Die Alpha-Linolensäure (ALA) ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure, die zur Gruppe der Omega-3-Fettsäuren gehört und als essenzieller Nährstoff gilt. Essenziell bedeutet, dass der menschliche Körper diese Fettsäure nicht selbst herstellen kann und sie somit über die Nahrung aufgenommen werden muss [1]. Allgemein stehen Omega-3-Fettsäuren seit vielen Jahren im Fokus der Ernährungswissenschaften, da sie in unterschiedlichen Bereichen des Stoffwechsels eine wichtige Rolle spielen. Besonders bekannt sind dabei die marinen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), die vor allem in fettreichem Seefisch sowie in Algen vorkommen.
In der breiten Öffentlichkeit sind Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren sehr verbreitet, da ihnen eine Vielzahl positiver Eigenschaften zugeschrieben wird – unter anderem im Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf-System, der Gehirngesundheit sowie der Immunfunktion [2]. Während Fischölkapseln oder Algenöl-Supplemente bereits seit Langem etabliert sind, gewinnt auch Alpha-Linolensäure als rein pflanzliche Omega-3-Fettsäure zunehmend an Interesse. Vor allem Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, suchen nach pflanzlichen Quellen oder Ergänzungsmitteln, um ihren Bedarf an Omega-3-Fettsäuren besser zu decken.
Alpha-Linolensäure: Definition und Eigenschaften
Alpha-Linolensäure (ALA) gehört chemisch gesehen in die Klasse der dreifach ungesättigten Fettsäuren. Sie besitzt 18 Kohlenstoffatome und hat ihre ersten Doppelbindungen in einer Anordnung, die sie zu einer Omega-3-Fettsäure macht. Der Begriff „Omega-3“ bezieht sich darauf, dass die erste Doppelbindung vom Methylende (Omega-Ende) ausgehend am dritten Kohlenstoffatom sitzt [3].
Eine entscheidende Eigenschaft von mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie der Alpha-Linolensäure ist ihre potenzielle Instabilität gegenüber Hitze, Licht und Sauerstoff. Deshalb muss beim Umgang mit Lebensmitteln, die reich an ALA sind, insbesondere auf eine schonende Lagerung und Verarbeitung geachtet werden. Zum Beispiel sollten Öle, die einen hohen Anteil an ALA enthalten, vor dem Licht geschützt und kühl gelagert werden, um Oxidationsprozesse zu minimieren [4].
Neben ALA gibt es im Omega-3-Spektrum zwei weitere Fettsäuren, die häufig im Mittelpunkt des Interesses stehen: EPA(Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure). Diese beiden Fettsäuren kommen größtenteils in Seefischarten wie Lachs, Makrele oder Hering vor und können im Körper bestimmte Funktionen erfüllen, die ALA nicht direkt übernehmen kann. Zwar kann der menschliche Organismus ALA zu einem gewissen Grad in EPA und DHA umwandeln, diese Umwandlungsrate gilt jedoch als relativ gering.
Rolle im Stoffwechsel
In biochemischer Hinsicht stellt ALA einen Ausgangsstoff dar, aus dem der Körper weitere Substanzen synthetisieren kann. Die Umwandlung verläuft über mehrere Zwischenschritte, an denen Enzyme wie die Delta-6-Desaturase beteiligt sind. Dabei spielt auch das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren in der Nahrung eine wichtige Rolle, da Omega-6-Fettsäuren und ALA um dieselben Enzyme konkurrieren. Bei einer ungünstigen Verteilung – beispielsweise sehr hoher Omega-6-Aufnahme – kann die Umwandlung von ALA in EPA und DHA blockiert oder zumindest stark reduziert werden [2].
Aus diesem Grund wird einerseits empfohlen, generell auf ein ausgewogenes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu achten. Andererseits wird immer wieder diskutiert, inwiefern reine ALA-Supplemente im Vergleich zu Fischöl oder Algenöl eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Denn wenn der Körper auf die endogene Synthese von EPA und DHA aus ALA angewiesen ist, könnte dies eine effiziente Versorgung mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren erschweren.
