Diätkonzepte gibt es wie Sand am Meer – vor allem die ketogene Ernährung ist in den vergangenen Jahren immer wieder in Erscheinung getreten. Einige Ärzte und Ernährungswissenschaftler preisen die Ernährungsform als effektive Diät an, um schnell Gewicht zu verlieren. Verschiedene Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die ketogene Ernährung zusätzlich ein präventives und therapeutisches Potenzial bei verschiedenen Erkrankungen besitzt.
Im nachfolgenden Artikel verraten wir, welche Personen von einer Keto-Ernährung profitieren können. Wir geben einen informativen Einblick in das Diätprinzip und listen die jeweiligen Vor- und Nachteile auf. Alltagstaugliche Umsetzungstipps runden unseren Ratgeber ab.
Was ist ketogene Ernährung?
Wer sich ketogen ernährt, nimmt kohlenhydratarme, dafür aber fettreiche Kost zu sich. Was auf den ersten Blick nicht zielführend erscheint, sorgt für eine Veränderung des Stoffwechsels. Während der Körper bei einer normalen Ernährung die zugeführten Kohlenhydrate als Energielieferanten nutzt, stellt sich der Stoffwechsel während der Keto-Diät auf Fettverbrennung um.
Vereinfacht gesagt, ist die ketogene Ernährung eine äußerst strenge Form der Low-Carb-Ernährung. Während bei letzterer Variante der Kohlenhydrat-Anteil zu einem gewissen Anteil verringert wird, streicht man bei der ketogenen Diät nahezu alle Kohlenhydrate vom Speiseplan.
Viele kennen die ketogene Ernährung im Zusammenhang mit einer Diät, die zum Abnehmen genutzt wird. Doch Keto spielt auch in der Medizin eine Rolle. Der amerikanische Arzt Russel M. Wilder hat den Begriff „ketogene Ernährung“ geprägt – im Jahr 1921 führte er die Diät zum ersten Mal an Epilepsie-Patienten im Kindesalter durch. Das Ergebnis: eine Reduktion der epileptischen Anfälle. Seitdem ist die Keto-Diät als Ernährungstherapie für Epilepsie bei Kindern im Einsatz(1).
Worum geht es bei der ketogenen Ernährung?
Bei der ketogenen Ernährung geht es darum, den Energiestoffwechsel durch eine limitierte Kohlenhydratzufuhr auf Ketose umzustellen. Was ist Ketose? Um diesen Prozess zu verstehen, muss man wissen, wie der menschliche Stoffwechsel funktioniert.
Damit unser Körper den Blutzuckerspiegel und die Energieversorgung aufrechterhalten kann, verstoffwechselt er normalerweise Kohlenhydrate zu Glucose. Nehmen wir nur wenige oder keine Kohlenhydrate mehr zu uns, zapft der Körper andere Quellen an. Statt Glucose zu nutzen, wandelt er Fett in sogenannte Ketonkörper um und gewinnt aus ihnen die benötigte Energie. Die eigentliche „Kraftstoffquelle“ wird geändert und unser Körper ist somit gezwungen, Fett abzubauen. Diesen Zustand der Energiegewinnung nennt man Ketose.
Wie funktioniert die Keto-Diät?
Die Grundlagen der ketogenen Ernährung lassen sich mit einfachen Worten beschreiben: Wer sich ketogen ernähren möchte, muss auf einen Großteil an Kohlenhydraten verzichten. Um den Zustand der Ketose zu erreichen, sollte der Energiebedarf wie folgt gedeckt werden:
- 60 bis 70 Prozent Fett
- 25 bis 35 Prozent Protein
- 5 Prozent Kohlenhydrate
Zum Vergleich: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass gesunde Erwachsene mindestens 50 Prozent der täglichen Energie in Form von Kohlenhydraten aufnehmen sollten.
Und wie viele Kalorien sind erlaubt?
Die optimale Kalorienmenge hängt vom individuellen Energieverbrauch und dem hiermit verbundenen Kalorienbedarf ab. Als Orientierung für den durchschnittlichen Kalorienbedarf eines Erwachsenen gilt die Empfehlung von 2000 Kilokalorien pro Tag. Wer mit der ketogenen Ernährung Gewicht reduzieren möchte, sollte ein Kaloriendefizit von circa 15 Prozent anstreben – somit wären 700 Kilokalorien erlaubt. Mehr zu diesem Thema findet ihr in unserem Artikel zum Thema Kalorien zählen.
