Niacin

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Niacin

Wer sich mit Supplements befasst, wird früher oder später über Niacin stolpern. Glaubt man den Eintragungen in diversen Foren, soll es die mentale Energie unterstützen, Stimmung und Konzentration fördern oder für schöne Haut und Haare sorgen. Doch was genau ist Niacin eigentlich, wie wirkt es im Körper und kann es wirklich halten, was ihm nachgesagt wird?

Niacin

Was ist eigentlich Niacin?

Niacin ist eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche Pyridin-3-Carbonsäuren. Die wichtigsten von ihnen sind Nicotinsäure und Nicotinamid, die im Körper ineinander umgewandelt werden können. Dort entfalten sie ihre Wirkung in Form der wichtigen Coenzyme Nicotinamid-adenin-dinukleotid (NAD) und Nicotinamid-adenin-dinukleotid-phosphat (NADP), die ebenfalls unter die Sammelbezeichnung Niacin fallen. Niacin gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen des B-Komplexes und wurde früher auch als Vitamin B3 bezeichnet. Diese Begrifflichkeit gilt inzwischen allerdings als veraltet, ist aber in der Literatur oftmals noch zu finden.

Niacin kann in einem nicht unerheblichen Umfang in der Leber und den Nieren selbst hergestellt werden. Als Basis dient die essentielle Aminosäure Tryptophan, die in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Folsäure, Riboflavin (Vitamin B2) und Pyridoxin (Vitamin B6) sind ebenfalls an diesem Stoffwechselweg beteiligt und müssen entsprechend vorliegen. Zusätzlich kann Niacin auch über die Nahrung aufgenommen werden. Durch diese zusätzliche Aufnahme wird sichergestellt, dass der Körper über eine genügende Menge des wichtigen Vitamins verfügen kann.

Wofür benötigt der Körper Niacin?

Im Körper entfaltet Niacin seine biologische Funktion durch die Coenzyme NAD und NADH. Gemeinsam mit über 200 unterschiedlichen Enzymen katalysieren sie Redoxreaktionen, bei denen Elektronen von einem Reduktionsmittel auf ein Oxidationsmittel übertragen werden. Diese Übertragung erfolgt über eine Vermittlung durch das Coenzym, ohne das die Reaktion somit nicht möglich wäre. Im Laufe des Prozesses wandeln sich NAD und NADH spiralförmig immer wieder ineinander um und geben dabei Elektronen an unterschiedliche Substrate weiter. Was zunächst sehr abstrakt klingt, ist ein grundlegender Prozess, der zu jeder Sekunde in jeder einzelnen Zelle des Körpers tausendfach abläuft und somit grundlegend für den gesamten Stoffwechsel ist. Im Folgenden sollen zwei Beispiele erläutert werden, die die Bedeutung von NAD/NADH und damit auch von Niacin für den menschlichen Stoffwechsel verdeutlichen.

Niacin zur Bereitstellung von Energie

Der Körper benötigt allein für die Aufrechterhaltung aller lebensnotwendigen Funktionen große Mengen Energie. Dieser Bedarf erhöht sich zusätzlich, wenn Arbeit z. B. in Form von Bewegung geleistet werden muss. Der universelle Energieträger für den Stoffwechsel ist Adenosintriphosphat (ATP), das vor allen Dingen in den Mitochondrien der Zellen in großer Menge hergestellt wird. Hier laufen zahlreiche Prozesse ab, die unter dem Oberbegriff der Zellatmung zusammengefasst werden und in großem Maße abhängig von den Coenzymen NAD und NADH sind. Die hier gewonnene Energie wird unter anderem für den Proteinaufbau, die Zellteilung oder den aktiven Transport von Substanzen verwendet und ist damit essentiell für einen gesunden Ablauf sämtlicher überlebenswichtigen Funktionen des menschlichen Körpers.

Stabilität des Erbguts

NAD bzw. NADH wird als Coenzym für unzählige Reaktionen benötigt, bei denen bestimmte Produkte entstehen. Eines dieser Produkte, das somit von dem Vorhandensein von Niacin abhängig ist, ist die sogenannte ADP-Ribose. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Reparatur von DNA-Schäden, die im Laufe des Lebens unwillkürlich auftreten. Oxidativer Stress, UV-Strahlung oder allein die normalen, sich immer wiederholenden Kopiervorgänge der DNA können zu solchen Schäden führen, die im schlimmsten Fall zum Absterben der Zelle oder zur Tumorbildung führen können. Die Reparatur dieser Schäden hat für den Körper somit eine hohe Priorität.

