Probiotika, Präbiotika und Synbiotika

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Probiotika, Präbiotika und Synbiotika

Manche sagen, dass uns Außerirdische, die vielleicht irgendwann einmal die Erde besuchen, nicht als Einzelindividuen wahrnehmen werden, sondern als Symbiose aus Billionen von Organismen. So viele Lebewesen bevölkern nämlich unseren Körper. In der Regel sind sie natürlich mikroskopisch klein. Das macht viele von ihnen allerdings nicht weniger wichtig für unsere Gesundheit. Oft ist in diesem Zusammenhang von Probiotika oder probiotischen Bakterien die Rede. Hier soll es darum gehen, was sie für uns tun und was wir für sie tun können. Daher werden auch Themen wie Präbiotika und Synbiotika eine Rolle spielen.

Probiotika, Präbiotika und Synbiotika
Probiotika, Präbiotika und Synbiotika

Was ist eigentlich unter Probiotika zu verstehen?

Das Wort Probiotika setzt sich aus lateinisch “pro” und altgriechisch “bios” zusammen. Auf Deutsch bedeutet das: “für Leben”. Probiotika sind also etwas, das das Leben unterstützt. Da mag es den einen oder anderen verwundern, dass es sich bei Probiotika um Bakterien oder besser Bakterienstämme handelt, die als lebende Kulturen von außen zugeführt werden. Bakterien sind doch immer schädlich, oder? Nein, mittlerweile hat sich auch unter sehr hygienebewussten Menschen herumgesprochen, dass viele Bakterien eine wichtige Rolle für die Erhaltung unseres Wohlbefindens und sogar unserer Überlebensfähigkeit spielen.

Allerdings ist oft keine scharfe Trennung zwischen pathogenen oder krankheitserregenden Bakterien und Bakterien, die die Gesundheit fördern, möglich. Es kommt darauf an, eine sehr sensible Balance zu erhalten.

Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, bevölkern im Idealfall etwa 100 Billionen Bakterien unseren Organismus. Diese Mikrobiota befindet sich unter anderem auf der Haut, an den Schleimhäuten, in der Mundhöhle und der Lunge sowie im Bereich der Genitalorgane. Rund 99 % der Bakterien besiedeln aber unseren Darmtrakt und bilden dort die Darmflora. Auch wenn ein einzelnes Bakterium mikroskopisch klein ist, machen sie zusammen doch ca. 2 kg unseres Körpergewichtes aus.

Leider kann die Balance unserer Darmflora sehr leicht gestört werden. Gründe dafür können Stressbelastungen, eine ungünstige Ernährungsweise oder Erkrankungen sein. Auch Medikamente spielen eine große Rolle. Bei der Einnahme von Antibiotika – lateinisch “anti”, altgriechisch “bios”, also: “gegen Leben” – werden neben den Krankheitserregern auch die wichtigen Darmbakterien gezielt abgetötet.

Ist die Darmflora aus ihrem Gleichgewicht geraten, können Symptome wie Völlegefühl oder Verstopfungen auftreten. Meist aber sind es Durchfälle, über die der Organismus das Problem signalisiert. Bleibt die gestörte Darmflora unbehandelt, kann es zu schweren Erkrankungen einschließlich Krebs kommen.

Eine einfache Möglichkeit, das Gleichgewicht der Darmflora zu erhalten beziehungsweise Störungen zu begegnen, kann darin bestehen, probiotische Bakterienstämme von außen zuzuführen. Die Einnahme sollte jedoch immer mit dem Arzt abgesprochen und im Falle von Beschwerden auf die ärztliche Therapie abgestimmt sein.

Was sind Laktobazillen und Bifidobakterien?

