CDP-Cholin

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CDP-Choline-Kapseln

CDP-Cholin, auch bekannt als Citicolin oder Cytidine-5′-Diphosphocholin, ist ein Nukleosiddiphosphat, das als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt wird. Es ist ein natürlich vorkommendes Molekül, das in den Zellen von Menschen und Tieren zu finden ist, insbesondere in den Organen.^[1] CDP-Cholin dient als Zwischenprodukt im Zellmembranstoffwechsel und spielt eine wichtige Rolle bei der Synthese von Phosphatidylcholin, einem essentiellen Bestandteil von Zellmembranen.^[2] Das Nahrungsergänzungsmittel ist in über 70 Ländern unter verschiedenen Markennamen wie Cognizin, Somazina, Ceraxon und Nicetile erhältlich.^[1] 

Was ist CDP-Cholin?

CDP-Cholin ist ein wasserlösliches Molekül, das aus der Base Cytosin besteht, die über einen Phosphorsäureester mit Cholin verknüpft ist.^[3] Es wird im Körper endogen synthetisiert und stellt den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Phosphatidylcholinsynthese dar, dem wichtigsten Stoffwechselweg zum Aufbau und zur Reparatur von Zellmembranen.^[3]

Nach oraler Einnahme wird CDP-Cholin im Darm und in der Leber zu Cholin und Cytidin hydrolysiert. Diese Verbindungen werden dann weiter verstoffwechselt, passieren unter anderem die Blut-Hirn-Schranke und werden im Gehirn wieder zu CDP-Cholin resynthetisiert.^[5] Pharmakokinetische Studien an gesunden Erwachsenen haben gezeigt, dass oral verabreichtes CDP-Cholin sehr schnell absorbiert wird und weniger als 1 % über den Darm ausgeschieden wird.^[3][4] Die Ausscheidung erfolgt biphasisch über die Lunge und den Urin, analog zur Plasmaverfügbarkeit.^[6]

Wirkungsweise und Wirkungen

CDP-Cholin spielt eine zentrale Rolle im Phospholipid-Stoffwechsel und trägt zum Aufbau und zur Reparatur von Zellmembranen bei. In Tierstudien führte die Behandlung mit 500 mg/kg Körpergewicht pro Tag über 90 Tage zu einem Anstieg der Phosphatidylcholin-Spiegel um 25 %, der Phosphatidylethanolamin-Spiegel um 17 % und der Phosphatidylserin-Spiegel um 42 %.^[7] Humanstudien haben gezeigt, dass bereits eine orale Einmalgabe von CDP-Cholin zu signifikant erhöhten Plasmaspiegeln von Cholin und Cytidin, den Hauptmetaboliten von CDP-Cholin, führt.^[8] MR-spektroskopische Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine mehrwöchige Behandlung mit CDP-Cholin bei älteren Menschen die Plasmaspiegel von Phosphodiestern, Nebenprodukten des Phospholipid-Stoffwechsels, im Gehirn signifikant ansteigen lässt, was auf eine erhöhte Phospholipid-Synthese und einen gesteigerten Umsatz hinweist.^[8]

Einige Studien deuten darauf hin, dass CDP-Cholin möglicherweise positive Effekte auf kognitive Funktionen wie Gedächtnis und Aufmerksamkeit haben könnte, die Evidenz ist jedoch begrenzt.^[5] In einer Studie mit gesunden Frauen im Alter von 40-60 Jahren verbesserte die Einnahme von 250-500 mg CDP-Cholin über 28 Tage die Aufmerksamkeitsleistung im Continuous Performance Test II (CPT-II).^[13]

Es gibt Hinweise auf mögliche neuroprotektive Wirkungen von CDP-Cholin bei Erkrankungen wie Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma und Demenz. Diese Effekte werden auf antioxidative, membranstabilisierende und regenerative Mechanismen zurückgeführt.^[10] In klinischen Studien zeigten sich erste Anzeichen für eine Verkleinerung des Infarktvolumens und eine Verringerung des neurologischen Defizits nach der Behandlung von Schlaganfallpatienten mit CDP-Cholin.^[3] Eine Pooled-Data-Analyse zur Wirksamkeit von CDP-Cholin bei Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall ergab, dass mehr als jeder vierte mit CDP-Cholin behandelte Patient nach drei Monaten eine weitgehend vollständige Erholung zeigte.^[11] Ein Cochrane-Review bestätigte die Wirksamkeit von CDP-Cholin bei der Vermeidung von Mortalität und Behinderung im Langzeit-Follow-up.^[11] Dennoch fehlt nach strengen evidenzbasierten Kriterien bislang ein Wirkungsnachweis aus einer multizentrischen Phase-III-Studie. Eine solche Studie (ICTUS) wurde 2011 abgebrochen, da sich keine signifikanten Unterschiede bei der Verbesserung der Krankheitssymptome zwischen der Verum– und Placebogruppe ergaben.^[12]