Die Bedeutung dieses Prozesses sowie seine Abhängigkeit von Niacin konnten australische Forscher im Jahr 2015 in der Praxis beobachten, indem sie feststellten, dass die zusätzliche Einnahme von Niacin bei einigen Menschen das Risiko für Hautkrebs senken konnte. Gerade in Australien ist die Belastung durch UV-Strahlung vergleichsweise hoch, sodass etwa die Hälfte der Bevölkerung im Laufe des Lebens Hautkrebs entwickelt. Damit ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Australien. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass durch UV-Strahlung entstandene DNA-Schäden durch eine bessere Versorgung mit Niacin effizienter repariert werden können und die Entstehung von Hautkrebs dadurch unterbunden wird. Dieser Mechanismus wird seitdem von internationalen Forschergruppen weiter untersucht. [1]

Im Jahr 2022 fassten Forscher aus England den aktuellen Forschungsstand, bestehend aus fünf randomisierten und kontrollierten Studien, eine histopathologische Studie und zwei Fallserien zusammen. Dabei stellten sie fest, dass es zwar noch immer keine eindeutigen Beweise dafür gibt, dass eine Supplementierung von Niacin (bzw. Nikotinamid) die Inzidenz von nicht-melanomem Hautkrebs tatsächlich reduziert, dennoch stellt dieses Verfahren aber eine einfache Behandlungsoption für Menschen dar, die ein besonders hohes Hautkrebsrisiko haben. [2]

Niacin für gesundes zentrales Nervensystem

Mehrere Studien deuten auf eine Schlüsselrolle von Niacin in der Gesundheit von Nervenzellen hin. So scheint die Verfügbarkeit des Vitamins für das Überleben und die Funktionen von Neuronen von entscheidender Bedeutung zu sein. Dabei kommen zahlreiche molekulare Mechanismen zu tragen, die ineinandergreifen und sich zu einem komplexen Gefüge verknüpfen, das noch nicht vollständig verstanden ist. Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist der mögliche Einfluss von Niacin auf die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Huntington sowie auf chronische Kopfschmerzen oder psychiatrische Störungen. So deutet zum Beispiel eine Studie aus den USA darauf hin, dass eine langfristige Supplementierung von Niacin vor einer Entstehung von Alzheimer oder anderen kognitiven Funktionsstörungen im Alter schützen kann [3]. Im Jahr 2019 fassten Forscher der Universität von Rom zusammen, dass zwar noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind, der Vermutung jedoch naheliegend ist, dass eine optimale Zufuhr von Niacin die neuronale Gesundheit fördert und eine pathologische oder altersbedingte Neurodegeneration verzögert. [4]

Was passiert bei einem Mangel an Niacin?

Eine leichte Unterversorgung mit Niacin zeigt sich in eher diffusen Symptomen. Hierzu gehören Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen. In der Regel tritt eine Unterversorgung mit Niacin nicht isoliert auf, sondern ist mit einer Unterversorgung anderer Vitamine assoziiert. Insbesondere die wasserlöslichen B-Vitamine müssen konstant mit der Nahrung aufgenommen werden, da sie mit Ausnahme von Vitamin B12 nicht bzw. nur in sehr geringen Mengen im Körper gespeichert werden können. Durch eine kritische Betrachtung und entsprechende Änderung des Ernährungsverhaltens oder über eine Supplementierung der B-Vitamine kann eine leichte Unterversorgung schnell behoben werden. Sie bleibt in der Regel ohne Folgen.

Eine starke Unterversorgung mit Niacin hingegen führt zu einer erstzunehmenden Mangelerkrankung mit dem Namen Pellagra. Betroffene zeigen eine starke Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Durchfall (als Folge einer starken Entzündung der Schleimhäute des Verdauungstraktes) und neurologische Störungen wie Lähmungen, Zittern und Gedächtnisstörungen. Typisch sind auch massive Hautveränderungen, insbesondere dort, wo sie dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. Die Behandlung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Gabe von Niacin, das aus diesem Grund auch als „Pellagra Preventing Faktor“ (PP-Faktor) bekannt ist. Bleibt eine solche Behandlung aus und findet auch sonst keine gesteigerte Zufuhr von Niacin statt, ist Pellagra innerhalb weniger Wochen tödlich.

