Beta-Glucane

Beta-Glucane: Immunsystem-Booster aus Pilzen, Hafer und Hefe

Von Yannik2. November 202518 Min. Lesezeit

In einer Handvoll Haferflocken steckt mehr als nur Energie für den Tag – hier verbirgt sich mit Beta-Glucan ein Ballaststoff, der Cholesterin senken und das Immunsystem stärken kann. Diese besonderen Kohlenhydrate kommen nicht nur in Getreide vor, sondern auch in Pilzen, Hefe und sogar in manchen Bakterien. Was macht diese Stoffe so besonders? Die Antwort liegt in ihrer einzigartigen Struktur und der Art, wie unser Körper darauf reagiert.

Beta-Glucane gehören zu den Polysacchariden – langen Ketten aus Zuckerbausteinen, die unser Verdauungssystem nicht spalten kann. Genau diese Eigenschaft macht sie wertvoll: Als unverdauliche Ballaststoffe passieren sie den Darm und entfalten dabei verschiedene gesundheitliche Wirkungen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat bereits mehrere gesundheitsbezogene Aussagen für Beta-Glucane zugelassen, was ihre Bedeutung unterstreicht [1].

Chemische Struktur und verschiedene Arten

Beta-Glucane sind Polymere aus Glucose-Molekülen, die über spezielle chemische Bindungen verknüpft sind. Der Begriff "Beta" bezieht sich dabei auf die räumliche Anordnung der Bindung zwischen den Zuckerbausteinen. Im Gegensatz zu Stärke, die Alpha-Bindungen hat und die wir verdauen können, bleiben Beta-Bindungen für unsere Verdauungsenzyme unzugänglich. Diese Moleküle bestehen aus hunderten bis tausenden Glucose-Einheiten, die wie Perlen auf einer Kette aufgereiht sind – allerdings mit Verzweigungen und Seitenketten, die je nach Quelle unterschiedlich aussehen [2].

Die Struktur variiert erheblich zwischen den verschiedenen Quellen. Hafer und Gerste enthalten hauptsächlich Beta-1,3/1,4-Glucane, was bedeutet, dass sich zwei verschiedene Bindungstypen abwechseln. Diese Struktur macht sie in Wasser löslich und verleiht ihnen eine gelartige Konsistenz. Pilze und Hefen hingegen produzieren Beta-1,3/1,6-Glucane mit anderen Verzweigungsmustern. Diese strukturellen Unterschiede sind nicht nur chemische Details – sie bestimmen maßgeblich, wie die Moleküle im Körper wirken [3].

Beta-Glucane aus Getreide

Hafer führt mit einem Gehalt von 3 bis 7 Gramm pro 100 Gramm die Liste der Getreidearten an. Gerste folgt mit 2 bis 11 Gramm, wobei spezielle Züchtungen noch höhere Werte erreichen. Die Getreide-Beta-Glucane sind wasserlöslich und bilden im Magen-Darm-Trakt eine zähe Masse. Diese Eigenschaft verlangsamt die Magenentleerung und die Aufnahme von Nährstoffen, was sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt. Eine Portion Haferflocken von 40 Gramm liefert etwa 1,5 bis 2,8 Gramm Beta-Glucan – schon die Hälfte der täglich empfohlenen Menge für die Cholesterinsenkung [4].

Beta-Glucane aus Pilzen

Pilze enthalten eine andere Art von Beta-Glucanen als Getreide. Shiitake-Pilze beispielsweise weisen 20 bis 30 Gramm Beta-Glucan pro 100 Gramm Trockenmasse auf. Austernpilze kommen auf ähnliche Werte. Diese Pilz-Beta-Glucane, besonders das aus Shiitake isolierte Lentinan, werden in der Krebstherapie erforscht. In Japan ist Lentinan sogar als Zusatzmedikament bei bestimmten Krebsarten zugelassen. Die Struktur der Pilz-Beta-Glucane mit ihren speziellen Verzweigungen macht sie zu potenten Immunmodulatoren [5].