Noch konkreter definiert, bezieht sich der Ausdruck Probiotika im Wesentlichen auf eine Gruppe von Milchsäure erzeugenden Bakterien, die auch in der gesunden Darmflora vorkommen. Sie zählen zu den grampositiven Stäbchenbakterien, die sich nicht aktiv bewegen. Außerdem haben sie meist einen anaeroben Stoffwechsel. Das heißt, ihr Metabolismus benötigt keinen Sauerstoff, kann ihn aber oft tolerieren. Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist, dass sie Kohlenhydrate aufnehmen, die sie zu Milchsäure abbauen oder fermentieren.

Bei einer Gattung in diesem Zusammenhang handelt es sich um sogenannte Laktobazillen. Das Laktobazillus oder Lactobacillus zählt zu den Milchsäurebakterien. Im Darm sind zahlreiche Arten dieser Gattung zu finden. Oft tauchen die Namen der Arten auch auf Probiotika zur Einnahme auf. Lactobacillus reuteri, Lactobacillus casei, Lactobacillus helveticus und Lactobacillus paracasei kommen am häufigsten vor. In unserer täglichen Ernährung nehmen wir sie hauptsächlich über fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Kefir und Käse auf. In Lebensmitteln wie Sauerkraut sind vor allem die Arten Lactobacillus mesenteroides, Lactobacillus brevis sowie Lactobacillus plantarum enthalten.

Info: Kommerziell angebotene saure Gurken und Kombucha-Getränke enthalten im Unterschied zu hausgemachten, natürlich vergorenen Varianten in der Regel keine Milchsäurebakterien.

Bei der Erstbesiedlung von Laktobazillen im Organismus wendet die Natur einen Trick an. Damit die Laktobazillen nämlich so früh wie möglich mit ihrer Arbeit beginnen können, müssen sie die Gelegenheit haben, sich vor schädlichen Mikroorganismen im Körper anzusiedeln. Daher kommen sie in hohem Maße auch in der Vaginalflora vor. So kommt das Baby schon bei der Geburt mit ihnen in Kontakt. Laktobazillen zählen also zu den ersten Bakterien, die die Darmflora bevölkern. Bei Kindern, die durch einen Kaiserschnitt geboren wurden, besteht daher die Gefahr, dass sie früh von ungünstigen Bakterien heimgesucht werden, da sie ihre Laktobazillen-Population erst etwas später beispielsweise über die Muttermilch aufbauen können.

Eine weitere Gruppe an probiotischen Mikroorganismen wird Bifidobakterien genannt. Sie wurden in der Vergangenheit zu den Laktobazillen gezählt. Heute jedoch bilden sie eine eigene Gattung, die nicht zur Ordnung der Milchsäurebakterien gehört. Allerdings produzieren auch sie Milchsäure. Im Organismus bilden sie die größte Gesellschaft an probiotischen Bakterien. Die Bifidobakterien-Arten adolescentis, bifidum, breve, infantis und longum kommen am häufigsten vor. Auch sie gehen während der Geburt auf das Baby über. Allerdings nimmt insbesondere die Anzahl an Bifidobakterien im Körper mit fortschreitendem Alter deutlich ab. Darüber hinaus werden Bifidobakterien klassischer Weise zur Fermentierung von Milchprodukten eingesetzt.

Welche Wirkungen können Probiotika haben?

Die Wirkung von Probiotika beruht auf drei Effekten. Zum einen ernähren sich die “guten” Bakterien von den gleichen Kohlenhydraten, die auch die “schlechten” Bakterien benötigen. Sind also genug probiotische Bakterien vorhanden, fressen sie den schädlichen Mikroorganismen die Nahrung weg. Dazu kommt, dass bei der Fermentation von Kohlenhydraten durch Probiotika Stoffe entstehen, die für krankheitserregende Vertreter unverträglich sind beziehungsweise ihr Wachstum stören. Außerdem haben probiotische Bakterien eine stärkende Wirkung auf die Darmwand. Sie wird undurchlässiger für Krankheitserreger und verhindert so ihre Ausbreitung im Körper. Diese antibakterielle Wirkung zeigt auch positive Effekte bei Geschwüren im Magen oder Zwölffingerdarm, die häufig auf eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori zurückgehen.

