Was sind Postbiotika?

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Postbiotika

Wenn es um die Gesundheit und speziell um die Darmgesundheit geht, sind Probiotika und Präbiotika mittlerweile bekannte Größen. Zahlreiche Wissenschaftler, Forscher und Mediziner beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit ihnen und den entsprechenden Wirkungen bzw. Wirkungsweisen. Umfangreiche Ausarbeitungen sind verfasst worden, es existiert eine große Anzahl an Studien zu dieser Thematik und die Informationslage ist inzwischen umfassend.

Jetzt taucht im Dunstkreis von Probiotika und Präbiotika ein gänzlich neuer Begriff auf: Postbiotika (engl.: Postbiotics). In Fachkreisen hat sich dieser neue Begriff in Windeseile etabliert. Renommierte Experten aus der ganzen Welt reden sogar schon vom Next Level nach Probiotika und Präbiotika. Der Grund hierfür: Für viele Menschen sollen Postbiotika deutliche Vorteile gegenüber Pro- und Präbiotika bringen.

Eingesetzt werden Postbiotika ebenso wie Pro- und Präbiotika in erster Linie für die Darmgesundheit oder auch zur Stärkung des körpereigenen Immunsystems. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, was Postbiotika ausmachen, wodurch sie sich von Pro- und Präbiotika unterscheiden, welche Anwendungsmöglichkeiten es gibt und vor allem welche Wirkungs- und Gesundheitseffekte auftreten.

Postbiotika

Was genau sind Postbiotika?

Im Gegensatz zu den zahlreichen Ausarbeitungen und Studien zu Pro- und Präbiotika ist die Studien- und damit auch die Informationslage rund um den Begriff Postbiotika noch sehr überschaubar. Dazu passt: Es gibt noch keine allgemein gültige Definition, die diesen Begriff und seine Bedeutung ganzheitlich be- bzw. umschreibt. Aktuell werden meistens zwei Versuche der Definition bemüht, um Postbiotika inhaltlich einzuordnen und darzustellen.

Demnach umfassen nach Katerina Tsilingiri (The Biomedical Research Foundation of the Academy of Athens) Postbiotika sämtliche Substanzen, die im Rahmen der Stoffwechselaktivität von probiotischen Mikroorganismen entstehen und auf den jeweiligen Wirt eine positive Auswirkung ausüben. Diese Auswirkungen können immunologisch, metabolisch oder ernährungspsychologisch sein. Diese Definition nutzte sie in dem international viel beachtetem Werk “Postbiotics: What else?” (1).

Die Definition von Postbiotika nach ISAPP

Im erst kürzlich veröffentlichten Consensus Statement lässt sich eine modernere Version der Definition von Postbiotika finden. Ein von der ISAPP (International Scientific Association of Probiotics and Prebiotics gebildetes Expertengremium fasst in dem Statement die wichtigsten Schlussfolgerungen zum Thema Postbiotika in komprimierter Form zusammen (2):

  • Definiert werden kann ein Postbiotikum im breiter gefassten Sinn als eine Aufbereitung aus unbelebten Mikroorganismen sowie der zugehörigen Komponenten, die einen gesundheitlichen Nutzen für den Wirt bringen.
  • Es handelt sich hierbei um absichtlich inaktivierte mikrobielle Zellen ohne oder mit Zellbestandteilen und Metaboliten, die nachweisbar für einen gesundheitlichen Nutzen stehen.
  • Impfstoffe und Metaboliten, die mikrobiell aufbereitet wurden, stellen keine Postbiotika dar.
  • Damit die jeweils inaktivierte Variante auch tatsächlich als Postbiotika zu akzeptieren ist, muss sich ein Postbiotikum nicht zwingend von einem Probiotikum ableiten lassen.
  • Im Zielwirt (Spezies und Subpopulation) müssen die von Postbiotika ausgelösten positiven Auswirkungen auf die Gesundheit bestätigt werden.
  • Als Zielwirte kommen neben Menschen auch Nutz- sowie Haustiere und andere Zielgruppen infrage.
  • Der Wirkort für Postbiotika beschränkt sich nicht ausschließlich auf den Darm.
  • Verabreicht wird ein Postbiotikum direkt an der Oberfläche des Wirts, wie zum Beispiel Haut, Darm, Mundhöhle, Urogenitaltrakt und Nasenrachenraum. Injektionen zählen dabei nicht zum möglichen Anwendungsbereich von Postbiotika.
  • Die Definition von Postbiotika beinhaltet gleichzeitig immer die Anforderung, dass sie für den vorgesehenen Verwendungszweck sicher sind.

