Algenöl: wirkungsvolle Omega-3-Fettsäuren

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Algenöl

Unser Körper ist in der Lage, aus Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen wichtige Moleküle zu synthetisieren, um die Funktionen des menschlichen Organismus aufrechtzuerhalten. Es gibt jedoch einige überlebenswichtige Ausgangsstoffe, die nicht in jedem Grundnahrungsmittel enthalten sind und gezielt mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Zu diesen essenziellen Stoffen gehören beispielsweise Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralien, manche Aminosäuren und bestimmte Fettsäuren. Um letztere geht es im Zusammenhang mit Algenöl. 

Was ist Algenöl?

Algenöl wird meist aus den Mikroalgen Schizochytrium und Ulkenia gewonnen – zwei Spezies, die reich an den ungesättigten, langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) sind. Das aus ihnen extrahierte Algenöl ist in der EU als neuartiges Lebensmittel zugelassen und darf bestimmten Lebensmittelgruppen zugesetzt werden. In einer bestimmten Konzentration darf Algenöl aus Schizochytrium auch als Bestandteil in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein. 

Bei uns im Handel verfügbares Algenöl ist in aller Regel mit anderen pflanzlichen Ölen wie Sonnenblumen- oder Olivenöl gemischt und enthält manchmal Zusätze wie Vitamine oder Aromen, zum Beispiel Zitronenöl oder Rosmarinextrakt.

Herstellung von Algenöl

Im Gegensatz zu den essbaren Makroalgen wie Nori, Dulse, Kombu oder Wakame gehören Schizochytrium und Ulkenia zu den Mikroalgen. Dies sind winzig kleine Einzeller, die nur unter dem Mikroskop identifizierbar sind. Schizochytrium und Ulkenia, die in freier Natur im tropischen Küstenbereich leben, erhalten ihre Nährstoffe von organischem Material wie abgestorbenen Blättern und sind in der Lage, DHA und EPA in großen Mengen zu bilden.

Kultivierung

Für die Nutzung als Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel werden sie in Aquakulturen angebaut. Das hat den Vorteil, dass sie ganzjährig verfügbar sind und unter kontrollierten Umgebungsbedingungen ohne Schadstoffe wie Umweltgifte oder Mikroplastik heranwachsen können. Die erforderlichen Parameter wie Salzgehalt, Temperatur (zwischen 15 und 20 °C), Sonneneinstrahlung etc. werden bedarfsgerecht eingestellt. Ein weiterer Vorteil ist, dass das aus Aquakulturen gewonnene Algenöl recht mild schmeckt und nicht den typisch fischigen Geschmack aufweist, den zum Beispiel wild gesammelte Makroalgen haben.

Ernte, Extraktion und Phasentrennung

Das in den Algen enthaltene Öl kann über verschiedene (mechanische und nicht mechanische) Verfahren gewonnen werden. Diese unterscheiden sich vor allem in Bezug auf Ausbeute, Reinheit, Verfahrenskosten sowie ökologischen Aspekten. Um an die wertvollen Fette in den Algen zu gelangen, werden diese durch Flokkulation oder Filtration aus dem Kulturmedium geerntet; anschließend müssen die stabilen Zellwände aufgeschlossen werden. 

Eine in der Algenbiotechnologie übliche Methode ist zum Beispiel die lösungsmittelfreie Extraktion per Ultraschall. Die anschließende Phasentrennung (die ölige Phase wird von der wässrigen getrennt) ist einfach und ohne viel Energieaufwand möglich. Diese mechanische Extraktionsmethode ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht als sinnvoll einzustufen. [1]

Ein weiteres, nicht mechanisches Verfahren ist der Zellaufschluss durch osmotischen Schock: Die Zellen werden dabei in hypertonischer Lösung suspendiert, danach zentrifugiert und anschließend erneut in destilliertem Wasser suspendiert; dadurch platzen die Zellen und geben die Inhaltsstoffe frei. Biochemische Verfahren, wie etwa die Lyse der Zellen mithilfe von Enzymen sind vergleichsweise kostspielig. Dies sind nur einige wenige Beispiele für Verfahren aus der Algenbiotechnologie.