Probiotika produzieren nicht nur Milchsäure oder Laktat. Auch andere kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure (Butyrat), Essigsäure (Acetat) und Proprionsäure (Proprionat) zählen zu ihren Fermentationsprodukten. Diese kurzkettigen Fettsäuren dienen den obersten Zellen des Darms oder Darmepithelzellen als Nahrung und können daher einen günstigen Einfluss auf Erkrankungen wie einen gereizten Darm (IBS) haben. Bei anderen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können sie Entzündungen reduzieren.

Ferner verhindert die Ernährung der Darmepithelzellen mit kurzkettigen Fettsäuren, dass sich Pilze, die in den Darm gelangt sind, über den Blutkreislauf ausbreiten können. Des Weiteren können probiotische Bakterien die Ansiedlung sowie das Wachstum verschiedener schädlicher Hefepilzarten wie Candida albicans blockieren.

Eine starke Barriere durch das Darmepithel trägt überdies dazu bei, dass Viren neutralisiert werden können. Zudem sorgen probiotische Darmbakterien für eine Absenkung des pH-Wertes im Darm. Ideal sind Werte zwischen 6,6 und 6,9. In so einem Milieu ist das Wachstum von Krankheitserregern gehemmt. Auch lassen Probiotika Darmparasiten keinen Platz, um sich einzunisten. Zudem haben Probiotika eine antimikrobielle Wirkung.

Erstaunlicherweise sind Probiotika sogar in der Lage, Vitamine herzustellen. Das betrifft vor allem die Vitamine des B-Komplexes B1, B6, B7 (Biotin), B9 (Folsäure) und Vitamin B12, das für Vegetarier und Veganer besonders wichtig ist, sowie das Vitamin K.

Probiotische Bakterien können Verstopfungen und Blähungen vorbeugen und lindern, aber auch Durchfallerkrankungen.

Des Weiteren haben Probiotika einen günstigen Einfluss auf das Immunsystem. Sie beugen Allergien vor, können aber auch Hauterkrankungen wie Akne, Schuppenflechte und Ekzeme lindern. Ein Beispiel dafür sind Ekzeme, welche auf eine Kuhmilchallergie zurückzuführen sind. Im Falle eine Laktoseintoleranz ist überdies hilfreich, dass probiotische Bakterien ebenfalls Laktase produzieren. Dieses Enzym spaltet Laktose in Galaktose und Glucose.

Werden Probiotika eingenommen, um den negativen Einfluss von Antibiotika auf die Darmflora auszugleichen, sollte dies in einem Abstand von mehreren Stunden vor oder nach der Einnahme der Antibiotika geschehen.

Studien zeigen ebenfalls Wirkungen bei einer Hepatischen Enzephalopathie (HE), die auf einer Funktionsstörung der Leber beruht. Spülungen mit Probiotika haben sich sogar als wirksam gegen Zahnfleischentzündungen erwiesen.

Wichtiger Hinweis: Eine Störung der Darmflora ist häufig Folge einer ungesunden Ernährung. Probiotika dürfen keinesfalls zur Kompensation einer solchen Ernährungsweise eingesetzt werden. Am Anfang einer Kur mit dem Ziel, die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen, steht die Umstellung auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Gegebenenfalls kann dafür der Rat eines Arztes oder Ernährungsberaters in Anspruch genommen werden.

Kann die Einnahme von Probiotika Nebenwirkungen haben?

Mit Probiotika sind allerdings nicht nur Vorteile verbunden. Auch einige Nebenwirkungen können durch sie auftreten. Nach der Einnahme gibt es keine Einflussmöglichkeiten mehr auf die probiotischen Mikroorganismen. Sie finden von alleine ihren Weg in den Darm und siedeln sich dort an. Genau dabei kann es zu Fehlbesiedlungen kommen, die zu unangenehmen Begleiterscheinungen führen können. Dazu gehören Flatulenz und Blähungen. Es können aber auch Konzentrationsstörungen und sogar Zustände mentaler Verwirrtheit auftreten.

