leinsamen, Chiasamen und Walnüsse sind reich an Alpha-Linolensäure (ALA), die zu einem kleinen Teil in EPA und DHA umgewandelt wird. Zwar ist die Umwandlungsrate häufig gering, doch können diese Lebensmittel dennoch helfen, die Gesamtversorgung an Omega-3-Fettsäuren zu verbessern [5].
Letztlich sollte betont werden, dass es selten um das radikale „Streichen“ eines Nährstoffs geht, sondern vielmehr um ein ausgewogenes Verhältnis und eine breite Lebensmittelauswahl. So kann eine abwechslungsreiche Kost mit hohem Gemüse-, Obst-, Vollkorn- und moderatem Fischanteil, gepaart mit einer bewussten Verwendung von Pflanzenölen, dazu beitragen, sowohl Omega-6- als auch Omega-3-Fettsäuren in sinnvollen Mengen aufzunehmen [8].
Es empfiehlt sich, Fertigprodukte nur gelegentlich zu nutzen und stattdessen möglichst selbst zu kochen. Wer regelmäßig Speisepläne erstellt und dabei auf Abwechslung achtet, kann das Omega-6/Omega-3-Verhältnis meist ohne große Schwierigkeiten in einen günstigen Bereich lenken.
Unser Fazit
Omega-6-Fettsäuren sind essenzielle Bestandteile unserer Ernährung und spielen im Körper eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung von Zellfunktionen, dem Immunsystem und diversen Wachstumsprozessen. Eine bestimmte Mindestzufuhr ist daher unerlässlich. Gleichzeitig zeichnet sich in vielen Industrieländern ein teils zu hoher Konsum ab, der in Relation zur Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren häufig zu Unausgewogenheiten führt.
Studien deuten darauf hin, dass ein übermäßiges Überwiegen von Omega-6 im Verhältnis zu Omega-3 potenziell entzündungsfördernde Prozesse im Körper verstärken könnte. Die genauen gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen und hängen von zahlreichen Lebensstilfaktoren ab. Offizielle Empfehlungen plädieren daher nicht für ein radikales Reduzieren der Omega-6-Fettsäuren, sondern für eine verstärkte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren und eine moderate Verwendung von hoch linolsäurereichen Fetten.
Ein angemessenes Omega-6/Omega-3-Verhältnis lässt sich relativ leicht erreichen, indem man einerseits nicht ausschließlich auf Sonnenblumen- oder Maiskeimöl setzt und andererseits Fisch, Leinöl, Rapsöl sowie weitere Omega-3-reiche Lebensmittel in den Speiseplan integriert. So können sowohl die positiven Eigenschaften der Omega-6-Fettsäuren genutzt als auch potenzielle Risiken einer Überversorgung minimiert werden.
Zusammengefasst sind Omega-6-Fettsäuren weder grundsätzlich „gut“ noch „schlecht“. Wie bei vielen Nährstoffen entscheiden die Dosis und das Verhältnis zu anderen Fettsäuren. Eine vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung dürfte für die meisten Menschen die beste Basis sein, um Omega-6-Fettsäuren in angemessener Menge zu sich zu nehmen, ohne die mögliche entzündungsfördernde Wirkung durch ein ungünstiges Verhältnis zu forcieren.
Quellen
[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Aufl., 2. aktualisierte Ausgabe, DGE, Bonn 2017.
[2] Simopoulos, A.P. (2002). The importance of the ratio of Omega-6/Omega-3 essential fatty acids. Biomedicine & Pharmacotherapy, 56(8), 365–379.
[3] European Food Safety Authority (EFSA). Scientific Opinion on Dietary Reference Values for fats. EFSA Journal 2010; 8(3):1461.
[4] Brenna, J.T., Salem, N. Jr., Sinclair, A.J., & Cunnane, S.C. (2009). alpha-Linolenic acid supplementation and conversion to n-3 long-chain polyunsaturated fatty acids in humans. Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids, 80(2-3), 85–91.
[5] Innis, S.M. (2007). Dietary (n-3) fatty acids and brain development. The Journal of Nutrition, 137(4), 855–859.
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[7] Calder, P.C. (2015). Marine Omega-3 fatty acids and inflammatory processes: Effects, mechanisms and clinical relevance. Biochimica et Biophysica Acta (BBA) – Molecular and Cell Biology of Lipids, 1851(4), 469–484.
[8] World Health Organization (WHO). Fats and fatty acids in human nutrition: Report of an expert consultation. FAO Food and Nutrition Paper 91, 2010.
[9] Harris, W.S., & Mozaffarian, D. (2010). Omega-6 and Omega-3 fatty acids: Partner not rival. Circulation, 121, 207–208.
[10] Lands, W.E. (2012). Consequences of essential fatty acids in dietary balance. Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids, 87(1), 1–2.
[11] Deckelbaum, R.J., & Torrejon, C. (2012). The Omega-3 fatty acid nutritional landscape: Health benefits and sources. Journal of Nutritional Biochemistry, 23(9), 999–1002.
[12] Farvid, M.S., Ding, M., Pan, A., Sun, Q., Chiuve, S.E., Steffen, L.M., Willett, W.C., & Hu, F.B. (2014). Dietary linoleic acid and risk of coronary heart disease: A systematic review and meta-analysis of prospective cohort studies. Circulation, 130(18), 1568–1578.
[13] Wijendran, V., & Hayes, K.C. (2004). Dietary n-6 and n-3 fatty acid balance and cardiovascular health. Annual Review of Nutrition, 24, 597–615.
[14] Fan, Y.-Y., & Chapkin, R.S. (1998). Importance of dietary gamma-linolenic acid in human health and nutrition. The Journal of Nutrition, 128(9), 1411–1414.