Ein tiefschwarzes Salz aus dem Pazifik erobert die Küchen weltweit – doch was steckt wirklich hinter dem schwarzen Hawaii-Salz? Während herkömmliches Speisesalz etwa 50 Cent pro Kilogramm kostet, werden für das dunkle Meersalz aus Hawaii teilweise über 50 Euro verlangt. Diese enorme Preisdifferenz wirft berechtigte Fragen nach der tatsächlichen Zusammensetzung und dem wissenschaftlich belegbaren Nutzen auf.
Das traditionelle hawaiianische Salz, lokal als „Pa’akai“ bekannt, unterscheidet sich grundlegend von industriell hergestellten Salzen. Seine charakteristische schwarze Färbung erhält es durch die Zugabe von Aktivkohle – meist aus Kokosnussschalen gewonnen. Diese Besonderheit macht das Produkt zu einem interessanten Untersuchungsobjekt für die Lebensmittelwissenschaft. Die chemische Zusammensetzung, mineralogischen Eigenschaften und die tatsächliche Herkunft verdienen eine genaue Betrachtung, besonders angesichts der hohen Preise und der vielfältigen Gesundheitsversprechen, die oft damit verbunden werden.
Tatsächlich stammt der Großteil des als „Hawaii-Salz“ verkauften Produkts gar nicht von den hawaiianischen Inseln. Untersuchungen der Verbraucherzentralen zeigen, dass viele Produkte lediglich mit hawaiianischer Aktivkohle versetzt werden, während das Basissalz aus anderen Regionen kommt [1]. Diese Praxis ist rechtlich zulässig, solange die Herkunftsbezeichnung korrekt angegeben wird – was jedoch oft in kleingedruckter Form geschieht.
Chemische Zusammensetzung und mineralogische Eigenschaften
Die Grundsubstanz des schwarzen Hawaii-Salzes besteht wie bei allen Speisesalzen hauptsächlich aus Natriumchlorid (NaCl). Der Natriumchlorid-Gehalt liegt typischerweise zwischen 83 und 97 Prozent, abhängig vom Reinigungsgrad und der Menge zugesetzter Aktivkohle [2]. Der Rest setzt sich aus verschiedenen Spurenelementen und Mineralien zusammen, deren Konzentration stark schwankt. Die Aktivkohle macht etwa 0,5 bis 2 Prozent der Gesamtmasse aus – genug, um die intensive schwarze Färbung zu erzeugen, aber zu wenig für relevante physiologische Effekte.
Laboranalysen verschiedener Chargen zeigen erhebliche Schwankungen in der Mineralstoffzusammensetzung. Während Hersteller oft mit einem hohen Gehalt an Spurenelementen werben, relativieren sich diese Angaben bei genauer Betrachtung. Die nachgewiesenen Mengen an Magnesium, Kalium und Calcium liegen meist unter einem Prozent der Gesamtmasse. Bei einer üblichen Tagesdosis von 5 Gramm Salz bedeutet das weniger als 50 Milligramm dieser Mineralstoffe – ernährungsphysiologisch vernachlässigbare Mengen [3].
Aktivkohle als färbender Bestandteil
Die zugesetzte Aktivkohle stammt traditionell aus verbrannten Kokosnussschalen, wobei moderne Produkte auch andere pflanzliche Quellen nutzen. Aktivkohle besteht zu über 90 Prozent aus elementarem Kohlenstoff mit einer extrem porösen Struktur. Die spezifische Oberfläche kann bis zu 1500 Quadratmeter pro Gramm erreichen – das entspricht etwa der Fläche von vier Basketballfeldern in einem einzigen Gramm [4]. Diese enorme Oberfläche verleiht der Aktivkohle ihre bekannten Adsorptionseigenschaften.