Pellagra trat in Europa und Nordamerika vermehrt auf, nachdem der aus Südamerika gebrachte Mais sich aufgrund seines hohen Ertrages als Kulturpflanze stark verbreitete. Mais enthält zwar Niacin, jedoch ist es für den Körper nicht verwertbar, da es gebunden ist und im Darm so nicht aufgenommen werden kann. In Regionen, in denen viel Mais verzehrt wurde, entstand eine unerklärliche schwere Erkrankung, die nicht behandelt werden konnte. Trotz dieses Zusammenhanges, der auf ein mögliches Toxin in verdorbenem Mais zurückgeführt wurde, etablierte sich Mais aufgrund seines einfachen und kostengünstigen Anbaus in einigen ärmeren Regionen als Grundnahrungsmittel. Erst im 21. Jahrhundert wurde Pellagra als Mangelerkrankung erkannt und konnte endlich adäquat behandelt und vor allen Dingen vorgebeugt werden. Heute tritt die Pellagra nur noch selten auf. Dennoch häufen sich immer wieder Fälle in großen Flüchtlingslagern in Afrika oder in ländlichen Regionen Tansanias, in denen sich die Menschen aus Not vorwiegend von Mais oder Sorgumhirse ernähren können. Dabei ist ein Zusammenspiel mit anderen Mangelerscheinung aufgrund der Ernährungssituation die Regel.

Zusätzlich hierzu unterscheiden Mediziner eine sogenannte sekundäre Pellagra, bei der andere Erkrankungen die Ursache für einen ausgeprägten Niacinmangel darstellen. Hierzu gehören unter anderem chronische Colitis (Colitis ulcerosa), Morbus Crohn oder andere Formen chronischer Diarrhoe sowie Alkoholismus, ausgeprägte Ernährungsstörungen (Z. B. Magersucht), bestimmte Tumore oder eine Niereninsuffizienz. Auch verschiedene Medikamente können durch eine negative Beeinflussung der Aufnahme von Niacin oder Tryptophan pellagra-typische Krankheitsbilder auslösen. Aufgrund der umfassenden Kenntnisse über diese Zusammenhänge kommen jedoch auch diese Formen der Pellagra bei uns im Grunde nicht vor, da sie bei entsprechenden Patienten durch eine Supplementierung von Niacin direkt vorgebeugt werden kann. [5]

Wie kann Niacin aufgenommen werden?

Der Körper kann Niacin in nicht unerheblichem Umfang in der Leber und der Niere aus Tryptophan selbst herstellen. In einem Gutachten des Scientific Commitee on Food (SCF) wurde festgestellt, dass bei normalen ausgewogenen Ernährungsgewohnheiten allein die körpereigene Produktion von Niacin durch Umsetzung der essentiellen Aminosäure Tryptophan gedeckt werden kann. Eine zusätzliche Aufnahme von Niacin wäre demnach gar nicht unbedingt notwendig, ist aber physiologisch sinnvoll, um die Bedarfsdeckung sicherzustellen. [9]

Mit der Nahrung aufgenommenes Niacin wird im Magen und Dünndarm gelöst und aktiv in die Schleimhaut aufgenommen. Bei sehr großen Konzentrationen in der Nahrung, die vor allen Dingen dann auftreten, wenn entsprechende Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden, kann Niacin zusätzlich passiv durch die Schleimhaut diffundieren. Von dort gelangt es in die Leber, wird bei Bedarf in die Coenzyme NAD und NADP umgewandelt und über den Blutkreislauf im Körper verteilt. Überschüssiges Niacin wird rasch über die Nieren ausgeschieden.

Niacin in natürlichen Lebensmitteln

Grundsätzlich kommt Niacin sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vor. Besonders in Fleisch und Fisch liegt es allerdings bereits in Form von NAD oder NADP vor, sodass es besonders gut aufgenommen und verwertet werden kann. Tatsächlich liegt die Aufnahmerate aus tierischen Lebensmitteln bei annähernd 100 Prozent. Muskelfleisch und Innereien gelten dadurch als besonders effiziente Niacinquelle unter den Lebensmitteln. Allerdings reduziert sich mit zunehmendem Verarbeitungsprozess der Niacingehalt im jeweiligen Lebensmittel, da es zu einer enzymatischen Hydrolyse der enthaltenen Coenzyme kommen kann.