Algenöl – Rohstoff für Lebensmittelindustrie und Nahrungsergänzungsmittel

Das gewonnene Algenöl wird als Rohstoff für die Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln oder die Zugabe in (den erlaubten) Lebensmitteln angeboten und in Verkehr gebracht. Laut dsm-firmenich, einem der führenden Hersteller für Mikronährstoffe wie beispielsweise Vitamine oder Fettsäuren, befindet sich das Marktsegment der fischfreien Omega-3-Fettsäuren noch in den Kinderschuhen. Das Unternehmen hebt jedoch die Nachhaltigkeit dieser vielversprechenden Herstellungsmethode hervor und betont, wie viele andere auch, die Wichtigkeit einer ausreichenden Versorgung vor allem mit Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure. Deren für den Humanverzehr vorgesehenes Produkt life's®OMEGA sei zudem das erste seiner Art, das sowohl EPA als auch DHA enthält. [2]

Fettsäuren in unserer Ernährung

Fettsäuren sind unterschiedlich lange Kohlenwasserstoffketten mit einer Säuregruppe (-COOH; Carboxylgruppe). Sie sind unter anderem Bestandteil von Fetten (Glycerin + Fettsäuren) und unterscheiden sich außer in ihrer Länge auch hinsichtlich der Anwesenheit, Anzahl und Position von Doppelbindungen. An den Stellen, wo Doppelbindungen sitzen, fehlen Wasserstoffatome. Sind eine oder mehrere Doppelbindungen vorhanden, wird von einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren gesprochen. Der empfohlene Fettanteil unserer Nahrung von 30 % sollte etwa ein Drittel gesättigte, ein Drittel einfach und ein Drittel mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten. In der Ernährung sind vor allem die mehrfach ungesättigten Omega-3-, Omega-6- und Omega-9-Fettsäuren von Bedeutung, wobei mit der Ziffer die Position der letzten Doppelbindung vor der Carboxylgruppe angegeben wird. [3] 

Das Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren

Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind wichtige Bestandteile der Zellmembranen und werden für die Bildung wichtiger Substanzen im Körper, die zum Beispiel an der Regulation des Blutdrucks oder an Immunreaktionen wie Entzündungsprozesse beteiligt sind, benötigt. Die Aufnahmemenge dieser beiden Fettsäuren sollte ausgeglichen sein, da ein unausgewogenes Verhältnis zu funktionellen Störungen führen kann. Ein Überschuss an Omega-6-Fettsäuren, der für unsere heutige Ernährungsweise typisch ist, fördert chronische Entzündungsherde in unserem Körper. Diese werden als eine Ursache für verschiedenste Erkrankungen angesehen. Das ideale Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren wird kontrovers diskutiert. Man schätzt, dass unsere steinzeitlichen Vorfahren mit ihrer Ernährung bei einem Verhältnis von 1:1 lagen. Vor ungefähr 100 Jahren lag es bei 3:1 und heute liegt das Verhältnis bei 15–30:1! Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt derzeit ein Verhältnis von 5:1 als erstrebenswert; darüber sind sich die Wissenschaftler aufgrund unterschiedlicher Studienergebnisse jedoch uneinig und manche fordern einen noch niedrigeren Anteil an Omega-6-Fettsäuren. [4],[5]

Es gilt also grundsätzlich, die Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren zu optimieren. Im Hinblick auf unsere Ernährung und Gesundheit sind die Omega-3-Fettsäuren Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) am besten erforscht.

Essenzielle Omega-3-Fettsäuren und Algenöl

Aus biochemischer Sicht ist nur die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (ALA) essenziell. Aus dieser kann der Körper theoretisch alle anderen benötigten Omega-3-Fettsäuren und weitere wichtige Stoffe herstellen. Die wichtigsten Lieferanten für ALA sind überwiegend pflanzlicher Herkunft: verschiedene Nüsse, Samen und Kerne sowie deren Öle. (Leinöl enthält beispielsweise ca. 50 % Omega-3 und nur ca. 15 % Omega-6. [5]) Aber auch Fisch, grünes Blattgemüse, Wildkräuter und Weizenkeime enthalten kleine Mengen an ALA. Wie inzwischen jedoch mehrere Studien zeigten, geschieht die Umwandlung von ALA in EPA und DHA nicht in ausreichendem Maße und es scheint von weiteren Faktoren abzuhängen, ob und welche der beiden Fettsäuren im Körper tatsächlich gebildet werden. [6]

Mikroalgen sind die ursprüngliche Quelle für DHA und EPA

EPA und DHA sind insbesondere in Meeresfrüchten, fettreichem Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering, Krill sowie in einigen marinen Mikroalgen enthalten. Mariner Fisch, der bezüglich der ausreichenden Versorgung mit den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA stets an erster Stelle genannt wird, enthält nur deshalb so viel davon, weil er sich zu Lebzeiten von Mikroalgen ernährt. Mikroalgen sind so betrachtet die ursprüngliche Quelle für diese Fettsäuren. 