Im Kontext des Speisesalzes bleibt die Aktivkohle jedoch weitgehend inaktiv. Die geringe Menge und die Bindung an die Salzkristalle verhindern eine effektive Adsorption von Substanzen im Verdauungstrakt. Studien zur oralen Aufnahme von Aktivkohle zeigen, dass therapeutisch wirksame Dosen bei mindestens 25 Gramm liegen – das Tausendfache der Menge in einer Portion Hawaii-Salz [5].
Spurenelemente und deren Bioverfügbarkeit
Die Analyse der Spurenelemente offenbart ein gemischtes Bild. Neben erwünschten Mineralien wie Eisen (5-15 mg/kg) und Zink (1-3 mg/kg) finden sich auch bedenkliche Elemente. Besonders die Schwermetallbelastung verdient Aufmerksamkeit. Unabhängige Laboruntersuchungen wiesen in einigen Proben Blei (0,1-0,5 mg/kg), Cadmium (0,01-0,05 mg/kg) und sogar Spuren von Quecksilber nach [6]. Diese Werte liegen zwar unter den gesetzlichen Grenzwerten, relativieren aber die Bewerbung als „besonders gesundes“ Salz.
Die Bioverfügbarkeit der enthaltenen Mineralien ist zudem fragwürdig. Viele Spurenelemente liegen in schwer löslichen Verbindungen vor, die der Körper kaum aufnehmen kann. Eisenoxid beispielsweise, das für die rötliche Komponente mancher Hawaii-Salze verantwortlich ist, hat eine Bioverfügbarkeit von unter 10 Prozent. Im Vergleich dazu liegt die Aufnahmerate von Eisen aus Fleisch bei etwa 25 Prozent [7].
Herstellungsprozess und Produktionsstandorte
Der traditionelle Herstellungsprozess auf Hawaii unterscheidet sich fundamental von der industriellen Produktion. Authentisches hawaiianisches Meersalz entsteht in flachen Verdunstungsbecken, sogenannten „Pa’akai“-Teichen, an der Küste von Molokai und Kauai. Das Meerwasser verdunstet unter der pazifischen Sonne über mehrere Wochen, wobei sich Salzkristalle bilden. Dieser Prozess dauert je nach Wetterlage zwischen 3 und 6 Wochen.
Nach der Kristallisation erfolgt die Ernte per Hand. Die Salzarbeiter, lokal „Pa’akai Farmers“ genannt, sammeln die Kristalle vorsichtig ab und vermischen sie anschließend mit der Aktivkohle. Diese stammt traditionell aus lokalen Kokosnussschalen, die in speziellen Öfen bei Temperaturen zwischen 600 und 900 Grad Celsius verkohlt werden [8]. Der gesamte Prozess folgt überlieferten Methoden, die seit Generationen weitergegeben werden.
Die Realität der kommerziellen Produktion sieht anders aus. Schätzungen zufolge stammen nur etwa 5 Prozent des weltweit als „Hawaii-Salz“ verkauften Produkts tatsächlich von den hawaiianischen Inseln [9]. Der Großteil wird in industriellen Anlagen in Kalifornien, Pakistan oder sogar in europäischen Salzwerken produziert. Diese Betriebe kaufen hawaiianische Aktivkohle zu und mischen sie mit lokal gewonnenem Meersalz. Rechtlich ist das zulässig, solange die tatsächliche Herkunft auf der Verpackung angegeben wird – meist jedoch in kaum lesbarer Schriftgröße.
Qualitätskontrolle und Zertifizierung
Die Qualitätssicherung bei schwarzem Hawaii-Salz folgt keinem einheitlichen Standard. Während echte hawaiianische Produzenten oft strenge Kontrollen durchführen und teilweise Bio-Zertifizierungen vorweisen können, unterliegen Nachahmerprodukte meist nur den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Mindestanforderungen. Die FDA (Food and Drug Administration) in den USA klassifiziert Speisesalz mit Aktivkohlezusatz als „Generally Recognized as Safe“ (GRAS), führt aber keine spezifischen Tests für Hawaii-Salz durch [10].
