In Fitness-Studios und Online-Shops für Sportnahrung begegnet man immer wieder der Abkürzung AAKG. Dahinter verbirgt sich L-Arginin-Alpha-Ketoglutarat – eine Verbindung aus der Aminosäure Arginin und Alpha-Ketoglutarsäure. Viele Sportler schwören auf AAKG als Pump-Booster und Alternative zum herkömmlichen Arginin. Doch was steckt wirklich hinter diesem Supplement? Die wissenschaftliche Datenlage zeigt ein gemischtes Bild mit einigen interessanten Aspekten, aber auch klaren Grenzen.
Was ist AAKG genau?
AAKG besteht aus zwei Molekülen der Aminosäure L-Arginin und einem Molekül Alpha-Ketoglutarsäure (AKG). Diese Verbindung entsteht durch eine chemische Bindung, die beide Komponenten zusammenhält. Im Körper zerfällt AAKG wieder in seine Einzelteile – also in Arginin und AKG. Die Idee dahinter: Beide Substanzen sollen sich in ihrer Wirkung ergänzen und verstärken.
L-Arginin kennen viele als die Aminosäure, die im Körper zu Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt wird. Stickstoffmonoxid erweitert die Blutgefäße und verbessert dadurch die Durchblutung. Alpha-Ketoglutarsäure spielt eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel der Zellen. Sie ist ein Zwischenprodukt im Citratzyklus – dem zentralen Stoffwechselweg zur Energiegewinnung in unseren Zellen.
Die Hersteller von AAKG-Präparaten argumentieren, dass diese Kombination besser vom Körper aufgenommen wird als reines Arginin. Außerdem soll die zusätzliche Alpha-Ketoglutarsäure den Energiestoffwechsel unterstützen. Ob diese Versprechen der Realität standhalten, schauen wir uns im Detail an.
Die biochemischen Grundlagen
Um die Wirkungsweise von AAKG zu verstehen, müssen wir uns die beteiligten Stoffwechselwege genauer ansehen. Der Körper verarbeitet AAKG in mehreren Schritten, wobei verschiedene Enzyme und Transportmechanismen eine Rolle spielen.
Der Arginin-Stoffwechsel
Nach der Einnahme spaltet sich AAKG im Verdauungstrakt in seine Bestandteile auf. Das freigesetzte L-Arginin wird über spezielle Aminosäure-Transporter in die Darmzellen aufgenommen. Von dort gelangt es ins Blut und zu den verschiedenen Geweben. In den Blutgefäßwänden wandelt das Enzym NO-Synthase (NOS) Arginin zu Stickstoffmonoxid um [1]. Dieser Prozess benötigt verschiedene Cofaktoren wie Tetrahydrobiopterin, NADPH und molekularen Sauerstoff.
Die NO-Produktion läuft nicht unbegrenzt ab. Bei hohen Arginin-Konzentrationen hemmt das Enzym Arginase die NO-Synthase. Arginase baut Arginin zu Ornithin und Harnstoff ab – ein wichtiger Schritt im Harnstoffzyklus zur Entgiftung von Ammoniak. Diese Konkurrenz zwischen NO-Synthase und Arginase begrenzt die maximale NO-Produktion aus Arginin [2].
Die Rolle der Alpha-Ketoglutarsäure
Alpha-Ketoglutarsäure (AKG) nimmt eine zentrale Position im Citratzyklus ein. Dieser Stoffwechselweg findet in den Mitochondrien – den Kraftwerken der Zellen – statt. AKG wird dort zu Succinyl-CoA umgewandelt, wobei NADH entsteht. NADH liefert Elektronen für die Atmungskette, die letztendlich ATP produziert – die universelle Energiewährung der Zellen.
Interessant ist, dass AKG auch außerhalb des Energiestoffwechsels wichtige Funktionen hat. Es dient als Stickstoff-Akzeptor bei der Bildung von Glutamat und Glutamin. Diese Aminosäuren sind wichtig für die Proteinsynthese und das Immunsystem. Studien zeigen, dass eine AKG-Supplementierung die Glutamin-Spiegel im Blut erhöhen kann [3].