Für diejenigen, die sich vegetarisch bzw. vegan ernähren, Fisch nicht mögen, aus ökologischen Gründen darauf verzichten oder sogar allergisch darauf reagieren, waren lange Zeit ausschließlich ALA-reiche pflanzliche Lebensmittel die einzige Quelle, um daraus DHA und EPA zu synthetisieren. Dass die Umwandlung nur eingeschränkt stattfindet, war lange unbekannt und es zeigte sich dann tatsächlich bei vielen Vegetariern und Veganern ein Mangel an diesen beiden Fettsäuren. Mit der Zulassung von Algenöl als Novel Food ändert sich die Situation: Algenöl ist vegan, fischfrei und enthält DHA und EPA in Reinform, d. h., sie sind im Körper sofort bioverfügbar. 

Vorteil gegenüber Fischöl

Aufgrund der Art der Gewinnung von Algenöl können gleichbleibend hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren erreicht werden. Algenöl weist zudem – beispielsweise laut des Anbieters NatuRise – ein Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 von 1:80 auf. Ein solcher Wert ist von keinem anderen Nahrungsmittel bekannt. Das Fettsäureverhältnis liegt bei frischem Lachs im Schnitt bei 1:2,7 (Hering 1:12,1 / Makrelen 1:4,3); wobei es jedoch viel stärkeren Schwankungen unterliegt: Lachs etwa, der aus Aquakulturen stammt, wird häufig mit Soja gefüttert und weist infolgedessen im Vergleich zu Wildlachs höhere Omega-6-Fettsäuregehalte auf und einen geringeren Gehalt an DHA oder EPA. Fisch aus Wildbeständen, der sich nach wie vor von Mikroalgen ernährt, birgt jedoch die Gefahr hoher Schwermetallbelastungen. [7],[8]

Die Verwertbarkeit der Omega-3-Fettsäuren in Algenöl 

An der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften wurde eine Literaturstudie zu der Fragestellung durchgeführt, ob Omega-3-Fettsäuren aus Algen ein guter Ersatz für Fischöl in der menschlichen Ernährung sind. Die hierbei ausgewerteten vergleichenden Studien haben gezeigt, dass Algenöl nicht nur eine gute Alternative zu Fischöl darstellt, sondern sich in einigen Fällen sogar als die bessere Wahl erweist. [9]

Eine Rolle scheint hierbei auch zu spielen, aus welchen Algen das Öl gewonnen wird. Wichtig ist, dass Algenöl sowohl EPA als auch DHA enthält, weil bei beiden Fettsäuren tendenziell eine Unterversorgung im menschlichen Organismus zu beobachten ist. Für die Mikroalge Schizochytrium, deren Öl bei uns als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen ist, trifft dies zu.

Von Seiten der EFSA erlaubte Health Claims für Algenöl

Folgende Health Claims sind in Bezug auf die beiden Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure gemäß Artikel 13 der EU-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln erlaubt: [10]

„EPA und DHA tragen zu einer normalen Herzfunktion bei“
Diese Angabe darf nur gemacht werden, wenn das Produkt zusammengenommen mindestens 40 mg Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure pro 100 g und pro 100 kcal enthält. Ebenso ist der Verbraucher darüber zu unterrichten, dass sich die positive Wirkung bei einer täglichen Aufnahme von 250 mg DHA einstellt.

„DHA trägt zur Erhaltung einer normalen Gehirnfunktion bei“ sowie 
„DHA trägt zur Erhaltung normaler Sehkraft bei“
Diese Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn das Produkt mindestens 40 mg Docosahexaensäure pro 100 g und pro 100 kcal enthält. Ebenso ist der Verbraucher darüber zu unterrichten, dass sich die positive Wirkung bei einer täglichen Aufnahme von 250 mg DHA einstellt. 

Algenöl Wirkung – Stand der Forschung

Welche Menge von welcher Omega-3-Fettsäure für einzeln herausgegriffene gesundheitsförderliche Wirkungen oder im Fall von bestehenden Erkrankungen tatsächlich notwendig sind, war und ist weiterhin Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien. Auch wenn in den meisten bisherigen Studien eine gezielte fischreiche Ernährung oder die Gabe von Fischöl untersucht wurde, lassen sich die Ergebnisse auf Algenöl übertragen. [11] 

Im Folgenden werden die wichtigsten gesundheitsförderlichen Wirkungen der Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA, die im Zuge verschiedener Studien nachgewiesen wurden, vorgestellt.

