Entkoffeinierter Kaffee findet immer mehr Anhänger unter gesundheitsbewussten Menschen. Nicht alle Menschen schätzen die anregende Wirkung von Koffein, vor allem nicht in allen Lebensphasen und zu allen Zeiten des Tages. Deshalb entscheiden sich mehr und mehr Kaffeetrinker für entkoffeinierte Sorten.
Die wenigsten Kaffeeliebhaber machen sich dann Gedanken darüber, wie der von Ihnen gekaufte Kaffee ohne Koffein entstanden ist. Dabei ist bereits die Bezeichnung „Kaffee ohne Koffein“ missverständlich. Auch entkoffeinierter Kaffee ist niemals zu 100 % frei von Koffein. Bei entkoffeinierten Kaffeesorten gibt es große Qualitätsunterschiede. Nicht zuletzt entscheidet das zur Entkoffeinierung eingesetzte Verfahren über die Bewertung. Deshalb lohnt es sich, etwas genauer hinzusehen beim Thema Entkoffeinierung.
Erfahren Sie in diesem Beitrag unter anderem mehr dazu, was ein direktes Verfahren ist und was es bei der Entkoffeinierung bedeutet. Hier stellen wir Ihnen die Vor- und Nachteile dieses Prozesses vor. Die meisten echten Kaffeekenner geben anderen Verfahren bei der Entkoffeinierung den Vorzug. Das hat gute Gründe.
Grundsätzliches zur Herstellung von Kaffee
Viele von uns orientieren sich bei der Wahl einer Kaffeesorte vor allem an den Kaffeebohnen. Hier spielen Stichworte wie Arabica und Robusta heute selbst im Supermarkt eine Hauptrolle. Auch wer als Kaffeekenner kein Profi ist, hat vielleicht schon einmal etwas von unterschiedlichen Anbaugebieten für Kaffee gehört.
Ebenso ist den meisten Kaffeefreunden bekannt, dass die Röstung ein weiterer wichtiger Qualitätsaspekt von Kaffee ist. Sie entscheidet besonders über das Aroma und die Bewertung einer Bohne als eher mild oder intensiv. Die schonendere Röstung im Manufakturbereich mit Temperaturen von etwa 200 °C wird bei niedrigeren Temperaturen durchgeführt als die Schockröstung bei Industriekaffee. Ebenso ist der gesamte Prozess hier eher verlangsamt. Deshalb sind schonend geröstete Kaffeesorten meistens milder im Geschmack.
Neben der Röstung ist auch der Mahlgrad eine entscheidende Komponente für den Geschmack unseres Kaffeegetränkes. Fein gemahlene Mehle für Espresso oder Mokka, mittelfeine für den von vielen geliebten Filterkaffee sowie grobe für French Coffee mit Aufguss. So weit, so gut. Was aber ist noch entscheidend für die Qualität von entkoffeiniertem Kaffee?
Einige Worte zum Koffein
Vielleicht könnte man sagen, der echte Kaffeekenner kann sich Kaffee ohne Koffein kaum vorstellen. Es ist unter anderem die anregende Wirkung dieser Substanz, die Kaffee für ihn so wertvoll macht.
Koffein ist nicht nur in Kaffee enthalten. Auch Tee, Kakao, Cola und Guarana oder Grüntee sind reich an Koffein. Der natürliche Stoff wirkt anregend auf das menschliche zentrale Nervensystem. In reiner Form handelt es sich um ein weißes Pulver, das einen leicht bitteren Geschmack hat. Es steigert die Herzfrequenz, fördert die Harnbildung und Eigenbewegungen in unserem Verdauungstrakt. Im Gehirn verengt es die Blutgefäße, in den äußeren Bereichen und in den Bronchien erweitert es sie. Die Produktion von Magensäure wird durch Koffein gesteigert, dies kann zu Sodbrennen führen.
Nicht immer sind diese für manche Menschen unverzichtbaren Wirkungen auf den menschlichen Körper gewünscht. In den Abendstunden können viele Menschen Koffein nicht mehr genießen, weil es sie um den Schlaf bringt. Schwangere verzichten aus nachvollziehbaren Gründen auf Koffein.
