Kaum ein pflanzliches Öl hat in den letzten Jahren so kontroverse Diskussionen ausgelöst wie Kokosöl. Mit einem Gehalt von über 90 Prozent gesättigten Fettsäuren unterscheidet es sich grundlegend von anderen Pflanzenölen. Diese besondere Zusammensetzung führt zu einzigartigen Eigenschaften, die sowohl in der Küche als auch in der Körperpflege geschätzt werden. Gleichzeitig warnen Ernährungsexperten vor übermäßigem Verzehr. Was steckt wirklich hinter dem weißen Gold der Tropen?
Die Gewinnung von Kokosöl erfolgt aus dem getrockneten Fruchtfleisch der Kokosnuss, dem sogenannten Kopra. Je nach Verarbeitungsmethode entstehen dabei unterschiedliche Qualitätsstufen mit variierenden Eigenschaften. Natives Kokosöl wird schonend kaltgepresst und behält dadurch seinen charakteristischen Geschmack sowie wertvolle Begleitstoffe. Raffiniertes Kokosöl durchläuft hingegen mehrere Verarbeitungsschritte, bei denen Geschmack und Geruch neutralisiert werden.
Chemische Zusammensetzung und Fettsäureprofil
Die chemische Struktur von Kokosöl wird durch mittelkettige Fettsäuren dominiert. Diese MCTs (Medium Chain Triglycerides) machen etwa 60 Prozent der Gesamtfettsäuren aus. Im Gegensatz zu langkettigen Fettsäuren werden MCTs direkt über die Pfortader zur Leber transportiert, wo sie bevorzugt zur Energiegewinnung oxidiert werden [1]. Dieser Stoffwechselweg unterscheidet sich grundlegend von der Verstoffwechselung herkömmlicher Fette und erklärt viele der besonderen Eigenschaften des Kokosöls.
Die Laurinsäure nimmt mit einem Anteil von 45 bis 53 Prozent die dominierende Position im Fettsäurespektrum ein. Obwohl sie mit 12 Kohlenstoffatomen formal zu den mittelkettigen Fettsäuren zählt, verhält sie sich metabolisch teilweise wie eine langkettige Fettsäure. Etwa 25 Prozent der Laurinsäure werden direkt über die Pfortader transportiert, während der Rest den klassischen Weg über das Lymphsystem nimmt [2].
| Fettsäure | Kettenlänge | Anteil (%) | Eigenschaften |
|---|---|---|---|
| Capronsäure | C6:0 | 0,2-0,8 | Schnelle Energiebereitstellung |
| Caprylsäure | C8:0 | 5-9 | Antimikrobielle Wirkung |
| Caprinsäure | C10:0 | 4-8 | Ketonkörperbildung |
| Laurinsäure | C12:0 | 45-53 | Antivirale Eigenschaften |
| Myristinsäure | C14:0 | 16-21 | Erhöht LDL-Cholesterin |
| Palmitinsäure | C16:0 | 7-10 | Energiespeicherung |
| Stearinsäure | C18:0 | 2-4 | Neutral für Cholesterin |
| Ölsäure | C18:1 | 5-8 | Herzschutz |
| Linolsäure | C18:2 | 1-3 | Essenzielle Fettsäure |
Neben den Fettsäuren enthält natives Kokosöl verschiedene bioaktive Verbindungen. Vitamin E liegt hauptsächlich als Tocotrienole vor, deren antioxidative Wirkung die der Tocopherole übertrifft. Der Gehalt beträgt etwa 0,5 bis 1,5 mg pro 100 g, was vergleichsweise gering ist. Phenolische Verbindungen wie Ferulasäure und p-Cumarsäure tragen zur oxidativen Stabilität bei [3].
Physikalische Eigenschaften und Stabilität
Der hohe Anteil gesättigter Fettsäuren verleiht Kokosöl bemerkenswerte physikalische Eigenschaften. Bei Raumtemperatur ist es fest und schmilzt erst bei etwa 24 bis 26 Grad Celsius. Diese niedrige Schmelztemperatur ermöglicht ein angenehmes Mundgefühl und macht das Öl ideal für kosmetische Anwendungen. Die kristalline Struktur des festen Kokosöls besteht hauptsächlich aus der β'-Form, die für eine cremige Konsistenz sorgt.