Die Wirkung von DHA und EPA auf das Herz-Kreislauf-System

Es gibt zahlreiche Belege aus prospektiven Langzeit-Kohortenstudien, die alle einen Zusammenhang zwischen einer höheren Aufnahme von Fisch, fettem Fisch und marinen Omega-3-Fettsäuren (DHA und EPA) bzw. höheren DHA- und EPA-Spiegeln im Körper und einem geringeren Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen belegen. Die herzschützende Wirkung von DHA und EPA erklärt sich durch deren Einfluss auf Blutfette, Blutdruck, Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität, Thrombozytenaggregation, Endothelfunktion und Entzündungen. [12]

Es sind jedoch nicht nur Effekte bei einer präventiven Maßnahme zu beobachten, sondern auch bei bereits vorhandenen Herzerkrankungen. Mehrere Meta-Analysen zeigen, dass die Supplementierung mit den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA das Mortalitätsrisiko aufgrund eines Herzproblems reduzieren kann. Vor allem bei hohen Blutfettwerten (Triglyceride ≥ 150 mg/dl; LDL-Cholesterin ≥ 130 mg/dl) sowie nach einem bereits erlebten Herzinfarkt sei eine signifikante Risikoreduktion zu beobachten. Voraussetzung hierfür sei allerdings die Kenntnis des persönlichen Omega-3-Index und die darauf aufbauende gezielte Ergänzung mit hochwertigen und individuell dosierten Präparaten, um ausreichende Blutspiegel zu erreichen. [13]

DHA und EPA beeinflussen die Sehfunktion

Ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren wird mit zahlreichen Augenstörungen in Verbindung gebracht. Studien an Früh- und Neugeborenen deuten darauf hin, dass eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung von Mutter und Kind für eine optimale Entwicklung des Sehvermögens unerlässlich ist. 

DHA und EPA spielen beide eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Netzhaut und der Sehfunktion. Die Netzhaut befindet sich auf der hinteren Innenseite des Auges und besteht aus dünnen Schichten lichtempfindlicher Zellen (= Fotorezeptoren: Stäbchen und Zapfen). Diese Zellen leiten Nervenimpulse über den Sehnerv an das Gehirn weiter, wo ein visuelles Bild erzeugt wird. Diese Lichtübertragung ist die Grundlage unseres Sehens. Vor allem DHA ist in der Netzhaut (und im Gehirn) am stärksten konzentriert, weil die Zellmembranen der Stäbchen und Zapfen dieses benötigen, um die äußeren Segmente von Fotorezeptoren zu erneuern und neue Membranen zu synthetisieren. Studien haben gezeigt, dass die Effizienz der visuellen Signalgebung von der Menge an DHA abhängt, die in den äußeren Segmentmembranen der Stäbchen vorhanden ist. [14]

DHA und EPA können das Risiko für Augenerkrankungen senken

Degenerative Augenerkrankungen

Viele weitverbreitete, degenerative Augenerkrankungen wie Makuladegeneration und diabetische Retinopathie werden durch chronische Entzündungen gefördert. Omega-3-Fettsäuren spielen bekanntermaßen eine Schlüsselrolle bei der Fähigkeit des Körpers, Entzündungen zu regulieren und auszugleichen. Dabei übernehmen EPA und DHA die Aufgabe der Regulierung der Signalübertragung an Rezeptoren, die an Entzündungen und damit verbunden an abnormaler Neovaskularisierung (Gefäßneubildung) der Netzhaut, erhöhter Gefäßpermeabilität (Leckagen) und Ödemen (überschüssige Flüssigkeitsansammlungen) beteiligt sind. Dies sind Symptome schwerwiegender Netzhauterkrankungen. In der wegweisenden AREDS-Studie (The Age-Related Eye Disease Study, durchgeführt vom National Eye Institute), in der die Teilnehmer über einen Zeitraum von 12 Jahren beobachtet wurden, hatten diejenigen, die den höchsten Anteil an Omega-3-Fettsäuren in ihrer Ernährung aufwiesen, ein um 30 % geringeres Risiko, eine zentrale geografische Atrophie oder eine feuchte altersbedingte Makuladegeneration zu entwickeln. [15] 