Als echte Kaffeeliebhaber möchte diese Menschen nicht auf das Aroma und den Geschmack von Kaffeegetränken verzichten. Hier ist einer der Gründe zu sehen, warum Kaffeeexperten begannen, nach Möglichkeiten zu suchen, das Koffein aus dem Kaffee zu extrahieren.
Von Natur aus sind in Kaffeebohnen 2-5 % Koffein enthalten. Etwas mehr Koffein enthalten die Robusta-Sorten im Vergleich mit Arabica. Deshalb kann die zunächst auf den ersten Blick starke schwarze, kleine Tasse Espresso milder sein als mancher Filterkaffee. Arabica macht sich dann bemerkbar.
Entkoffeinierter Kaffee enthält einen Restanteil von Koffein. In Deutschland darf Kaffee als koffeinfrei vermarktet werden, wenn er nicht mehr als 0,1 % der anregenden Substanz enthält. Bei den löslichen Kaffeesorten ist der Grenzwert bei 0,3 % Koffein angesetzt. International gelten Kaffeesorten als koffeinfrei, wenn sie auf bis zu 97 % vom Koffein befreit worden sind.
Regelmäßig finden wir keine Angaben auf der Packung dazu, mit welchem Verfahren ein Kaffee entkoffeiniert worden ist. Ausnahmen bestehen dann, wenn der Anbieter auch den hochwertigen Entkoffeinierungsprozess als besonderes Qualitätsmerkmal seines Kaffees ansieht. Offensichtlich gibt es hier unterschiedliche Verfahren, die Wirkung auf das Aroma und die Qualität eines Kaffees haben können.
Historische Wurzeln der Entkoffeinierung
Wir bringen es hier von Anfang an auf den Punkt: Das erste Verfahren zur Entkoffeinierung war ein Prozess, der Lösungsmittel einsetzte. Schlimmer noch, es handelte sich dabei um einen Stoff, der heute als krebserregend gilt. 1903 nutzte der deutsche Kaffeeröster Ludwig Roselius, Gründer der Firma HAG, Benzol zur Entkoffeinierung. Seiner Auffassung nach war sein Vater an einer Koffeinvergiftung gestorben. Das gab einem Perfektionisten wie ihm die Motivation, eine später patentierte Methode zur Entkoffeinierung zu finden. Roselius machte sich damit zu einem Pionier der Entkoffeinierung. Lange Zeit war sein Verfahren der Maßstab für alle kommerziellen Entkoffeinierungsverfahren. Es sollte bis in die 1970er-Jahre hinein dauern, bis ein Verfahren ohne Lösungsmitteleinsatz entwickelt wurde.
Lösungsmittel kommen auch heute noch teilweise bei der Entkoffeinierung zum Einsatz. Dabei sind im Detail weitere Unterschiede bei der Lösungsmittel-Entkoffeinierung zu unterscheiden.
Direktes Verfahren und indirektes Verfahren
Benzol ist inzwischen zur Entkoffeinierung verboten. Heute kommen als Lösungsmittel Dichlormethan sowie Ethylacetat infrage.
Dichlormethan ist dabei nicht nur unter Kaffeekennern höchst umstritten. Eine mögliche langfristige schädliche Wirkung könnte von dieser Substanz ausgehen.
Ethylacetat gilt als gesundheitlich unbedenklich. Kaffeesorten, die mit dieser Substanz entkoffeiniert wurden, dürfen sogar das Etikett „natürlich entkoffeinierter Kaffee“ tragen. Wie steht es aber um die Gesamtbewertung von mit Lösungsmitteln entkoffeinierten Kaffeesorten?
Das direkte Verfahren
Beim direkten Verfahren kommen die grünen Kaffeebohnen in besonders intensiver Weise mit dem Lösungsmittel in Kontakt. Nach einer Behandlung mit heißem Wasserdampf werden sie für 10 Stunden in das Lösungsmittel eingeweicht. Nach Ablauf der Zeit wird das Lösungsmittel abgeschüttet. Jetzt geht es darum, die Bohnen möglichst vollständig von Resten der Lösungssubstanz zu reinigen. Gleichzeitig werden die Kaffeebohnen getrocknet.