So sind Postbiotika im Vergleich mit Pro- und Präbiotika einzuordnen

Im Gegensatz zu Probiotika handelt es sich bei Postbiotika nicht um lebende Mikroorganismen. Trotzdem scheinen sie einen gesundheitsfördernden Effekt auszuüben. Daher werden Sie auch ebenso wie Pro- und Präbiotika als Supplemente in der Therapie eingesetzt. Grundsätzlich erfüllen Mikroorganismen im Darm viele wichtige Aufgaben und Funktionen, wie beispielsweise bei verschiedenen Stoffwechselprozessen.

So leisten die Mikroorganismen gerade für die körpereigene Herstellung von Butyrat, Propionat und anderen kurzkettigen Fettsäuren einen wesentlichen Beitrag. Die positive Wirkung auf das Produzieren der kurzkettigen Fettsäuren sowie auch auf weitere der produzierten Metaboliten und das Gleichgewicht des Darmmikrobioms wird teilweise durch die Ergebnisse verschiedener Studien bestätigt (3).

Dabei müssen Sie aber immer genau zwischen Pro-, Prä- und Postbiotika unterscheiden. Es gibt diesbezüglich zwar viele Gemeinsamkeiten, aber auch prägnante Unterschiede. Für ein besseres Verständnis und mehr Übersichtlichkeit stellen im Folgenden die relevantesten Unterschiede zwischen Pro-, Prä- und Postbiotika direkt gegenüber.

Postbiotika – Funktionen, Erkenntnisse und Wissenswertes

Postbiotika sind im Grunde genommen Nebenprodukte, die immer dann entstehen, wenn sich Probiotika von Präbiotika ernähren. Bei Lebensmitteln, wie zum Beispiel Getreide oder frisches Obst, sind die darin enthaltenen Ballaststoffe als Präbiotika anzusehen. Dann kommen die Probiotika ins Spiel. Diese ernähren sich von den Präbiotika bzw. Ballaststoffen. Anders ausgedrückt: Sie bauen dann die Ballaststoffe in Form von Präbiotika ab und wandeln diese in so bezeichnete Metaboliten um.

So werden Substanzen genannt, die als Abbauprodukte oder Zwischenstufen von im menschlichen Organismus entstehenden Stoffwechselvorgängen und -prozessen entstehen. Welchen Stellenwert die Metaboliten und die damit zusammenhängenden Vorgänge in vielen Bereichen genießen, lässt sich alleine schon daran erkennen, dass es eine wissenschaftliche Teildisziplin gibt, die sich ausschließlich mit dieser Thematik beschäftigt: die Metabolomik. Die Relevanz wird auch in diesem Fall deutlich. Denn diese durch Stoffwechselprozesse entstandenen Metaboliten sind eben nichts anderes als Postbiotika.

Postbiotika entstehen aus Verbindungen von Probiotika und Präbiotika

Im Rahmen der Stoffwechselvorgänge bilden Probiotics aus der Fermentation von Präbiotika verschiedene Verbindungen. Genau diese Verbindungen stellen dann Postbiotika dar. Typische Beispiele für derartige Verbindungen als Basis von Postbiotika sind zum Beispiel extrazelluläre Polysaccharide (in Kurzform: EPS), funktionelle Proteine oder auch so bezeichnete Short-chain fatty acids (kurz: SCFAs), bei denen es sich um kurzkettige Fettsäuren handelt. Neben diesen drei Beispielen, gibt es noch eine ganze Reihe weiterer möglicher Verbindungen, aus denen dann Postbiotika hervorgehen.

Die Forschung hat bereits im Hinblick auf funktionelle bioaktive Verbindungen nachgewiesen, dass Postbiotika einen positiven Einfluss auf das menschliche Immunsystem ausübt. Außerdem zeigen verschiedene Studien, dass es bei gesunden Menschen auch zu einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens durch die Aufnahme von Postbiotika kommen kann. Zudem wird in zahlreichen Studien dokumentiert, dass es durch die Einnahme von Postbiotikapräparaten in vielen Fällen ebenfalls zu Verbesserungen bei Durchfall, Säuglingskoliken und atopischer Dermatitis kommt (4).