Die oxidative Stabilität übertrifft die vieler ungesättigter Pflanzenöle deutlich. Während Leinöl bereits nach wenigen Wochen ranzig wird, bleibt Kokosöl bei sachgemäßer Lagerung über zwei Jahre haltbar. Diese Stabilität resultiert aus dem geringen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der Rauchpunkt liegt bei nativem Kokosöl bei etwa 175 Grad Celsius, bei raffiniertem Kokosöl sogar bei 232 Grad Celsius [4].
Metabolismus und physiologische Wirkungen
Die Verstoffwechselung von Kokosöl unterscheidet sich erheblich von anderen Nahrungsfetten. Nach der Aufnahme werden die mittelkettigen Fettsäuren bereits im Magen durch die Magenlipase gespalten. Diese Enzyme arbeiten auch ohne Gallensäuren effizient, was Menschen mit Gallenproblemen zugutekommt. Die freigesetzten MCTs gelangen ohne weitere Verpackung in Chylomikronen direkt ins Blut und werden zur Leber transportiert.
In den Lebermitochondrien erfolgt die Oxidation der MCTs ohne Carnitin als Transportmolekül. Dieser direkte Zugang zur β-Oxidation beschleunigt die Energiegewinnung erheblich. Bereits 30 Minuten nach der Einnahme lassen sich erhöhte Ketonkörperspiegel im Blut nachweisen. Diese Ketonkörper - hauptsächlich β-Hydroxybutyrat und Acetoacetat - dienen dem Gehirn als alternative Energiequelle zur Glucose [5].
Die schnelle Verstoffwechselung der MCTs führt zu einem thermogenen Effekt. Studien zeigen eine Erhöhung des Energieumsatzes um 5 bis 10 Prozent für mehrere Stunden nach dem Verzehr. Bei einer täglichen Aufnahme von 15 bis 30 g MCTs entspricht dies einem zusätzlichen Kalorienverbrauch von etwa 120 kcal. Dieser Effekt könnte theoretisch zur Gewichtsregulation beitragen, wobei die praktische Bedeutung umstritten bleibt [6].
Auswirkungen auf den Lipidstoffwechsel
Die Wirkung auf Blutfettwerte ist komplex und teilweise widersprüchlich. Laurinsäure erhöht sowohl das LDL-Cholesterin als auch das HDL-Cholesterin. Das Verhältnis von Gesamt- zu HDL-Cholesterin verbessert sich häufig, was als positiv für das Herz-Kreislauf-Risiko interpretiert werden kann. Eine Metaanalyse von 16 Studien ergab einen durchschnittlichen Anstieg des LDL-Cholesterins um 10,5 mg/dl und des HDL-Cholesterins um 4,0 mg/dl bei Kokosölkonsum [7].
Die Qualität der LDL-Partikel scheint sich unter Kokosöleinfluss zu verändern. Es entstehen vermehrt große, weniger dichte LDL-Partikel (Pattern A), die als weniger atherogen gelten als kleine, dichte Partikel (Pattern B). Allerdings ist die klinische Relevanz dieser Beobachtung noch nicht abschließend geklärt. Die American Heart Association empfiehlt weiterhin, den Konsum gesättigter Fette zu begrenzen [8].
Antimikrobielle Eigenschaften
Laurinsäure und ihre Derivate zeigen ausgeprägte antimikrobielle Aktivität. Im Körper wird Laurinsäure teilweise zu Monolaurin umgewandelt, einem Monoglycerid mit breitem Wirkspektrum. Monolaurin destabilisiert die Lipidmembranen umhüllter Viren und grampostiver Bakterien. In-vitro-Studien demonstrieren Wirksamkeit gegen Herpes simplex, Influenzaviren und Helicobacter pylori bei Konzentrationen von 10 bis 100 μg/ml [9].
Die antibakterielle Wirkung erstreckt sich auf verschiedene pathogene Keime. Streptococcus mutans, der Hauptverursacher von Karies, wird bereits bei niedrigen Konzentrationen gehemmt. Candida albicans zeigt ebenfalls Empfindlichkeit gegenüber Caprylsäure und Caprinsäure. Diese Eigenschaften machen Kokosöl interessant für die Mundhygiene, wobei klinische Studien gemischte Ergebnisse liefern [10].