Beta-Glucane aus Hefe

Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) produziert Beta-Glucane als Bestandteil ihrer Zellwand. Der Gehalt liegt bei etwa 10 bis 15 Prozent der Trockenmasse. Hefe-Beta-Glucane haben eine hohe Anzahl an 1,6-Verzweigungen, was ihre biologische Aktivität verstärkt. In der Lebensmittelindustrie werden sie als natürliche Verdickungsmittel eingesetzt, während die Nahrungsergänzungsindustrie sie wegen ihrer immunstimulierenden Eigenschaften schätzt. Ein Gramm getrocknete Hefe enthält etwa 100 bis 150 Milligramm Beta-Glucan [6].

LebensmittelBeta-Glucan-Gehalt (g/100g)StrukturtypLöslichkeit
Haferkleie7,0-8,5β-1,3/1,4Hoch
Haferflocken3,0-7,0β-1,3/1,4Hoch
Gerste2,0-11,0β-1,3/1,4Hoch
Shiitake (getrocknet)20,0-30,0β-1,3/1,6Niedrig
Austernpilze (getrocknet)18,0-25,0β-1,3/1,6Niedrig
Bäckerhefe10,0-15,0β-1,3/1,6Niedrig
Roggen1,3-2,7β-1,3/1,4Mittel
Weizen0,5-1,0β-1,3/1,4Mittel
Beta-Glucan-Gehalt verschiedener Lebensmittel

Wirkungsmechanismen im Körper

Die biologischen Effekte von Beta-Glucanen beruhen auf mehreren Mechanismen, die sich gegenseitig ergänzen. Im Verdauungstrakt wirken sie zunächst rein physikalisch: Die löslichen Beta-Glucane aus Hafer und Gerste quellen auf und bilden eine gelartige Masse. Diese Gelbildung verlangsamt die Magenentleerung um etwa 20 bis 30 Prozent, was zu einem längeren Sättigungsgefühl führt. Gleichzeitig umhüllt das Gel Nährstoffe und erschwert deren Aufnahme durch die Darmwand. Besonders die Glucose-Absorption wird gebremst, wodurch der Blutzuckerspiegel nach dem Essen weniger stark ansteigt [7].

Auf molekularer Ebene geschieht noch mehr: Beta-Glucane binden Gallensäuren im Darm. Diese Gallensäuren werden normalerweise recycelt, doch durch die Bindung an Beta-Glucane werden sie mit dem Stuhl ausgeschieden. Der Körper muss neue Gallensäuren produzieren und verbraucht dafür Cholesterin aus dem Blut. Dieser Mechanismus senkt den LDL-Cholesterinspiegel um durchschnittlich 5 bis 10 Prozent bei einer täglichen Aufnahme von 3 Gramm Beta-Glucan [8].

Interaktion mit dem Immunsystem

Beta-Glucane aus Pilzen und Hefe werden vom Immunsystem als fremde Strukturen erkannt. Spezielle Rezeptoren auf Immunzellen, genannt Dectin-1 und Complement-Rezeptor 3 (CR3), binden diese Moleküle. Diese Bindung löst eine Kaskade von Immunreaktionen aus: Makrophagen werden aktiviert, produzieren entzündungsfördernde Botenstoffe wie Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor-alpha, und präsentieren Antigene effektiver. Die Aktivierung erfolgt dosisabhängig – je mehr Beta-Glucan, desto stärker die Immunantwort, bis ein Sättigungspunkt erreicht ist [9].

Interessanterweise wirken Beta-Glucane nicht nur stimulierend, sondern auch modulierend auf das Immunsystem. Bei überschießenden Immunreaktionen können sie dämpfend wirken, bei schwacher Immunantwort verstärkend. Diese bidirektionale Wirkung macht sie zu interessanten Kandidaten für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen und Immunschwäche. In Zellkulturstudien steigerten Beta-Glucane aus Shiitake die Aktivität natürlicher Killerzellen um 30 bis 50 Prozent [10].