Postbiotika und der Bedarf an Ballaststoffen

Ballaststoffe sind dabei eine wichtige Komponente für eine gesunde postbiotische Mikrobiota (moderne Bezeichnung für die Darmflora). Dabei kommt es sowohl auf Qualität als auch auf Quantität an. Das heißt: Neben der Gesamtmenge an verzehrten Ballaststoffen ist es ebenso wichtig, eine Vielzahl von verschiedenen Ballaststoffen aufzunehmen.

Nur wenn dieses Zusammenspiel zwischen Qualität und Quantität gewährleistet ist, können sich postbiotische Metaboliten bilden. Der Verzehr von vielen verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln erhöht zum einen und diversifiziert zum anderen die Aufnahme von Ballaststoffen. Somit stärken Ballaststoffe gleichzeitig auch Ihre präbiotische Gesundheit. Das wiederum wirkt sich unmittelbar auf Ihren jeweiligen postbiotischen Status aus (5).

Ballaststoffe

Ballaststoffe sind dabei Pflanzenfasern, aus denen in erster Linie Obst und Gemüse besteht. Aber auch Blätter und Stängel nutzen Pflanzenfasern als Konstruktionsbasis. Die Bestandteile selbst lassen sich dabei zwar nicht verdauen, sind für die Darmgesundheit aber gerade aus diesem Grund ein unverzichtbarer Faktor für die Umwandlungsprozesse im menschlichen Organismus und damit für die Darmgesundheit. Ballaststoffe bieten zusätzlich noch weitere Vorteile:

  • Sie wirken wie Füllstoffe und erhöhen dadurch das Sättigungsgefühl.
  • Sie sorgen für einen längeren und gründlicheren Kauvorgang beim Verzehr der Nahrung.
  • Sie verlangsamen das Ansteigen des Blutzuckers.
  • Sie gewährleisten eine regelmäßige und dabei zügige Entleerung des Darms bei gleichzeitig weicherem Stuhl.
  • Sie funktionieren als Booster für ein stärkeres Bakterienwachstum im Darm.
  • Sie regen die Darmbewegung an.

Ernährungswissenschaftler, Mediziner und Forscher sind sich hier einig: Gerade Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse stellen sehr gute Ballaststoffquellen für eine gesunde postbiotische Mikrobiota dar. Es wird diesbezüglich empfohlen, pro Tag etwa 25 Gramm Ballaststoffe zu sich zu nehmen. 50 Gramm stellen allerdings die Höchstgrenze dar, ansonsten kann es zu Magen-Darm Problemen kommen. Diese äußern sich zum Beispiel in Form von Blähungen, Verstopfung, Magen- und Darmkrämpfen oder vermindertem Appetit. Erschwerend kommt hinzu, dass der Verzehr von mehr als 50 Gramm an Ballaststoffen die Aufnahme von Calcium und Phosphor mitunter massiv beeinträchtigt.

Probiotika – Funktionen, Erkenntnisse und Wissenswertes

Bei Probiotika handelt es sich um lebende Mikroben, die für den jeweiligen Wirt einen gesundheitlichen Nutzen bringen können. Bei ausreichender Aufnahme siedeln sich dabei probiotische Stämme (üblicherweise Stämme von Milchsäurebakterien) im Darm an und vermehren sich dort.

Zu den diesbezüglich bekanntesten Stämmen zählen zum Beispiel Bifidobacterium, Lactobacillus und Saccharomyces boulardii. Sie können Probiotika über fermentierte, unpasteurisierte Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Sauermilchprodukte (Joghurt, Kefir etc.), Hartkäse (Parmesan, Cheddar etc.), Tempeh, Kombucha, Sauerkraut, Apfelessig, saure Gurken oder asiatisches Kimchi, aufnehmen.

Alternativ bietet Ihnen der Handel Probiotics in vielen verschiedenen Formen an. Wählen können Sie zwischen Tabletten, Kapseln, Pulver und Flüssigkeiten. In vielen Fällen sind die nützlichen Bakterien hier besonders hoch dosiert und können problemlos auch über längere Zeiträume eingenommen werden.

Die Fakten- und Studienlage zu Probiotika

Zahlreiche Studien haben bereits aufgezeigt, dass Probiotika eine positive bzw. gesundheitsfördernde Wirkung auf den Darm haben. Klar ist demnach: Durch den Stoffwechsel der Darmbakterien wird nachhaltig die Verdauung von Proteinen bzw. Eiweißen, Kohlenhydraten und auch die Fettverbrennung unterstützt. Mithilfe der Probiotika können dabei direkt aus der Nahrung wertvolle Bestandteile extrahiert und der unverdauliche Teil fermentiert werden.