Dieser Zusammenhang wird in einer US-amerikanischen Studie von Wissenschaftlern der Augusta University in Georgia beschrieben. Für sie wurden 30 Probanden mit Verdauungsstörungen rekrutiert. Insgesamt 22 von ihnen klagten zudem über Verwirrtheits-Symptome sowie Beeinträchtigungen ihres Konzentrationsvermögens. Ein weiteres Merkmal war, dass alle Teilnehmer häufig sogar mehrere unterschiedliche Probiotika zu sich nahmen.

Untersuchungen durch die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass bei rund 68 % der Patienten, deren Wahrnehmung wie benebelt war, eine Überwucherung des Dünndarms mit Bakterien vorlag. Dadurch entstehen Methan und Wasserstoff, was die gastrointestinalen Beschwerden erklärt.

Interessanter vielleicht noch ist das Ergebnis, dass bei etwa 77 % dieser Patienten erhöhte Mengen an D-Milchsäure, einem Abbauprodukt der probiotischen Bakterien, im Blut gefunden wurden. Dieses Phänomen wird als D-Laktatazidose bezeichnet und führt zu genau den neurologischen Symptomen, die beschrieben wurden. Es muss sich also um eine Nebenwirkung der Probiotika handeln. Diese Schlussfolgerung bestätigte sich nochmals, als die Probiotika abgesetzt und Antibiotika gegeben wurden. Die Verdauungsbeschwerden verschwanden ebenso wie die Verwirrtheit.

In welche Darreichungsformen können Probiotika eingenommen werden?

In jedem Supermarkt sind sogenannte probiotische Produkte, meistens Joghurts, zu finden. Tatsächlich gehört Joghurt zu einer ausgewogenen Ernährung und kann als Teil derselben auch zur Aufrechterhaltung einer gesunden Darmflora beitragen. Eine besondere Wirkung der Probiotika in Joghurts indes ist nicht bekannt. Das liegt vor allem an der vergleichsweise geringen Anzahl an Bakterien in Joghurts. Sie übersteigt nur selten eine Millionen lebensfähige Mikroorganismen pro Gramm. Von ihnen erreicht nur ein minimaler Bruchteil lebend den Darm. Dort haben sie dann nur einen Effekt, wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

Präparate mit probiotischen Mikroorganismen sollten dagegen auf mindestens 5 Milliarden sogenannter koloniebildender Einheiten (KBE) pro Darreichung kommen. Es gibt sie als Kapseln und als Tabletten sowie als Pulver.

Kapseln und Tabletten haben den Vorteil, dass sie über eine Hülle oder Schutzschicht verfügen, die eine gewisse Widerstandskraft gegen die Magensäure hat. Die probiotischen Bakterien haben also eine gute Überlebenschance bis in den Darm. Allerdings kann es sein, dass die Kapseln aus Gelatine bestehen, die aus tierischen Produkten gewonnen wird.

Für Menschen mit Schluckbeschwerden dagegen sind Probiotika in Pulverform besser geeignet. Hier ist zudem eine präzise Dosierung möglich. Außerdem eignen sich viele Pulver für Säuglinge und Kleinkinder. Ihnen sollten jedoch nur in Absprache mit dem Arzt Probiotika gegeben werden. Allerdings wird die Anzahl der Bakterien, die es bis in den Darm schaffen, durch die aggressive Magensäure gehörig dezimiert. Außerdem wird bei den Pulvern der für Viele unangenehme Geschmack der Bakterien wahrgenommen.

Was gibt es beim Kauf von Probiotika zu beachten?

Grundsätzlich sollten probiotische Präparate mindestens 5 Milliarden geeignete Mikroorganismen pro Einheit enthalten. Besser sind sogar bis zu 10 Milliarden. Mehr sollten jedoch außer beispielsweise bei der Einnahme von Antibiotika und in Absprache mit dem Arzt täglich nicht zugeführt werden.