Absorption und Bioverfügbarkeit
Ein häufiges Verkaufsargument für AAKG ist die angeblich bessere Aufnahme im Vergleich zu reinem L-Arginin. Die wissenschaftlichen Daten zeichnen hier allerdings ein differenziertes Bild. Mehrere Faktoren beeinflussen, wie gut der Körper AAKG tatsächlich nutzen kann.
Aufnahme im Darm
Die Aufnahme von Aminosäuren im Darm erfolgt über spezielle Transportsysteme. L-Arginin nutzt hauptsächlich den y+-Transporter, der auch andere basische Aminosäuren wie Lysin und Ornithin transportiert. Diese Aminosäuren konkurrieren um denselben Transporter, was die Aufnahme beeinflussen kann [4].
Bei AAKG kommt hinzu, dass die Verbindung erst in ihre Bestandteile zerlegt werden muss. Dies geschieht durch Enzyme im Darmtrakt. Die Geschwindigkeit dieser Spaltung beeinflusst, wie schnell Arginin zur Verfügung steht. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Bindung an AKG die Arginin-Freisetzung verlangsamt. Das könnte zu einer gleichmäßigeren, aber nicht unbedingt höheren Arginin-Verfügbarkeit führen [5].
Der First-Pass-Effekt
Ein großes Problem bei der oralen Arginin-Supplementierung ist der sogenannte First-Pass-Effekt. Etwa 40 Prozent des aufgenommenen Arginins werden bereits in der Darmwand und Leber abgebaut, bevor es den systemischen Kreislauf erreicht [6]. Die Leber nutzt Arginin für die Harnstoffsynthese und andere Stoffwechselprozesse.
Ob die Bindung an AKG diesen First-Pass-Effekt verringert, ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt. Einige Hersteller behaupten dies, aber überzeugende Studien fehlen. Die verfügbaren Daten deuten eher darauf hin, dass AAKG ähnlichen Abbauprozessen unterliegt wie freies Arginin.
Wissenschaftliche Studienlage zu AAKG
Die Forschung zu AAKG konzentriert sich hauptsächlich auf drei Bereiche: sportliche Leistung, Muskelaufbau und kardiovaskuläre Effekte. Schauen wir uns die wichtigsten Studien und ihre Ergebnisse genau an.
Studien zur sportlichen Leistung
Eine der bekanntesten Untersuchungen stammt von Campbell und Kollegen aus dem Jahr 2006. In dieser placebokontrollierten Studie erhielten 35 trainierte Männer über acht Wochen entweder 12 Gramm AAKG täglich oder ein Placebo. Die Forscher maßen verschiedene Leistungsparameter wie Maximalkraft beim Bankdrücken und die Körperzusammensetzung [7].
Die Ergebnisse waren gemischt: Die AAKG-Gruppe zeigte eine leichte, aber statistisch bedeutsame Verbesserung der Maximalkraft beim Bankdrücken (etwa 6 Kilogramm mehr als die Placebo-Gruppe). Bei anderen Kraftübungen fanden sich keine Unterschiede. Auch die Körperzusammensetzung änderte sich nicht bedeutsam zwischen den Gruppen.
Eine neuere Studie von Willoughby und Kollegen (2011) untersuchte die akuten Effekte von AAKG. 24 Männer erhielten entweder 3,7 Gramm AAKG oder Placebo eine Stunde vor dem Training. Die Forscher maßen Blutfluss, NO-Marker und Muskelkraft. Überraschenderweise fanden sie keine Unterschiede zwischen AAKG und Placebo bei allen gemessenen Parametern [8].
Studie | Teilnehmer | AAKG-Dosis | Dauer | Hauptergebnis |
---|---|---|---|---|
Campbell et al. 2006 | 35 trainierte Männer | 12 g/Tag | 8 Wochen | +6 kg Bankdrücken |
Willoughby et al. 2011 | 24 Männer | 3,7 g einmalig | Akut | Kein Effekt |
Bailey et al. 2015 | 12 aktive Männer | 6 g/Tag | 7 Tage | Kein Effekt auf Ausdauer |
Wax et al. 2013 | 12 trainierte Männer | 3 g einmalig | Akut | Kein Effekt auf Wiederholungen |
Effekte auf Muskelpump und Durchblutung
Der „Muskelpump“ – das Gefühl praller, durchbluteter Muskeln während des Trainings – ist ein beliebtes Verkaufsargument für AAKG. Die wissenschaftliche Evidenz dafür ist allerdings dünn. Eine Studie von Wax und Kollegen (2013) untersuchte gezielt diesen Aspekt. Die Forscher gaben 12 trainierten Männern entweder 3 Gramm AAKG oder Placebo vor einem Oberkörpertraining [9].