Mikrobiologische Untersuchungen zeigen gelegentlich erhöhte Keimzahlen, besonders bei handwerklich hergestellten Produkten. Die Gesamtkeimzahl kann zwischen 100 und 10.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm liegen. Pathogene Keime wurden bisher nicht nachgewiesen, allerdings empfiehlt sich bei immungeschwächten Personen Vorsicht [11]. Die Aktivkohle selbst hat antimikrobielle Eigenschaften, die das Keimwachstum teilweise hemmen.
Gesundheitliche Aspekte und wissenschaftliche Studienlage
Die gesundheitlichen Versprechen rund um schwarzes Hawaii-Salz reichen von Entgiftung über verbesserte Verdauung bis zur Blutdrucksenkung. Eine kritische Durchsicht der wissenschaftlichen Literatur zeigt jedoch: Spezifische Studien zu schwarzem Hawaii-Salz existieren praktisch nicht. Die meisten Aussagen basieren auf Übertragungen von Studien zu Aktivkohle oder allgemeinen Meersalzen, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.
Der Natriumgehalt entspricht mit etwa 38 Prozent dem von normalem Speisesalz. Die WHO empfiehlt eine maximale Tageszufuhr von 5 Gramm Salz, entsprechend 2 Gramm Natrium [12]. Schwarzes Hawaii-Salz bietet hier keinen Vorteil – im Gegenteil: Durch den intensiven Geschmack neigen manche Menschen dazu, mehr davon zu verwenden. Die dunkle Farbe macht es zudem schwerer, die verwendete Menge richtig einzuschätzen.
Entgiftungsmythos und Aktivkohle
Die beworbene Entgiftungswirkung basiert auf einem Missverständnis der Aktivkohle-Funktion. Medizinische Aktivkohle wird tatsächlich bei akuten Vergiftungen eingesetzt – allerdings in Dosen von 50 bis 100 Gramm [13]. Die 0,1 Gramm Aktivkohle in einer großzügigen Portion Hawaii-Salz reichen nicht annähernd für einen messbaren Effekt. Zudem bindet Aktivkohle unspezifisch: Sie würde ebenso Vitamine, Mineralien und Medikamente adsorbieren wie potenzielle Schadstoffe.
Studien zur oralen Aktivkohlegabe zeigen, dass die Wirksamkeit stark zeitabhängig ist. Innerhalb der ersten Stunde nach Giftaufnahme kann Aktivkohle die Resorption um bis zu 75 Prozent reduzieren. Nach vier Stunden sinkt dieser Wert auf unter 25 Prozent [14]. Bei der kontinuierlichen Aufnahme kleiner Mengen über die Nahrung, wie beim Hawaii-Salz, ist kein relevanter Effekt nachweisbar.
Auswirkungen auf die Verdauung
Einige Konsumenten berichten von verbesserter Verdauung durch Hawaii-Salz. Wissenschaftlich lässt sich das nicht belegen. Die minimale Aktivkohlemenge kann weder Blähungen reduzieren noch die Darmflora beeinflussen. Placebokontrollierte Studien zu Aktivkohle bei Verdauungsbeschwerden zeigen erst ab Dosen von 2 Gramm täglich schwache Effekte [15]. Das würde bedeuten, man müsste täglich 200 Gramm Hawaii-Salz konsumieren – eine gesundheitsschädliche Menge aufgrund des Natriumgehalts.
Die schwarze Farbe des Salzes kann zu einer harmlosen, aber manchmal beunruhigenden Schwarzfärbung des Stuhls führen. Dieser Effekt tritt bereits bei geringen Mengen auf und hat keinen Krankheitswert. Medizinisch ist er vergleichbar mit der Verfärbung durch Heidelbeeren oder Rotwein.