Dabei beeinflussen Probiotics die jeweilige Menge an Nährstoffen und Energie, die Ihr Körper aufnimmt. Auch bei der Synthese von Vitaminen, wie beispielsweise Vitamin B und K, spielen die probiotischen Helfer im Darm eine entscheidende Rolle (6). Auf Grundlage der bisher vorliegenden Ergebnisse von wissenschaftlich fundierten Studie können probiotische Stämme bzw. Probiotika zusammenfassend mehrere positive Effekte in Ihrem Körper auslösen. Für die im Folgenden aufgelisteten Wirkungseffekte gibt es im Rahmen von Studien entsprechende Nachweise.

Das können Probiotika bewirken

  • Sie senken den intestinalen pH-Wert.
  • Sie schaffen ein gutes Milieu.
  • Sie verbessern die Balance der Darmflora.
  • Sie beeinflussen das eigene Immunsystem positiv.
  • Sie stärken die Barrierefunktion der Darmwand.
  • Sie ermöglichen die Aufnahme von Nährstoffen.
  • Sie gewährleisten die Molekülbildung (Vitamine, Hormone etc.).
  • Sie wirken positiv auf Stimmung und Motivation ein.

Präbiotika – Funktionen, Erkenntnisse und Wissenswertes

Ob direkt aus der Nahrung aufgenommen, via Supplement in Kapselform verabreicht oder als Arznei eingenommen – Probiotics benötigen unabhängig von der Darreichungsform immer Energie. Nur dann arbeiten sie fleißig und unterstützen Ihren Darm bzw. Ihre Darmgesundheit. Diese dringend erforderliche Energie liefern die so bezeichneten Präbiotika, wie zum Beispiel Inulin. Unter Präbiotika versteht man dabei Nahrungsbestandteile, die für den Menschen selbst unverdaulich sind, und im Darm durch bestimmte Bakterien verstoffwechselt werden. Dieser Vorgang unterstützt das Wachstum der intestinalen Mikrobiota Bakterien, die Ihre Darmflora stärken, Ihre Verdauung unterstützen und eine positive Wirkung auf Ihre Gesundheit ausüben können (8).

Die wichtigsten Präbiotika in Lebensmitteln und Supplements

Es gibt eine große Anzahl an Lebensmitteln und auch anderweitigen Stoffen, die präbiotisch wirken. Mittlerweile gibt es auch Probiotics mit präbiotischen Inhaltsstoffen. In diesem Fall handelt es sich dann um so bezeichnete Synbiotika. Grundsätzlich zählen zu den relevantesten Präbiotika in Lebensmittel diese Varianten:

Lactulose

Das synthetisches Disaccharid Lactulose wird durch Isomerisierung mithilfe der de-Bruyn-van-Ekenstein-Umlagerung aus Lactose gewonnen. Geringe Mengen an Lactose entstehen zudem bei der Wärmebehandlung von Milch. Für den gezielten Einsatz als Präbotikum kann Lactulose aber auch enzymbiotechnologisch hergestellt werden. Vom Wirkungsmechanismus her wird Lactulose insbesondere von Bifidobakterien und Milchsäurebakterien teilweise zu Wasserstoff, Methan und Fettsäure vergoren bzw. abgebaut. Dadurch verstärkt sich das Wachstum der Bakterien. Dies wird als präbiotischer oder bifidogener Effekt bezeichnet. Lactulose wird dabei im Allgemeinen bescheinigt, die Peristaltik anzuregen und abführend zu wirken.

Galactooligosaccharide

Bei Galactooligosacchariden – in Kurzform GOS – handelt es sich innerhalb der Präbiotika-Gruppe um Mehrfachzucker, die sich in positiver Form auf die Darmfunktion sowie das ganze Immunsystem auswirken können. Sie dienen in erster Linie als Nahrung für Bifidobazillen, Lactobazillen und anderen positiven Darmbakterien, die von essenzieller Bedeutung für die Verdauungsgesundheit sind. Außerdem können Galactooligosaccharide den Wachstum pathogener Keime mindern. GOS lässt sich vor allem in der Muttermilch finden, kann aber auch synthetisch hergestellt werden (9).