Anmerkung: Viele gesunde Lebensmittel, die für die meisten von uns zu den Grundnahrungsmitteln gehören, fehlen auf dem ketogenen Ernährungsplan gänzlich. Aus diesem Grund ist es zu empfehlen, dass die ketogene Diät stets ärztlich überwacht und ernährungstherapeutisch begleitet wird.
Was passiert im Körper, wenn er keine Kohlenhydrate bekommt?
Wir wissen jetzt, dass der menschliche Körper seine Energie vor allem aus Kohlenhydraten gewinnt. Er spaltet sie in Glucosemoleküle auf und wandelt überschüssige Glucose in die Speicherform Glykogen um. Diesen Glykogenspeicher kann der Körper bei Bedarf – wie beispielsweise beim Sport – schnell mobilisieren.
Sind die Speicher komplett gefüllt, wandelt er überschüssige Kohlenhydrate in Fett um und speichert es in den Fettdepots. Die ketogene Ernährung unterbricht diesen Prozess. Zu Beginn der Diät greift der Körper auf die Glykogenspeicher zurück, die sich in den Muskeln und in der Leber befinden. Sobald diese aufgebraucht sind, schaltet er auf den Ketose-Stoffwechsel um und mobilisiert die Energie mithilfe von Ketonkörpern aus den Fettzellen.
An dieser Stelle wird deutlich, warum die ketogene Ernährung beim Abnehmen helfen soll – die Bildung der Ketone dient als Aktivator des Fettabbaus.
Woran erkennt man, dass der Körper in Ketose ist?
In der Regel dauert es fünf bis sieben Tage, bis der Zustand der Ketose erreicht ist. Je nach Stoffwechsel und Ernährungsgewohnheiten kann diese Spanne allerdings variieren. Ob sich der Stoffwechsel auf die veränderte Energiegewinnung eingestellt hat, lässt sich subjektiv und objektiv messen – durch folgende Hilfsmittel:
Subjektive Parameter
Bei der subjektiven Messung ist Körperwahrnehmung gefragt. Der individuelle Geschmackssinn kann zum Beispiel einen guten Anhaltspunkt liefern. Sobald sich der Körper in den gewünschten Zustand des Fettstoffwechsels umgestellt hat, gibt er Ketonkörper über die Atmung ab. Dies kann sich durch einen schlechten Atem bemerkbar machen. Betroffene können außerdem einen salzigen und metallischen Geschmack im Mund verspüren.
Ein langes Sättigungsgefühl sowie ein geringes Verlangen nach Zucker sind ebenfalls mögliche Anzeichen für eine Ketose. Nicht zuletzt berichten viele Anwender, dass sie im Anschluss an die Übergangsphase besser schlafen konnten und sich tagsüber fitter und konzentrierter fühlten.
Objektive Parameter
In der Apotheke sind Teststreifen erhältlich, mit denen man die Ketonkörper-Konzentration im Urin kontrollieren kann. Die Teststreifen verfärben sich nach dem Gebrauch und zeigen so den Gehalt an Ketonen an. Allerdings lässt sich die Ketose im Urin nicht immer eindeutig bestimmen – Ernährungsgewohnheiten, der Stoffwechsel und der Säuren-Basen-Haushalt können für ungenaue Messergebnisse verantwortlich sein. Aus diesem Grund sollte die Messung etwa eine Woche lang durchgeführt werden.
Darüber hinaus sind Atemmessgeräte erhältlich, die die erhöhte Acetonkonzentration in der Ausatemluft messen. Acetone sind spezielle Ketonkörper, die per Atem ausgestoßen werden. Der Nachteil an dieser Variante: Es wird ein spezielles Messgerät benötigt, um die Ketonkörper-Konzentration in der Ausatemluft zu messen. Und diese Geräte können teuer sein.
Über die Messung im Blut lässt sich am besten bestimmen, ob der Körper in Ketose ist. Das Prinzip ist mit einem klassischen Blutzuckertest vergleichbar – die Messgeräte funktionieren mit einem kleinen Pieks in die Fingerspitze und liefern präzise Ergebnisse. Ein Nachteil ist allerdings auch hier der Kostenfaktor.
Was wird bei der ketogenen Diät gegessen?
Wie bei jeder Diät gibt es auch bei der ketogenen Ernährung eine lange Liste mit Lebensmitteln, die verboten sind. Verzehrt werden in erster Linie solche Nahrungsmittel, die Eiweiß und Fette enthalten.