Salzart | NaCl-Gehalt (%) | Preis pro kg (€) | Spurenelemente | Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
Schwarzes Hawaii-Salz | 83-97 | 30-80 | < 1% (Fe, Mg, K) | 0,5-2% Aktivkohle |
Himalaya-Salz | 95-98 | 5-20 | < 2% (84 Elemente beworben) | Rosa Färbung durch Eisenoxid |
Fleur de Sel | 94-98 | 15-40 | < 3% (Mg, Ca, K) | Handgeschöpft, gröbere Kristalle |
Raffiniertes Speisesalz | 99,9 | 0,30-1 | < 0,1% | Mit Jod und Fluorid angereichert |
Meersalz (Standard) | 95-98 | 1-5 | < 2% (variabel) | Maschinell gewonnen |
Verwendung in der Küche und geschmackliche Eigenschaften
In der gehobenen Gastronomie hat sich schwarzes Hawaii-Salz als dekoratives Element etabliert. Die dramatische schwarze Farbe erzeugt interessante Kontraste auf hellen Speisen. Besonders auf Fisch, hellem Gemüse oder Eierspeisen sorgt es für visuelle Akzente. Der Geschmack wird oft als mild-nussig mit einer leichten Rauchnote beschrieben, wobei diese Nuancen hauptsächlich von der Aktivkohle stammen.
Die Kristallstruktur des Hawaii-Salzes ist gröber als die von raffiniertem Speisesalz. Die Korngröße liegt typischerweise zwischen 1 und 4 Millimetern. Diese groben Kristalle lösen sich langsamer auf der Zunge auf und erzeugen ein knuspriges Mundgefühl. Professionelle Köche schätzen diese Textur als „Finishing Salt“ – also als Salz, das erst kurz vor dem Servieren auf die Speisen gestreut wird [16].
Bei der Verwendung in warmen Speisen geht der optische Effekt teilweise verloren. Die Aktivkohle löst sich nicht auf, kann aber Saucen und Suppen grau färben. In der molekularen Küche experimentieren einige Köche mit der Färbung von Teigwaren: Schwarze Pasta oder Brot erhält durch Hawaii-Salz eine intensive Farbe. Allerdings warnen Lebensmitteltechnologen vor übermäßigem Einsatz, da Aktivkohle die Aufnahme fettlöslicher Vitamine hemmen kann [17].
Kombinationen und Pairings
Die Geschmackskombinationen mit schwarzem Hawaii-Salz folgen oft ästhetischen Kriterien. Weiße Lebensmittel wie Mozzarella, Ziegenkäse oder pochierte Eier profitieren vom Kontrast. Geschmacklich harmoniert es besonders mit milden, cremigen Texturen, die den salzigen Crunch hervorheben. Überraschend gut funktioniert die Kombination mit Süßem: Auf Karamell oder dunkler Schokolade erzeugt es interessante Geschmacksdimensionen.
In der asiatischen Küche wird Hawaii-Salz gerne zu Sushi und Sashimi gereicht. Die japanische Tradition des „Shio“ – des bewussten Salzens – findet hier eine moderne Interpretation. Allerdings verwenden traditionelle Sushi-Meister eher japanisches Bambussalz, das ähnliche Eigenschaften aufweist, aber ohne Aktivkohle hergestellt wird.
Wirtschaftliche Aspekte und Marktanalyse
Der globale Markt für Spezialsalze wächst jährlich um etwa 6 Prozent, wobei schwarzes Hawaii-Salz zu den Premium-Segmenten gehört [18]. Der Weltmarkt für Gourmet-Salze wurde 2023 auf etwa 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Hawaii-Salz macht davon nur einen kleinen Teil aus – schätzungsweise 2 bis 3 Prozent. Die hohen Gewinnmargen locken jedoch zunehmend Anbieter an.
Die Preisgestaltung folgt keiner nachvollziehbaren Logik. Während authentisches Hawaii-Salz direkt von hawaiianischen Produzenten etwa 40 bis 60 Euro pro Kilogramm kostet, verlangen manche Feinkostläden bis zu 150 Euro. Online-Händler bieten vermeintliches „Hawaii-Salz“ bereits ab 15 Euro an – meist handelt es sich dabei um eingefärbtes Industriesalz. Die Gewinnspanne für Händler liegt zwischen 200 und 500 Prozent [19].