Entscheidend ist auch die Zusammensetzung der Probiotika. Prinzipiell sollten Bifidobakterien mit dabei sein, die sich bevorzugt im Dickdarm ansiedeln, und Laktobazillen, die eher den Dünndarm wählen. Dazu ist auf unterschiedliche Bakterienstämme zu achten. Eine typische Zusammensetzung kann beispielsweise bestehen aus:

  • Lactobacillus acidophilus
  • Lactobacillus plantarum
  • Lactobacillus rhamnosus
  • Lactobacillus bulgaricus
  • Lactobacillus paracasei
  • Lactobacillus breve
  • Lactobacillus reuteri
  • Bifidobacterium longum
  • Bifidobacterium bifidum
  • Bifidobacterium infantis

Mit dabei sein kann beispielsweise auch das gram-positive, kugelförmige Milchsäurebakterium Streptococcus thermophilus.

Im Einzelfall kann es jedoch bei bestimmten Problemen mit der Darmflora oder Beschwerden sein, dass der Schwerpunkt auf einzelne Bakterien-Gattungen und/oder -Stämme gelegt werden sollte. Das ist dann aber individuell am besten mit dem Arzt festzulegen.

Wichtig ist überdies, dass genügend probiotische Mikroorganismen lebend der Darm erreichen und dort auch überlebensfähig sind. Bei Kapseln und Tabletten kann das relativ sicher vorausgesagt werden. Bei Pulvern muss die ideale Menge eventuell individuell eingestellt werden.

Darüber hinaus sollte man sich vergewissern, ob die gewählten Probiotika gekühlt aufbewahrt werden müssen oder ob sie ohne Kühlung auskommen. Wer viel unterwegs ist, sollte letzteres bevorzugen.

Dass weder Zucker, Aroma- oder Farbstoffe, genetisch modifizierte Zutaten, Allergene noch andere Zusatzstoffe enthalten sein sollten, ist selbstverständlich. Ob als Hüllenmaterial für Kapseln Gelatine akzeptabel ist oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung.

Wie hängen Ballaststoffe und Präbiotika zusammen?

Probiotische Bakterien ernähren sich, wie bereits erwähnt, von Kohlenhydraten. Tatsächlich aber gibt es sehr viele unterschiedliche Arten von Kohlenhydraten. Drunter befinden sich einfache, leicht verdauliche Kohlenhydrate oder Monosaccharide, wie sie im Haushaltszucker oder Weißbrot vorkommen. Dazu kommen Di-, Tri-, Oligo- und noch komplexere Polysaccharide. Sie sind schwerer verdaulich. In jedem Fall müssen im Organismus beziehungsweise konkret im Dünndarm die passenden Enzyme vorhanden sein, damit die Kohlenhydrate überhaupt aufgespalten werden können. Nur dadurch wird ihre Energie für den Körper verfügbar. Genau das ist bei einigen Kohlenhydraten nicht der Fall. Sie zählen zu den Ballaststoffen, wobei sich nicht alle Ballaststoffe den Kohlenhydraten zuordnen lassen. Unser Organismus ist nicht oder in Ausnahmefällen nur teilweise in der Lage, sie zu verdauen oder zu absorbieren. Dennoch wirken ballaststoffreiche Lebensmittel trotz ihres geringen Gehalts an verwertbaren Kalorien sättigend. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) empfiehlt, täglich rund 30 g Ballaststoffe zuzuführen.