Inulin und Fructooligosaccharide

Die Präbiotika Inulin (Ballaststoff für die Darmflora) und Fructooligosaccharide (in Kurzform: FOS) kommen in vielen verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln vor. Die Bandbreite reicht hier von Weizen und Zwiebeln über Artischocken, Spargel und Knoblauch bis hin zu Chicorée und Bananen. Inulin hat dabei die Aufgabe, Wasser im Magen-Darm-Trakt zu binden, wo es dann aufquillt. Laut entsprechenden Studienergebnissen regt das besonders kalorienarme Präbiotika die Verdauung an, verlangsamt den Übergang von mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydraten ins Blut und fördert ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl. FOS stellen demgegenüber wertvolle Nahrungsquellen für die gesunden Darmbakterien dar. Eine Verwertung durch schädliche Bakterien wird dagegen abgewehrt. Zudem senken die FOS den Blutzuckerspiegel sowie den Blutharnstoff- und Harnsäurespiegel wirksam ab. Auch an der Aufrechterhaltung des Stickstoffgleichgewichts sind Fructooligosaccharide beteiligt (10).

Welche Wirkung haben Postbiotika in der Gesamtbetrachtung?

Ein Postbiotikum kann sich positiv auf Ihre Gesundheit auszuwirken. Wissenschaftlich fundierte Studien belegen das. Die jeweiligen Wirkungseffekte lassen sich dabei auf verschiedene Mechanismen zurückführen. Zum Teil decken sich diese mit den für die Probiotika identifizierten Mechanismen. Daher sind die Grenzen zwischen Post- und Probiotika hier noch sehr unscharf. Auch wenn das gesamte Potenzial von Postbiotika noch gar nicht umfassend identifiziert ist und die bisherigen Studienergebnisse nicht die ganze Bandbreite an Möglichkeiten abdecken, lassen sich aus den bisher vorliegenden Resultaten die charakteristischen Wirkungsmechanismen für ein Postbiotikum wie folgt zusammenfassen:

Immunmodulation

Seit langem schon wird im Rahmen von Studien und wissenschaftlichen Ausarbeitungen die Wirkung von Postbiotika auf das Immunsystem untersucht. Auf diese Weise konnten bereits einige Annahmen zu den gesundheitlichen Effekten wissenschaftlich belegt werden. So konnte zum Beispiel belegt werden, dass die Postbiotika Propionat und Butyrat die Entstehung peripherer regulatorischer T-Zellen unterstützen und fördern. Auch Postbiotika aus den Kulturen der Bacillus coagulans induzieren laut entsprechender Studienausarbeitungen eine entzündungshemmende Zytokinproduktion. Dabei fördern sie gezielt Immunantworten mit T-Helferzell-abhängigem Hintergrund (11).

Prävention von Infektionen

Verschiedene Postbiotika können direkt antimikrobiell wirken Wirkungen. Das passiert immer dann, wenn sie die Schutzfunktion der Darmbarriere unterstützen und gleichzeitig zur Regeneration der Zellschicht an der Darm-Innenseite (Darmepithels) beitragen. Umsetzen lässt sich diese durch Studien bestätigte Erkenntnis zum Beispiel in der Prävention von Infektionskrankheiten. Diesbezüglich konnte in einer randomisierten, klinischen Studie aufgezeigt werden, dass es bei Kindern im Alter von zwölf bis 48 Monaten durch die tägliche Zufuhr von Präparaten mit L. paracasei-Postbiotika zu einer deutlichen Verringerung der relativen Häufigkeit (hier: Inzidenz) von akuter Gastroenteritis, Durchfall, Pharyngitis, Laryngitis und Tracheitis kam (12).

Fettstoffwechsel

Auch im Hinblick auf den Fettstoffwechsel können Postbiotika eine wichtige Rolle spielen und das bestehende Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. So kann beispielsweise das Postbiotikum Propionat die Entstehung bzw. Bildung von Cholesterin-Vorstufen hemmen. Zudem konnte in Studienversuchen festgestellt werden, dass das verzweigte Polysaccharid Kefiran (Stoffwechselprodukt der Milchsäurebakterien) verschiedene antiatherogene Eigenschaften aufweist. Studienergebnisse zu dieser Thematik führen dies auf eine verringerte Anzahl von Entzündungen, eine reduzierte Lipidkonzentration sowie das Verhindern von Cholesterin-Ansammlungen in Makrophagen zurück (13).

Die relevantesten Nachweise der Wirksamkeit von Postbiotika

Probiotika und Präbiotika sind zwar vielleicht bekannter als die vergleichsweise neue Gruppe der Postbiotika, aber alle drei Varianten gehen Verbindungen zueinander ein und stehen in einer wechselseitigen Beziehung. Auch wenn die Studienlage bei Postbiotika noch längst nicht den Umfang von Studienergebnissen über die Effektivität und Wirkungsweisen von Pro- und Präbiotika erreicht haben, liegen auch in diesem Bereich mittlerweile aussagekräftige Studien bzw. Studienergebnisse vor. Diese bescheinigen den Postbiotika vielfach eine nachweisbare Wirkung für die Gesundheit des Darms respektive des gesamten Verdauungssystems.