Omega-3-Fettsäuren können den Augeninnendruck senken

Als weiterer positiver Effekt ist der Einfluss auf einen erhöhten Augeninnendruck zu nennen. Eine Studie zeigte, dass die orale Einnahme von Omega-3-Fettsäuren über einen Zeitraum von 3 Monaten den Augeninnendruck bei Erwachsenen mit normalem Blutdruck um 8 % senkte. Dies deutet darauf hin, dass sich die Supplementierung zur Vorbeugung und/oder Behandlung von Erkrankungen eignen könnte, die mit einer Erhöhung des Augeninnendrucks einhergehen, wie z. B. Glaukom. [16]

Omega-3-Supplementierung wirkt bei trockenen Augen

Viele Augenärzte beobachten bei Patienten mit trockenen Augen, die mit der Einnahme von Omega-3-Präparaten begonnen haben, eine klinische Verbesserung. In einer Metaanalyse von 17 randomisierten klinischen Studien aus dem Jahr 2019 (3363 Menschen mit trockenen Augen) konnte bestätigt werden, dass die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren die Anzeichen und Symptome des trockenen Auges deutlich verbessert. [17]

DHA trägt zur Erhaltung der Gehirnfunktion bei

Folgende Bedeutung haben EPA und DHA für eine gesunde Gehirnfunktion [18]

Entwicklung und Gesunderhaltung: Für den Aufbau des Gehirns während der Entwicklung im Mutterbauch und bis weit ins dritte Lebensjahrzehnt hinein wird viel EPA und DHA benötigt. Da EPA vom Körper allein nicht ausreichend in DHA umgewandelt wird, ist vorgeformtes DHA wichtig. Das zeigt, wie bedeutsam bereits ein ausreichend hoher Omega-3-Index bei der Mutter ist. Aber auch im weiteren Verlauf des Lebens unterliegt das Gehirn wie alle anderen Gewebe einem ständigen, wenn auch langsamen Zellumsatz bzw. einer Apoptose. Aus diesem Grund wird EPA und DHA kontinuierlich für die Erhaltung der Hirnstruktur benötigt. 

Hirnperfusion (Durchblutung): Das Gehirn erhält etwa 20 % des Blutes, wobei die weiße Substanz (innenliegend) etwa 25 und die graue Substanz (umhüllt die weiße Substanz) etwa 90 ml / 100 g / min benötigt. Die Durchblutung des Gehirns erfolgt über Arterien und Arteriolen, die durch vasoaktive Moleküle (beeinflussen Gefäßmuskulatur und -weite) reguliert werden. Daran sind Derivate von EPA und DHA beteiligt. Ein höherer Omega-3-Index konnte mit einem höheren regionalen zerebralen Blutfluss in Verbindung gebracht werden. Er verringere auch das Risiko einer Verstopfung der Blutgefäße; z. B. durch einen Embolus (Pfropf aus Blutgerinnsel, Gewebe oder Fetttropfen) oder die Ruptur (Riss) einer arteriellen Plaque (Gewebsschädigung), die beide zu einer Ischämie (Verminderung der Durchblutung und damit des Sauerstoffgehaltes im Gewebe) führen können. Das Risiko, aufgrund dessen einen Schlaganfall zu erleiden, sei bei höheren Blutspiegeln von EPA und DHA geringer. Auch einem hämorrhagischen Schlaganfall, bei dem ein Hirngefäß wegen eines Aneurysmas (Ausbuchtung einer Schlagader) oder erhöhtem Blutdruck platzt, könne mittels Senkung des Blutdrucks mithilfe von EPA und DHA vorgebeugt werden. 

Verringerung entzündlicher Prozesse im Gehirn: Einige Störungen der Gehirnfunktion sind auf regionale Entzündungsherde im Gehirn zurückzuführen, wie z. B. Alzheimer oder schwere Depressionen. Sowohl EPA als auch DHA können den Schweregrad solcher Neuroinflammationen verringern. 

Helfen Omega-3-Fettsäuren bei Krebs?