Gesundheitliche Aspekte und medizinische Anwendungen
Die gesundheitlichen Effekte von Kokosöl werden kontrovers diskutiert. Befürworter betonen die besonderen Eigenschaften der MCTs und verweisen auf traditionelle Verwendung in tropischen Ländern. Kritiker warnen vor dem hohen Gehalt gesättigter Fettsäuren und möglichen negativen Auswirkungen auf die Herzgesundheit. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt ein differenziertes Bild mit sowohl positiven als auch bedenklichen Aspekten.
Bei neurologischen Erkrankungen rücken die ketogenen Eigenschaften in den Fokus. Die aus MCTs gebildeten Ketonkörper können die Blut-Hirn-Schranke passieren und dem Gehirn als Energiequelle dienen. Bei Alzheimer-Patienten, deren Gehirnzellen Glucose schlechter verwerten können, könnte dies theoretisch von Vorteil sein. Kleine Pilotstudien zeigen leichte Verbesserungen kognitiver Funktionen nach MCT-Supplementierung, wobei größere kontrollierte Studien noch ausstehen [11].
Gewichtsmanagement und Stoffwechsel
Der Einfluss auf das Körpergewicht ist Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. MCTs erhöhen nachweislich die Sättigung und reduzieren die spontane Nahrungsaufnahme. In einer kontrollierten Studie nahmen Probanden nach einem MCT-reichen Frühstück beim Mittagessen durchschnittlich 270 Kalorien weniger auf. Der thermogene Effekt und die reduzierte Fettspeicherung könnten zusätzlich zur Gewichtskontrolle beitragen.
Langzeitstudien zeigen jedoch gemischte Resultate. Eine 16-wöchige Intervention mit täglich 18 g MCTs führte zu einem zusätzlichen Gewichtsverlust von durchschnittlich 1,1 kg verglichen mit langkettigen Fettsäuren. Die Effekte waren bei übergewichtigen Personen ausgeprägter als bei Normalgewichtigen. Kritiker merken an, dass der Kaloriengehalt von 9 kcal pro Gramm die positiven Effekte bei übermäßigem Konsum zunichtemacht [12].
Hautgesundheit und dermatologische Anwendungen
In der Dermatologie findet Kokosöl vielfältige Verwendung. Die feuchtigkeitsspendenden Eigenschaften basieren auf der Bildung einer Lipidbarriere, die den transepidermalen Wasserverlust reduziert. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis verbesserte die zweimal tägliche Anwendung über acht Wochen den Hautzustand signifikant. Der SCORAD-Index, ein Maß für die Schwere der Neurodermitis, sank um durchschnittlich 30 Prozent [13].
Die antimikrobiellen Eigenschaften machen Kokosöl interessant für die Behandlung bakterieller Hautinfektionen. Bei 95 Prozent der Neurodermitis-Patienten, die Kokosöl anwendeten, verschwand eine Besiedlung mit Staphylococcus aureus. Die Verträglichkeit ist generell gut, allergische Reaktionen treten selten auf. Als Sonnenschutz ist reines Kokosöl mit einem SPF von etwa 7 jedoch unzureichend [14].
Praktische Anwendung in Küche und Haushalt
Die Vielseitigkeit von Kokosöl zeigt sich in zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten. In der Küche eignet es sich besonders für die asiatische Küche, Backwaren und als Bratfett bei mittleren Temperaturen. Der Kokosgeschmack harmoniert mit süßen Speisen, Currys und tropischen Gerichten. Beim Backen kann Butter im Verhältnis 1:1 ersetzt werden, wobei die festere Konsistenz von Kokosöl zu beachten ist.
Die Lagerung sollte kühl und dunkel erfolgen. Bei Temperaturen unter 24 Grad wird das Öl fest, was die Dosierung erschweren kann. Ein Wasserbad bei maximal 40 Grad verflüssigt es schonend ohne Qualitätsverlust. Natives Kokosöl behält bei sachgemäßer Lagerung seine Qualität für mindestens zwei Jahre. Ranzigkeit erkennt man an einem seifigen Geschmack und gelblicher Verfärbung.