Einige dieser Ballaststoffe können zwar nicht von unserem Organismus, aber von den probiotischen Bakterien in unserer Darmflora verwertet werden. Sie dienen ihnen also als Nahrung. Das trifft längst nicht auf alle Ballaststoffe zu, sondern nur auf die, die Angriffe durch Magensäure und andere Mechanismen des Körpers unverdaut überstehen können, bis sie in den Dickdarm gelangen. Selbstverständlich müssen sie von den probiotischen Darmbakterien verstoffwechselt werden können und bei mindestens einem Prozesse initiieren, die sich günstig auf unsere Gesundheit auswirken. Das ist bei einigen kurzkettigen, löslichen Ballaststoff-Kohlenhydraten der Fall. Sie werden Präbiotika genannt. Der Ausdruck bedeutet “vor dem Leben”, was darauf hinweist, dass Präbiotika die Voraussetzung dafür sind, dass probiotische Mikroorganismen überhaupt wirksam werden können.

Tatsächlich befinden wir uns hier in einem relativ neuen Feld der Wissenschaft. Den Ausdruck und die Definition von Präbiotika gibt es erst seit 1995. Daher verwundert es nicht, dass Präbiotika in der Öffentlichkeit weniger thematisiert werden als Probiotika, obwohl sie ebenso wichtig sind.

Zwei große Gruppen unter den präbiotischen Stoffen sind Fructo-Oligosaccharide (FOS) und Galacto-Oligosaccharide (GOS). Zur FOS zählen Oligofructose und Inulin. Beide werden auch als kalorienarme Süßstoffe verarbeitet. Als Präbiotika werden sie vornehmlich von Bifidobakterien geschätzt. GOS dagegen weist mit dem Zucker in der Muttermilch einen hohen Grad an Ähnlichkeit auf. Deswegen ist sie oft in Babynahrung zu finden. Ihre Präbiotika-Eigenschaften beziehen sich auf Bifidobakterien sowie in einem etwas geringerem Maße ebenfalls auf Laktobazillen. Neben FOS und GOS werden heute zudem bestimmte Stärken wie resistentes Dextrin oder Maisdextrin und andere Polysaccharide wie Lactulose häufig zu den Präbiotika gezählt. Sie werden in der Regel von Bifidobakterien und von Laktobazillen akzeptiert.

Was sind die Wirkungen von Präbiotika?

Die Hauptwirkung von Präbiotika besteht darin, probiotische Bakterien mit Nahrung zu versorgen. Damit haben präbiotische Stoffe einen wesentlichen Einfluss darauf, inwieweit die probiotischen ihre oben aufgeführten Wirkungen entfalten können. Hier zeigt sich ebenfalls, dass Präbiotika für uns direkt zwar unverdaulich sind, indirekt dem Organismus aber dennoch etwas Energie zur Verfügung stellen. Bei der Fermentation der Präbiotika durch die Darmbakterien entstehen nämlich wie erwähnt kurzkettige Fettsäuren. Sie sind für unseren Stoffwechsel durchaus verwertbar. Über diesen Umweg liefern Präbiotika etwa 2 kcal oder 8 kJ Energie pro Gramm. Bei einer empfohlenen Einnahmemenge von etwa 4 g pro Tag wird das jedoch selbst eine strenge Abnehmdiät kaum beeinflussen.

Bei einem guten Angebot an Präbiotika entwickeln und vermehren sich natürlich auch die probiotischen Populationen im Darm. Das heißt, die Masse an Bakterien nimmt zu. Das kann sich positiv auf den Stuhlgang auswirken. Außerdem sind Präbiotika in der Lage, die Aufnahme von Kalzium zu erhöhen und die Beweglichkeit des Darms zu verbessern.

Können Präbiotika zu Nebenwirkungen führen?

Studien berichten darüber, dass die Neigung zu Aufstoßen, Völlegefühl und Blähungen bei der Einnahme von Präbiotika geringfügig ansteigen kann.

Eine Untersuchung aus Frankreich hebt jedoch hervor, dass Nebenwirkungen wie Blähungen, Krämpfe, Bauchschmerzen und Durchfall nur bei einer erhöhten Einnahmemenge zu befürchten sind.