- Fleisch: Rind, Pute, Huhn, Wild, Speck, Schinken
- Fisch: Lachs, Thunfisch, Forelle, Makrele, Sardellen, Dorade
- Nüsse: Macadamianüsse, Pekannüsse, Walnüsse und Mandeln
- Eier
- Samen: Sonnenblumen- und Kürbiskerne, Chia-Samen, Leinsamen
- Milchprodukte: Sahne, Käse, Butter, Naturjoghurt
- Obst: Avocados, Papaya und Beeren aller Art
- Gemüse: grünes Gemüse, Kohl, Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten
- Gesunde Öle: Bio Hanföl, Kokosöl, Olivenöl, Avocadoöl, Nussöl, Leinöl
Geeignete Kohlenhydratquellen (5 Prozent)
Für die ketogene Ernährung sind Gemüsesorten zu empfehlen, die reichlich Antioxidantien und Vitamine enthalten. Blattsalate wie Feldsalat sowie Kohl und Tomaten verfügen beispielsweise über hoch konzentrierte Mikronährstoffe. Beeren, Limetten und Zitronen punkten mit zellschützenden Antioxidantien.
Brokkoli und Grünkohl sind reich an Mineralstoffen und Spurenelementen. Blumenkohl, Rosenkohl und Weißkohl punkten ebenfalls mit Mikronährstoffen und Vitaminen.
Für Süßigkeiten-Fans gibt es eine gute Nachricht: Schokolade ist bei der Keto-Diät erlaubt – allerdings sollte der Kakaoanteil mindestens 90 Prozent betragen. Ungesüßter Tee und Kaffee sind für die ketogene Ernährung ebenfalls geeignet. Als alternative Süßungsmittel haben sich Erythrit und Birkenzucker bewährt. Die Zuckeraustauschstoffe besitzen eine ähnliche Süßkraft wie Zucker, sind aber nahezu frei von Kohlenhydraten.
Geeignete Proteinquellen (25 bis 30 Prozent)
Der erhöhte Anteil der Eiweißzufuhr soll verhindern, dass während der Gewichtsreduzierung Muskelmasse abgebaut wird. Tofu ist eine gute Proteinquelle und liefert eine Extraportion essenzielle Aminosäuren. Fettarme Milchprodukte wie Molke, Whey Protein, Magerquark sowie Fleisch, Fisch und Eier oder Erbsenprotein sind ebenfalls empfehlenswert.
Geeignete Fettquellen (60 bis 70 Prozent)
Um gesund abzunehmen, sind pflanzliche Öle tierischen Fetten vorzuziehen. Fettreiche Fischsorten wie Lachs und Makrele bilden eine Ausnahme, da sie eine Extraportion Omega-3-Fettsäuren bereitstellen. Speck, Wurst und Sahne sind zwar erlaubt, sollten aber eine kulinarische Ausnahme darstellen. Denn tierische Lebensmittel liefern gesättigte Fettsäuren, die die Blutfettwerte erhöhen und somit Herz-Kreislauferkrankungen fördern können.
Für eine ideale Fettsäurezusammensetzung spielen Omega-3-Fettsäuren eine wichtige Rolle. In diesem Sinne hat es sich bewährt, Sonnenblumenöl zum Braten durch Rapsöl zu ersetzen. Zum Verfeinern von Salaten und Dips sind Leinöl und Walnussöl optimal. Avocado, die zahlreiche Ballaststoffe und Mikronährstoffe liefert, ist als Fettquelle ebenfalls wertvoll.
Welche Lebensmittel sind tabu?
Da kohlenhydratreiche Lebensmittel bei der Keto-Diät weitestgehend weggelassen werden, sind Getreideprodukte wie Brot, Pasta und Reis, aber auch stärkehaltige Gemüsesorten wie Kartoffeln und Mais tabu. Hülsenfrüchte wie Bohnen und Kichererbsen finden auf einem ketogenen Speiseplan ebenfalls keinen Platz. Weiterhin zu vermeiden sind:
- zuckerreiche Obstsorten wie Banane, Mango, Kaki und Weintrauben
- süße und salzige Snacks wie Chips, Eiscreme, Kuchen usw.
- gezuckerte Milchprodukte
- gezuckerte Getränke
Wie führe ich eine ketogene Ernährung durch?
Es gibt nicht viele Regeln, die bei der ketogenen Ernährung eine Rolle spielen. Wichtig ist, dass der Anwender sich an gewisse Grundsätze hält. Mit den oben genannten Lebensmitteln lässt sich ein abwechslungsreicher Ernährungsplan zusammenstellen. In den nachfolgenden Abschnitten haben wir ein kleines Beispiel zusammengestellt.
Keto-Frühstück
Eier und Milch sind ideale Zutaten für ein Keto-Frühstück. Man kann zu seinem Spiegel- oder Rührei auch Bacon, Avocado und Gemüse hinzufügen. Hierzu eignen sich beispielsweise Tomaten, Zwiebeln und Paprika.