Verwendung in der Naturkosmetik
Als Basis für selbstgemachte Kosmetik bietet Kokosöl ideale Eigenschaften. Es zieht schnell ein, hinterlässt keinen fettigen Film und ist mit vielen ätherischen Ölen mischbar. Für eine reichhaltige Körperbutter werden 100 g Kokosöl mit 50 g Sheabutter geschmolzen und nach dem Abkühlen aufgeschlagen. Die Zugabe von Vitamin E erhöht die Haltbarkeit.
- Haarpflege: Als Haarmaske 30 Minuten vor der Wäsche einwirken lassen, reduziert Proteinverlust beim Waschen um bis zu 40 Prozent
- Zahnpflege: Ölziehen mit einem Esslöffel Kokosöl für 10-15 Minuten kann Plaque reduzieren und Zahnfleischentzündungen lindern
- Make-up-Entferner: Sanfte Reinigung ohne aggressive Tenside, löst auch wasserfestes Make-up
- Lippenpflege: Pur oder gemischt mit Bienenwachs als natürlicher Lippenbalsam
- Massage: Ideales Massageöl durch gute Gleitfähigkeit und pflegende Eigenschaften
Dosierung und Verzehrempfehlungen
Die optimale Verzehrmenge hängt von individuellen Faktoren und Gesundheitszielen ab. Für therapeutische Zwecke werden häufig 15 bis 30 g MCTs täglich empfohlen, entsprechend etwa 25 bis 50 g Kokosöl. Diese Menge sollte langsam gesteigert werden, da größere Mengen anfangs Verdauungsbeschwerden verursachen können. Durchfall und Bauchkrämpfe sind typische Nebenwirkungen bei zu schneller Dosissteigerung.
Im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung empfehlen Ernährungsgesellschaften, maximal 10 Prozent der täglichen Energiezufuhr durch gesättigte Fette zu decken. Bei 2000 kcal entspricht dies etwa 22 g gesättigten Fetten. Da Kokosöl zu 92 Prozent aus gesättigten Fettsäuren besteht, wären maximal 24 g täglich im Rahmen dieser Empfehlung. Die Kombination mit ungesättigten Pflanzenölen wie Olivenöl oder Leinöl ist ratsam [15].
Qualitätskriterien und Produktauswahl
Die Qualität von Kokosöl variiert erheblich je nach Herkunft, Anbaumethode und Verarbeitung. Natives, kaltgepresstes Kokosöl bewahrt mehr bioaktive Substanzen als raffiniertes Öl. Die erste Kaltpressung bei maximal 40 Grad erhält hitzeempfindliche Verbindungen und den charakteristischen Kokosgeschmack. Bio-Qualität garantiert den Verzicht auf Pestizide und mineralische Dünger im Anbau.
Qualitätsmerkmale hochwertigen Kokosöls umfassen eine weiße Farbe im festen Zustand und klare Transparenz im flüssigen Zustand. Der Geruch sollte frisch und kokosnussartig sein, ohne ranzige oder muffige Noten. Ein niedriger Säuregrad unter 0,2 Prozent zeigt schonende Verarbeitung an. Die Peroxidzahl sollte unter 1 meq O₂/kg liegen, was auf geringe Oxidation hinweist.
| Eigenschaft | Natives Kokosöl | Raffiniertes Kokosöl | Fraktioniertes Kokosöl |
|---|---|---|---|
| Herstellung | Kaltpressung | Heißpressung + Raffination | Fraktionierung |
| Geschmack | Kokosaroma | Neutral | Geschmacklos |
| Rauchpunkt | 175°C | 232°C | 160°C |
| Nährstoffe | Teilweise erhalten | Größtenteils entfernt | Keine |
| Haltbarkeit | 2 Jahre | 3 Jahre | Unbegrenzt |
| Preis/Liter | 15-25€ | 8-12€ | 20-30€ |
| Verwendung | Küche, Kosmetik | Frittieren, Industrie | Kosmetik, Massage |
Nachhaltigkeit und ethische Aspekte
Der Kokosanbau wirft verschiedene Nachhaltigkeitsfragen auf. Monokulturen können Biodiversität gefährden und Böden auslaugen. Faire Handelsbedingungen sind wichtig, da viele Kleinbauern in Entwicklungsländern vom Kokosanbau leben. Fair-Trade-Siegel garantieren Mindestpreise und Sozialstandards. Der CO₂-Fußabdruck durch lange Transportwege relativiert sich teilweise durch die lange Haltbarkeit und vielseitige Verwendbarkeit.