Die Teilnehmer bewerteten subjektiv ihren Muskelpump auf einer Skala. Zusätzlich wurden objektive Messungen wie Armumfang und Hauttemperatur durchgeführt. Das Ergebnis: Keine signifikanten Unterschiede zwischen AAKG und Placebo. Weder die subjektive Wahrnehmung noch die objektiven Messungen zeigten einen verstärkten Pump-Effekt durch AAKG.
Stickstoffmonoxid-Produktion
Die Grundannahme hinter AAKG ist, dass mehr Arginin zu mehr Stickstoffmonoxid führt. Mehrere Studien haben dies untersucht, indem sie NO-Metabolite im Blut oder Urin gemessen haben. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Eine Untersuchung von Liu und Kollegen (2009) fand keine erhöhten Nitrit- oder Nitrat-Spiegel (Marker für NO-Produktion) nach AAKG-Einnahme bei gesunden jungen Männern [10].
Ein möglicher Grund: Bei gesunden Menschen mit normaler Ernährung ist Arginin selten der limitierende Faktor für die NO-Produktion. Die NO-Synthase benötigt verschiedene Cofaktoren, und die Enzymaktivität wird streng reguliert. Mehr Arginin führt daher nicht automatisch zu mehr NO.
Dosierung und Einnahmeempfehlungen
Die in Studien verwendeten AAKG-Dosierungen variieren erheblich. Das macht es schwierig, klare Empfehlungen abzuleiten. Dennoch lassen sich aus der wissenschaftlichen Literatur und den Herstellerangaben einige Orientierungspunkte ableiten.
Übliche Dosierungsbereiche
Die meisten AAKG-Supplemente empfehlen Tagesdosen zwischen 3 und 12 Gramm. Diese große Spanne erklärt sich teilweise durch unterschiedliche Einnahmeziele. Für einen akuten Pump-Effekt werden oft 3-6 Gramm etwa 30-60 Minuten vor dem Training empfohlen. Für längerfristige Effekte setzen einige Protokolle auf höhere Dosen von 10-12 Gramm täglich, aufgeteilt auf mehrere Einnahmen [11].
Wichtig zu beachten: Die angegebene Menge bezieht sich auf AAKG, nicht auf reines Arginin. Da AAKG aus zwei Teilen Arginin und einem Teil AKG besteht, enthält 1 Gramm AAKG nur etwa 650 Milligramm Arginin. Wer also 6 Gramm AAKG einnimmt, bekommt etwa 3,9 Gramm Arginin.
Einnahmeziel | AAKG-Dosis | Arginin-Gehalt | Einnahmezeitpunkt |
---|---|---|---|
Akuter Pump | 3-6 g | 2-3,9 g | 30-60 Min vor Training |
Dauereinnahme | 6-12 g | 3,9-7,8 g | 2-3x täglich |
Studienprotokoll | 3,7-12 g | 2,4-7,8 g | Variabel |
Timing der Einnahme
Der Zeitpunkt der AAKG-Einnahme kann die Wirkung beeinflussen. Arginin wird relativ schnell aufgenommen, mit Spitzenspiegeln im Blut nach etwa 60-90 Minuten. Für einen möglichen Trainingseffekt empfiehlt sich daher die Einnahme 30-60 Minuten vor dem Workout. Einige Sportler berichten von besseren Ergebnissen bei Einnahme auf nüchternen Magen, wissenschaftliche Belege dafür fehlen aber.
Bei höheren Tagesdosen sollte die Menge auf mehrere Einnahmen verteilt werden. Dies verringert das Risiko von Magen-Darm-Beschwerden und könnte zu gleichmäßigeren Arginin-Spiegeln führen. Eine typische Aufteilung wäre morgens, vor dem Training und abends.
Nebenwirkungen und Sicherheitsaspekte
AAKG gilt allgemein als sicheres Nahrungsergänzungsmittel. Dennoch können Nebenwirkungen auftreten, besonders bei höheren Dosierungen. Die häufigsten Beschwerden betreffen den Magen-Darm-Trakt.