Einfluss auf die Darmflora

Im Dickdarm dienen Beta-Glucane als Nahrung für nützliche Darmbakterien. Bifidobakterien und Lactobacillen können diese Ballaststoffe teilweise abbauen und produzieren dabei kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, Propionat und Acetat. Diese Fettsäuren senken den pH-Wert im Darm, was das Wachstum schädlicher Bakterien hemmt. Butyrat dient außerdem als Energiequelle für Darmzellen und hat entzündungshemmende Eigenschaften. Studien zeigten eine Zunahme der Bifidobakterien um 20 bis 40 Prozent nach vierwöchiger Einnahme von 3 Gramm Beta-Glucan täglich [11].

Gesundheitliche Wirkungen und wissenschaftliche Evidenz

Die Forschung zu Beta-Glucanen umfasst tausende Studien, von Zellkulturen über Tierversuche bis zu klinischen Studien am Menschen. Die Evidenz ist für manche Wirkungen stärker als für andere. Am besten belegt ist die cholesterinsenkende Wirkung von Hafer-Beta-Glucanen. Eine Meta-Analyse von 58 Studien mit über 3.900 Teilnehmern zeigte eine durchschnittliche Senkung des LDL-Cholesterins um 0,25 mmol/L (etwa 10 mg/dL) bei einer täglichen Aufnahme von 3,5 Gramm Beta-Glucan. Der Effekt war bei Menschen mit erhöhtem Cholesterin stärker ausgeprägt als bei Gesunden [12].

Die blutzuckersenkende Wirkung ist ebenfalls gut dokumentiert. Eine Mahlzeit mit 4 Gramm Beta-Glucan aus Hafer reduzierte den Blutzuckeranstieg nach dem Essen um 20 bis 30 Prozent. Der Effekt hängt von der Viskosität ab – je zähflüssiger die Beta-Glucan-Lösung, desto stärker die Wirkung. Allerdings nimmt die Viskosität bei der Lebensmittelverarbeitung oft ab, weshalb verarbeitete Produkte weniger wirksam sein können als Vollkornprodukte [13].

Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System

Neben der Cholesterinsenkung zeigen Beta-Glucane weitere positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System. Der Blutdruck sank in mehreren Studien um durchschnittlich 2 bis 3 mmHg systolisch und 1 bis 2 mmHg diastolisch. Das mag wenig klingen, bedeutet aber auf Bevölkerungsebene eine relevante Reduktion von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Der Mechanismus ist noch nicht vollständig geklärt, hängt aber wahrscheinlich mit der verbesserten Insulinsensitivität und der Produktion kurzkettiger Fettsäuren zusammen [14].

Die Arteriensteifigkeit, ein Marker für Gefäßgesundheit, verbesserte sich in einer 12-wöchigen Studie mit 3 Gramm Beta-Glucan täglich um 8 Prozent. Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein sanken um 10 bis 20 Prozent. Diese Effekte tragen zur Reduktion des Herzinfarktrisikos bei. Eine große Beobachtungsstudie mit 21.000 Teilnehmern über 19 Jahre fand ein um 12 Prozent niedrigeres Risiko für koronare Herzkrankheit bei Menschen mit hohem Ballaststoffverzehr, wobei Beta-Glucane einen wichtigen Anteil ausmachten [15].

Immunmodulation und Infektabwehr

Die immunstimulierenden Eigenschaften von Beta-Glucanen werden intensiv erforscht. Eine placebokontrollierte Studie mit 162 Marathonläufern zeigte, dass die tägliche Einnahme von 250 mg Hefe-Beta-Glucan die Häufigkeit von Atemwegsinfekten nach dem Marathon um 37 Prozent reduzierte. Die Schwere der Symptome war ebenfalls geringer. Der Effekt wird auf eine verbesserte Funktion der Schleimhaut-Immunität zurückgeführt, speziell eine erhöhte Produktion von sekretorischem Immunglobulin A [16].