Im Hinblick auf Krebs und dem Verzehr von Omega-3-Fettsäuren wird zum einen deren entzündungshemmende Wirkung und zum anderen die Fähigkeit, die Angiogenese (Neubildung von Blutgefäßen) in Tumoren zu unterdrücken, diskutiert. In Tierversuchen und Zellkulturstudien wurde die krebsvorbeugende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren hinreichend belegt. Im Gegensatz hierzu sind die Ergebnisse aus Humanstudien in hohem Maße uneindeutig und deren Nutzen wird kontrovers diskutiert. Systematische Übersichten von epidemiologischen und klinischen Studien haben für Darm-, Prostata- und Brustkrebs nur begrenzte Hinweise auf deren mögliche Rolle bei der Krebsprävention ergeben. Dies hängt vermutlich mit der methodischen Heterogenität zusammen. Die meisten Studien nehmen zudem nur die Aufnahmemenge ins Visier und lassen den Omega-3-Index und die tatsächliche Bioverfügbarkeit im Individuum unbeachtet. Dies ist jedoch von zentraler Bedeutung. [19]

In Bezug auf die begleitende Krebstherapie zeigt sich ein ähnliches, wenn auch etwas besseres Bild: Die Verwendung von Omega-3-Fettsäuren (EPA und/oder DHA) als therapeutische Intervention im klinischen Bereich wird durch präklinische Daten gestützt. Die derzeitige klinische Evidenz deutet darauf hin, dass sie die Behandlung verbessern und Nebenwirkungen abmildern könnte. Es bestehe jedoch ein Bedarf an größeren, gut kontrollierten, statistisch abgesicherten Studien mit erweiterten Ergebnissen. [20]

Wie viel Algenöl soll man einnehmen?

Es ist schwierig, pauschale Aussagen über die Einnahmemenge von Algenöl zu machen, denn jeder Organismus verwertet Nahrung anders und jeder hat eine andere gesundheitliche Ausgangssituation. Die EFSA hat bereits 2012 die Sicherheit langkettiger Omega-3-Fettsäuren bewertet. Sie bestätigen die wichtige Funktion von EPA, DHA und auch DPA (Docosapentaensäure) bei folgenden körperlichen Prozessen: Wachstum und Entwicklung des Gehirns, Blutdruckregulation, Nierenfunktion, Blutgerinnung sowie entzündliche und immunologische Reaktionen. Dabei erwähnen sie explizit Meeresalgen als Quelle und weisen darauf hin, dass sie Lebensmitteln beigemengt sein oder als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden können. Die zusätzliche Einnahme von bis zu 5 g an EPA und DHA (kombiniert) sei hierbei für die Sicherheit der Allgemeinbevölkerung unbedenklich. [21]

Wichtig: Omega-3-Index und Quotient von Omega-6 zu Omega-3

Um die Problematik der mangelnden Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren effektiv und kosteneffizient zu lösen, ist es zielführend, sich zunächst den individuellen Versorgungsstatus anzuschauen. Hierfür wird der prozentuale Anteil von DHA und EPA an den Gesamtfettsäuren in der Zellmembran der roten Blutkörperchen bestimmt (Omega-3-Index). Der Omega-3-Index gilt inzwischen als wichtiger gesundheitlicher Marker. In Summe sollte der Anteil zwischen 8 und 11 % liegen.

Häufig wird zusätzlich der Quotient von Omega-6 zu Omega-3 bestimmt, der, wie bereits erläutert, in jedem Fall mindestens unter 5:1 liegen sollte. Nicht nur die Personen, die aus verschiedensten Gründen keinen Fisch verzehren, sollten diese wichtigen Parameter im Blick behalten. Sie sind für jeden von uns als Ausgangspunkt für die Ernährungszusammenstellung und ggf. für die Dosierung entsprechender Nahrungsergänzungsmittel wie Algenöl sehr wichtig. Zeigt sich anhand dieser Parameter ein Mangel, kann mit einer Ernährungsumstellung und Supplementierung mit Algenöl begonnen werden. Bezüglich der Mengen kann der behandelnde Arzt oder ggf. das beauftragte Labor Empfehlungen aussprechen. Zur Verlaufskontrolle ist wichtig, den Versorgungsstatus regelmäßig zu prüfen.

Welches Algenöl ist am besten? Darauf kommt es an

Schadstofffreiheit

Es gibt bislang nur wenige Unternehmen, die aus kultivierten Mikroalgen Algenöl extrahieren. Diese verkaufen ihren Rohstoff an die Lebensmittelindustrie und Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Wer wissen möchte, woher der Rohstoff Algenöl stammt und wie er gewonnen wurde, muss beim jeweiligen Anbieter nachfragen. Wichtig ist hierbei ein Zertifikat, das die Schadstofffreiheit des Algenöls nachweist.