Es versteht sich von selbst, dass es hier auf die Sorgfalt im Trocknungsprozess ankommt. Lösungsmittelrückstände können sich wie im Fall von Dichlormethan nicht nur auf das Aroma und den Geschmack des Kaffees auswirken. Reste des Lösungsmittels könnten teilweise auch gesundheitliche Risiken bedeuten.
Der direkte Kontakt mit den Kaffeebohnen entstammt der ursprünglichen Entkoffeinierungsmethode von Roselius. Die Technik kommt auch heute noch zum Einsatz, weil sie
- relativ preiswert ist.
- sich technisch einfach umsetzen lässt.
- weniger Zeit in Anspruch nimmt als indirekte Verfahren.
Als nachteilig wirkt sich die Unsicherheit über mögliche verbleibende Lösungsmittelrückstände aus. Auch was Aroma und Geschmack angeht, kann das direkte Verfahren im Vergleich mit indirekten Verfahren nicht bestehen.
Das indirekte Verfahren
Bei indirektem Verfahren werden die Kaffeebohnen nicht für Stunden in dem Lösungsmittel eingeweicht. Vielmehr werden Kaffeebohnen zunächst gekocht, als würde man Kaffee zubereiten wollen. Das heiße Wasser sorgt dafür, dass alle wasserlöslichen Stoffe herausgelöst werden. Es entsteht eine Lösung. Diese wird in einem weiteren Verfahrensschritt mit dem Lösungsmittel versetzt, um das Koffein zu extrahieren. Es entsteht eine koffeinfreie Lösung, die jetzt mit frischen grünen Kaffeebohnen vermischt und erneut erhitzt wird. Hier kommt es zu einem Osmose-Prozess.
Osmose beschreibt einen Wanderungsprozess, der zu einer Balance zwischen Lösungen mit höherer Konzentration und Lösungen geringerer Konzentration führt. Nach dem gleichen Prinzip gelangen im menschlichen Körper Substanzen in die Zellen. Das Osmose-Prinzip führt bei der Entkoffeinierung von Kaffee dazu, dass am Ende die Kaffeebohnen koffeinfrei sind. Anders als wir es für ein direktes Verfahren kennen, ist der Kontakt zum Lösungsmittel nur kurz. Das Risiko für Lösungsmittelrückstände ist deshalb vergleichsweise gering. Indirekte Verfahren sind teilweise auch die Basis für Entkoffeinierungsmethoden, die auf den Einsatz chemischer Lösungsmittel verzichten können. Eine davon ist die Schweizer-Wassermethode, auch Schweizer Decaf genannt.
Schweizer Decaf
Die Schweizer-Wasser-Methode war Anfang 1970 der erste Prozess zur Entkoffeinierung, der ohne chemische Lösungsmittel auskam. Der osmotische Prozess, den wir bereits im indirekten Verfahren beschrieben haben, wird hier einfach mit Wasser durchgeführt. Eingeweicht werden grüne Kaffeebohnen in heißes Wasser, bis der Quellprozess zur Herauslösung aller wasserlöslichen Substanzen geführt hat. Danach wird allein mit Wasser der gesamte Prozess durchgeführt, den wir für ein indirektes Verfahren kennen.
Indirekte Verfahren – ihre Vor- und Nachteile
Wer sich schon einmal mit osmotischen Prozessen auseinandergesetzt hat, kennt einen entscheidenden Nachteil solcher Verfahren: Sie nehmen viel Zeit in Anspruch. Das gilt schon allein deshalb, weil diese Methode der Entkoffeinierung mehrere Phasen durchläuft. Ebenso sind verschiedene Ansätze mit Kaffeebohnen notwendig.
Die erste Charge der Kaffeebohnen muss vernichtet werden. Alles das verteuert den Prozess der Entkoffeinierung in den indirekten Verfahren. Es verwundert deshalb nicht, dass ein direktes Verfahren heute immer noch von Produzenten angewendet wird. Es erscheint um so vieles einfacher und preiswerter, die Kaffeebohnen für viele Stunden in ein Lösungsmittel einzuweichen und danach einfach einen Trocknungsprozess einzuleiten.