Wer nicht auf Brot verzichten will, kann auf Keto-Brot und Keto-Brötchen zurückgreifen. Die Produkte haben einen deutlich reduzierten Kohlenhydratanteil. Müsli, Chia-Pudding mit Waldbeeren sowie griechischer Joghurt mit Leinsamen, Nüssen und Beeren sorgen für die nötige Vielfalt auf dem Frühstückstisch.
Keto-Mittagessen
Wer möchte, kann für sein Mittagessen ebenfalls Avocados und Eier verwenden. Grüner Blattsalat mit Putenstreifen, Nüssen und einem Leinöl-Dressing ist ebenfalls ideal. Fisch und eine Blumenkohl-Brokkoli-Suppe bringen Abwechslung ins Programm. Fleisch sorgt – in Kombination mit Gemüse – für eine rundum gelungene Mahlzeit.
Neben grünem Gemüse können mineralstoffreiche Blattsalate wie Feldsalat und Salatherzen serviert werden. In Kombination mit hochwertigen Ölen, Oliven und hart gekochten Eiern lassen sich hieraus gesunde Variationen zaubern.
Keto-Abendessen
Am Abend könnte Keto-Brot, Salat und Fisch auf dem Speiseplan stehen. Wie wäre es mit Lachsfilet und gedünstetem Spinat? Weitere Möglichkeiten sind zum Beispiel: Zucchini-Spaghetti mit Bolognese, Hähnchen-Paprika-Curry oder Steak mit Kräuterbutter und Kohlrabi.
Keto-Snacks
Um die großen Mengen an Fett aufzunehmen, sollten auch die Snacks für zwischendurch einen hohen Fettanteil aufweisen. Hierzu eignen sich Gemüse-Sticks mit Guacamole, die beispielsweise mit Oliven, Nüssen und Käse garniert werden. Thunfisch aus der Dose und Smoothies mit Blattgemüse, Kokosmilch und Avocado sind ebenfalls zu empfehlen.
Was spricht gegen eine ketogene Ernährung?
Keto-Fans schwören auf die Diät – die Ernährungsform hat jedoch auch viele Kritiker. Experten sind vor allem aus folgenden Gründen skeptisch:
Ketogene Ernährung schränkt ein – und kann zu Nährstoffmangel führen
Das Schwierigste an der ketogenen Ernährungsweise: Man muss sich an einen strengen Lebensmittelplan halten. Anwender müssen ihre Ernährung genau planen und berechnen. Spontane Restaurantbesuche sind somit nicht möglich.
Viele von uns sind an Kohlenhydrate gewöhnt, weshalb es anfangs schwerfällt, vollständig auf sie zu verzichten. Nicht nur das: Der limitierte Kohlenhydratanteil muss durch Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte gedeckt werden, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Ansonsten sind gesundheitliche Risiken nicht auszuschließen.
Die ketogene Diät erlaubt keinen Cheat Day
Die Wirksamkeit der ketogenen Ernährung hängt mit der Umstellung des Körpers zusammen. Wer zwischendurch einen sogenannten Cheat Day einlegt und schummelt, unterbricht den Umstellungsprozess. Die potenziell positiven Auswirkungen der ketogenen Ernährung werden zunichtegemacht und die gewünschten Ziele langsamer oder schlimmstenfalls nicht erreicht.
Keto ist nicht nachhaltig
Während einer ketogenen Diät konsumiert der Anwender viel Fleisch und andere tierische Erzeugnisse. Der Konsum belastet Klima und Umwelt. Massentierhaltung ist laut WWF für über 40 Prozent der ernährungsbedingten Treibhaus-Emissionen verantwortlich. Falls möglich, sollten daher Bio-Produkte bevorzugt werden. Diese sind jedoch kostspieliger als konventionelle Nahrungsmittel. Interessant zum Thema nachhaltige Ernährung ist auch unsere Artikel Planetary Health Diet!
Keto bedeutet viel Fett
Die Keto-Diät unterscheidet nicht zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Somit besteht die Gefahr, dass dem Körper viel ungesunde Fette zugeführt werden. Vor allem dann, wenn zu wenig auf die Lebensmittelqualität geachtet wird. Das Problem: Gesättigte Fettsäuren stehen in Verdacht, der Gesundheit zu schaden. Durch den Verzicht auf diverse Gemüsesorten kann es außerdem zu einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen kommen.