Es gibt auch eindeutige Hinweise darauf, dass Postbiotika im Hinblick auf die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle einnimmt. Diesbezüglich wird von einer Darm-Hirn-Achse gesprochen. Das soll heißen: Ihr Darmmikrobiom beeinflusst nicht nur Ihre Darm-, Verdauungs-, Stoffwechsel-, Immun- und Herzgesundheit, sondern nimmt auch Einfluss auf Ihre psychische Gesundheit (14). Welche Wirkungen bereits wissenschaftlich fundiert nachgewiesen wurden, haben wir für Sie in komprimierter Form aufbereitet.

Konkrete Belege für die Wirkung von Postbiotika

Postbiotika unterstützen das körpereigene Immunsystem

Postbiotika enthalten verschiedene Bestandteile und weisen mehrere Eigenschaften auf, die das Immunsystem unterstützen und dadurch die Abwehrfähigkeit gegenüber Infektionen erhöhen. Vor allem die kurzkettige Fettsäure Butyrat findet diesbezüglich in verschiedenen Studien Erwähnung. Demnach soll Butyrat die Herstellung von T-Zellen im Darm ankurbeln. Diese T-Zellen sind in der Lage, die Immunreaktion zu steuern und bedürfnisgerecht zu regulieren. Auch im Hinblick auf zellfreie Supernatanten und Zellwandfragmente gibt es konkrete Hinweise darauf, dass sie ebenfalls die Produktion von Zytokinen steigern können.

Bei diesen zellfreien Supernatanten und Zellwandfragmenten handelt es sich um entzündungshemmenden Botenstoffe, die eine Immunreaktion erzeugen. Diese Wirkung wurde zum Beispiel in einer Studie mit insgesamt 80 gesunden Erwachsenen bestätigt. Die Teilnehmer an der Studie erhielten dabei jeden Tag eine bestimmte Postbiotika-Art. Laut den Studienergebnissen führte die tägliche Einnahme von Postbiotika zu einem geringeren Risiko für Atemwegsinfektionen und zudem auch zu einer verstärkten Produktion von Antikörpern, die schädliche Bakterien und Gifte nachhaltig bekämpfen.

Ein Postbiotikum weist antimikrobielle Eigenschaften auf

Außerdem belegen verschiedene Studienresultate und Forschungsergebnisse, dass sowohl Postbiotika als auch Probiotika das Wachstum von guten Darmbakterien unterstützt und forciert. Dadurch kommt es dann zu einem antimikrobiellen Effekt, da Pro- und Postbiotika gemeinsam schädliche Bakterien bekämpfen. Somit schützen die Postbiotika den Körper bzw. Organismus vor Infektionen.

Postbiotika funktionieren als Appetitzügler

Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Postbiotika und einer Reduzierung des Appetits. Das konnten Forscher und Wissenschaftler in verschiedenen Versuchen und Studien nachweisen. Bei den angewendeten Postbiotika handelte es sich dabei um Varianten mit kurzkettigen Fettsäuren. Demnach unterstützt diese Variante eine Gewichtsreduktion, indem sie die Hungersignale unterdrücken (15).

Postbiotika können den Blutzuckerspiegel senken

Wissenschaftlich ist diese Aussage in ganzheitlicher Thematik noch nicht abschließend erforscht und dokumentiert. Aber in mehreren Studien lassen sich Hinweise und Anzeichen finden, dass postbiotische bakterielle Komponenten – die so bezeichneten Muramyldipeptide – die Glukose-Intoleranz verbessern. Das gelingt, indem die Muramyldipeptide die Insulinempfindlichkeit erhöhen. Das Risiko für Fettleibigkeit (Adipositas) kann dadurch erheblich verringert werden.

Postbiotika helfen effektiv bei Durchfallerkrankungen

Eine im Jahr 2020 veröffentlichten Übersichtsstudie über vorbeugende Maßnahmen und Behandlung von Infektionskrankheiten bei Kindern unter fünf Jahren zeigte anhand entsprechender Belege auf, dass sich durch die Einnahme von Postbiotika die Dauer des Durchfalls in einem erheblichen Umfang verkürzte. Postbiotika erreichten eine höhere Wirkung als das einer anderen Gruppe von Probanden verabreichte Placebo.