Bei älteren Menschen verbesserte die Einnahme von Beta-Glucanen die Impfantwort. In einer Studie mit 50 Senioren über 65 Jahren führte die vierwöchige Gabe von 500 mg Beta-Glucan vor einer Grippeimpfung zu 58 Prozent höheren Antikörpertitern. Dies könnte besonders für Risikogruppen relevant sein, bei denen Impfungen oft schlechter wirken. Allerdings sind weitere Studien nötig, um optimale Dosierungen und Einnahmeschemata zu bestimmen [17].

  • Reduktion von Atemwegsinfekten um 20-40% in verschiedenen Studienpopulationen
  • Verkürzte Krankheitsdauer bei Erkältungen um durchschnittlich 1-2 Tage
  • Verbesserte Wundheilung bei topischer Anwendung von Beta-Glucan-Gelen
  • Erhöhte Aktivität natürlicher Killerzellen und Makrophagen im Blut
  • Mögliche Schutzwirkung vor bestimmten Krebsarten (noch in Erforschung)

Beta-Glucane in der Krebstherapie

Die Verwendung von Beta-Glucanen in der Krebstherapie ist ein aktives Forschungsgebiet mit gemischten Ergebnissen. In Japan ist Lentinan aus Shiitake-Pilzen als Zusatztherapie bei Magenkrebs zugelassen. Klinische Studien zeigten eine Verlängerung der Überlebenszeit um durchschnittlich 2 bis 4 Monate bei Kombination mit Chemotherapie. Der Wirkmechanismus umfasst die Aktivierung tumorspezifischer T-Zellen und die Hemmung der Tumorangiogenese – der Bildung neuer Blutgefäße im Tumor [18].

Allerdings sind die Ergebnisse nicht eindeutig. Während manche Studien positive Effekte zeigen, finden andere keinen Nutzen. Die Heterogenität der verwendeten Beta-Glucane, unterschiedliche Dosierungen und Applikationswege erschweren die Vergleichbarkeit. Aktuell laufen mehrere Phase-II- und Phase-III-Studien, die mehr Klarheit bringen sollen. Beta-Glucane sollten niemals als Ersatz für etablierte Krebstherapien verwendet werden, sondern höchstens als ergänzende Maßnahme nach Rücksprache mit dem behandelnden Onkologen [19].

Anwendung und Dosierung

Die optimale Dosierung von Beta-Glucanen hängt vom gewünschten Effekt und der Quelle ab. Für die Cholesterinsenkung empfiehlt die EFSA mindestens 3 Gramm Beta-Glucan aus Hafer oder Gerste täglich. Diese Menge lässt sich durch 40 Gramm Haferkleie oder 75 Gramm Haferflocken erreichen. Die Einnahme sollte auf mehrere Mahlzeiten verteilt werden, da die Wirkung dann stärker ist als bei einmaliger Gabe. Eine Portion sollte mindestens 1 Gramm Beta-Glucan enthalten, um einen messbaren Effekt zu erzielen [20].

Für immunmodulierende Effekte werden meist niedrigere Dosierungen verwendet. Studien mit Pilz- oder Hefe-Beta-Glucanen verwendeten typischerweise 100 bis 500 mg täglich. Die Einnahme erfolgt oft auf nüchternen Magen, um die Aufnahme zu verbessern. Allerdings ist die Bioverfügbarkeit von Beta-Glucanen generell gering – nur etwa 0,5 bis 2 Prozent werden über den Darm aufgenommen. Der Großteil der Wirkung entfaltet sich lokal im Darm oder über Interaktionen mit dem darmassoziierten Immunsystem [21].

Lebensmittel versus Nahrungsergänzungsmittel

Beta-Glucane aus Vollkornprodukten haben Vorteile gegenüber isolierten Präparaten. Lebensmittel liefern zusätzlich Vitamine, Mineralien und andere bioaktive Substanzen. Hafer enthält beispielsweise Avenanthramide – Antioxidantien mit entzündungshemmender Wirkung. Die Kombination verschiedener Inhaltsstoffe kann synergistische Effekte haben. Zudem ist die Gefahr einer Überdosierung bei Lebensmitteln praktisch ausgeschlossen.