Nach Beendigung der Diät tritt häufig ein Jo-Jo-Effekt ein
Lassen wir Kohlenhydrate weg, leeren sich unsere Glykogenspeicher. Wer anschließend wieder Kohlenhydrate aufnimmt und abrupt aus der ketogenen Diät aussteigt, dem droht der Jo-Jo-Effekt.
Keto kann sich negativ auf die Stimmung auswirken
Kohlenhydrate sind wichtig für die Bildung des Glückshormons Serotonin. Die ketogene Ernährung könnte sich somit negativ auf die Stimmung auswirken. Darüber hinaus kann es in der Umstellungsphase zu diversen Nebenwirkungen kommen. Hierzu später mehr.
Was kann eine ketogene Ernährung bewirken – und was nicht?
Die ketogene Ernährung hat verschiedene Auswirkungen auf den Körper – und bietet auch gesundheitliche Effekte.
Abnehmen mit Keto?
Keto-Diät – die Bezeichnung „Diät“ impliziert es bereits: Die Ernährungsform kann helfen, Gewicht abzubauen. Dies gilt vor allem für die Anfangszeit, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass der Körper durch die Reduzierung der Kohlenhydrate Wasser verliert. Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass jedes Gramm Glykogen mit mindestens drei Gramm Wasser gespeichert wird – und sobald sich die Glykogenspeicher leeren, wird gleichzeitig Wasser abgebaut(3).
Dem Insulin kommt beim Gewichtsabbau ebenfalls eine bedeutende Rolle zu. Das Hormon ist für den Stoffwechsel wichtig – es hemmt den Fettabbau und sorgt dafür, dass Glucose aus dem Blut in die Körperzellen gelangt. Solange wir Zucker und Stärke zu uns nehmen, schüttet unser Körper verstärkt Insulin aus. Reduzieren wir die Aufnahme, führt dies zu einer reduzierten Insulinausschüttung und zu einer verstärkten Fettverbrennung.
Eine Untersuchung zeigte, dass Personen, die sich ketogen ernährten, doppelt so viel Gewicht verloren haben wie diejenigen, die das Low-Fat-Prinzip bevorzugten(2). Die fettreiche, kohlenhydratarme Diät wirkt dem Hungergefühl entgegen. Dies scheint darauf zurückzuführen zu sein, dass Keto einen Einfluss auf den Hormonhaushalt im Körper hat. Eine Studie zeigt, dass sich bei Personen, die mit der Keto-Ernährung Gewicht verloren hatten, das Hungerhormon Ghrelin verändert hat bzw. unterdrückt wurde(4).
Falls man dauerhaft Gewicht verlieren möchte, empfehlen Experten, sich nach einer anderen Lösung umzusehen. Eine ausgewogene Ernährungsumstellung in Kombination mit Sport führt ebenfalls zum Abnehm-Ziel.
Gesundheitliche Effekte durch ketogene Diät?
Epilepsie und Alzheimer
Seit vielen Jahren ist die ketogene Diät in der Epilepsiebehandlung etabliert. Untersuchungen zeigen zudem, dass sich die Ernährungsform positiv auf Alzheimer auswirken kann. Diabetiker haben beispielsweise ein erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Mögliche Ursache: Bei ihnen ist die Verwertung von Glucose im Gehirn verringert.
Ketonkörper, die während der ketogenen Diät gebildet werden, könnten die Auswirkungen des gestörten Glukosestoffwechsels lindern, indem sie als Ersatzlieferant dienen. Geschädigte Hirnzellen lassen sich zwar nicht reparieren, es besteht aber die Möglichkeit, dass geschwächte Zellen gestärkt werden(5).
Typ-2-Diabetes
Die ketogene Diät kann sich positiv auf Typ-2-Diabetes auswirken. Bei dieser chronischen Stoffwechselerkrankung stellt die Bauchspeicheldrüse zwar Insulin her, es wirkt aber nicht ausreichend, sodass die Zellen den Zucker nicht aufnehmen können. Der Zucker bleibt im Blut und der Blutzuckerspiegel steigt.
Die ketogene Diät ist dafür bekannt, die Blutzucker- und Insulinwerte zu senken. Dass die Ernährungsform bei Menschen mit Diabetes symptomatische Verbesserungen erzielt, zeigen auch diverse Forschungsergebnisse. In einer durchgeführten Studie konnten 7 von 21 Teilnehmer ihre Diabetes-Medikamente komplett absetzen, solange sie eine ketogene Diät einhielten(6).
Herzkrankheiten
Eine ketogene Diät soll die Herzgesundheit fördern. Es wird angenommen, dass die Ernährungsform den Blutdruck und den LDL-Cholesterinspiegel senken und somit das Risiko für Herzkrankheiten reduzieren kann.(7).