Getrocknet werden die Bohnen auch beim indirekten Verfahren. Aber erst, nachdem der osmotische Prozess zu einem Gleichgewicht in der Konzentration der Lösungen geführt hat und das Koffein herausgelöst wurde.
Aroma und Geschmack gelten bei vielen Kaffeekennern beim Schweizer Decaf als überragend. Dennoch wird dieses Verfahren heute nur von sehr wenigen Kaffeeproduzenten zur Entkoffeinierung eingesetzt.
Entkoffeinierung mit Kohlendioxid
Als besonders schonende Methode der Entkoffeinierung gilt das CO2-Verfahren. Flüssiges oder überkritisches CO2 wird dabei unter hohem Druck durch die Kaffeebohnen gepresst. Auf diese Weise wird das Koffein abgeschieden. Auch das Kohlendioxid-Verfahren nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Es sind mehrere Arbeitsschritte notwendig, bis der gewünschte Koffeingehalt der Bohnen erreicht wird. Solange werden die Druckprozesse in dafür entwickelten Kesseln durchgeführt. Es versteht sich von selbst, dass Entkoffeinierung mit CO2 nach speziellen Anlagen verlangt. Auch diese Methode ist deshalb nicht preiswert. Sie ist vor allem mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden.
Was Qualität, Geschmack und Aroma der auf diese Weise entkoffeinierten Bohnen angeht, kann ein direktes Verfahren hier nicht mithalten. Kaffeeexperten sind heute überzeugt, dass die CO2-Methode optimal für die Entkoffeinierung hochwertiger Kaffeesorten ist. Deshalb ist diese Methode für viele Premium-Hersteller von Kaffee interessant und Maßstab.
Das CO2-Verfahren zeigt auch, wie weit sich heute Entkoffeinierungsmethoden von ihrem Ursprung entfernt haben. Lösungsmittelfrei, mit zuverlässiger Abscheidung von Koffein, entsteht ein entkoffeinierter Kaffee höchster Güte.
Direktes Verfahren – Entkoffeinierung mit Zukunft?
Kann man sich mit Blick auf diese schonende Premium-Technologie mit CO2 noch für ein direktes Verfahren bei der Entkoffeinierung begeistern? Am Ende entscheidet wie häufig der Preis. Bei preisgünstigen, industriell gerösteten Kaffeesorten durchschnittlicher oder minderer Qualität ist ein hochwertiger Entkoffeinierungsprozess wie die CO2-Methode nicht angemessen. Die Kosten stünden hier vielleicht in keinem Verhältnis zur Basisqualität der Kaffeesorten. Deshalb entscheiden sich gerade industrielle Hersteller von Kaffee häufiger für ein direktes Verfahren. Schließlich lassen sich damit preisgünstig große Mengen von Kaffeebohnen entkoffeinieren. Die Zielgruppe legt dabei weniger Wert auf Aroma und Geschmack als anspruchsvolle Kaffeetrinker.
Allerdings wird das Bewusstsein vieler Verbraucher für Zusatzstoffe und Verunreinigungen in allen Lebensmitteln immer größer. Hier steigt auch die Aufmerksamkeit für eventuelle Lösungsmittelrückstände in Kaffeebohnen. Zwar ist Ethylacetat als natürliche Substanz zurzeit nicht als schädlich angesehen. Dennoch kann ein direktes Verfahren immer mit Lösungsmittelresten einhergehen.
Das wirkt sich nicht nur auf Geschmack und Aroma aus. Es schafft auch bei vielen Verbrauchern zunehmend ein ungutes Gefühl. Eine Voraussetzung für mehr Aufmerksamkeit für die Prozesse bei der Entkoffeinierung sind Kenntnisse zu den verschiedenen Verfahren. Solange auf entkoffeinierten Kaffees nicht immer ausgewiesen wird, dass ein direktes Verfahren zur Anwendung gekommen ist, setzen sich die meisten Verbraucher nicht mit dem Thema Entkoffeinierung auseinander. Die Informationen hier könnten vielleicht dazu beitragen, mehr Bewusstsein für das Thema Entkoffeinierung und die möglichen Methoden zu schaffen. Es kann sich lohnen, bei der Wahl eines entkoffeinierten Kaffees auch nach dem Entkoffeinierungsprozess zu fragen.