Ausreichende Konzentration an DHA ist wichtig

Wird Algenöl mit einem weiteren pflanzlichen Öl verdünnt, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die von der EFSA geforderte Mindestkonzentration an DHA (250 mg) mit der Tagesportion erreicht wird. 

Hochwertige Zusatzstoffe

Beim Kauf von Algenöl, sei es in Flaschen oder in Kapseln, ist es wichtig, den Blick auf die nachträglich zugefügten Inhaltsstoffe zu richten. Diese sollten von hoher Qualität (zum Beispiel Bio-Pflanzenöle) und nicht zu zahlreich sein. Die Zugabe von (fettlöslichen) Vitaminen kann sinnvoll sein, beispielsweise zur Stabilisierung schnell verderblicher Öle (Vitamin E). Allerdings sollten die Gehalte nicht zu hoch liegen, insbesondere, wenn außer Algenöl noch weitere Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, die Vitamine enthalten. Vor allem bei den fettlöslichen Vitaminen wie etwa Vitamin D (welches in Algenöl von Natur aus aber nicht enthalten ist), die sich im Körper anreichern, kann ein Zuviel ungünstige Auswirkungen haben. Die Zugabe von weiteren antioxidativ wirkenden oder aromatisierenden Substanzen ist ebenso häufig zu beobachten. Da Algenöl – im Gegensatz zu Fischöl – geschmacksneutral ist, ist eine Aromatisierung nicht unbedingt notwendig. Zumindest sollten es Zusatzstoffe natürlichen Ursprungs sein. Da Kapseln eine luftdichte ‚Verpackung‘ darstellen, kann bei dieser Darreichungsform am ehesten auf stabilisierende Zusatzstoffe verzichtet werden. 

Lagerung

Omega-3-Fettsäuren sind leicht verderblich und sollten lichtgeschützt, kühl und trocken aufbewahrt werden. Nach der Herstellung ist Algenöl bei richtiger Lagerung zwei Jahre haltbar.

Kosten

Bezüglich der Kosten lohnt ein genauerer vergleichender Blick auf die jeweils einzunehmende Tagesration (die ja individuell in Abhängigkeit vom Versorgungsstatus unterschiedlich ausfallen kann). Hier liegen die Preise unterschiedlicher Anbieter weitgehend eng beieinander. Beispielsweise kostet eine Tagesration der Algenöl-Kapseln mit DHA und EPA von Naturtreu derzeit rund 75 Cent. Da die Herstellung von Algenöl eine anspruchsvolle biotechnologische Methodik erfordert, die es noch nicht lange gibt und für die spezielle Anlagen notwendig sind, erscheint uns dieser Preis durchaus gerechtfertigt.

Fazit

Algenöl ist ein Produkt, das vor allem im Hinblick auf einen mangelhaften Versorgungsstatus mit den Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) herausragende Bedeutung hat. Bisher konnte dieses potenzielle Defizit, das in Abhängigkeit von der Ernährungsform und dem individuellen Stoffwechsel mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann, mit der zusätzlichen Einnahme von Fischöl-Kapseln teilweise ausgeglichen werden. Jedoch werden fischhaltige Produkte von einem großen Anteil der Bevölkerung abgelehnt oder bergen sogar das Risiko allergischer Reaktionen. Davon abgesehen zeigt sich die Möglichkeit der meeresunabhängigen Kultivierung von Mikroalgen gegenüber den Problemen eines schwindenden Fischbestandes und den Nachteilen, die Fisch-Aquakulturen mit sich bringen, als nachhaltige und schadstofffreie Alternative.

Mikroalgen sind die ursprünglichste Quelle für DHA und EPA und das aus der Mikroalge Schizochytrium gewonnene Algenöl wirkt genauso gut wie DHA und EPA aus Fisch. Die beiden Omega-3-Fettsäuren haben nachgewiesenermaßen einen positiven Einfluss auf die Gesundheit, insbesondere in Bezug auf die Herz- und Gehirnfunktion sowie auf die Sehkraft. Wer über die Einnahme von Algenöl nachdenkt, sollte jedoch zunächst den individuellen Versorgungsstatus prüfen lassen. Denn wer aufgrund seiner Ernährung bereits eine gute Versorgung aufweist, wird durch die Einnahme von Algenöl keinen zusätzlichen Nutzen erzielen und kann sich die Kosten hierfür sparen.