Traditionelle Anbaumethoden in Mischkulturen sind ökologisch vorteilhafter als industrielle Plantagen. Kokospalmen binden während ihres Wachstums erhebliche Mengen CO₂ und produzieren neben Öl auch Fasern, Schalen und andere verwertbare Produkte. Die Wasserbilanz ist günstig, da Kokospalmen salztoleranter sind als viele andere Nutzpflanzen und auch in Küstennähe gedeihen.
Wissenschaftliche Kontroversen und aktuelle Forschung
Die wissenschaftliche Bewertung von Kokosöl bleibt umstritten. Die American Heart Association stufte 2017 Kokosöl als ungesund ein und empfahl, es wie andere gesättigte Fette zu meiden. Diese Position basiert auf der Erhöhung des LDL-Cholesterins und dem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei hohem Konsum gesättigter Fette. Kritiker dieser Einschätzung verweisen auf die besonderen Eigenschaften der MCTs und die komplexe Wirkung auf verschiedene Cholesterinfraktionen [16].
Aktuelle Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf die differenzierte Betrachtung einzelner Fettsäuren. Laurinsäure zeigt in Zellkulturstudien entzündungshemmende Effekte durch Hemmung der NF-κB-Aktivierung. Die Konzentration für diese Wirkung liegt bei etwa 25 μM, was durch normale Nahrungsaufnahme erreichbar ist. Tiermodelle zeigen verbesserte Insulinsensitivität bei MCT-reicher Ernährung, wobei die Übertragbarkeit auf Menschen unklar bleibt [17].
Die Rolle von Kokosöl bei neurodegenerativen Erkrankungen wird intensiv erforscht. Ketonkörper aus MCTs können möglicherweise die mitochondriale Funktion verbessern und oxidativen Stress reduzieren. Eine aktuelle Studie mit 44 Alzheimer-Patienten zeigte nach sechsmonatiger MCT-Supplementierung Verbesserungen in kognitiven Tests. Die Effekte waren bei Trägern des ApoE4-Gens weniger ausgeprägt. Größere, placebokontrollierte Studien sind notwendig, um diese vorläufigen Ergebnisse zu bestätigen [18].
Vergleich mit anderen Pflanzenölen
Im Vergleich zu anderen Pflanzenölen nimmt Kokosöl eine Sonderstellung ein. Während Olivenöl reich an einfach ungesättigten Fettsäuren ist und Leinöl wertvolle Omega-3-Fettsäuren liefert, punktet Kokosöl mit seiner Hitzebeständigkeit und den speziellen MCTs. Jedes Öl hat spezifische Vorzüge und Einsatzgebiete. Eine abwechslungsreiche Verwendung verschiedener hochwertiger Öle ist ernährungsphysiologisch sinnvoll.
Rapsöl mit seinem ausgewogenen Fettsäureprofil gilt als gesündere Alternative für den täglichen Gebrauch. Es enthält Alpha-Linolensäure, eine pflanzliche Omega-3-Fettsäure, und hat einen höheren Rauchpunkt als natives Kokosöl. Für kalte Anwendungen bieten Walnussöl oder Hanföl ein besseres Omega-6-zu-Omega-3-Verhältnis. Kokosöl ergänzt diese Öle durch seine speziellen Eigenschaften, sollte aber nicht als alleinige Fettquelle dienen.
Mögliche Risiken und Nebenwirkungen
Trotz vieler positiver Eigenschaften gibt es auch Risiken beim Kokosölkonsum. Der hohe Gehalt gesättigter Fettsäuren kann bei prädisponierten Personen zu erhöhten Cholesterinwerten führen. Menschen mit familiärer Hypercholesterinämie sollten den Konsum stark einschränken. Die Kaloriendichte von 862 kcal pro 100 g macht eine bewusste Dosierung notwendig, um Gewichtszunahme zu vermeiden.