Etwas schwieriger gestaltet sich die Aufnahme von Niacin aus pflanzlichen Lebensmitteln, obwohl das Vitamin grundsätzlich in ausreichender Menge enthalten ist. Die Aufnahmerate liegt hier teilweise allerdings nur bei 30 Prozent. Insbesondere in Getreide findet sich Niacin zumeist als komplexes Niacin-Glykosid, das im Zuge der Verdauung nicht vollständig aufgespalten werden kann, sodass das enthaltene Niacin nicht gelöst und aufgenommen werden kann. Dies ist vor allen Dingen auch das Problem beim bereits erwähnten Mais. Eine etablierte Methode, um das pflanzliche Niacin besser verwertbar zu machen, ist eine alkalische Behandlung. So verwenden zum Beispiel indigene Bevölkerungsgruppen in Südamerika, dem Heimatland des Maises, seit jeher Kalk bei der Zubereitung von Mais (Nixtamalisierung). Aus diesem Grunde war die Pellagra dort nie ein Problem, obwohl Mais dort zum Teil ein Grundnahrungsmittel ist.

Insbesondere Pilze, Samen und Hülsenfrüchte (z. B. Sojabohnen, Linsen und Erbsen) enthalten dennoch ausreichend große Mengen an verwertbarem Niacin, sodass sie als gute Quellen für das Vitamin gelten. Veganer, die sich ausgewogen ernähren und diese Lebensmittel in ausreichender Menge auf ihrem Speiseplan haben, müssen sich somit in der Regel keine Sorgen um die Niacinversorgung aus ihrer natürlich Nahrung machen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene ab 25 Jahren eine tägliche Aufnahme zwischen 13 und 15 mg Niacin-Äuivalent (NA). Diese Angabe ist ein Schätzwert und berücksichtigt die Aufnahme von Niacin selbst sowie von Tryptophan. So entspricht 1 mg NA einem Milligramm Niacin oder 60 mg Tryptophan. Für Schwangere und Stillende liegt der tägliche Bedarf etwas höher. [6]

Laut Nationaler Verzehrsstudie II aus dem Jahr 2008 ist in Deutschland eine optimale Versorgung mit Niacin gewährleistet. Laut damaliger Datenerhebung, bei der bundesweit rund 20.000 Menschen zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt wurden, scheint die durchschnittliche Aufnahme sogar deutlich über der empfohlenen Tagesmenge zu liegen. Demnach nehmen sowohl Männer als auch Frauen aller Altersstufen täglich etwa doppelt so viel Niacin auf, wie notwendig wäre. So lag die durchschnittliche Aufnahme bei Frauen bei 26 mg und bei Männern sogar bei 36 mg NA. Nur etwa 1 Prozent der befragten Männer und 2 Prozent der Frauen erreichten die empfohlene tägliche Zufuhrmenge über natürliche Lebensmittel nicht. [7]

Diese sehr gute Versorgungslage kann vor allen Dingen auf einen durchschnittlich hohen Konsum von Fleisch und Wurstwaren zurückgeführt werden. Dieser Ernährungstrend hat sich seit der Datenerhebung im Jahr 2008 allerdings etwas gewandelt und wird sich wahrscheinlich auch in Zukunft eher dahingehend entwickeln, dass insgesamt weniger tierische Produkte auf den Tellern in deutschen Haushalten landen. Aktuell läuft noch bis zum Jahr 2025 die Nationale Verzehrsstudie III, die einen aktuelleren und vielleicht auch differenzierteren Blick auf die Versorgungslage in Deutschland ermöglichen kann.

Niacin in Nahrungsergänzungsmitteln

Niacin gibt es zumeist in Form von Kapseln mit vorgegebenen Tagesdosierungen als einzelnes Supplement. Die Dosierungen bewegen sich in der Regel zwischen 10 und 50 mg pro Tag. Dabei sei bereits hier angemerkt, dass 50 mg deutlich über der als unbedenklich eingestuften Höchstmenge liegen (siehe unten). Innerhalb von Deutschland sind laut der EU-Richtlinie 2002/46/EG, Anhang II (Fassung vom 30.03.2021) folgende Formen von Niacin für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen:

• Nicotinsäure
• Nicotinamid
• Inosithexanicotinat
• 1-Methylnicotinamidchlorid
• Nicotinamid-Ribosidchlorid

Die Verwendung von Nicotinamid ist die Regel. Es wird entweder aus natürlichen Lebensmitteln gewonnen oder synthetisch hergestellt.