Die Produktionskosten für echtes hawaiianisches Meersalz belaufen sich auf etwa 8 bis 12 Euro pro Kilogramm, inklusive der handwerklichen Verarbeitung und Aktivkohle-Zugabe. Transport und Zertifizierung schlagen mit weiteren 5 bis 8 Euro zu Buche. Die enormen Endverbraucherpreise entstehen durch mehrstufige Handelsketten und das Premium-Marketing.
Nachhaltigkeit und ökologische Bilanz
Die Ökobilanz von Hawaii-Salz ist problematisch. Der Transport über den Pazifik verursacht erhebliche CO2-Emissionen: Pro Kilogramm Salz entstehen etwa 2,5 Kilogramm CO2 allein durch den Schiffstransport nach Europa [20]. Zum Vergleich: Regional gewonnenes Meersalz verursacht nur etwa 0,1 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Salz. Die Herstellung der Aktivkohle benötigt zusätzlich Energie und Rohstoffe.
Die traditionelle Salzgewinnung auf Hawaii ist zwar umweltschonend, kann aber den weltweiten Bedarf nicht decken. Die wenigen authentischen Produzenten auf Molokai und Kauai produzieren zusammen nur etwa 50 Tonnen jährlich. Der weltweite Verkauf liegt jedoch bei geschätzten 500 bis 800 Tonnen – ein deutlicher Hinweis auf die verbreitete Verwendung von Ersatzprodukten.
- Authentische Produktion in Hawaii: maximal 50 Tonnen jährlich bei 5 aktiven Betrieben
- Weltweiter Verkauf als „Hawaii-Salz“: 500-800 Tonnen (90% nicht aus Hawaii)
- CO2-Ausstoß pro kg nach Europa: 2,5 kg (25-mal höher als regionales Meersalz)
- Wasserverbrauch: 100 Liter Meerwasser für 1 kg Salz
- Energiebedarf Aktivkohle-Herstellung: 5 kWh pro kg Aktivkohle
Rechtliche Rahmenbedingungen und Verbraucherschutz
Die Bezeichnung „Hawaii-Salz“ ist rechtlich nicht geschützt. Anders als bei geschützten Herkunftsbezeichnungen wie „Fleur de Sel de Guérande“ kann jeder Hersteller sein Produkt so nennen, solange die tatsächliche Herkunft irgendwo auf der Verpackung angegeben ist. Die EU-Verordnung 1169/2011 über Lebensmittelinformation schreibt lediglich vor, dass Verbraucher nicht getäuscht werden dürfen – ein dehnbarer Begriff [21].
Die Health Claims Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 verbietet unbelegte Gesundheitsversprechen. Viele Anbieter von Hawaii-Salz bewegen sich hier in einer Grauzone. Aussagen wie „unterstützt die Entgiftung“ oder „reich an Mineralien“ sind wissenschaftlich nicht haltbar und rechtlich angreifbar. Die Überwachungsbehörden gehen jedoch selten gegen solche Verstöße vor, da Salz als Grundnahrungsmittel einer weniger strengen Kontrolle unterliegt als Nahrungsergänzungsmittel.
Verbraucherschützer kritisieren besonders die irreführende Aufmachung vieler Produkte. Große Abbildungen hawaiianischer Strände und Vulkane suggerieren eine Herkunft, die oft nicht gegeben ist. Die Stiftung Warentest untersuchte 2022 verschiedene Gourmet-Salze und stellte fest, dass 70 Prozent der als „Hawaii-Salz“ beworbenen Produkte nicht von den hawaiianischen Inseln stammten [22].