Zum gleichen Ergebnis kamen die an der Studie beteiligten Wissenschaftler und Mediziner auch bei der Vorbeugung von Kehlkopfentzündungen (Laryngitis) und Rachenentzündungen (Pharyngitis). Allerdings konnten die Erfolge keinem bestimmten Postbiotika zugeordnet werden. Daher sind weitere Forschungen erforderlich, um die jeweiligen Auswirkungen dann auch bestimmten Postbiotika zuzuordnen.

Ein Postbiotikum unterstützt die Anwendung von Probiotika

Durch Forschungs- und Studienergebnisse eindeutig belegt ist, dass Postbiotika und Probiotika zusammenarbeiten, um bestimmte Wirkungen auf den Darm und die Gesundheit auslösen zu können. In einer aktuellen Studie konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Zusammenarbeit von Post- und Probiotika eine wichtige Komponente darstellt, um im Rahmen einer Wechselwirkung die Reaktion des Immunsystems zu regulieren (16).

Ein Postbiotikum lindern Ekzeme

Auch in diesem Fall gibt es Nachweise für die Wirksamkeit von Postbiotika. Als bedeutendste Studie gilt hier eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie aus dem Jahr 2019. Als Probanden standen insgesamt 34 Erwachsene, die unter atopischer Dermatitis litten, zur Verfügung. Es zeigte sich, dass durch die Verabreichung von Postbiotika über einen Zeitraum von zwölf Wochen die Symptome des Hautekzems und damit auch die Beschwerden der Betroffenen im Vergleich zur Placebo-Gruppe deutlich gelindert werden konnten (17).

Blick in die Zukunft: Postbiotika weisen ein großes Potenzial als Biomarker auf

Perspektivisch betrachtet, wird Nutzen und Stellenwert des Postbiotikums in den nächsten Jahren weiter steigern. Denn bei den als Basis für Postbiotika genutzten Mikroben handelt es sich um komplexe Gebilde, die Raum für innovative Vorstellungen lassen, wie sich Postbiotika letztendlich zusammensetzen. Viel Potenzial im Hinblick auf die Konzeption der Postbiotika sehen die involvierten Wissenschaftler, Forscher und Mediziner vor allem im Bereich der extrazellulären Membranvesikel (kurz: EMVs), die Botenstoffe wie Lipiden, Nukleinsäuren und Proteine beinhalten.

Diese Vesikel haben aufgrund ihrer geringeren Größe im Vergleich zu ganzen Zellen den Vorteil, dass sie als ein Postbiotikum vergleichsweise leicht in das Wirtsgewebe eindringen können. Dank ihrer Nanostruktur können EMVs dabei auch die Darmbarriere durchdringen. Das ermöglicht es ihnen, über die Lymphgefäße oder den Blutkreislauf an bislang unerreichte Stellen im Körper bzw. Organismus vorzudringen und mit Zelltypen verschiedener Art zu interagieren. Forschungsberichten zufolge sind bakterielle EMVs aus Akkermansia spp., Bifidobacterium spp. und Lactobacillaceae spp. in der Lage, Allergiesymptome und das metabolische Syndrom zu lindern (18).

Zudem weisen die extrazellulären Membranvesikel immunmodulatorische und antivirale Eigenschaften auf, fördern die IgA-Produktion sowie die T-Zell-Aktivierung und verbessern die Barrierefunktion des Darms. Dadurch eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel der Einsatz von EMVs respektive Postbiotika als Biomarker in der klinischen Diagnostik. Allerdings muss zuvor die Sicherheit von EMVs genau geprüft und beurteilt werden. Das ist selbst dann erforderlich, wenn die Vesikel von eigentlich als allgemein sicher anerkannten Mikroben stammen. Denn die geringe Größe der EMVs kann die Penetrationskapazität mit potenziellen systemischen Auswirkungen erhöhen (19).

Quellen

(1) K. Tsilingiri et al. (2013): Postbiotics: What else? Benef. Microbes 2013, 4, 101-107.

(2) Salminen, S., Collado, M.C., Endo, A. et al. (2021): The International Scientific Association of Probiotics and Prebiotics (ISAPP) consensus statement on the definition and scope of postbiotics. Nat Rev Gastroenterol Hepatol (2021). Ansicht unter https://doi.org/10.1038/s41575-021-00440-6.