Für die Werbung solcher Produkte sind folgende gesundheitsbezogene Aussagen (health claims) durch die EU-Kommission nach Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen:

• Niacin trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
• Niacin trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
• Niacin trägt zur normalen psychischen Funktion bei
• Niacin trägt zur Erhaltung normaler Schleimhäute bei
• Niacin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei
• Niacin trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei

Neben dem isolierten Niacin findet sich Vitamin B3 häufig auch als Bestandteil umfangreicher Vitaminpräparate und fällt hier mit unter den Begriff „Vitamin-B-Komplex“. Solche Präparate enthalten eine Vielzahl unterschiedlicher Vitamine, Mineralstoffe oder weitere Substanzen, die in ihrer Dosierung den Tagesbedarf zum Teil deutlich übersteigen. Bei der Verwendung solcher komplexen Produkte ist es daher immer wichtig, die Gesamtaufnahme aller enthaltenen Inhaltsstoffe kritisch im Blick zu halten. So finden sich in diversen Online-Shops nicht selten Produkte, die auch von Niacin so hohe Dosierungen beinhalten, dass die als unbedenklich eingeschätzten Höchstmenge (siehe unten) überschritten wird. Eine übergeordnete Kontrolle ist aufgrund der Unübersichtlichkeit des Marktes häufig nur schwer möglich, weswegen jeder einzelne Verbraucher eigenverantwortlich hinterfragen sollte, welche Supplements aus welcher Quelle er oder sie in welcher Dosierung verwendet.

Die Verbraucherzentrale fasst zusammen, dass ein Niacin-Mangel in Deutschland weniger als Folge von normalen Ernährungsdefiziten auftritt, sondern eigentlich nur als Folge von Krankheiten wie Alkoholismus, Magersucht, chronischem Durchfall oder Leberzirrhose vorkommt. Für gesunde Menschen sei eine zusätzliche Verwendung von niacinhaltigen Supplements aus gesundheitlichen Gründen ihrer Einschätzung nach in der Regel nicht nötig. [8]

Wer könnte von Niacin Supplements profitieren?

Wie bereits erläutert, ist eine ernährungsbedingte Unterversorgung mit Niacin hierzulande eher nicht zu erwarten. Da es keine gesundheitsfördernde Wirkung über den normalen Bedarf hinaus gibt, sondern ein möglicher Überschuss an Niacin zügig über die Nieren wieder ausgeschieden wird, birgt eine Supplementierung von Niacin für gesunde Menschen in der Regel keinen Vorteil. Aufgrund der eher überschießenden allgemeinen Versorgungslage mit Niacin ist auch ein erhöhter Bedarf, der zum Beispiel während Schwangerschaft und Stillzeit vorliegt, bei den meisten Menschen grundsätzlich gedeckt. Lediglich Menschen, die sich vegan ernähren, sollten kritisch hinterfragen, ob ihre natürlichen Niacinquellen ausreichend sind. Bei einer ausgewogenen veganen Ernährung mit reichlich Hülsenfrüchten und Nüssen stellt die Versorgung mit Niacin in der Regel auch für sie allerdings kein Problem dar. Dennoch gibt es einige Erkrankungen oder auch Medikamente, die einen negativen Einfluss auf die Versorgung mit Niacin besitzen, sodass eine Supplementierung von Niacin sinnvoll erscheinen kann. Supplements mit idealen Inhaltsstoffen findet man bei Naturtreu und mit unserem Naturtreu Rabattcode gibt es 10% auf die erste Bestellung.

Menschen mit chronischen Magen-Darm-Erkrankungen

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland etwa 450.00 Menschen an einer chronischen Magen-Darm-Erkrankung. Die häufigsten Erkrankungen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Beide treten mit zunehmender Häufigkeit auf und werden von einigen Experten inzwischen als sogenannte Zivilisationskrankheit angesehen. Zusätzlich treten weitere Formen chronischer Diarrhoe oder chronischer Entzündungen des Verdauungstraktes auf. Sie alle führen zu einer teilweise massiven Störung der Aufnahme von Mikronährstoffen aus der Nahrung. Dadurch kann es zu einem ausgeprägten Mangel kommen, obwohl eigentlich genügend Vitamine und Mineralstoffe mit der Nahrung aufgenommen werden.