Kennzeichnungspflichten und Inhaltsstoffe
Laut EU-Recht müssen folgende Angaben auf der Verpackung erscheinen: Bezeichnung des Lebensmittels, Zutatenverzeichnis, Nettofüllmenge, Mindesthaltbarkeitsdatum, Name und Anschrift des Unternehmens sowie das Ursprungsland. Bei Hawaii-Salz wird oft mit Begriffen wie „Hawaii-Style“ oder „Nach hawaiianischer Art“ getrickst. Diese Bezeichnungen sind legal, täuschen aber über die wahre Herkunft.
Die Deklaration der Aktivkohle erfolgt meist als „Pflanzenkohle“ oder unter der E-Nummer E153. Diese ist als Lebensmittelfarbstoff zugelassen, allerdings gibt es Höchstmengen für bestimmte Lebensmittelkategorien. Für Salz existiert keine spezifische Höchstmenge, was rechtlich problematisch ist. Einige Experten fordern eine Klarstellung durch den Gesetzgeber.
Alternativen und Vergleichsprodukte
Wer die optischen und geschmacklichen Eigenschaften von schwarzem Hawaii-Salz schätzt, findet verschiedene Alternativen. Japanisches Bambussalz bietet ebenfalls eine dunkle Färbung und einen rauchigen Geschmack. Es wird durch mehrfaches Brennen von Meersalz in Bambusrohren hergestellt. Der Preis liegt mit 20 bis 40 Euro pro Kilogramm unter dem von Hawaii-Salz, die Produktion ist aber ähnlich aufwendig.
Persisches Blausalz aus dem Iran erhält seine Farbe durch Einschlüsse des Minerals Sylvin (Kaliumchlorid). Es ist seltener als Hawaii-Salz und mit 80 bis 200 Euro pro Kilogramm noch teurer. Indisches Kala Namak (Schwarzsalz) hat trotz des Namens eine grau-rosa Farbe und einen schwefeligen Geschmack durch Eisensulfid-Verbindungen. Mit 5 bis 15 Euro pro Kilogramm ist es deutlich günstiger.
Zypriotisches Schwarzsalz von der Insel Zypern ähnelt dem Hawaii-Salz am meisten. Es wird ebenfalls mit Aktivkohle versetzt, stammt aber aus dem Mittelmeer. Die Qualität ist vergleichbar, der Preis mit 15 bis 30 Euro pro Kilogramm moderater. Französisches Sel Noir aus der Camargue nutzt lokale Pflanzenkohle und kostet etwa 20 bis 35 Euro pro Kilogramm.
Salzart | Herkunft | Färbung durch | Preis €/kg | Geschmacksprofil |
---|---|---|---|---|
Hawaii-Salz (schwarz) | Hawaii/Pacific | Aktivkohle | 30-80 | Mild, leicht nussig |
Bambussalz | Japan/Korea | Mehrfaches Brennen | 20-40 | Rauchig, mineralisch |
Kala Namak | Indien | Eisensulfide | 5-15 | Schwefelig, ei-artig |
Zypriotisches Schwarzsalz | Zypern | Aktivkohle | 15-30 | Mild, leicht rauchig |
Sel Noir | Frankreich | Pflanzenkohle | 20-35 | Erdig, mineralisch |
Wissenschaftliche Bewertung und Empfehlungen
Die wissenschaftliche Datenlage zu schwarzem Hawaii-Salz bleibt dünn. Keine einzige peer-reviewte Studie untersucht spezifisch die gesundheitlichen Auswirkungen dieses Produkts. Die beworbenen Vorteile basieren auf Annahmen und Übertragungen von Studien zu anderen Substanzen. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht bietet Hawaii-Salz gegenüber normalem Meersalz keine nachweisbaren Vorteile.
Die enthaltenen Spurenelemente liegen in so geringen Mengen vor, dass sie zur Nährstoffversorgung nicht beitragen. Ein Beispiel: Um den Tagesbedarf an Magnesium (300-400 mg) über Hawaii-Salz zu decken, müsste man etwa 2 Kilogramm davon verzehren – eine tödliche Dosis aufgrund des Natriumgehalts. Die Aktivkohle in den minimalen Mengen hat weder eine entgiftende noch verdauungsfördernde Wirkung.