Funktionen und gesundheitliche Bedeutung von ALA
Bedeutung für das Herz-Kreislauf-System
Omega-3-Fettsäuren werden seit vielen Jahren hinsichtlich ihrer möglichen Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System untersucht. Insbesondere EPA und DHA stehen im Verdacht, günstige Effekte auf die Blutfettwerte, den Blutdruck und andere kardiovaskuläre Risikofaktoren zu haben. Auch Alpha-Linolensäure könnte in diesem Kontext von Relevanz sein, da sie zur Klasse der Omega-3-Fettsäuren zählt und in einem gewissen Maß im Körper in EPA umgewandelt werden kann.
Mehrere Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass eine höhere Zufuhr von ALA aus der Ernährung möglicherweise mit einem geringeren Risiko für koronare Herzkrankheiten einhergeht [5]. Bei genauerer Betrachtung dieser Studien muss jedoch berücksichtigt werden, dass viele Faktoren wie der allgemeine Lebensstil, andere Nahrungsbestandteile oder genetische Dispositionen eine Rolle spielen können. Bisherige Erkenntnisse liefern Hinweise auf einen möglichen Nutzen, wenn ALA in ausreichender Menge über die Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen wird.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat für Alpha-Linolensäure einen anerkannten Gesundheitsclaim festgelegt. Demnach trägt ALA ab einer bestimmten Mindestmenge pro Tag zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei. Um diesen Effekt geltend machen zu dürfen, muss das Lebensmittel, das ALA liefert, eine entsprechende Mindestmenge enthalten. Diese Festlegung stützt sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine gewisse positive Auswirkung von ALA auf das Lipidprofil suggerieren [1].
Rolle bei Entzündungsprozessen und Immunfunktion
Omega-3-Fettsäuren sind allgemein dafür bekannt, an der Produktion von Entzündungsmediatoren beteiligt zu sein. Aus ALA können über die Stoffwechselzwischenstufen EPA und DHA bestimmte Eicosanoide und andere signalgebende Moleküle gebildet werden, die eine inflammationshemmende Wirkung haben können. Dadurch kann sich der Omega-3-Status des Körpers auf das Immunsystem und potenzielle Entzündungsvorgänge auswirken [6].
Direkte Aussagen zur Wirkung von ALA auf akute Erkrankungen oder entzündliche Prozesse sind jedoch nach derzeitigem Wissensstand nur begrenzt möglich. Es besteht Forschung zu EPA– und DHA-basierten Entzündungshemmern (beispielsweise Resolvine), während speziell zu ALA noch weitere Studien nötig sind, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen.
Potenzieller Beitrag zur Gehirngesundheit
DHA ist ein wichtiger Bestandteil der Phospholipid-Doppelschicht im Gehirn. Ein Mangel an DHA könnte langfristig mit verschiedenen kognitiven Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht werden [7]. Da ALA theoretisch im Körper zu DHA umgewandelt werden kann, stellt sich die Frage, ob eine hohe ALA-Zufuhr das Gehirn in ähnlicher Weise unterstützen könnte.
Allerdings ist die Umwandlungsrate von ALA in DHA beim Menschen relativ niedrig, sodass es schwierig ist, allein durch ALA-Supplementierung den DHA-Gehalt im Gehirn signifikant zu erhöhen. In Studien, die Vegetarier und Veganer betrachten, zeigt sich häufig, dass diese Personengruppen zwar ausreichend ALA aufnehmen, ihr Status an EPA und DHA dennoch tendenziell niedriger ist als bei Personen, die regelmäßig Fisch konsumieren [2].
Daraus kann abgeleitet werden, dass ALA möglicherweise nicht in gleicher Weise wie EPA und DHA zu einer optimalen Versorgung des Gehirns beiträgt. Allerdings sind weitere Forschungsergebnisse nötig, um genauere Empfehlungen zur Langzeitwirkung von ALA auf kognitive Funktionen geben zu können.