Nahrungsergänzungsmittel bieten hingegen standardisierte Dosierungen und sind praktisch für Menschen, die keine ballaststoffreichen Lebensmittel mögen oder vertragen. Die Qualität variiert jedoch stark zwischen Herstellern. Wichtig sind der deklarierte Beta-Glucan-Gehalt, die Molekülgröße (höheres Molekulargewicht ist oft wirksamer) und die Reinheit. Produkte sollten auf Schwermetalle und mikrobiologische Verunreinigungen getestet sein [22].

AnwendungsgebietEmpfohlene TagesdosisQuelleEinnahmehinweise
Cholesterinsenkung3-4 gHafer, GersteAuf 2-3 Mahlzeiten verteilt
Blutzuckerregulation4-6 gHafer, GersteZu den Hauptmahlzeiten
Immunstimulation100-500 mgHefe, PilzeMorgens nüchtern
Darmgesundheit3-5 gHafer, GersteMit ausreichend Flüssigkeit
Gewichtsmanagement5-10 gHafer, Gerste30 Min. vor den Mahlzeiten
Dosierungsempfehlungen für verschiedene Anwendungsgebiete

Praktische Tipps zur Einnahme

Die Wirksamkeit von Beta-Glucanen lässt sich durch richtige Zubereitung optimieren. Hafer sollte möglichst wenig verarbeitet sein – Haferkleie und grobe Haferflocken sind wirksamer als instant Haferflocken. Das Einweichen über Nacht erhöht die Löslichkeit der Beta-Glucane. Beim Kochen bildet sich die charakteristische schleimige Konsistenz, die manche als unangenehm empfinden. Diese lässt sich durch Zugabe von Obst, Nüssen oder Gewürzen verbessern.

Die Einnahme sollte langsam gesteigert werden, um Verdauungsbeschwerden zu vermeiden. Beginnen Sie mit 1 Gramm Beta-Glucan täglich und erhöhen Sie die Menge über zwei Wochen auf die Zieldosis. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig – mindestens 200 ml Wasser pro Gramm Beta-Glucan. Bei Verstopfungsneigung kann die gleichzeitige Einnahme von Probiotika hilfreich sein [23].

Sicherheit und Nebenwirkungen

Beta-Glucane gelten allgemein als sicher und gut verträglich. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Blähungen, Völlegefühl und weicher Stuhl, besonders bei Dosierungen über 10 Gramm täglich. Diese Beschwerden treten meist zu Beginn der Einnahme auf und bessern sich nach einigen Tagen bis Wochen, wenn sich die Darmflora angepasst hat. Etwa 10 bis 20 Prozent der Menschen reagieren empfindlicher und müssen die Dosis reduzieren oder die Einnahme abbrechen [24].

Allergische Reaktionen sind selten, aber möglich. Menschen mit Zöliakie sollten auf glutenfreie Beta-Glucan-Quellen achten, da Gerste und manche Hafersorten Gluten enthalten können. Zertifiziert glutenfreier Hafer ist eine sichere Alternative. Bei bekannter Pilzallergie sollten Beta-Glucane aus Pilzen gemieden werden. Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Beta-Glucan-Quellen sind nicht bekannt [25].

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Beta-Glucane können die Aufnahme von Medikamenten beeinflussen. Die Gelbildung im Magen-Darm-Trakt kann die Resorption verzögern oder verringern. Besonders relevant ist dies bei Medikamenten mit enger therapeutischer Breite wie Digoxin oder Warfarin. Ein Abstand von mindestens zwei Stunden zwischen Beta-Glucan-Einnahme und Medikation wird empfohlen.

Bei Diabetikern kann die blutzuckersenkende Wirkung von Beta-Glucanen zu einer Anpassung der Diabetes-Medikation führen. Die Kombination mit Insulin oder oralen Antidiabetika erfordert engmaschige Blutzuckerkontrollen, um Hypoglykämien zu vermeiden. In einer Studie mussten 30 Prozent der Typ-2-Diabetiker ihre Medikation reduzieren nach achtwöchiger Einnahme von 5 Gramm Beta-Glucan täglich [26].