Allergische Reaktionen auf Kokosöl sind selten, aber dokumentiert. Kreuzallergien mit Baumnüssen bestehen normalerweise nicht, da Kokosnüsse botanisch zu den Steinfrüchten zählen. Bei topischer Anwendung können in Einzelfällen Kontaktdermatitis oder Akne-Verschlechterung auftreten. Die komedogene Wirkung wird kontrovers diskutiert, scheint aber individuell unterschiedlich zu sein [19].
Regulatorische Aspekte und Verbraucherschutz
Die Kennzeichnung von Kokosöl unterliegt in der EU strengen Vorschriften. Gesundheitsbezogene Aussagen müssen durch die Health Claims Verordnung abgedeckt sein. Aktuell sind keine spezifischen Health Claims für Kokosöl zugelassen. Hersteller dürfen keine unbelegten Heilversprechen machen. Die Angabe "kaltgepresst" oder "nativ" ist nur bei entsprechender Herstellung unter 40 Grad zulässig.
Die Lebensmittelüberwachung kontrolliert regelmäßig auf Verfälschungen und Verunreinigungen. Problematisch sind gelegentlich erhöhte Mineralölrückstände (MOSH/MOAH) aus Verpackungen oder Transport. Die Grenzwerte für Aflatoxine liegen bei 2 μg/kg für Aflatoxin B1 und 4 μg/kg für die Summe aller Aflatoxine. 3-MCPD-Ester, die bei unsachgemäßer Raffination entstehen können, sind in nativem Kokosöl normalerweise nicht nachweisbar.
Wirtschaftliche Bedeutung und Marktentwicklung
Der globale Kokosölmarkt wächst kontinuierlich mit einer jährlichen Rate von etwa 8 Prozent. Der Marktwert wird für 2025 auf über 4 Milliarden US-Dollar geschätzt. Hauptproduzenten sind die Philippinen, Indonesien und Indien, die zusammen über 70 Prozent der Weltproduktion liefern. Die steigende Nachfrage wird durch Verwendung in Lebensmitteln, Kosmetik und als Biokraftstoff getrieben.
In Deutschland hat sich der Kokosölkonsum in den letzten zehn Jahren verfünffacht. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei etwa 0,8 kg jährlich, verglichen mit 0,15 kg im Jahr 2010. Der Trend zu veganer Ernährung und natürlicher Kosmetik verstärkt die Nachfrage. Gleichzeitig führt die kritische Berichterstattung über gesättigte Fette zu Marktschwankungen. Premium-Produkte mit Bio- und Fair-Trade-Zertifizierung gewinnen Marktanteile.
Zukunftsperspektiven und Innovationen
Die Forschung zu Kokosöl entwickelt sich in verschiedene Richtungen. Neue Extraktionsverfahren wie überkritische CO₂-Extraktion ermöglichen die Gewinnung hochreiner MCT-Fraktionen. Diese können gezielt für medizinische Anwendungen eingesetzt werden. Die Entwicklung von Mikroverkapselung macht MCTs wasserlöslich und erweitert die Anwendungsmöglichkeiten in der Lebensmitteltechnologie.
Biotechnologische Ansätze zielen auf die Optimierung der Fettsäurezusammensetzung. Durch Züchtung oder Fermentation könnten Kokosöle mit erhöhtem Laurinsäuregehalt oder zusätzlichen bioaktiven Verbindungen produziert werden. Die Nutzung von Nebenprodukten der Kokosölproduktion für die Herstellung von Biotensiden oder Biokunststoffen verbessert die Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette.
Personalisierte Ernährungskonzepte könnten künftig die individuelle Verträglichkeit und optimale Dosierung von Kokosöl bestimmen. Genetische Marker für den Fettstoffwechsel ermöglichen maßgeschneiderte Empfehlungen. Die Integration von MCTs in funktionelle Lebensmittel für spezifische Zielgruppen wie Sportler oder ältere Menschen bietet Marktpotenzial. Dabei müssen wissenschaftliche Evidenz und regulatorische Anforderungen im Einklang stehen [20].
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