Mögliche präventive Wirkung bei chronischen Erkrankungen
Es wird immer wieder diskutiert, ob Omega-3-Fettsäuren dazu beitragen können, das Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, bestimmte Krebsarten oder neurodegenerative Krankheiten zu reduzieren. Während es für EPA und DHA verschiedene Studien gibt, die eine gewisse Schutzwirkung nahelegen, ist die Evidenzlage für ALA häufig weniger eindeutig.
Einige Metaanalysen beobachten, dass eine höhere ALA-Zufuhr mit einem tendenziell günstigeren Stoffwechselprofil verknüpft sein kann. Allerdings fehlen bis heute randomisierte, kontrollierte Langzeitstudien, die eindeutige Kausalzusammenhänge belegen [5]. Eine einheitliche Aussage, dass ALA allein präventiv gegen schwere chronische Erkrankungen wirkt, ist wissenschaftlich bislang nicht ausreichend abgesichert.
Potenzielle Vorteile für Vegetarier und Veganer
Für Personen, die keine tierischen Produkte konsumieren, kann Alpha-Linolensäure als primäre Omega-3-Quelle von Bedeutung sein. Pflanzliche Lebensmittel wie Leinsamen, Chiasamen, Walnüsse oder bestimmte pflanzliche Öle (z. B. Rapsöl) enthalten relativ hohe Gehalte an ALA. Um dennoch eine ausreichende Versorgung mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA zu gewährleisten, greifen viele Veganer und Vegetarier zusätzlich zu Algenöl-Präparaten.
Dennoch ist ALA für diese Personengruppen ein wichtiger Bestandteil der Ernährung, da es dem Körper in jedem Fall essenzielle Fettsäuren liefert. In Situationen, in denen keine oder nur unzureichende Mengen an EPA/DHA aufgenommen werden, kann ALA teilweise diese Lücke füllen. Wie groß dieser Effekt im Einzelfall ist, hängt maßgeblich von Faktoren wie dem Omega-6-Konsum, individuellen genetischen Dispositionen und dem allgemeinen Lebensstil ab.
Kritische Betrachtung der Studienlage
Ein zentrales Problem bei Studien zur Alpha-Linolensäure besteht darin, dass oft Beobachtungsdaten oder kurze Interventionsphasen vorliegen, die nur bedingt Aussagen über langfristige gesundheitliche Effekte zulassen. Zudem sind viele Untersuchungen nicht isoliert auf ALA fokussiert, sondern betrachten Omega-3-Fettsäuren im Allgemeinen. Das erschwert eine eindeutige Zuordnung möglicher positiver Wirkungen auf ALA.
Aufgrund der Essenzialität von ALA und der zum Teil vielversprechenden Ergebnisse aus Beobachtungsstudien besteht weiterhin Forschungsbedarf, um die Rolle von ALA noch besser zu verstehen. Dabei gilt es, mögliche Dosis-Wirkungs-Beziehungen zu untersuchen, die Wechselwirkungen mit anderen Nährstoffen zu betrachten und konkrete Empfehlungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen abzuleiten.
Grenzen von ALA-Supplementen: Umwandlungsrate in EPA und DHA
Ein entscheidender Punkt bei der Beurteilung von Alpha-Linolensäure als Nahrungsergänzungsmittel (ALA) ist die Tatsache, dass der Körper aus ALA nur begrenzt EPA und DHA bilden kann. Untersuchungen legen nahe, dass die Umwandlungsrate für ALA zu EPA je nach individueller Situation zwischen 0,2 % und 8 % liegen kann, bei DHA jedoch noch geringer ist [2][8].
Dieser Umstand hat dazu geführt, dass in vielen Ernährungsempfehlungen die direkte Zufuhr von EPA und DHA über Fisch, Algenöl oder Fischölkapseln hervorgehoben wird, besonders wenn man spezifische gesundheitliche Vorteile erzielen möchte, die häufig auf EPA und DHA zurückgeführt werden. Gleichwohl kann ALA ein wichtiger Beitrag sein, insbesondere wenn man keine tierischen Produkte verzehrt oder bestimmte Fischarten aus Umwelt- oder Nachhaltigkeitsgründen meidet.