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

CDP-Cholin hat sich in toxikologischen Tests als sehr sicher erwiesen und zeigt keine bedeutenden systemischen cholinergen Nebenwirkungen.^[9] Gelegentlich können Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall auftreten, diese sind jedoch meist vorübergehend und mild.^[11]

Es gibt vereinzelte Hinweise darauf, dass die chronische Einnahme von CDP-Cholin möglicherweise negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben könnte, insbesondere bei Menschen mit bestehenden psychotischen Erkrankungen. Eine Metaanalyse der relevanten Literatur stützt diese Hypothese jedoch nicht.^[14][15] CDP-Cholin könnte höchstens psychotische Episoden verstärken oder mit Antipsychotika interagieren.^[15]

Folgende Personen sollten CDP-Cholin nur nach Rücksprache mit einem Arzt einnehmen:

  • Schwangere und Stillende, da keine ausreichenden Daten zur Sicherheit vorliegen
  • Personen mit psychischen Erkrankungen, insbesondere Psychosen, aufgrund möglicher Wechselwirkungen
  • Personen, die Antipsychotika oder andere Medikamente einnehmen, die auf das zentrale Nervensystem wirken, aufgrund möglicher Interaktionen

Anwendung und Dosierung

CDP-Cholin ist als Nahrungsergänzungsmittel in Form von Kapseln, Pulver und Flüssigkeiten erhältlich. Die empfohlene Dosierung variiert je nach Anwendungsgebiet und individuellen Faktoren.

In den meisten klinischen Studien wurden Dosierungen zwischen 500 und 2000 mg pro Tag verwendet, aufgeteilt in zwei Einzeldosen. Für die Verbesserung kognitiver Funktionen bei älteren Menschen haben sich Dosierungen von 500-1000 mg als wirksam erwiesen.^[16] Zur Unterstützung der Aufmerksamkeit zeigten Dosierungen von 250-500 mg positive Effekte.^[17]

Die Einnahme sollte mit ausreichend Flüssigkeit erfolgen und kann unabhängig von den Mahlzeiten geschehen. Es wird empfohlen, die Supplementierung mit dem behandelnden Arzt abzusprechen und die individuelle Verträglichkeit zu beobachten. Eine Langzeiteinnahme über mehrere Monate bis Jahre scheint basierend auf den verfügbaren Daten unbedenklich zu sein, sollte aber ärztlich überwacht werden.

Es gibt keine Hinweise auf eine Toxizität von CDP-Cholin, selbst bei sehr hohen Dosierungen. In klinischen Studien wurden Dosierungen bis zu 4000 mg pro Tag getestet, ohne dass schwerwiegende Nebenwirkungen auftraten.^[22] Dennoch sollte die empfohlene Dosierung nicht ohne ärztliche Rücksprache überschritten werden.

CDP-Cholin Darreichungsformen

Wie weiter oben bereits erwähnt wurde, ist CDP-Cholin in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, was eine individuell angepasste Einnahme ermöglicht. In dem nachfolgenden Abschnitt möchten wir kurz auf die gängigsten Darreichungsformen eingehen:

  • Kapseln und Tabletten
    • Oral einzunehmen
    • Genaue Dosierung möglich
    • Einfache und bequeme Handhabung
    • Gut für die regelmäßige Einnahme geeignet
  • Pulver
    • Kann in Getränke oder Speisen gemischt werden
    • Ermöglicht eine flexible Dosierung
    • Gut für Menschen mit Schluckbeschwerden geeignet
  • Flüssige Formen
    • Ermöglichen eine genaue Dosierung
    • Können einfach geschluckt oder in Getränke gemischt werden
    • Gut für Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Schlucken von Tabletten oder Kapseln haben
  • Intravenöse Verabreichung
    • Wird hauptsächlich in klinischen Studien oder zur Behandlung akuter neurologischer Erkrankungen eingesetzt
    • Ermöglicht eine schnelle Wirkung und hohe Bioverfügbarkeit
    • Erfordert medizinische Überwachung und ist nicht für die Selbstanwendung geeignet

Die Wahl der Darreichungsform hängt von individuellen Präferenzen, der gewünschten Dosierung und möglichen gesundheitlichen Einschränkungen ab. In den meisten Fällen sind Kapseln, Tabletten oder Pulver die bevorzugten Optionen für die orale Einnahme von CDP-Cholin als Nahrungsergänzungsmittel.

Unser Fazit zu CDP-Cholin

CDP-Cholin ist ein vielversprechendes Nahrungsergänzungsmittel mit potenziellen Wirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Gesundheit des Nervensystems. Aufgrund seiner Rolle im Phospholipid-Stoffwechsel und seiner Fähigkeit, die Phosphatidylcholin-Synthese zu fördern, könnte es zum Schutz und zur Regeneration von Zellmembranen beitragen. Einige Studien deuten auf mögliche Vorteile für Gedächtnis, Aufmerksamkeit und die Erholung nach Hirnschäden hin, die Evidenz ist jedoch begrenzt.