Besondere Personengruppen

Schwangere und Stillende können Beta-Glucane aus Lebensmitteln bedenkenlos konsumieren. Für hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel fehlen ausreichende Sicherheitsdaten, weshalb Zurückhaltung geboten ist. Kinder profitieren von ballaststoffreicher Ernährung inklusive Beta-Glucanen, sollten aber altersgerechte Mengen erhalten – etwa 0,5 Gramm pro Lebensjahr als Orientierung.

Menschen mit geschwächtem Immunsystem, etwa unter Chemotherapie oder nach Organtransplantation, sollten Beta-Glucan-Supplemente nur nach ärztlicher Rücksprache verwenden. Die immunstimulierende Wirkung könnte theoretisch Abstoßungsreaktionen fördern oder Autoimmunprozesse verstärken, wobei klinische Belege dafür fehlen [27].

Qualitätskriterien und Produktauswahl

Die Qualität von Beta-Glucan-Produkten variiert erheblich. Wichtigste Kriterien sind der deklarierte und tatsächliche Beta-Glucan-Gehalt, die Molekülgröße, Reinheit und Löslichkeit. Hochwertige Produkte geben das Molekulargewicht an – optimal sind 100.000 bis 2.000.000 Dalton für Hafer-Beta-Glucane. Kleinere Moleküle sind weniger viskos und damit weniger wirksam für die Cholesterinsenkung.

Die Extraktionsmethode beeinflusst die Qualität. Schonende wässrige Extraktion erhält die Struktur besser als chemische oder enzymatische Verfahren. Manche Hersteller verwenden standardisierte Extrakte mit garantiertem Beta-Glucan-Gehalt von 70 Prozent oder mehr. Diese sind teurer, aber verlässlicher in der Wirkung. Achten Sie auf Analysezertifikate unabhängiger Labore, die Reinheit und Gehalt bestätigen [28].

  • Transparente Deklaration von Beta-Glucan-Gehalt und Molekulargewicht auf der Verpackung
  • Herstellerangaben zur Extraktionsmethode und Rohstoffquelle
  • Unabhängige Qualitätszertifikate (GMP, ISO, Bio-Siegel falls zutreffend)
  • Frei von unnötigen Zusatzstoffen, Füllstoffen und Allergenen
  • Angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis (sehr billige Produkte sind oft minderwertig)
  • Positive Bewertungen und Erfahrungsberichte anderer Nutzer
  • Klare Dosierungsanweisungen und Einnahmeempfehlungen des Herstellers

Aktuelle Forschung und Zukunftsperspektiven

Die Forschung zu Beta-Glucanen entwickelt sich in mehrere Richtungen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Strukturoptimierung. Wissenschaftler modifizieren Beta-Glucane chemisch oder enzymatisch, um ihre Eigenschaften zu verbessern. Sulfatierte Beta-Glucane zeigen beispielsweise stärkere antivirale Aktivität. Niedermolekulare Fragmente könnten besser bioverfügbar sein, während hochmolekulare Formen stärker cholesterinsenkend wirken. Die Herausforderung besteht darin, die optimale Struktur für jeden Anwendungszweck zu finden [29].

Ein anderer Forschungszweig untersucht die präbiotische Wirkung genauer. Neue Sequenzierungstechnologien ermöglichen detaillierte Analysen der Darmflora-Veränderungen. Erste Ergebnisse zeigen, dass Beta-Glucane nicht nur die Menge, sondern auch die Aktivität bestimmter Bakterienstämme beeinflussen. Die Produktion antimikrobieller Peptide durch Darmbakterien steigt, was vor Infektionen schützen könnte. Personalisierte Ernährungskonzepte könnten zukünftig Beta-Glucan-Empfehlungen basierend auf individuellen Mikrobiom-Analysen geben [30].