Unabhängig davon, ob ALA oder andere Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden, ist eine ausgewogene Ernährung die Grundlage jeder gesundheitlichen Empfehlung. Eine hohe Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren kann durch eine gleichzeitig ungünstige Lebensweise – etwa Rauchen, hoher Alkoholkonsum, Bewegungsmangel oder übermäßiger Konsum gesättigter Fette – in ihrer möglichen Wirkung eingeschränkt werden. Zudem sollte das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren beachtet werden.
Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) und andere internationale Fachgesellschaften empfehlen, gezielt auf eine erhöhte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren zu achten und gleichzeitig sehr hohe Omega-6-Aufnahmen zu vermeiden, um eine sinnvolle Balance zu erzielen [2].
Natürliche Quellen von ALA
Alpha-Linolensäure kommt vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Unter den bekanntesten Lieferanten finden sich:
- Leinsamen: Sie gehören zu den reichhaltigsten Quellen für ALA. Der Anteil an Omega-3-Fettsäuren kann bei Leinsamenöl sogar bei rund 50–60 % liegen.
- Chiasamen: Auch sie enthalten beachtliche Mengen an ALA, sind allerdings meist teurer und stärker verarbeitet als Leinsamen.
- Walnüsse: Neben Proteinen und Mineralstoffen liefern Walnüsse ebenfalls einen hohen ALA-Gehalt.
- Rapsöl: Dieses in Deutschland weit verbreitete Öl hat ein für den Menschen günstiges Fettsäuremuster, da es sowohl einfach ungesättigte Fettsäuren als auch Omega-3-Fettsäuren in Form von ALA enthält.
Weitere pflanzliche Quellen sind Hanfsamen, Perillaöl oder bestimmte Mikroalgenarten. Allerdings unterscheiden sich die Mengen an ALA, die in diesen Nahrungsmitteln enthalten sind, teils erheblich.
Ein kurzer Vergleich (gerundete Angaben pro 100 g) [2][4]:
- Leinsamen: ~16–22 g ALA
- Chiasamen: ~17–19 g ALA
- Walnüsse: ~7–9 g ALA
- Rapsöl: ~9–10 g ALA (pro 100 ml Öl)
- Sojaöl: ~6–8 g ALA (pro 100 ml Öl)
Diese Zahlen verdeutlichen, dass eine regelmäßige Integration von Leinsamen, Walnüssen oder Rapsöl in den Speiseplan eine solide Versorgung mit ALA unterstützen kann. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass Öle und Samen auch reich an Kalorien sind und gleichzeitig andere Fettsäuren enthalten, die das Gesamtprofil und die Umwandlungsprozesse im Körper beeinflussen.
Alpha-Linolensäure als Nahrungsergänzungsmittel
Auf dem Markt sind verschiedene Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, die explizit mit Alpha-Linolensäure (ALA) werben. Häufig handelt es sich dabei um:
- Leinöl-Kapseln: Diese enthalten meist kaltgepresstes Leinöl, das einen besonders hohen Anteil an ALA besitzt.
- Spezielle Pflanzenölmischungen: Diese Kombinationspräparate sollen oft ein optimales Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren bieten und empfehlen sich für die kalte Küche.
- Konzentrierte ALA-Öle: Manche Hersteller bieten hochkonzentrierte Extrakte an.
Ein klarer Vorteil solcher Supplemente gegenüber Fischöl- oder Algenöl-Kapseln ist die Tatsache, dass sie in der Regel keinerlei tierische Bestandteile enthalten und dementsprechend für vegetarische oder vegane Lebensstile geeignet sind.
Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von ALA können zudem unkompliziert in den Alltag integriert werden. Kapseln erlauben eine exakte Dosierung, während flüssige Öle sich gut in Salatsaucen, Dips oder andere kalte Speisen einrühren lassen. Allerdings sollte beachtet werden, dass Leinöl schnell oxidiert und daher in der Regel kühl und lichtgeschützt aufbewahrt werden sollte.