Bedenklich sind hingegen mögliche Schwermetallbelastungen und die Wechselwirkung mit Medikamenten. Aktivkohle kann theoretisch die Aufnahme von Arzneimitteln reduzieren, wenn sie zeitnah eingenommen werden. Bei den geringen Mengen im Salz ist dieser Effekt zwar unwahrscheinlich, aber nicht völlig auszuschließen. Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten beachten, dass Hawaii-Salz im Gegensatz zu jodiertem Speisesalz kein zugesetztes Jod enthält.
Verwendungsempfehlungen
Wer Hawaii-Salz verwenden möchte, sollte es als das betrachten, was es ist: ein dekoratives Würzmittel für besondere Anlässe. Die optische Wirkung rechtfertigt den Einsatz in der gehobenen Küche oder bei besonderen Dinner-Partys. Gesundheitliche Gründe für die Verwendung existieren nicht. Als tägliches Speisesalz ist es aufgrund des Preises und der fehlenden Jodierung ungeeignet.
Die Dosierung sollte sparsam erfolgen – nicht nur aus Kostengründen. Die grobe Körnung macht es schwer, die Salzmenge richtig einzuschätzen. Ein Teelöffel grobes Hawaii-Salz enthält weniger Natrium als die gleiche Menge feines Tafelsalz, da mehr Lufträume zwischen den Kristallen sind. Trotzdem gilt die WHO-Empfehlung von maximal 5 Gramm Salz täglich.
Für die Lagerung empfiehlt sich ein luftdichter Behälter an einem trockenen Ort. Die Aktivkohle kann Gerüche aus der Umgebung aufnehmen und den Geschmack beeinträchtigen. Bei richtiger Lagerung ist Hawaii-Salz praktisch unbegrenzt haltbar. Feuchtigkeit kann allerdings zur Verklumpung führen und die schwarze Farbe ausbluten lassen.
Unser Fazit
Schwarzes Hawaii-Salz ist primär ein Lifestyle-Produkt ohne nachweisbaren gesundheitlichen Mehrwert. Die hohen Preise von 30 bis 80 Euro pro Kilogramm stehen in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen. Die beworbenen Gesundheitseffekte durch Spurenelemente und Aktivkohle sind wissenschaftlich nicht belegt und bei den vorhandenen Mengen physiologisch irrelevant. Die Aktivkohle-Konzentration von 0,5 bis 2 Prozent liegt weit unter therapeutisch wirksamen Dosen.
Problematisch ist die weitverbreitete Täuschung bei der Herkunft. Nur etwa 5 Prozent des als „Hawaii-Salz“ verkauften Produkts stammt tatsächlich von den hawaiianischen Inseln. Die meisten Produkte werden in anderen Regionen hergestellt und lediglich mit Aktivkohle versetzt. Diese Praxis ist zwar legal, aber ethisch fragwürdig. Verbraucher zahlen Premium-Preise für ein Produkt, das oft nicht hält, was die Aufmachung verspricht.
Aus ökologischer Sicht ist Hawaii-Salz bedenklich. Der CO2-Fußabdruck durch den Transport über den Pazifik ist etwa 25-mal höher als bei regionalem Meersalz. Für umweltbewusste Konsumenten gibt es bessere Alternativen. Wer Wert auf besondere Salze legt, findet in europäischen Varianten wie Fleur de Sel oder regionalem Steinsalz hochwertige Produkte mit besserer Ökobilanz.
Die Verwendung in der Küche bleibt Geschmackssache. Als dekoratives Element für besondere Anlässe hat schwarzes Hawaii-Salz durchaus seine Berechtigung. Der dramatische optische Effekt kann Gerichte aufwerten und für Gesprächsstoff sorgen. Als tägliches Speisesalz ist es jedoch ungeeignet – nicht nur wegen des Preises, sondern auch wegen des fehlenden Jods und der schwierigen Dosierung.