Neue Anwendungsgebiete

Beta-Glucane werden für immer mehr Indikationen untersucht. In der Sportmedizin zeigen Studien eine schnellere Regeneration nach intensivem Training. Die Marker für Muskelschäden waren um 20 bis 30 Prozent niedriger bei Athleten, die Beta-Glucane einnahmen. Der oxidative Stress nach Belastung reduzierte sich ebenfalls. Diese Effekte könnten für Leistungssportler relevant sein, aber auch für die Rehabilitation nach Verletzungen [31].

In der Dermatologie werden Beta-Glucane topisch angewendet. Cremes mit 1 bis 2 Prozent Beta-Glucan verbesserten in Studien die Hautheilung nach Laserbehandlungen und reduzierten Falten. Der Mechanismus umfasst die Stimulation von Fibroblasten und erhöhte Kollagenproduktion. Auch bei Neurodermitis und Psoriasis gibt es erste positive Ergebnisse. Die Hautverträglichkeit ist ausgezeichnet, allergische Reaktionen sind praktisch nicht bekannt [32].

Technologische Entwicklungen

Die Lebensmitteltechnologie arbeitet an besseren Einarbeitungsmöglichkeiten von Beta-Glucanen in Alltagsprodukte. Das Problem: Beta-Glucane verändern oft Textur und Geschmack negativ. Neue Verkapselungstechniken könnten dies lösen. Mikroverkapselte Beta-Glucane lassen sich in Getränke, Joghurts oder Backwaren einarbeiten, ohne deren Eigenschaften zu beeinträchtigen. Die Freisetzung erfolgt dann gezielt im Verdauungstrakt.

Die Produktion wird effizienter und nachhaltiger. Neue Hefestämme produzieren mehr Beta-Glucan bei geringerem Ressourceneinsatz. Aus Nebenprodukten der Bierbrauerei lassen sich Beta-Glucane gewinnen, was die Kreislaufwirtschaft fördert. Auch die Extraktion aus Algen wird erforscht – diese wachsen schnell und brauchen keine landwirtschaftlichen Flächen [33].

Fazit und praktische Empfehlungen

Beta-Glucane sind wissenschaftlich gut untersuchte Ballaststoffe mit nachgewiesenen gesundheitlichen Vorteilen. Die cholesterin- und blutzuckersenkende Wirkung von Hafer- und Gersten-Beta-Glucanen ist durch hochwertige Studien belegt und von Behörden anerkannt. Eine tägliche Aufnahme von 3 bis 4 Gramm kann das LDL-Cholesterin um 5 bis 10 Prozent senken – ein relevanter Beitrag zur Herzgesundheit. Die immunmodulierenden Effekte von Pilz- und Hefe-Beta-Glucanen sind vielversprechend, bedürfen aber weiterer Forschung für definitive Empfehlungen.

Für die meisten Menschen ist die Aufnahme über vollwertige Lebensmittel optimal. Eine Schüssel Haferflocken zum Frühstück, gelegentlich Pilzgerichte und Vollkornprodukte liefern ausreichend Beta-Glucane für präventive Effekte. Menschen mit erhöhtem Cholesterin oder Diabetes können von gezielter Supplementierung profitieren, sollten dies aber mit ihrem Arzt besprechen. Die Verträglichkeit ist bei langsamer Dosissteigerung meist gut.

Die Zukunft der Beta-Glucan-Forschung liegt in der Personalisierung. Nicht jeder reagiert gleich auf Beta-Glucane – genetische Faktoren und die individuelle Darmflora spielen eine Rolle. Biomarker könnten helfen, Responder von Non-Respondern zu unterscheiden. Bis dahin gilt: Beta-Glucane sind ein wertvoller Baustein einer gesunden Ernährung, aber kein Wundermittel. Sie entfalten ihre Wirkung am besten im Kontext eines insgesamt ausgewogenen Lebensstils mit ausreichend Bewegung, moderatem Stress und vielfältiger Ernährung.

Quellenverzeichnis

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