Unterschied zu Fischöl und Algenöl
Der größte Unterschied zwischen ALA-Supplementen und Produkten mit EPA und DHA besteht in der biologischen Wirksamkeit der enthaltenen Fettsäuren. EPA und DHA werden direkt in wichtigen Stoffwechselpfaden verwendet, während Alpha-Linolensäure zunächst umgewandelt werden muss. In der Theorie könnten daher Produkte mit EPA und DHA einen effizienteren Weg darstellen, den Körper gezielt mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren zu versorgen.
Nichtsdestotrotz bieten ALA-Supplemente eine sinnvolle Option für Menschen, die keine marinen Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen möchten oder können. Darüber hinaus sind bei Fischölpräparaten gelegentlich Verunreinigungen (z. B. mit Schwermetallen) ein Thema, wenn die Rohstoffe nicht ausreichend geprüft sind [9]. Pflanzliche ALA-Präparate können diese Risiken tendenziell reduzieren, sofern die Samen- und Ölherstellung ebenfalls strengen Qualitätskontrollen unterliegt.
Qualitätskriterien und Reinheit von ALA-Präparaten
Wer sich für ALA-Supplemente entscheidet, sollte auf folgende Punkte achten:
- Kaltpressung: Gerade bei Leinöl- oder anderen pflanzlichen Ölen sollte eine schonende Gewinnung erfolgen, um die Fettsäuren nicht zu beschädigen.
- Lagerung: Kurze Haltbarkeit und empfindliche Fettsäuren machen eine dunkle und kühle Lagerung erforderlich.
- Zertifikate: Einige Hersteller bieten Bio-Qualität an oder verfügen über weitere Gütesiegel, die Reinheit und Nachhaltigkeit bestätigen.
- Zusammensetzung: Ein Blick auf das Mischverhältnis der Fettsäuren gibt Aufschluss über den ALA-Anteil und den Gehalt an Omega-6-Fettsäuren.
Auf dem Markt finden sich mitunter Produkte, die neben ALA auch Vitamine, Spurenelemente oder andere Fettsäuren kombinieren. Hier sollte stets geprüft werden, ob diese Zusätze tatsächlich benötigt werden oder ob eine Einzel-Supplementierung von ALA ausreicht.
Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Überdosierung und mögliche Folgen
Eine Überdosierung von ALA im eigentlichen Sinne ist bei einer durchschnittlichen Ernährung eher unwahrscheinlich, da selbst höhere Mengen pflanzlicher Lebensmittel kaum eine toxische Wirkung entfalten. Allerdings kann ein sehr hoher Konsum von ALA-Ölen und Samen zu einem Ungleichgewicht im Fettsäuremuster führen – beispielsweise, wenn gleichzeitig keine ausreichende Aufnahme anderer ungesättigter Fettsäuren erfolgt und die Gesamtenergiezufuhr zu hoch wird.
Zudem ist denkbar, dass eine extrem einseitige Ernährung mit vielen Omega-3-Fettsäuren bei gleichzeitiger Vernachlässigung wichtiger Omega-6-Fettsäuren zu Stoffwechselstörungen führen kann. Ein ausgewogenes Verhältnis ist somit essenziell.
Wechselwirkungen mit Medikamenten
Omega-3-Fettsäuren, auch Alpha-Linolensäure, können theoretisch den Blutfluss beeinflussen, da sie an der Produktion von Thromboxanen beteiligt sind, die Blutgerinnungsprozesse regulieren. Bei sehr hohen Dosierungen von Omega-3-Fettsäuren in Kombination mit blutverdünnenden Medikamenten (z. B. Marcumar oder Heparin) könnte möglicherweise das Blutungsrisiko steigen [2].
In diesem Kontext handelt es sich primär um EPA und DHA, die eine stark gerinnungshemmende Wirkung entfalten können. Ob ALA in hohen Mengen einen vergleichbaren Effekt hat, ist weniger klar. Dennoch sollten Personen, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, vor einem hohen Konsum an Omega-3-Fettsäuren vorsichtshalber Rücksprache mit ihrem Arzt halten.