(3) Jakub Zólkiewicz et al. (2020): Postbiotics – A Step Beyond Pre- and Probiotics. Nutrients 2020, 12, 2189; doi:10.3390/nu12082189.

(4) Seira Oriach C et al. (2016): Food for thought: The role of nutrition in the microbiota-gut-brain axis. Clin Nutr Experimental 6:25-38. http://dx.doi.org/10.1016/j.yclnex.2016.01.003.

(5) Cryan JF et al. (2019): The Microbiota-Gut-Brain Axis. Physiol Rev 99:1877-2013.
https://doi.org/10.1152/physrev.00018.2018

(6) Verbraucherzentrale (2019): Lebensmittel mit zugesetzten speziellen Ballaststoffen (früher “Prebiotika”). Abrufbar unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/kennzeichnung-und-inhaltsstoffe/lebensmittel-mit-zugesetzten-speziellen-ballaststoffen-frueher-prebiotika-13936.

(8) Bischoff, S. C. (2018): Probiotika und Präbiotika. In: Biesalski, H. K.; Bischoff, S. C.; Pirlich, M.; Weimann, A. (Hg.): Ernährungsmedizin. 5. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag: 569-579.

(9) Markowiak P, Slizewska K. Effects of Probiotics, Prebiotics: Synbiotics on Human Health. Nutrients. 2017 Sep 15;9(9):1021; doi: 10.3390/nu9091021. PMID: 28914794; PMCID: PMC5622781.

(10) Dickau, K. (2018): Die Nährstoffe. Bausteine für Ihre Gesundheit. 4. aktualisierte Auflage. Bonn: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

(11) Akatsu H. Exploring the effect of probiotics, prebiotics, and postbiotics in strengthening immune activity in the elderly. Vaccines (Basel). 2021;9(2):136.

(12) Salminen S et al. The International Scientific Association of Probiotics and Prebiotics (ISAPP)
consensus statement on the definition and scope of postbiotics. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2021;18(9):649-67.

(13) Hill CC, Guarner F, Reid G, Gibson GR, et al. The International Scientific Association for Probiotics and Prebiotics consensus statement on the scope and appropriate use of the term probiotic. Rev. Gastroenterol. Hepatol. advance online publication 10 June 2014; doi:10.1038/nrgastro.2014.66.

(14) Smith RP et al. (2019): Gut microbiome diversity is associated with sleep physiology in humans. PLOS ONE 14(10):e0222394. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0222394.

(15) Sina Chr. & Schröder T (2019): Die Bedeutung des Mikrobioms bei Übergewicht und Adipositas. Moderne Ernährung heute 2. Auflage. Abrufbar unter https://www.bdsi.de/fileadmin/redaktion/Nachrichten_aus_der_Wissenschaft/WDP_02_2019.pdf.

(16) Dimitriu PA, Iker B, Malik K, Leung H, Mohn WW, Hillebrand GG. New Insights into the Intrinsic and Extrinsic Factors That Shape the Human Skin Microbiome. mBio. 2019 Jul 2;10(4):e00839-19. doi: 10.1128/mBio.00839-19. PMID: 31266865; PMCID:
PMC6606800.

(17 ) Cau L, Williams MR, Butcher AM, Nakatsuji T, Kavanaugh JS, Cheng JY, Shafiq F, Higbee K, Hata TR, Horswill AR, Gallo RL. Staphylococcus epidermidis protease EcpA can be a deleterious component of the skin microbiome in atopic dermatitis. J Allergy Clin Immunol. 2021 Mar;147(3):955-966.e16. doi: 10.1016/j.jaci.2020.06.024. Epub 2020 Jul 4. PMID: 32634452; PMCID: PMC8058862.

(18) Macfarlane GT, Macfarlane S. Manipulating the indigenous microbiota in humans- prebiotics, probiotics and symbiotics. In: Fredricks DN, editor. The Human Microbiota: How Microbial Communities Affect Health and Disease. Hoboken, NJ: John Wiley & Sons Inc.; 2022: 315 bis 321.

(19) Vinderola, G. (2021): Bacterial vesicles: Emerging potential postbiotics. In ISAPP Science Blog /by KC. https://isappscience.org/tag/postbiotics/ (Date: August 04, 2021).

Dennis
Von Dennis
Hallo, mein Name ist Dennis Philippus. Auf Nahrung.de bin ich als Chefredakteur tätig. Mit den Themen Ernährung und Fitness setze ich mich nun schon seit fast zwei Jahren intensiv auseinander, da damals meine Abnehm-Reise startete.