CDP-Cholin zeichnet sich durch ein sehr günstiges Sicherheitsprofil aus und ist in Dosierungen bis zu 4000 mg pro Tag gut verträglich. Dennoch sind weitere Forschungen nötig, um die langfristigen Auswirkungen und möglichen Wechselwirkungen besser zu verstehen. Insbesondere im Hinblick auf psychische Nebenwirkungen sind die Daten nicht eindeutig.

Für gesunde Menschen, die ihre kognitive Leistungsfähigkeit optimieren möchten, könnte CDP-Cholin eine interessante Option sein. Patienten mit neurologischen Erkrankungen sollten die Einnahme jedoch unbedingt mit ihrem behandelnden Arzt abstimmen. Obwohl die bisherigen Ergebnisse vielversprechend sind, reicht die aktuelle Datenlage noch nicht aus, um CDP-Cholin als Standardtherapie bei Erkrankungen wie Schlaganfall oder Demenz zu empfehlen. Weitere qualitativ hochwertige Studien sind erforderlich, um die möglichen therapeutischen Anwendungen besser einschätzen zu können.

Insgesamt stellt CDP-Cholin ein interessantes und relativ sicheres Nahrungsergänzungsmittel dar, das in Zukunft eine relevante Option für die Unterstützung der kognitiven Gesundheit und die Vorbeugung altersbedingter neurologischer Veränderungen sein könnte. Dennoch sollte man realistisch bleiben und keine Wunder erwarten – ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und geistiger Aktivität ist nach wie vor die beste Grundlage für ein gesundes Gehirn bis ins hohe Alter.

Quellen:

[1] Single-ingredient Preparations (: Citicoline). In: Martindale: The Complete Drug Reference [ed.by Sweetman S], 35th Ed. 2007, The Pharmaceutical Press: London (UK).

[2] Fagone P, Jackowski S. Phosphatidylcholine and the CDP-choline cycle. Biochim Biophys Acta. 2013 Mar;1831(3):523-32.

[3] Schäbitz WR. CDP-Cholin zur Behandlung des Schlaganfalls. Psychopharmakotherapie. 2009;16(3):101-105.

[4] Davalos A et al. Oral citicoline in acute ischemic stroke: an individual patient data pooling analysis of clinical trials. Stroke. 2002 Dec;33(12):2850-7.

[5] Gareri P et al. The role of citicoline in cognitive impairment: pharmacological characteristics, possible advantages, and doubts for an old drug with new perspectives. Clin Interv Aging. 2015 Sep 3;10:1421-9.

[6] Dinsdale JR et al. Pharmacokinetics of 14C CDP-choline. Arzneimittelforschung. 1983;33(7):1066-70.

[7] Lopez-Coviella I et al. Evidence that 5′-cytidinediphosphocholine can affect brain phospholipid composition by increasing choline and cytidine plasma levels. J Neurochem. 1995 Aug;65(2):889-94.

[8] Babb SM et al. Chronic citicoline increases phosphodiesters in the brains of healthy older subjects: an in vivo phosphorus magnetic resonance spectroscopy study. Psychopharmacology (Berl). 2002 May;161(3):248-54.

[9] Secades JJ, Lorenzo JL. Citicoline: pharmacological and clinical review, 2006 update. Methods Find Exp Clin Pharmacol. 2006 Sep;28 Suppl B:1-56.

[10] Schäbitz WR et al. The effects of prolonged treatment with citicoline in temporary experimental focal ischemia. J Neurol Sci. 1996 Sep;138(1-2):21-5.

[11] Saver JL. Citicholine: update on a promising and widely available agent for neuroprotection and neurorepair. Rev Neurol Dis. 2008 Fall;5(4):167-77.

[12] Dávalos A et al. Citicoline in the treatment of acute ischaemic stroke: an international, randomised, multicentre, placebo-controlled study (ICTUS trial). Lancet. 2012 Jul 28;380(9839):349-57.

[13] Improved Attentional Performance Following Citicoline Administration in Healthy Adult Women. Food and Nutrition Sciences, 2012, 3, 769-773

[14] Tardner P. Can Citicoline Cause Depression?: A review of the clinical literature. International Journal of Environmental Science & Technology. 2020 Aug 28.

[15] Talih F, Ajaltouni J. Probable Nootropicinduced Psychiatric Adverse Effects: A Series of Four Cases. Innov Clin Neurosci. 2015 Nov-Dec;12(11-12):21-5.

[16] Alvarez XA et al. Citicoline improves memory performance in elderly subjects. Methods Find Exp Clin Pharmacol. 1997 Apr;19(3):201-10.

[17] Improved Attentional Performance Following Citicoline Administration in Healthy Adult Women. Food and Nutrition Sciences, 2012, 3, 769-773

Yannik
Von Yannik
Hey, mein Name ist Yannik. Ich bin der Co-Chefredakteur von nahrung.de und befasse mich bereits seit geraumer Zeit mit den Themen Ernährung sowie Nahrungsergänzung. Eine objektive und aufklärende Berichterstattung ist mir besonders wichtig!
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