Eine italienische Studie schließlich führt die möglichen Nebenwirkungen von Präbiotika auf ihre osmotische Wirkung zurück. Sie berichtet auch davon, dass langkettige Präbiotika wie Inulin in vielen Nahrungsmitteln mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen verbunden sind als kurzkettige Präbiotika.

Wie können Präbiotika eingenommen werden?

Angesichts der geringen Mengen an Präbiotika, die zur Versorgung einer intakten Darmflora benötigt werden, bietet sich eine Aufnahme im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung an. Zumeist reichen täglich nur rund 4 g aus. Knoblauch, Zwiebel und Lauch, aber auch Süßkartoffeln, Löwenzahnblätter, Pilze und viele Hülsenfrüchte sind neben einigen Getreidesorten wie Hafer und Gerste besonders reich an Präbiotika. Interessant hierzu ist auch unsere Artikel zum Thema Gerstengras Wirkung! Die Zichorien-Wurzel enthält sogar knapp 42 % Inulin plus rund 23 % Oligofructose. Daher wird sie oft zur Herstellung von Inulin-Produkten und -Lebensmittelzusätzen verwendet. Sehr viele Präbiotika enthalten überdies Flohsamenschalen, die als Kapseln, Tabletten oder Pulver erhältlich sind.

Überdies gibt es seit einiger Zeit auch konzentrierte Präbiotika in Tabletten-, Kapsel- und Pulverform sowie als flüssige Präparate. Sie haben den Vorteil, dass sie für eine gezielte und optimale Versorgung der probiotischen Bakterien genau dosierbar sind und in der Regel genau ausweisen, welche Präbiotika in ihnen enthalten sind.

Was sollte beim Kauf von Präbiotika beachtet werden?

Grundsätzlich gilt es natürlich auch bei Präbiotika auf die Dosierung sowie Deklarierung der enthaltenen präbiotischen Stoffe und weiteren Inhaltsstoffe zu achten. Zucker, Aroma- oder Farbstoffe, genetisch modifizierte Zutaten, Allergene oder andere Zusatzstoffe sollten hier ebenfalls nicht vorhanden sein. Wie bei allen anderen vergleichbaren Präparaten, ist zu beachten, dass die Kapselhülle aus Gelatine bestehen kann.

Was ist unter Synbiotika zu verstehen und welche Vorteile haben sie?

Synbiotika vereinen probiotische Bakterien und Präbiotika in einem Präparat. Auch den Ausdruck Synbiotika gibt es erst seit 1995. Die Vorteile von Synbiotika bestehen darin, dass sich bei einer gleichzeitigen Einnahme von Bakterien und ihrer Lieblingsnahrung die Wirkungen beider Komponenten ergänzen. Es entsteht als eine Synergie, was die Wortbildung von “Synbiotika” erklärt. Im Resultat können sich die probiotischen Stämme schneller und wirksamer im Darm verbreiten und bei einer idealen Nährstoffzufuhr in kurzer Zeit deutlich vermehren. Seltener dagegen sind Synbiotika, bei denen gewünscht ist, dass die Wirkungen der probiotischen Bakterien sowie der präbiotischen Stoffe parallel zueinander auftreten.

Aufgrund der dokumentierten sehr günstigen Synergieeffekte werden für Synbiotika häufig vorzugsweise Bifidobakterien und Inulin kombiniert. Es gibt aber auch Kombinationen aus:

  • Laktobazillen und Inulin
  • Laktobazillen, Bifidobakterien, Streptococcus-Vertretern und FOS
  • Laktobazillen, Bifidobakterien, Enterococcus-Vertreten und FOS
  • Laktobazillen und Bifidobakterien und Oligofructose
  • Laktobazillen und Bifidobakterien und Inulin

Was ist über Nebenwirkungen von Synbiotika bekannt?