Individuelle Unverträglichkeiten
In seltenen Fällen können Nahrungsergänzungsmittel mit ALA – zum Beispiel Leinölkapseln – Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder Durchfall auslösen. Auch allergische Reaktionen gegen bestimmte Saaten oder Nüsse sind möglich. Im Vergleich zu Fischöl-Präparaten werden ALA-Produkte jedoch oft besser vertragen, da sie keinen starken Geruch entwickeln oder fischigen Geschmack haben.
Gerade bei Personen mit chronischen Erkrankungen oder bei Einnahme von Medikamenten empfiehlt es sich, ärztlichen Rat einzuholen, bevor eine hochdosierte ALA-Supplementierung erfolgt. Auch Menschen mit einem generell erhöhten Blutungsrisiko oder bekannten Lebererkrankungen sollten eine fachliche Einschätzung einholen, da Fettstoffwechsel- und Gerinnungsprozesse individueller Beratung bedürfen [2].
Dosierung und weitere Tipps
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Omega-3-Fettsäuren (darunter fällt auch ALA) eine Gesamtzufuhr von etwa 0,5 % der täglichen Energiezufuhr. Auf einen durchschnittlichen Erwachsenen mit einem Energiebedarf von etwa 2.000 kcal bezogen, entspricht dies rund 1 g bis 2 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag [2]. Dabei bezieht sich diese Empfehlung auf gesamte Omega-3-Fettsäuren, nicht ausschließlich auf ALA.
Wer sich rein pflanzlich ernährt und keinen Fisch isst, sollte darauf achten, ausreichend ALA-reiche Lebensmittel in den Speiseplan zu integrieren und gegebenenfalls auch ein Algenöl-Supplement einzunehmen. Ein bis zwei Esslöffel Leinöl (etwa 10 ml pro Esslöffel) pro Tag können beispielsweise bereits relevante Mengen ALA liefern.
Einschätzung des Bedarfs durch Bluttests (Omega-3-Index)
Beim Omega-3-Index wird eigentlich der Anteil von EPA und DHA in den roten Blutkörperchen gemessen. Dieser Wert dient häufig als Referenz, um den Langzeitstatus an marinen Omega-3-Fettsäuren widerzuspiegeln. Da ALA nur in geringem Maße in den Erythrozyten eingelagert wird, ist ein herkömmlicher Omega-3-Index kein direktes Maß für den ALA-Status.
Allerdings kann ein niedriger Omega-3-Index ein Hinweis darauf sein, dass die Umwandlung von ALA zu EPA und DHA unzureichend ist oder zu wenig EPA und DHA aus der Ernährung zugeführt werden. In solchen Fällen könnte die direkte Zufuhr von EPA/DHA (z. B. aus Fischöl, Algenöl) in Betracht gezogen werden, wenn ein ausreichender Anteil im Blut nachgewiesen werden soll.
Empfehlungen für verschiedene Gruppierungen
- Vegetarier und Veganer: Hier kann die Aufnahme von ALA über Leinsamen, Chiasamen, Walnüsse oder Rapsöl sinnvoll sein, um zumindest den Bedarf an essenziellen Omega-3-Fettsäuren zu decken. Für die gezielte Erhöhung von EPA und DHA wird jedoch oft zusätzlich ein Algenöl-Supplement empfohlen.
- Schwangere und Stillende: In diesen Lebensphasen ist der Bedarf an Omega-3-Fettsäuren erhöht, insbesondere an DHA. Eine reine ALA-Supplementierung könnte unzureichend sein, um den Bedarf zu decken. Fachgesellschaften empfehlen meist die direkte Zufuhr von DHA in Form von Fisch oder Supplements.
- Personen mit Vorerkrankungen: Bei Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen kann eine höhere Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren sinnvoll sein. Ob ALA hier ausreicht oder EPA/DHA benötigt wird, hängt vom Einzelfall ab und sollte ärztlich besprochen werden.