Insbesondere die B-Vitamine, zu denen auch Niacin zählt, müssen sehr gleichmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden. Aufgrund ihrer mangelnden Speichervorräte entsteht dann im Zuge eines akuten Krankheitsschubes schnell eine Unterversorgung, der adäquat begegnet werden sollte, um Folgen zu vermeiden. Bei einer großen Menge an Niacin (oder auch andere Vitamine) in der Nahrung liegt ein so deutliches Konzentrationsgefälle vor, dass der Transport über die Darmschleimhaut als passive Diffusion erfolgen kann. Störungen in der aktiven Aufnahme, die im Zuge einer akuten Entzündung vorliegen können, können dadurch mithilfe eines Supplements umgangen werden. Hierbei gilt allerdings zu beachten, dass eine isolierte Unterversorgung mit Niacin unwahrscheinlich ist, weswegen eine komplexe Supplementierung mit mehreren Vitaminen und Mineralstoffen stattfinden sollte. Diese Einnahme sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen und an das individuelle Krankheitsbild angepasst werden.

Menschen mit Nierenerkrankungen

Bei einer Nierenerkrankung entsteht ein möglicher Mangel an Mikronährstoffen nicht durch eine Störung der Aufnahme, sondern durch eine Störung der Ausscheidung wichtiger Verbindungen. Insbesondere Elektrolyte sind hier von Bedeutung, allerdings kann es auch zu einer übermäßigen Ausscheidung von Vitaminen kommen, wodurch praktische eine Unterversorgung entsteht, obwohl genügend Mikronährstoffe mit der Nahrung aufgenommen wurden. Auch hier sind unter den Vitaminen insbesondere die wasserlöslichen B-Vitamine betroffen, die nicht oder nur in sehr geringen Mengen im Körper gespeichert werden (einzige Ausnahme: Vitamin B12).

Eine sinnvolle Lösung besteht darin, die Aufnahme der wichtigen Mikronährstoffe kontinuierlich hoch zu halten, um Verluste rasch ausgleichen zu können. Allerdings gilt auch hier, dass niemals Niacin allein betroffen ist, sondern es sich um ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher Mikronährstoffe handelt. Ebenso erfolgt die gezielte Supplementierung individuell abgestimmt durch den jeweiligen behandelnden Arzt.

Menschen, die bestimmte Medikamente einnehmen

Einige Medikamente können sich auf unterschiedlichen Wegen negativ auf den Niacin-Haushalt auswirken. Hierzu gehören unter anderem bestimmte Analgetika, Antidiabetika, Psychopharmaka, Antiepileptika, Tuberkulostatika, Immunsuppressiva oder Zytostatika. Aus diesem Grunde kann es auch für Menschen, die derartige Medikamente regelmäßig über einen langen Zeitraum einnehmen, hilfreich sein, Niacin zu supplementieren. Spätestens wenn Mangelsymptome auftreten, sollte eine mögliche medikamenten-bedingte Unterversorgung mit Niacin mit dem Arzt besprochen und durch gezielte Supplementierung begegnet werden.

Niacin Höchstmengen und gesundheitliche Risiken

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) veröffentlichte im Jahr 2004 eine umfangreiche Stellungnahme zur Verwendung von Vitaminzusätzen in Lebensmitteln. Hierunter fallen auch Nahrungsergänzungsmittel, nicht allerdings Medikamente mit hochdosierten Vitaminen. Bei der Bewertung von Niacin stellen die Autoren zunächst fest, dass die Aufnahme von Niacin im Bundesdurchschnitt deutlich über der Menge liegt, die für die Bedarfsdeckung von Ernährungsphysiologen geschätzt wurde und dass es keine Hinweise für Mangelzustände gibt.
Bei der Bewertung des Gefährdungspotentials unterscheiden sie zwischen Nicotinsäure und Nicotinamid. So stellt das BfR fest, dass die Aufnahme großer Mengen an Nicotinamid nur selten unerwünschte Nebenwirkungen verursacht und somit kein gesundheitliches Risiko für die Verwendung in Lebensmitteln zu erwarten ist. Anders sieht es allerdings bei Nicotinsäure aus. Sie könne in Dosen von über 30 mg täglich bereits eine gefäßerweiternde Wirkung haben und sich auf die Blutgerinnung auswirken. Auch ein Juckreiz und Hitzewallungen können bei dieser Dosierung auftreten. Sollten im Zuge einer Supplementierung derartige Symptome auftreten, ist es dringend empfohlen, die Einnahme umgehend einzustellen. Bei höheren Dosierungen zwischen 300 und 1500 mg können außerdem Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten. Langfristig wird die Leber durch derart große Aufnahmemengen von Niacin nachhaltig geschädigt.