Akne
Ketogene Ernährung kann das Hautbild verbessern. Der Grund liegt in der Senkung des Insulinspiegels. Nimmt man hochglykämische Kohlenhydrate zu sich, steigt der Blutzuckerspiegel rasch an. Der Körper produziert daraufhin vermehrt Insulin. Und ein Überangebot an Insulin kann Akne begünstigen(8).
Keto gegen Krebs?
Mit ketogenen Lebensmitteln Krebszellen ihre Lebensgrundlage entziehen – diese Aussicht hat vielen Krebspatienten und ihren Angehörigen Hoffnung bereitet. Zu Unrecht – wie einige Wissenschaftler glauben. Der Ansatz basiert auf der Vermutung, dass Krebszellen Zucker und Co. für ihr Wachstum nutzen. Ein Verzicht auf Kohlenhydrate würde somit dazu führen, dass sich Tumore nicht weiterentwickeln können.
Bisher existieren nur wenige Studien, die die Auswirkung einer ketogenen Diät auf den Verlauf einer Krebserkrankung beim Menschen untersucht haben. Und diese sind nicht schlüssig. Es fehlen Langzeitstudien. Darüber hinaus müssen die Nebenwirkungen der herabgesetzten Kohlenhydratzufuhr bei Krebs genauer erforscht werden. Die Fachgesellschaften raten von der Ernährungsform ebenfalls ab.
Die Vorteile der ketogenen Ernährung auf einen Blick
- gezielter Fettabbau
- gewichtsregulierende Wirkung
- reguliert den Blutzucker
- reduziertes Hungergefühl
- verbessertes Hautbild
Welche negativen Aspekte gibt es bei der ketogenen Ernährung?
Trotz der positiven Resultate konnten auch negative Aspekte beim Einsatz der ketogenen Diät nachgewiesen werden.
Allgemeines Unwohlsein
Für den Körper ist die Umstellung von Kohlenhydraten zu Fetten enorm. Eine ketogene Ernährung kann sich negativ auf einzelne Stoffwechselparameter auswirken und somit das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit beeinflussen. In den ersten Tagen kann es zu einer sogenannten „Keto-Grippe“ kommen. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme, Erschöpfung, Verstopfung und Muskelkrämpfe sind keine Seltenheit.
Diese Phase ist in der Regel nach ein paar Tagen überstanden. Sobald sich der Körper an die neue Situation gewöhnt hat, lassen die unangenehmen Begleiterscheinungen nach. Viele dieser Symptome werden übrigens durch den Wasserverlust verursacht. Wer mögliche Flüssigkeits- und Elektrolytverluste ausgleichen möchte, sollte viel Kräutertee trinken. Mineralwasser mit einem Schuss Zitrone ist ebenfalls ideal.
Negative Auswirkungen auf die Darmflora
Die ketogene Diät kann sich negativ auf die Darmflora auswirken – denn ein gesunder Darm braucht Ballaststoffe. Diese sind hauptsächlich in Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten zu finden. Während einer ketogenen Ernährung verzichtet man jedoch auf solche Lebensmittel. Es kann zu Problemen im Magen-Darm-Trakt wie Verstopfungen oder Durchfällen kommen.
In einer Studie von über zehn Jahren untersuchten die Forscher die Effekte der Keto-Ernährung auf 48 Kinder(9). Circa 65 Prozent litten an einer starken Verstopfung. Umso wichtiger, während einer ketogenen Diät auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.
Erhöhtes Risiko für Arteriosklerose
Die Keto-Diät kann den Blutzuckerspiegel senken. Da hauptsächlich fettreiche Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen, sieht es hinsichtlich des Cholesterinspiegels jedoch ganz anders aus. Die Gefahr ist groß, dass ein Übermaß an gesättigten tierischen Fettsäuren aufgenommen wird – und die erhöhen wiederum die Cholesterinwerte des Blutes. Hohe Cholesterinwerte zählen zu den größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer auf gesunde Fette setzt, muss sich um erhöhte Cholesterinwerte keine Gedanken machen.
Nierensteine und Nierenschädigungen
Der hohe Fett- und Proteinanteil kann – in seltenen Fällen – zu einer Überlastung der Nieren führen, was das Risiko für Nierensteine und Nierenschädigungen erhöht.
Negative Aspekte der ketogenen Ernährung auf einen Blick
- erhöhte Cholesterinwerte und somit ein erhöhtes Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen
- Verdauungsstörungen
- Flüssigkeits- und Elektrolytmangel
- Mangel an Mikronährstoffen
- allgemeines Unwohlsein wie Kopfschmerzen, Müdigkeit usw.