Häufige Nebenwirkungen
Übelkeit, Durchfall und Bauchkrämpfe sind die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen. Diese treten meist bei Dosierungen über 10 Gramm täglich auf. Eine Studie von Grimble (2007) fand, dass etwa 15 Prozent der Teilnehmer bei 12 Gramm AAKG täglich über Magen-Darm-Beschwerden klagten [12]. Die Symptome verschwanden nach Dosisreduktion oder Absetzen.
Einige Anwender berichten auch über Kopfschmerzen, besonders in den ersten Tagen der Einnahme. Dies könnte mit der gefäßerweiternden Wirkung von Stickstoffmonoxid zusammenhängen. Menschen mit niedrigem Blutdruck sollten vorsichtig sein, da Arginin theoretisch den Blutdruck weiter senken könnte.
Wechselwirkungen mit Medikamenten
AAKG kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren. Besondere Vorsicht ist geboten bei:
- Blutdrucksenkern: Arginin kann deren Wirkung verstärken
- Blutverdünnern: Mögliche Verstärkung der gerinnungshemmenden Wirkung
- Viagra und ähnlichen Medikamenten: Beide wirken über den NO-Weg, Kombination kann zu gefährlichem Blutdruckabfall führen
- Diabetes-Medikamenten: Arginin kann den Blutzucker beeinflussen
Menschen mit Herpes-Infektionen sollten vorsichtig sein. Arginin kann die Vermehrung von Herpes-Viren fördern, da diese Aminosäure für ihre Replikation benötigen. Bei aktiven Herpes-Ausbrüchen wird oft von Arginin-Supplementen abgeraten [13].
Langzeitsicherheit
Die meisten Studien zu AAKG dauerten nur wenige Wochen bis Monate. Daten zur Langzeitsicherheit über Jahre sind begrenzt. Bisher gibt es keine Hinweise auf schwerwiegende Langzeitnebenwirkungen bei normalen Dosierungen. Dennoch empfiehlt sich bei Dauereinnahme eine regelmäßige ärztliche Kontrolle, besonders bei Vorerkrankungen.
AAKG im Vergleich zu anderen Arginin-Formen
Neben AAKG gibt es verschiedene andere Arginin-Supplemente auf dem Markt. Ein Vergleich hilft, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Formen zu verstehen.
L-Arginin HCl (Hydrochlorid)
Die einfachste und günstigste Form ist L-Arginin Hydrochlorid. Es besteht aus Arginin und Salzsäure, was zu einem sauren pH-Wert führt. Die Bioverfügbarkeit ist gut erforscht und liegt bei etwa 70 Prozent. Der Nachteil: Der saure Geschmack und mögliche Magenreizungen bei empfindlichen Personen. Preislich liegt L-Arginin HCl deutlich unter AAKG – oft kostet es nur ein Drittel [14].
L-Arginin Base
Arginin Base ist die reine Form ohne zugesetzte Säure. Der pH-Wert ist basisch, was für manche Menschen verträglicher ist. Die Aufnahme ist ähnlich wie bei Arginin HCl. Der höhere pH-Wert kann bei empfindlichem Magen von Vorteil sein. Preislich liegt es zwischen HCl und AAKG.
L-Citrullin und Citrullin-Malat
Eine interessante Alternative ist L-Citrullin. Diese Aminosäure wird im Körper zu Arginin umgewandelt. Der Vorteil: Citrullin umgeht teilweise den First-Pass-Effekt in der Leber. Studien zeigen, dass Citrullin die Arginin-Spiegel im Blut effektiver erhöht als Arginin selbst [15]. Citrullin-Malat kombiniert Citrullin mit Apfelsäure und zeigt in einigen Studien positive Effekte auf die Trainingsleistung.
Arginin-Form | Vorteile | Nachteile | Relativer Preis |
---|---|---|---|
L-Arginin HCl | Günstig, gut erforscht | Sauer, Magenreizung möglich | € |
L-Arginin Base | pH-neutral, verträglich | Teurer als HCl | €€ |
AAKG | Zusätzlich AKG, Marketing | Teuer, wenig Evidenz | €€€ |
L-Citrullin | Bessere Bioverfügbarkeit | Indirekte Wirkung | €€€ |