Derzeit sind keine Studien bekannt, die sich explizit mit möglichen Nebenwirkungen von Synbiotika befassen. Es ist aber davon auszugehen, dass es zu ähnlichen unerwünschten Begleiterscheinungen kommen kann wie bei probiotischen und präbiotischen Stoffen. Dazu zählen Aufstoßen, Völlegefühl, Flatulenz, Blähungen, Krämpfe, Bauchschmerzen, Durchfall, Konzentrationsstörungen und Verwirrtheit.

Welche Darreichungsformen von Synbiotika gibt es?

Synbiotika werden meist als Kapseln oder Pulver, seltener in Tablettenform angeboten. Außerdem gibt es vermehrt Angebote von Synbiotika, die speziell für Babys konzipiert sind.

Worauf sollte beim Kauf von Synbiotika geachtet werden?

Da bei Synbiotika mehrere Wirkstoff-Komponenten zusammenkommen, ist besonders auf die Zusammensetzung zu achten. Auch hier gilt, dass insgesamt mindestens 5 Milliarden koloniebildende Einheiten je Portion zusammenkommen sollten. Tatsächlich sind viele Synbiotika etwas, aber nicht deutlich niedriger dosiert und enthalten lediglich 4 bis 4,5 Milliarden koloniebildende Einheiten.

Gravierender sind da schon die Unterschiede bei den präbiotischen Bestandteilen. So gibt es Synbiotika, die pro Einheit unter 100 mg FOS enthalten, aber auch Präparate, die ganze 1.200 mg Inulin aufweisen. Es lohnt sich also, über die Dosierung und Zusammensetzung der probiotischen Bakterien hinaus, genau auf die Menge sowie Art der vorhandenen Präbiotika zu achten.

Achtung: Auch bei Synbiotika kann es vorkommen, dass eine gekühlte Lagerung einzuhalten ist.

Darüber hinaus ist es möglich, dass Synbiotika tierische Bestandteile wie Gelatine enthalten. Keinesfalls dürfen in der Zutatenliste Farb- oder Aromastoffe, Zucker, Allergene, genetisch modifizierte Bestandteile oder Ähnliches auftauchen.

Mit welchen Vor- und Nachteilen sind Probiotika, Präbiotika und Synbiotika verbunden?

Die Forschung zu probiotischen und präbiotischen Stoffen steht zwar noch ganz am Anfang, aber einiges spricht dafür, dass die Einnahme sinnvoll sein kann. Vorher sollte aber in jedem Fall eine Umstellung auf eine ausgewogene Ernährung stattfinden. Zudem sollte genau abgewogen werden, welche Ergänzung infrage kommt.

Probiotika können unterschiedliche Bakterienarten und -stämme enthalten. Sie können günstige Einflüsse auf die Darmflora haben. Es ist aber auch möglich, dass es zu einer Überbesiedlung kommt, die dann mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden sein kann.

Präbiotika sind die begehrte Nahrung von probiotischen Mikroorganismen. Gezielt eingesetzt können sie das Wachstum sowie mögliche Wirkungen der Darmbakterien unterstützen. Auch bei ihnen indes sind vor allem bei größeren Einnahmemengen Nebenwirkungen möglich. Vor allem Personen, die ohnehin viele Ballaststoffe über die Nahrung zu sich nehmen, sollten sich daher überlegen, ob zusätzliche präbiotische Stoffe nötig sind.

Synbiotika entfalten im Idealfall Synergieeffekte aus den potentiellen Wirkungen von Probiotika und Präbiotika. Bei ihnen muss jedoch sehr genau auf die Dosierung und Komposition der Inhaltsstoffe geachtet werden. Außerdem vereinen sie neben den Wirkungen auch die möglichen Nebenwirkungen der probiotischen und präbiotischen Bestandteile.

Dennis
Von Dennis
Hallo, mein Name ist Dennis Philippus. Auf Nahrung.de bin ich als Chefredakteur tätig. Mit den Themen Ernährung und Fitness setze ich mich nun schon seit fast zwei Jahren intensiv auseinander, da damals meine Abnehm-Reise startete.