Ist eine ketogene Ernährung gesund – oder nicht?
Die oben genannte Auflistung zeigt, dass die ketogene Ernährung sowohl positive als auch negative Auswirkungen aufweist. Ein gesunder Mensch kann sich kurzfristig ketogen ernähren – zum schnellen Abnehmen vor einer nachhaltigen Ernährungsumstellung beispielsweise.
Ob die ketogene Diät auf Dauer gesund ist, darüber sind sich Experten uneinig. Die Frage kann nicht pauschal mit ja oder nein beantwortet werden. Theoretisch könnte eine ketogene Diät aus Massen an Speck, Fleisch und Eiern bestehen – dass dies auf Dauer ungesund ist, dürfte jedem klar sein.
Wissenschaftler der Deutschen Gesellschaft für Ernährung stehen der ketogenen Ernährungsweise ebenfalls kritisch gegenüber – da viele Obst- und Gemüsesorten wegen der enthaltenen Kohlenhydrate tabu sind, könne es leicht zu einem Nährstoffmangel kommen. Um derartige Risiken zu minimieren, sollten die Grundlagen einer ausgewogenen Ernährungsweise berücksichtigt werden.
Damit die ketogene Ernährung Vorteile für die Gesundheit bringen kann, ist es somit wichtig, den Mangel an Nährstoffen durch Nahrungsmittel mit hoher Nährstoffdichte oder Nahrungsergänzungsmittel abzudecken. Ansonsten sind gesundheitliche Risiken nicht auszuschließen.
Wer sollte auf eine ketogene Ernährung verzichten?
Die strikte Ernährungsform ist nicht für jeden Menschen geeignet. Bei einigen Erkrankungen kann die ketogene Diät sogar gefährlich werden. Hierzu gehören:
- Typ-1-Diabetes
- Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
- Stoffwechselstörungen
- Niereninsuffizienz
- Lebererkrankungen
Menschen mit Gallenproblemen und Herzerkrankungen sollten ebenfalls auf die Ernährungsform verzichten. Gleiches gilt für Kinder und Personen, die an Schlafstörungen, chronischem Stress, Regelbeschwerden und Essstörungen leiden. Im Zweifelsfall sollte die Ernährungsumstellung erst nach der Beurteilung eines Arztes durchgeführt werden.
Ketogene Ernährung in der Schwangerschaft
Während einer Schwangerschaft übernimmt man nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für das Leben seines Kindes. Der Fötus ist auf Nährstoffe angewiesen, damit er sich gesund entwickeln kann. Zum Thema „Keto-Diät und Schwangerschaft“ existieren bislang zwar keine wissenschaftlichen Untersuchungen, schwangeren wird jedoch grundsätzlich empfohlen, auf Diäten zu verzichten und sich ausgewogen zu ernähren. Dies beinhaltet auch den Verzehr von Kohlenhydraten.
Geht ketogene Ernährung auch vegetarisch und vegan?
Fleisch ist zwar proteinreich, sollte allerdings auch bei Fleischliebhabern nicht täglich auf dem Ernährungsplan stehen. Wer sich ketogen ernähren möchte, muss nicht zwangsläufig auf Fleisch und Eier setzen. Vegetariern stehen – neben zahlreichen Gemüsesorten – fette Milchprodukte, Sahne, Nüsse, Ghee und Butter zur Verfügung.
Für Veganer ist die Keto-Diät ebenfalls möglich. In diesem Fall ist es wichtig, die Eiweiße aus proteinhaltigem Gemüse sowie aus Nüssen, Samen und Soja zu beziehen. Sahne lässt sich durch Kokosmilch ersetzen. Milch durch Mandel-, Soja- und Nussmilch. Ungezuckerter Soja-Joghurt und Tofu dienen als wertvolle Proteinquellen – nicht nur für Veganer.
Keto und Alkohol: möglich oder gefährlich?
Alkoholische Getränke sind meist reich an Kohlenhydraten – Bier, Wein, Sekt und Cocktails bringen den Körper aus der Ketose. Die gute Nachricht: Mittlerweile sind Low-Carb-Biere erhältlich, die die erlaubte Kohlenhydratzufuhr nicht überschreiten. Trockene Weine sind in kleinen Mengen ebenfalls erlaubt.
Von der ketogenen zur „normalen“ Ernährung – wie geht der Wechsel?
Wichtig ist, dass die ketogene Ernährung nicht von heute auf morgen abgebrochen wird. Die nachfolgenden Tipps können helfen, den Jo-Jo-Effekt zu vermeiden und den Abbruch für den Körper schonend zu gestalten.