- Personen mit Fischallergie: In diesem Fall stellen ALA-Supplemente aus pflanzlichen Quellen eine praktikable Alternative dar, um zumindest eine Grundversorgung mit Omega-3-Fettsäuren sicherzustellen.
Unser Fazit
Die Alpha-Linolensäure (ALA) ist als pflanzliche Omega-3-Fettsäure für den Menschen essenziell und spielt eine Rolle bei verschiedenen Stoffwechselvorgängen. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass eine ausreichende Aufnahme von ALA möglicherweise günstige Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, den Lipidstoffwechsel und die Immunfunktionen haben könnte. Allerdings ist die wissenschaftliche Datenlage häufig weniger eindeutig als bei den marinen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, weil ALA erst in diese Fettsäuren umgewandelt werden muss – und diese Umwandlungsrate ist individuell sehr unterschiedlich und meist recht niedrig.
Trotzdem kann ALA insbesondere für Vegetarier, Veganer oder Menschen mit einer Abneigung gegen Fischöl-Präparate eine sinnvolle Ergänzung sein, da sie eine wichtige Omega-3-Quelle darstellt. In Form von Nahrungsergänzungsmitteln wird ALA häufig in Kapseln oder Ölen angeboten, was eine einfache Anwendung ermöglicht. Hierbei sollte man jedoch auf Qualität und Reinheit der Produkte achten, da ALA empfindlich gegenüber Oxidation und Verunreinigungen sein kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich keine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ersetzen. ALA-Präparate sollten im Idealfall nur eine Ergänzung darstellen, wenn eine unzureichende Versorgung über die natürliche Nahrung vermutet wird oder bestimmte Ernährungsformen den Verzehr von Fisch oder Algen ausschließen. Auch eine ärztliche Beratung kann sinnvoll sein, insbesondere wenn gesundheitliche Risiken, Medikamenteneinnahmen oder bestehende Vorerkrankungen berücksichtigt werden müssen.
Insgesamt hat Alpha-Linolensäure ihre Berechtigung in der Ernährung und als Nahrungsergänzung, insbesondere für Personen, die keine oder nur wenig marine Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen. Gleichzeitig sollte man die Grenzen dieser Fettsäure im Hinblick auf die Umwandlung in EPA und DHA im Blick behalten. Eine ausgewogene Ernährung und, falls nötig, eine gezielte Aufnahme von EPA und DHA bleiben unerlässlich, um mögliche gesundheitliche Vorteile voll auszuschöpfen.
Quellen
[1] EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). “Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to alpha-linolenic acid and maintenance of normal blood cholesterol concentrations”. EFSA Journal, 2011, 9(4):2069.
[2] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). “DGE-Infothek: Omega-3-Fettsäuren”. Berlin: DGE, 2019.
[3] Gunstone, F. D. “The Chemistry of Oils and Fats: Sources, Composition, Properties and Uses”. Blackwell Publishing, Oxford, 2004.
[4] Niki, E., “Antioxidants: Basic Principles, Emerging Concepts, and Problems”. Biomed J, 2014, 37(3):106–111.
[5] Pan, A. et al. “α-Linolenic acid and risk of cardiovascular disease: a systematic review and meta-analysis”. Am J Clin Nutr, 2012, 96(6):1262–1273.
[6] Calder, P. C. “Omega-3 fatty acids and inflammatory processes: from molecules to man”. Biochem Soc Trans, 2017, 45(5):1105–1115.
[7] Yurko-Mauro, K. et al. “Beneficial effects of docosahexaenoic acid on cognition in age-related cognitive decline”. Alzheimer’s Dement, 2010, 6(6):456–464.
[8] Brenna, J. T. et al. “Alpha-Linolenic acid supplementation and conversion to n-3 long-chain polyunsaturated fatty acids in humans”. Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids, 2009, 80(2-3):85–91.
[9] Mozaffarian, D. et al. “Fish intake, contaminants, and human health: evaluating the risks and the benefits”. JAMA, 2006, 296(15):1885–1899.