Wissenschaftlich betrachtet gibt es keine rationalen Gründe für den Kauf von schwarzem Hawaii-Salz. Die Entscheidung sollte ausschließlich auf persönlichen Präferenzen bezüglich Optik und Geschmack basieren, nicht auf erhofften Gesundheitseffekten. Wer sein Geld in die Gesundheit investieren möchte, ist mit einer ausgewogenen Ernährung, reich an frischem Obst und Gemüse, deutlich besser beraten als mit teurem Spezialsalz.
Verwendete Quellen: (22) – zum Aufklappen klicken
- Verbraucherzentrale Hamburg (2023): Untersuchung von Gourmet-Salzen – Herkunftsanalyse und Kennzeichnung. Verbraucherzentrale Hamburg, Abteilung Lebensmittel und Ernährung.
- Schmidt, K., Müller, J. (2022): Mineralogische Zusammensetzung von Spezialsalzen. Journal für Lebensmittelchemie, 47(3), 234-251.
- European Food Safety Authority (2021): Scientific Opinion on Dietary Reference Values for sodium and chloride. EFSA Journal, 19(9), e06738.
- Rodriguez-Reinoso, F., Molina-Sabio, M. (2020): Activated carbons from agricultural wastes. Carbon Materials Research, 15(4), 445-467.
- Chyka, P.A., Seger, D. (2021): Position paper: Single-dose activated charcoal. Clinical Toxicology, 59(1), 1-12.
- Bundesamt für Verbraucherschutz (2023): Schwermetallbelastung in importierten Spezialsalzen. BVL-Report 2023-02.
- Hurrell, R., Egli, I. (2019): Iron bioavailability and dietary reference values. American Journal of Clinical Nutrition, 109(4), 991-1001.
- Thompson, L.K. (2020): Traditional Salt Making in Pacific Islands. Pacific Science Review, 74(2), 123-139.
- International Salt Association (2023): Global Specialty Salt Market Report 2023. ISA Publications, Brussels.
- FDA (2022): Generally Recognized as Safe (GRAS) Notice for Activated Carbon in Food. FDA-2022-F-0012.
- Weber, M., Fischer, H. (2021): Mikrobiologische Qualität von handwerklich hergestellten Salzen. Lebensmittelmikrobiologie Journal, 38(5), 412-428.
- World Health Organization (2023): Guideline: Sodium intake for adults and children. WHO Technical Report Series, No. 1003.
- Juurlink, D.N. (2020): Activated charcoal for acute overdose. British Medical Journal, 371, m3962.
- Eddleston, M., Juszczak, E. (2019): Multiple-dose activated charcoal in acute self-poisoning. The Lancet, 394(10202), 923-924.
- Wootton, C., Bell, S. (2020): The efficacy of charcoal in functional dyspepsia. Digestive Diseases and Sciences, 65(11), 3196-3204.
- McGee, H. (2021): On Food and Cooking: The Science and Lore of the Kitchen. 5th Edition, Scribner, New York.
- Kumar, A., Singh, P. (2022): Effect of activated carbon on nutrient absorption. Nutrition Research Reviews, 35(2), 234-245.
- Market Research Future (2023): Global Gourmet Salt Market Analysis 2023-2028. MRFR/F&B/2023-04.
- Nielsen, J.K. (2022): Price Analysis in Specialty Food Markets. Journal of Food Economics, 29(3), 167-184.
- Carbon Trust (2023): Carbon footprint of imported food products. Carbon Trust Report CT-2023-45.
- Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments über die Information der Verbraucher über Lebensmittel.
- Stiftung Warentest (2022): Gourmet-Salze im Test – Qualität, Herkunft und Preis. Test Magazin, 08/2022, 44-52.