Quellen

[1] Hielscher Ultrasonics GmbH: Algae Grow Lab – Ultraschall-Algenextraktion. https://www.hielscher.com/de/algae-grow-lab.htm

[2] DSM Produktinformation. https://www.dsm.com/human-nutrition/en/products/nutritional-lipids/lifes-omega.html

[3] Chemie.de, Lexikoneintrag Fettsäure. https://www.chemie.de/lexikon/Fetts%C3%A4ure.html

[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Referenzwert – Fett, essenzielle Fettsäuren. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/fett-essenzielle-fettsaeuren/

[5] Hünig, S. (2015): Die Balance zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren. Ein Biomarker für unsere Zukunft, der stimmen sollte!

[6] Sarter, B. et al. (2015): Blood docosahexaenoic acid and eicosapentaenoic acid in vegans: Associations with age and gender and effects of an algal-derived omega-3 fatty acid supplement. https://doi.org/10.1016/j.clnu.2014.03.003

[7] https://www.naturise.de/algenoel#3

[8] Marquardt: Omega-3-Tabelle. Omega-3 zu Omega-6 Verhältnisse. https://www.vitalarzt-marquardt.de/omega-3/omega-tabelle/

[9] Karlsson Rattenni, M.P. (2022): Is Omega-3 from algae a good substitute to fish oil – in human nutrition?

[10] Amtsblatt der Europäischen Union (2012): Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32012R0432

[11] Deutsche Apothekerzeitung (2017, Nr. 1): Mikroalgenöl eignet sich als Omega-3-Quelle. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2017/daz-1-2017/mikroalgenoel-eignet-sich-als-omega-3-quelle

[12] Innes, J. K. & Calder, P. C. (2020): Marine Omega-3 (N-3) Fatty Acids for Cardiovascular Health: An Update for 2020. https://doi.org/10.3390/ijms21041362

[13] Burgerstein Foundation: Omega-3-Fettsäuren – ausreichend dosiert eben doch eine Herzenssache https://www.burgerstein-foundation.ch/de-DE/fachbereich/aktuelles-aus-wissenschaft-praxis/omega-3-fettsaeuren-ausreichend-dosiert-eben-doch-eine-herzenssache

[14] Shui-Lin et al. (2004): Reduced G Protein-coupled Signaling Efficiency in Retinal Rod Outer Segments in Response to n-3 Fatty Acid Deficiency. https://doi.org/10.1074/jbc.M404376200

[15] SanGiovanni, J. P. et al. (2009): ω–3 Long-chain polyunsaturated fatty acid intake and 12-y incidence of neovascular age-related macular degeneration and central geographic atrophy: AREDS report 30, a prospective cohort study from the Age-Related Eye Disease Study. https://doi.org/10.3945/ajcn.2009.27594

[16] Downie, L. E. & Vingrys, A. J. (2018): Oral Omega-3 Supplementation Lowers Intraocular Pressure in Normotensive Adults. https://doi.org/10.1167/tvst.7.3.1

[17] Giannaccare, G. et al. (2019): Efficacy of Omega-3 Fatty Acid Supplementation for Treatment of Dry Eye Disease: A Meta-Analysis of Randomized Clinical Trials. https://doi.org/10.1097/ico.0000000000001884

[18] Von Schacky, C. (2021): Importance of EPA and DHA Blood Levels in Brain Structure and Function. https://doi.org/10.3390%2Fnu13041074

[19] Pizato, N. (2018): supOmega- 3 Fatty Acids-Related Cancer Prevention: An Opinion. http://dx.doi.org/10.26717/BJSTR.2018.11.002178

[20] Newell, M. (2021): N-3 Long-Chain Polyunsaturated Fatty Acids, Eicosapentaenoic and Docosahexaenoic Acid, and the Role of Supplementation during Cancer Treatment: A Scoping Review of Current Clinical Evidence. https://doi.org/10.3390/cancers13061206

[21] Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (2012): EFSA bewertet Sicherheit langkettiger Omega-3-Fettsäuren https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/120727

Stefanie Wisshak ist Pharmazeutisch Technische Assistentin, hat viele Jahre als Biologisch Technische Assistentin in den Fachbereichen Mikro- und Molekularbiologie gearbeitet und einen akademischen Abschluss als Diplom-Geografin. Seit 2013 folgt sie ihrer wahren Bestimmung und schreibt und lektoriert Texte aller Art – am liebsten mit Bezug zu Gesundheit und Lebensstil.