Tipp 1: Kohlenhydratzufuhr langsam erhöhen
Wer zu viele Kohlenhydrate auf einmal zu sich nimmt, lässt seinen Blutzuckerspiegel enorm in die Höhe schießen. Besser ist es, mit moderat kohlenhydrathaltigen Gemüsesorten wie beispielsweise Süßkartoffeln zu starten und nach und nach kleine Mengen an Vollkornprodukten hinzuzufügen. Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst lassen den Blutzucker ebenfalls nur langsam ansteigen. Wichtig ist außerdem, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
Tipp 2: Zucker weiterhin in Maßen genießen
Um den Jo-Jo-Effekt zu vermeiden, sollte der Konsum von industriell verarbeitetem Zucker auch nach dem Beenden der ketogenen Ernährung geringgehalten werden. Erlaubt ist natürlich vorkommender Zucker, der sich beispielsweise in Honig und Obst versteckt.
Tipp 3: Gesunde Lebensmittel verwenden
Auch beim Ausstieg aus Keto ist es wichtig, auf gesunde Nahrung zu achten. Verarbeitete Nahrungsmittel erschweren den Wechsel und bringen den Stoffwechsel durcheinander. Fügt man dem Körper frische Lebensmittel wie Gemüse und Obst zu, kann er die Nährstoffe aufnehmen, die er zum Arbeiten braucht.
Tipp 4: Sport treiben
Wer die ketogene Diät beendet, führt seinem Körper Kohlenhydrate zu, die Energie liefern – und diese Energie sollte man nutzen. Sowohl Cardio- als auch Krafttraining kann helfen, ein gesundes Gewicht zu halten.
Alternativen zur ketogenen Diät
Wie eingangs erwähnt, ist die ketogene Ernährung eine extreme Form der Low-Carb-Diät. Doch es gibt auch andere Diätformen, die die Gesundheit auf ähnliche Weise beeinflussen können.
Paleo-Diät
Im heutigen Zeitalter durchlaufen die meisten Nahrungsmittel viele Verarbeitungsschritte, bevor sie auf unseren Tellern landen. Anders ist es bei der Paleo-Diät. Die Ernährungsform orientiert sich an Lebensmitteln, die in der Steinzeit zur Verfügung standen. Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Gemüse, Obst und Nüsse stehen im Vordergrund. Auf Getreide, Hülsenfrüchte, Zucker und Milchprodukte wird verzichtet.
Glyx-Diät
Die Glyx-Diät richtet sich nach dem glykämischen Index (GI). Dieser gibt an, wie schnell der Blutzuckerspiegel ansteigt, nachdem ein bestimmtes Lebensmittel konsumiert wurde. Bei dieser Ernährungsform sind nur solche Kohlenhydrate erlaubt, die vom Körper langsam abgebaut werden. Hierzu gehören:
- Vollkornprodukte
- Hülsenfrüchte
- fast alle Gemüsearten
- Obst
- Milchprodukte
- Fisch
- mageres Fleisch
Fazit
Während einer ketogenen Diät stehen kohlenhydratarme, aber dafür fettreiche Nahrungsmittel auf dem Speiseplan. Dadurch stellt der Körper den Energiestoffwechsel auf Ketose um. Er gewinnt seine Energie fast ausschließlich aus Fett, was eine Gewichtsabnahme begünstigt.
Der gezielt geförderte Fettabbau, die Vermeidung von Heißhungerattacken sowie das intensivierte Sättigungsgefühl sprechen für die ketogene Ernährung. Einige Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass die Diät darüber hinaus ein präventives und therapeutisches Potenzial bei Diabetes, Epilepsie und weiteren Erkrankungen besitzt. Allerdings ist die Ernährungsform noch zu wenig erforscht, um sie bedenkenlos als gesund zu empfehlen.
Ob die ketogene Diät für einen geeignet ist, kommt auf die individuelle körperliche Verfassung an. Menschen mit gesundheitlichen Beschwerden sollten auf die Diät verzichten. Zusammenfassend lässt sich sagen: Abnehmen ist auch auf gesündere Weise möglich. Wer es dennoch mit der ketogenen Ernährung versuchen möchte, sollte die Umstellung vorab mit einem Facharzt abklären. Nur so lassen sich riskante Mangelerscheinungen und sonstige gesundheitliche Risiken vermeiden.
Verwendete Quellen
1) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30760973/
2) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12679447/
3) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25911631/
4) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23632752/
5) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2367001/
6) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16318637/
7) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18700873/
8) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22327146/
9) https://www.jpeds.com/article/S0022-3476(14)01187-1/pdf