Da die durchschnittlich aufgenommene Tagesmenge an Niacin über natürliche Lebensmittel diesem Wert allerdings schon sehr nahe kommt (siehe oben), sieht das BfR keinen Spielraum für eine Verwendung von Niacin als Nahrungsergänzungsmittel. Die Empfehlung der Experten lautet daher, eine Supplementierung von Niacin nur dann vorzunehmen, wenn ein tatsächlicher ernährungsphysiologischer Bedarf besteht. Und auch dann sollte eine Dosierung von 17 mg Niacin pro Tag nicht überschritten werden. Dabei sollte nach Möglichkeit auf Nicotinsäure verzichtet und anstelle dessen auf Nicotinamid zurückgegriffen werden. [9]

Fazit mit Vor- und Nachtteilen

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Niacin für den menschlichen Stoffwechsel und seine gesunde Funktion unerlässlich ist, jedoch ist der Bedarf des wichtigen Vitamins durch Eigensynthese und natürliche Nahrungsaufnahme in der Regel deutlich mehr als ausreichend gedeckt. Eine Supplementierung darüber hinaus ist nicht nur ohne jeglichen gesundheitlichen Vorteil, sondern kann auch ein Risiko darstellen, wenn hochdosierte Präparate mit Nicotinsäure verwendet werden. Andere Formen, vor allen Dingen das am häufigsten verwendete Nicotinamid, sind auch in höheren Dosierungen gesundheitlich unbedenklich, doch bringen auch sie keinen Nutzen, wenn kein tatsächlicher physiologischer Mangel an Niacin vorliegt. Dieser kann im Zuge unterschiedlicher chronischer Darm- und Nierenerkrankungen oder als Nebenwirkung einiger Medikamente auftreten und sollte dann unbedingt gemeinsam mit dem behandelnden Arzt durch individuell abgestimmte Gabe von Supplements begegnet werden. Gesunde Menschen, die sich ausgewogen ernähren, benötigen in der Regel kein zusätzliches Niacin.

Quellen

[1] Chen et al. (2015) A Phase 3 Randomized Trial of Nicotinamide for Skin-Cancer Chemoprevention. 2015 Oct 22;373(17):1618-26 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26488693/

[2] Hunt et al. (2022) Oral nicotinamide for non-melanoma skin cancers: A review, Eye (Lond) 2022 Mar 28. https://www.nature.com/articles/s41433-022-02036-z

[3] Morris et al. (2004) Dietary niacin and the risk of incident Alzheimer's disease and of cognitive decline, J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2004 Aug; 75(8): 1093–1099. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1739176/

[4] Gasperi et al. (2019) Niacin in the Central Nervous System: An Update of Biological Aspects and Clinical Applications, Int. J. Mol. Sci. 2019, 20(4), 974. https://www.mdpi.com/1422-0067/20/4/974

[5] Montag A. (2016) Das Pellagra gestern und heute – Auf den Spuren
eines Jahrhunderträtsels, Akt Dermatol 2016; 42: 131–138. https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0041-109029.pdf

[6] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Empfohlene Zufur von Niacin (Stand:2015)
https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/niacin/

[7] Max Rubner-Institut & Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (2008) Nationale Verzehrsstudie II – Ergebnisbericht https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ernaehrung/NVS_ErgebnisberichtTeil2.pdf;jsessionid=DB58C395EEF2FE27EB57BCC40BD33A0B.internet2842?__blob=publicationFile&v=2

[8] Verbraucherzentrale (2022) Niacin – warum ergänzen?
https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/niacin-warum-ergaenzen-13833

[9] Bundesinstitut für Risikobewertung (2004) Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte
https://www.bfr.bund.de/cm/350/verwendung_von_vitaminen_in_lebensmitteln.pdf

Annika Mix ist promovierte Biologin und arbeitete viele Jahre in der medizinischen Grundlagenforschung. Mit einer journalistischen Weiterbildung erfüllte sie sich den Wunsch, als freiberufliche Texterin und Wissenschaftsjournalistin Themen aus dem Bereich von Gesundheit und Forschung alltagsnah zu vermitteln.